- Krankentransportzug
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Krankentransportzüge (KrTrspZg) waren im Sanitätswesen der Bundeswehr zu Zeiten des Kalten Krieges im rückwärtigen Korpsgebiet für die Evakuierung versorgter Patienten von den Hauptverbandplätzen und Lazaretten hin zu den Reservelazaretten in der rückwärtigen Kampfzone (auch Niederlande und Belgien) vorgesehen.
Für den Mobilmachungsfall wurden der Deutschen Bundesbahn (DB) Haushaltsmittel aus dem Verteidigungsetat für die Bereithaltung umrüstbarer Wagen zugewiesen. Insbesondere wurden von der DB vorbereitete Nahverkehrswagen ("Silberlinge") beschafft, die im Bedarfsfall der Truppe entstuhlt angeliefert und vom Personal der Krankentransportkompanien (Schiene) mit den in Depots lagernden Rüstsätzen eingerichtet werden konnten. Die Bundeswehr selbst verfügte nur über einen Prototypen-Zug mit fünf Waggons, der im Rahmen des Projekts "Lazarettzug" Ende der 1960er-Jahre beschafft wurde und später vor allem zu Ausbildungszwecken genutzt wurde.[1] Er befand sich dauerhaft auf dem Gelände des Wehrbereichsverpflegungsamtes IV in Lahnstein.
Die Nationale Volksarmee (NVA) verfügte für ähnliche Einsatzzwecke über 14 sogenannte Katastrophenzüge (K-Züge). Im Gegensatz zu den Lazarettzügen der Wehrmacht beschränkte sich die Patientenbetreuung im Krankentransportkonzept der Bundeswehr im Wesentlichen auf die Pflege bereits behandelter und stabilisierter Soldaten. Neben den Krankentransportzügen, die im rückwärtigen Raum eingesetzt werden sollten, waren zusätzlich für den Transport aus der vordersten Kampfzone auch als Fahrzeuge Schienenbusse VT 98 und Dieseltriebwagen VT 628 vorgesehen, die durch Personal der Krankentransportzüge (Schiene) (in diesem Fall Züge im Sinne einer militärischen Einheit) umgerüstet und genutzt werden sollten.
Inhaltsverzeichnis
Lazarettzug der Bundeswehr
Der von der Bundeswehr selbst beschaffte Prototypenzug war nie im Plandienst der DB eingesetzt und diente zu Studien- und Übungszwecken. Er bestand aus 5 Wagen mit Schutzzeichen[2]:
- 1 Behandlungswagen,
- 1 Wirtschaftswagen und
- 3 Bettenwagen mit Spezialausrüstung.
Alle fünf Wagen wurden bei der Deutschen Bundesbahn als Privatbahnwagen eingestellt, erkennbar am nachgestellten Buchstaben "P" in der Wagennummer. Der Behandlungs- und der Wirtschaftswagen wurden in dieser Art nur einmal als Studienobjekte gebaut, im späteren Mobilmachungskonzept traten aus Kostengründen reguläre Waggontypen an ihre Stelle.[3] Behandlungs- und der Wirtschaftswagen basierten auf der UIC-X-Plattform, waren olivfarben und hatten Bullaugen anstelle der Fenster, die nicht seitensymmetrisch verteilt waren. Diese beiden Spezialwagen trugen im unteren Bereich des mittleren Wagenkastens das Symbol des Eiserne Kreuzes[4]. Als Bettenwagen dienten drei Nahverkehrswagen, die nach dem Regolamento Internazionale delle Carrozze (RIC) auch für die Benutzung von Eisenbahnfähren zugelassen waren[5].
