Nikolsburg

Nikolsburg
Dieser Artikel beschreibt die Stadt Mikulov. Für die gleichnamige Gemeinde, siehe Mikulov v Krušných horách.
Mikulov
Wappen von Mikulov
Mikulov (Tschechien)
DEC
Basisdaten
Staat: Tschechien
Region: Jihomoravský kraj
Bezirk: Břeclav
Fläche: 4534 ha
Geographische Lage: 48° 48′ N, 16° 38′ O48.80583333333316.635277777778242Koordinaten: 48° 48′ 21″ N, 16° 38′ 7″ O
Höhe: 242 m n.m.
Einwohner: 7.624 (2005)
Postleitzahl: 692 01
Struktur
Status: Stadt
Ortsteile: 1
Verwaltung (Stand: 2006)
Bürgermeister: Eduard Kulhavý
Adresse: Náměstí 1
692 01 Mikulov
Website: www.mikulov.cz

Mikulov (deutsch Nikolsburg) ist eine Bezirksstadt mit 7.664 Einwohnern im Süden von Mähren, direkt an der Grenze zu Niederösterreich. Zwischen Mikulov und dem sieben Kilometer südlich gelegenen Drasenhofen in Österreich besteht ein Grenzübergang.

Mikulov liegt am Rande der Hügellandes Pavlovské vrchy (Pollauer Berge), auf seinem Gebiet gibt es einige Karstformationen mit der öffentlich zugänglichen Turold-Höhle.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1560 verkaufen die Liechtensteiner für 60.000 böhmische Thaler dem reichen Ungarn Ladislaus von Kerecsenyi die Schlossherrschaft Nikolsburg als kaiserliches Lehen.

Im Jahre 1572 wird Adam Grafen Dietrichstein (1527-1590) von Kaiser Maximilian II. die Herrschaft Nikolsburg verliehen. 1575 erwirbt er diese als erbeigenen Besitz.

Vom Wirken derer von Dietrichstein zeugen das ehemalige fürstliche Schloss Mikulov und das Piaristen-Kollegium.

Sehr bedeutend war in Nikolsburg die starke jüdische Gemeinde, der unter anderem auch Joseph von Sonnenfels, den Berater Maria Theresias, entstammt. Von 1846 bis 1851 lebte hier Samson Raphael Hirsch als Landesrabbiner von Mähren, bevor er nach Frankfurt am Main als Rabbiner berufen wurde.

Am 26. Juli 1866 wurde Nikolsburg Schauplatz der Verhandlungen über den als Vorfrieden von Nikolsburg bezeichneten Waffenstillstand zwischen Österreich und Preußen während des Preußisch-Österreichischen Krieges.

Der Kreis Nikolsburg kam im Oktober 1938 mit dem Münchner Abkommen zu Deutschland und wurde dem Land Niederdonau (heute Niederösterreich) zugeschlagen. Zu dieser Zeit hatte Nikolsburg 8.000 meist deutschsprachige Einwohner; diese Zahl fiel bis 1948 auf etwa 5200. 1945/46 wurde die deutschsprachige Bevölkerung aus der wiedererrichteten Tschechoslowakei umgesiedelt. Die meisten Nikolsburger zogen daraufhin in das benachbarte Niederösterreich. Der noch vorhandene große jüdische Friedhof und der eingeebnete deutsche Friedhof mit Gedenktafel erinnern an die tragische Geschichte Nikolsburgs im 20. Jahrhundert.

Volkszählung Häuser Einwohner insgesamt Volkszugehörigkeit der Einwohner
Jahr Deutsche Tschechen andere
1793 760 7440
1836 806 8421
1869 909 7173
1880 918 7642 7447 144 61
1890 1220 8210 8057 79 74
1900 1141 8092 7843 170 79
1910 1209 8043 7787 189 67
1921 1254 7699 6359 626 485
1930 1426 7790 6409 898 483
1939 7886
Quelle: 1793, 1836, 1850 aus: Frodl, Blaschka: Südmähren von A-Z. 2006
Sonstige: Historický místopis Moravy a Slezska v letech 1848–1960, sv.9. 1984

Wirtschaft

Wirtschaftlich ist die Maschinen- und Tonwarenindustrie zu erwähnen, sowie das Erdöl am Rande des Wiener Beckens. Von Bedeutung ist daneben der Weinbau.

