Liste der Stolpersteine in Esslingen am Neckar

Liste der Stolpersteine in Esslingen am Neckar
Adresse Name Leben Bild
Deffnerstraße 5 Magdalene Maier-Leibnitz Magdalene Maier-Leibnitz (* 1916 in Esslingen; † 22. April 1941 in Hadamar) wurde als Tochter des Professors Hermann Maier-Leibnitz im Kaisheimer Pfleghof geboren.[1] Ihr Bruder war der spätere Kernphysiker Heinz Maier-Leibnitz, ihr Onkel Reinhold Maier. Sie wuchs in der Deffnerstraße 5 auf. Sie besuchte die Burgschule und ab 1926 das spätere Georgii-Gymnasium, bis sie diese Schule aus Krankheitsgründen 1932 verließ. Danach wurde sie an zwei reformpädagogischen Internatsschulen, darunter dem Internat Salem, unterrichtet und durchlebte mehrere Klinikhaufenthalte. Ab 1938 war sie in der Heilanstalt Kennenburg untergebracht. Die Diagnose Schizophrenie war verhängnisvoll für Magdalene Maier-Leibnitz: Schon 1939 verlangte das Stuttgarter Innenministerium eine Verlegung der Patientin, am 27. März 1941 kam Magdalene Maier-Leibnitz in Weinsberg an. Am 22. April desselben Jahres wurde sie in die Tötungsanstalt Hadamar abtransportiert und vergast. Der Familie gegenüber wurde behauptet, die junge Frau sei am 2. Mai 1941 an einer Lungenblutung gestorben.[2]
Deffnerstraße 5
Georgii-Gymnasium (Lohwasen 1) Georg Liebel Georg Liebel (* 1916 in Wien) war der Sohn von Julie und Viktor Liebel. Er zog mit seiner Familie in seiner frühen Kindheit nach Esslingen. Er nahm am evangelischen Religionsunterricht teil und wurde in der Johanneskirche konfirmiert. 1936 legte er am späteren Georgii-Gymnasium das Abitur ab und immatrikulierte sich an der TH Stuttgart für den Studiengang Chemie. Dies war möglich, weil er als Sohn eines Frontkämpfers galt und evangelisch getauft war. 1938 wurde er aber wegen seiner jüdischen Herkunft zwangsexmatrikuliert. Im März 1939 gelangte er mit einem Studentenvisum nach England. Er setzte sein Studium in Leeds fort, bis er im Mai 1940 als feindlicher Ausländer nach Kanada deportiert wurde, wo er zwei Jahre als Kriegsgefangener verbrachte. Georg Liebel blieb in Kanada und gründete dort mit einer ebenfalls aus Deutschland geflohenen Frau eine Familie. Zusammen mit seiner Schwester Anne ließ er einen Gedenkstein für seine Eltern auf dem Ebershaldenfriedhof aufstellen.
Das Georgii-Gymnasium
Georgii-Gymnasium (Lohwasen 1) Magdalene Maier-Leibnitz s. o. bei Deffnerstraße 5
Heugasse 31 Eugen Laible Eugen Laible (* 10. Juni 1905; † 23. Juni 1940 in Grafeneck) war das jüngste Kind des Küfermeisters Wilhelm Laible und seiner Ehefrau Maria. Er wuchs in der Heugasse 31 auf. 1921 begann er eine Lehre als Chemigraf beim Schreiber-Verlag. 1924 erlitt er bei einem Fahrradunfall eine Kopfverletzung, die bleibende Schäden hinterließ. Deshalb lebte er ab 1925 in der Heilanstalt Winnental. Am 3. Juni 1940 wurde er nach Grafeneck gebracht, wo er angeblich an einem Magengeschwür und Bauchfellentzündung starb.
Eine Zeichnung Eugen Laibles
Hindenburgstraße 48 Eugen Schönhaar Eugen Schönhaar (* 30. Oktober 1898; † 1. Februar 1934 in Berlin) war ein Sohn von Karl und Marie Schönhaar. Er wuchs in der Oberen Beutau 6 auf, war schon als Jugendlicher in der sozialistischen Jugend aktiv und absolvierte eine Lehre zum Eisendreher. Später war er Facharbeiter an der Maschinenfabrik Esslingen. 1916 wurde er wegen Teilnahme an einer illegalen Antikriegsdemonstration zu drei Monaten Haft verurteilt. 1917 wurde er an die Front geschickt, wo er verwundet wurde. Nachdem 1918 die KPD gegründet worden war, wurde er in dieser Partei aktiv. Ab 1920 gehörte er der Reichsführung der KJD an. Er wurde Redakteur der Jungen Garde und hatte führende Aufgaben in der Jugendinternationale, der Internationalen Arbeiterhilfe und dem Zentralkomitee der KPD in Berlin. Der Ehe mit seiner Frau Odette entstammt sein Sohn Carlo, der 1924 geboren und 1942 hingerichtet wurde. Ab 1920 wohnte die Familie in der Hindenburgstraße 48. Schönhaar organisierte nach der Machtübernahme der NSDAP antifaschistische Flugschriften. Er wurde am 11. November 1933 verhaftet und ins KZ Oranienburg gebracht. Am 1. Februar 1934 soll er auf dem Weg zum Gestapogefängnis in der Prinz-Albrecht-Straße auf der Flucht erschossen worden sein.