Der Zug war in den 1980er-Jahren bei der Krankentransportkompanie (Schiene) 856[4] im bayerischen Gumpenweiler (Walkertshofen) stationiert. Wegen einer im August 1990 festgestellten Blauasbestbelastung musste der olivgrüne Bettenwagen aus wirtschaftlichen Gründen ausgesondert werden. Anfang der 1990er-Jahre wurden die verbliebenen Wagen in die Lent-Kaserne in Rotenburg (Wümme) verbracht. Einhergehend mit der Übertragung der Zuständigkeit vom Sanitätskommando I an das Sanitätsamt der Bundeswehr wurden die Waggons am 29. Oktober 2007 in die Gäubodenkaserne in Feldkirchen-Mitterharthausen verlagert. Nachweisführende Dienststelle war dort das Sanitätslehrregiment.
Nach der Veräußerung durch das Verwertungsunternehmen des Bundes (VEBEG) gingen 2008 Behandlungs-, Wirtschafts- und zwei Bettenwagen in den Besitz der Osnabrücker Dampflokfreunde (ODF) über.[6][7]
Behandlungswagen
Der Behandlungs- bzw. Operationswagen wurde von 1965 bis 1967[8] bei Wegmann & Co. in Kassel mit der Fabriknummer 8786 gebaut. Zunächst lief er mit der Betriebsnummer 910 001 P als D4ümz-65, später mit der Nummer Dmz903 51 80 09-53001-6 P [9]. Er hat einen geschlossenen, gasdichten Wagenkasten und ist mit einer Klimaanlage ausgestattet. Zwei Behandlungsräume verfügten über eine komplette OP-Ausstattung. Neben dem Sprechzimmer mit Apotheke liegen das Labor und Räume für Arzte und Pflegepersonal. Für den Betrachter ist er vom Wirtschaftswagen vor allem durch sechs gleichmäßig verteilte Bullaugen auf einer Waggonseite zu unterscheiden.Wirtschaftswagen
Der Wirtschafts- bzw. Küchenwagen wurde 1965 bis 1967[8] in der Waggonfabrik Talbot in Aachen mit der Fabriknummer 118 071 gebaut. Zunächst lief er mit der Betriebsnummer 910 101 P als D4ümz-65a, später mit der Nummer Dmz904 51 80 09-53101-4 P[10]. Er hat ebenfalls einen druckdichten Wagenkasten und diente als Speisewagen mit Küche und Vorräten. Der Waggon verfügte auch über eine Wasseraufbereitungsanlage. Die Küche war für die Versorgung von bis zu 400 Soldaten ausgelegt.Bettenwagen
Die Betten- bzw Liegewagen wurden von der Waggon- und Maschinenbau GmbH Donauwörth gebaut. Zwei unlackierte Großraumwagen (Bn724 51 80 02-52 001-4 P und Bn724 51 80 02-52 002-2 P) der 2. Klasse waren mit je 32 Betten ausgestattet, der olivfarbene Liegewagen (Bn724 51 80 02-52 003-0 P) verfügte über 16 Betten und im mittleren Großraum über einen Behandlungsraum.[1] Ursprünglich waren die Betten in diesen Waggons fest eingebaut, später wurden diese durch die Einbausätze ersetzt, die auch für die lazarettfähigen Nahverkehrswagen der DB beschafft wurden. Der olivfarbene Bettenwagen musste wegen Blauasbestbelastung ausgesondert werden.
Waggons der Deutschen Bundesbahn
Eine Beschaffung des Gesamtbedarfs und die Vorhaltung lazarettfähiger Waggons in Depots schied aus wirtschaftlichen Gründen aus.
Neben Standardwaggons hielt die DB 180 lazarettfähige Nahverkehrswagen mit Steildach vom Typ Bnrz724 (Baujahre 1969/70) und 18 umgebaute Nahverkehrswagen mit Runddach vom Typ Bnrz724.1 (1989/90 umgerüstet aus Bnrz725) vor. Bei diesen Waggons mit separater Zugführerkabine kann die komplette Bestuhlung entfernt und die Griffstangen weggeklappt werden. Sie sind mit 230 Volt-Steckdosen zum Betreiben medizinischer Geräte, Aufnahmen für die Betten, Verdunklungsjalousien und doppelt so breiten Durchgangstüren ausgestattet. Die meisten dieser Wagen wurden Ende der 1990er modernisiert und verkehrsrot lackiert. Diese modernisierten Waggons tragen jetzt die Typenbezeichnung Bnrz450.3 und sind weiterhin im Planbetrieb eingesetzt.