Gedenkstein in Berlin-Wannsee
Küferstraße 4 Helene Gotthard Helene Gotthard (* 8. März 1916; † 3. Oktober 1940 in Grafeneck) war eine Tochter von Josef und Katharina Gotthard und wuchs in der Küferstraße 4 auf. Ab ihrem 14. Lebensjahr litt sie an Epilepsie, daher wurde sie nach dem Tod ihrer Mutter 1938 in der Anstalt Stetten untergebracht. Im September 1940 wurde sie nach Grafeneck „verlegt“, wo sie wahrscheinlich in der Gaskammer starb.
Mörike-Gymnasium Anne Liebel Anne Liebel (* 1920) war die Tochter von Julie und Viktor Liebel. Sie nahm am evangelischen Religionsunterricht teil und wurde in der Johanneskirche konfirmiert. Bis 1936 besuchte sie die Mädchen-Mittelschule (jetzt: Mörike-Gymnasium), danach wurde sie von ihren Eltern nach England geschickt. Dort arbeitete sie in einer Fabrik in Leeds und holte an einer Abendschule das Abitur nach. Sie leistete Zivildienst in der Britischen Armee und kam 1945 mit der Civil Censorship Division der US Army nach Esslingen zurück. 1947 kehrte sie nach England zurück, 1948 reiste sie in die USA aus. Zusammen mit ihrem Bruder Georg ließ sie einen Gedenkstein für ihre Eltern auf dem Ebershaldenfriedhof aufstellen.
Skulptur am Eingang zum Mörike-Gymnasium
Mülbergerstraße 146 Theodor Rothschild Theodor Rothschild (* 1878; † im Dezember 1944 im KZ Theresienstadt) war der Leiter des israelitischen Waisenheims in Esslingen und kam nach seiner Deportation im KZ Theresienstadt um.[3]
Das Theodor-Rothschild-Haus
Mülbergerstraße 146 Rosi Ruben, geb. Schul Rosi Ruben (geb. Schul, * 1915) war Erzieherin im israelitischen Waisenhaus. 1933 wurde sie nach Polen ausgewiesen. Von dort konnte sie nach England fliehen und überlebte so den Holocaust.[3]
Neckarstraße 85 Berthold Oppenheimer Berthold Oppenheimer (* um 1895; † wahrscheinlich 26. März 1942[4] in Riga) war ein Sohn des Viehhändlers Moritz Oppenheimer (1867-1927) und dessen Frau Rosalie, geb. Löwenthal (* 1870) und wuchs in Esslingen auf. Er führte nach dem Tod seines Vaters die Viehhandlung der Familie weiter. 1929 heiratete er Martha Rotschild aus Randegg. Aus der Ehe ging der 1930 geborene Sohn Martin hervor. Berthold Oppenheimer war der letzte Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Esslingen. Er wurde 1938 für einen Monat im KZ Dachau inhaftiert und musste danach Zwangsarbeit leisten. Im November 1941 wurde er mit Frau und Kind aus seiner Wohnung abgeholt und von Stuttgart aus nach Riga deportiert, wo er ermordet wurde.
Neckarstraße 85 Martha Oppenheimer Martha Oppenheimer (* um 1911; † wahrscheinlich 26. März 1942 in Riga)[4] war eine Tochter des Ehepaares Jakob und Adele Rotschild aus Randegg. Sie heiratete 1929 den Esslinger Viehhändler Berthold Oppenheimer, mit dem sie den Sohn Martin bekam. Im November 1941 wurde sie mit Mann und Kind aus ihrer Wohnung abgeholt und von Stuttgart aus nach Riga deportiert, wo sie ermordet wurde.
Neckarstraße 85 Martin Oppenheimer Martin Oppenheimer (* 1930; † wahrscheinlich 26. März 1942 in Riga)[4] war der Sohn von Martha und Berthold Oppenheimer. Er wuchs in Esslingen auf, besuchte zunächst die Volksschule und dann den Unterricht im jüdischen Waisenhaus und wurde 1941 zusammen mit seinen Eltern nach Riga deportiert, wo er ermordet wurde.