Insgesamt konnten 296 liegende oder 180 sitzende und 176 liegende Patienten in einem Krankentransportzug transportiert werden.[11] Zur Betreuung verfügte eine KrTrspKp (Schiene) über 76 bzw. 75 Soldaten, darunter 2 Sanitätsoffiziere (Arzt).
Gliederung
Die Krankentransportzüge waren wie folgt gegliedert[12]:
A 2x Lokomotive Baureihe 218, die auch für die Stromversorgung der Waggons dienten. B 1x Küchenwagen Vorgesehen waren Sitzwagen-"Silberlinge" (Bnrz724) mit Fahrradabteil, in die durch die Truppe die Taktische Feldküche 250 eingerüstet wurde. Diese Sitzwagen wurden von der Deutschen Bundesbahn bestuhlt zugeführt. C 1x Gepäckwagen Hier waren zuletzt Sitzwagen mit Fahrradabteil der Baureihe Bduu497 geplant. (Bduu497 sind durch die Deutsche Bundesbahn umgerüstete Halbgepäckwagen der früheren Baureihe BDms.) D 1x Wagen Stammpersonal Geplant waren Liegewagen 2. Klasse vom Typ Bcm241. E 1x Führungswagen Für den beweglichen KpGefStd war ein Schnellzugwagen 1. Klasse vom Typ Avmz111 vorgesehen. F 3x Liegewagen Die Liegewagen 2. Klasse vom Typ Bcm241 konnten wahlweise 120 liegende oder 180 sitzende Patienten aufnehmen. G 5x Bettenwagen Als Bettenwagen dienten die speziell vorbereiteten "Silberlinge" (Bnrz724, Großraumwagen), die durch die Deutsche Bundesbahn ohne Bestuhlung der Truppe zugeführt wurden. Sie wurden durch die Truppe mit jeweils 32 Betten für liegende Verwundeten aufgerüstet. H 1x Behandlungswagen Auch als Behandlungswagen dienten speziell vorbereitete Bnrz724, die neben 16 Betten im Mittelteil den Behandlungsraum mit Truppenverbandplatzausstattung zur Notfallversorgung aufnehmen konnten. Dieser Wagen war auch für die Betreuung von Intensiv- und Isolationspatienten geplant.[13] Krankentransportkompanien (Schiene)
Krankentransportkompanien (Schiene) waren Geräteeinheiten, also Reserveeinheiten, deren Material in Depots lagerte. Sie waren den Sanitätskommandos des Territorialheers unterstellt. Die Reservelazarettorganisation wurde auch nach Ende des Ost-West-Konfliktes beibehalten. Auch 2002, nach der Transformation der Bundeswehr und der Aufstellung des Zentralen Sanitätsdienstes des Bundeswehr, waren diese Einheiten neben mittlerweile etablierten Lufttransportmitteln und seegestützten Marineeinsatzrettungszentren als weitere Säule für den strategischen Verwundeten-/Krankentransport von den Orten klinischer Grundversorgung über lange Distanzen in die rückwärtig gelegenen Einrichtungen klinischer Vollversorgung vorgesehen. Einhergehend mit der Auflösung der Reservelazarettorganisation im Jahr 2007 wurden auch die KrTrspKp (Schiene) aufgelöst.
Übersicht der Ende der 1980er Jahre bestehenden Krankentransportkompanien (Schiene)[14]:
Unterstellungsbereich Kompanien Standort V-Stärke Sanitätskommando 600
(Territorialkommando Schleswig-Holstein/
Deutscher Bevollmächtigter im Bereich AFNORTH)KrTrspKp (Schiene) 601
KrTrspKp (Schiene) 602
KrTrspKp (Schiene) 603
KrTrspKp (Schiene) 604
KrTrspKp (Schiene) 605
KrTrspKp (Schiene) 606Hohenwestedt
Hohenwestedt
Hohenwestedt
Hohenwestedt
Heide
Heide75
76
76
76
75
76Sanitätskommando 800
(Territorialkommando Nord)KrTrspKp (Schiene) 801
KrTrspKp (Schiene) 802
KrTrspKp (Schiene) 803
KrTrspKp (Schiene) 804
KrTrspKp (Schiene) 805
KrTrspKp (Schiene) 806
KrTrspKp (Schiene) 807
KrTrspKp (Schiene) 808
KrTrspKp (Schiene) 809
KrTrspKp (Schiene) 810Burgsteinfurt
Burgsteinfurt
Burgsteinfurt
Burgsteinfurt
Sendenhorst-Berl
Sendenhorst-Berl
Sendenhorst-Berl
Meppen
Meppen
Meppen75
76
76
76
75
76
76
75
76
76Sanitätskommando 850
(Territorialkommando Süd)KrTrspKp (Schiene) 851
KrTrspKp (Schiene) 852
KrTrspKp (Schiene) 853
KrTrspKp (Schiene) 854
KrTrspKp (Schiene) 855
KrTrspKp (Schiene) 856
KrTrspKp (Schiene) 857
KrTrspKp (Schiene) 858
KrTrspKp (Schiene) 859
KrTrspKp (Schiene) 860
KrTrspKp (Schiene) 861
KrTrspKp (Schiene) 862
KrTrspKp (Schiene) 863
KrTrspKp (Schiene) 864St. Ingbert
St. Ingbert
St. Ingbert
St. Ingbert
St. Ingbert
Gumpenweiler (Walkertshofen)
Gumpenweiler (Walkertshofen)
Aalen
Aalen
Aalen
Aalen
Aalen
Gumpenweiler (Walkertshofen)
Gumpenweiler (Walkertshofen)75
76
76
76
76
76
76
75
76
76
76
76
76
76Erwähnenswertes
Der ehemalige Modelleisenbahnhersteller ADE-Modelleisenbahnen GmbH vertrieb vorbildgetreue 1:87-Modelle der bundeswehreigenen "Silberlinge" (silber und oliv). Auch Märklin bietet ein "Lazarettwagenset Silberlinge" (ArtNr. 42563) an, bestehend aus 3 Liegewagen und dem Behandlungswagen, das allerdings hinsichtlich Wagenlänge, Dachform vom Original abweicht.[15]
Weblinks
Commons: Krankentransportzüge (Bundeswehr) – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ a b Bundeswehr: Set mit 4 Lazarettwagen., Gebr. Märklin & Cie. GmbH.
- ↑ Eisenbahn-Kurier, Ausgabe 10, 1983.
- ↑ Silberlinge: Glänzende Karriere - Lazarettwagen, eisenbahnwelt.de.
- ↑ a b Taktisches Zeichen der KrTrspKp (Schiene) 856 und Eisernes Kreuz im Bodenbereich des Kastenaufbaus
- ↑ Ankersymbol in der RIC-Kennzeichnung bei den "Silberlingen" des Bundeswehr-Lazarettzuges
- ↑ 51 80 02-52 001-4 P, Bn724, ex. B4n-65a, Liegewagen, Osnabrücker Dampflokfreunde.
- ↑ Osnabrücker Dampflokfreunde e.V. (ODF)
- ↑ a b Personenwagen, S. 9, Step's Waggon-Archiv.
- ↑ 910 001 P, D4ümz-65, Behandlungswagen, Osnabrücker Dampflokfreunde.
- ↑ 910 101 P, D4ümz-65a, Küchenwagen, Osnabrücker Dampflokfreunde.
- ↑ Krankentransportkompanie (Schiene) (Bw), www.panzerbaer.de
- ↑ Gliederung des Zuges
- ↑ Behandlungswagen
- ↑ Die Bundeswehr 1989 2.2 Heer, O.W. Dragoner (Hrsg.)
- ↑ Märklin "Lazarettwagenset Silberlinge"
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