Obertorstraße 45 Ilse Löwenthal Ilse Löwenthal (* 5. März 1909; † nach dem 26. März 1942) war eine Tochter von Leopold und Jette Löwenthal. Sie arbeitete als Sekretärin im Israelitischen Waisenhaus und lebte im Haus ihrer Eltern. Am 1. Dezember 1941 wurde sie deportiert und danach ermordet; in einer Todeserklärung wurde als Todestag der 26. März 1942 angegeben.
Stolpersteine vor dem Haus Obertorstraße 45
Obertorstraße 45 Jette Löwenthal Jette Löwenthal, geb. Wertheimer (* 22. August 1873; † im Frühjahr 1943 im KZ Theresienstadt) heiratete 1897 den Wirtshausbesitzer Leopold Löwenthal, der eine Handlung für chemisch-technische Produkte gründete. Nach seinem Tod im Jahr 1932 führte sie das Geschäft in der Obertorstraße weiter, bis es 1938 von den Nationalsozialisten geschlossen wurde. Sie wurde am 22. August 1942 über das KZ Tigerfeld nach Theresienstadt deportiert, wo sie 1943 umkam. Die Angaben über ihr Todesdatum sind uneinheitlich.
Eine Anzeige Leopold Löwenthals im Esslinger Adressbuch von 1904
Obertorstraße 45 Rosalie Oppenheimer Rosalie Oppenheimer, geb. Löwenthal (* 8. Dezember 1870; † wahrscheinlich 1942 im Vernichtungslager Maly Trostinez) war eine Tochter von Emma und Moritz Löwenthal. Sie heiratete Moritz Oppenheimer. Aus der Ehe ging der Sohn Berthold hervor. Nachdem sie zwangsenteignet worden war, lebte Rosalie Oppenheimer im Jüdischen Altersheim in Stuttgart. 1942 wurde sie deportiert. Nach Stationen im KZ Tigerfeld und in Theresienstadt kam sie im Vernichtungslager Maly Trostinec um.
Silcherstraße 11 Anne Liebel s. o. bei Mörike-Gymnasium
Silcherstraße 11 Georg Liebel s. o. bei Georgii-Gymnasium
Silcherstraße 11 Julie Liebel Julie Liebel, geb. Sussmann (* um 1889; † am oder nach dem 6. September 1942 in Polen) heiratete 1913 Viktor Liebel, mit dem sie die Kinder Georg und Anne bekam. Die Familie lebte in Esslingen zunächst in der Ottilienstraße (heute:Richard-Hirschmann-Straße), ab 1928 in der Silcherstraße. Anfang 1939 musste Julie Liebel mit ihrem Ehemann und Sohn Georg nach Stuttgart ziehen. Zunächst waren sie in der Werastraße, ab 1941 im „Judenhaus“ Urbanstraße 116 untergebracht. Im Frühjahr 1942 wurde das Ehepaar Liebel nach Polen deportiert. Das letzte Lebenszeichen stammt vom 6. September 1942. Ein Gedenkstein mit englischsprachiger Inschrift auf dem Ebershaldenfriedhof erinnert an Julie Liebel und ihren Mann.
Silcherstraße 11 Viktor Liebel Viktor Liebel (* 1885 in Nikolsburg in Mähren; † am oder nach dem 6. September 1942 in Polen) arbeitete als Diplom-Ingenieur ab 1912 bei der Maschinenfabrik Esslingen in der Abteilung Brückenbau. Er heiratete 1913 Julie Sussmann in Wien. Das Ehepaar wohnte in Esslingen zunächst in der Ottilienstraße (heute: Richard-Hirschmann-Straße) und ab 1928 in der Silcherstraße. 1938 wurde Viktor Liebel vier Wochen lang als „politischer Schutzhäftling“ im KZ Dachau interniert. Im Anschluss daran verlor er seine Arbeitsstelle. Viktor Liebel musste mit Frau und Sohn Anfang 1939 nach Stuttgart ziehen. Zunächst waren sie in der Werastraße, ab 1941 im „Judenhaus“ Urbanstraße 116 untergebracht. Ein Tiefbauunternehmer gab Viktor Liebel noch zeitweise Arbeit. Im Frühjahr 1942 wurde er zusammen mit seiner Ehefrau nach Polen deportiert. Das letzte Lebenszeichen stammt vom 6. September 1942. Ein Gedenkstein mit englischsprachiger Inschrift auf dem Ebershaldenfriedhof erinnert an Viktor Liebel und seine Frau.

Literatur

  • Denk-Zeichen e.V. Esslingen, Esslinger Stolpersteine 2008, Esslingen 2008

Einzelnachweise

  1. So die Angabe auf der Homepage des Georgii-Gymnasiums. Hier wird der Kaisheimer Pfleghof nur als Geburtsort ihrer Schwester Susanne angegeben, während Magdalene in der Deffnerstraße geboren sein soll.
  2. Georgii-Gymnasium
  3. a b Jugendhilfe-aktiv
  4. a b c Eberhard Kögel, Habt ihr scho gedeild? Erinnerungen an den jüdischen Viehhandel in Esslingen, Esslingen 2006, ISBN 3-933231-37-X, S. 37

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