Persönlichkeiten

Karte Mährens um 1900, Pfeil auf Nikolsburg; rechts Weiße Karpaten

Das jüdische Nikolsburg

Die jüdische Gemeinde entstand in Nikolsburg 1421, als die Juden von Herzog Albert II. aus Wien und Niederösterreich vertrieben wurden. Die Flüchtlinge ließen sich in der nahe an der österreichischen Grenze, etwa 80 km von Wien gelegenen Stadt unter dem Schutz der Fürsten von Liechtenstein nieder. Weitere Ansiedler gelangten nach der Vertreibung der Juden aus den mährischen Königsstädten durch König Ladislaus Postumus nach 1454 in die Stadt. Die Gemeinde erreichte erstmals 1575 Bedeutung, als der Kaiser Mikulov dem Grafen Adam von Dietrichstein verlieh. Dessen Sohn, Kardinal Franz Xaver von Dietrichstein, schützte die Juden, deren Steuern er für die Kriegshandlungen im Dreißigjährigen Krieg benötigte.
Die Bedeutung der Gemeinde stieg weiter an und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde sie zum Sitz der Landesrabbiner von Mähren, also zum kulturellen Zentrum der mährischen Juden. Der berühmte Rabbi Judah Löw (1525 –1609), der den Golem von Prag geschaffen haben soll, wirkte hier als zweiter Landesrabbiner von 1553 bis 1573 zwanzig Jahre.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zählte die Gemeinde von Mikulov mehr als 600 Familien und war hiemit die größte jüdische Niederlassung in Mähren. Die von Kaiserin Maria Theresia angeordnete Volkszählung von 1754 ergab 620 Familien, die jüdische Bevölkerung von etwa 3000 Seelen machte also die Hälfte der Einwohner von Mikulov aus. Nur der kleinere Teil der Juden von Mikulov konnte seinen Lebensunterhalt als Handwerker fristen, die übrigen mussten sich mit Handel befassen. Die Gemeinde litt schwer in den Schlesischen Kriegen (1740 – 1742, 1744 – 1745, 1756 – 1763) als sie für ihren Anteil an den hohen Steuern aufkommen musste, die die Regierung Maria Theresias den mährischen Juden vorschrieb.
Viele Juden aus Mikulov suchten ihren Lebensunterhalt in Wien, wo sie sich eine Zeitlang mit besonderen Pässen aufhalten durften. Die Erlaubnis, sich frei anzusiedeln, die den Juden im Laufe der Märzrevolution 1848 bewilligt wurde, führte dazu, dass die Zahl der jüdischen Einwohner von Mikulov auf weniger als ein Drittel sank. 1904 waren 749 von den insgesamt 8192 Einwohnern der Stadt Juden.
Im Jahre 1938 zählte Mikulov etwa 8000 Einwohner, davon 472 Juden. Die jüdische Gemeinde in Mikulov hörte im Zweiten Weltkrieg auf zu bestehen.

Literatur

  • Moritz Spegele: Chronik der Stadt Nikolsburg. 1880
  • Hugo Triesel: Nikolsburger Denkwürdigkeiten. 1935
  • Theodor Seifert: Nikolsburg. Geschichte der Stadt in Wort und Bild. 1937
  • Richard A. Hofmann: Nikolsburger Hefte. 1972–1973
  • Josef Haas: Nikolsburg. Geschichte und Sehenswürdigkeiten. 1975
  • Reiner Elsinger: Heimatbuch Nikolsburg. 1988
  • Reiner Elsinger: Festschrift 750 Jahre Nikolsburg. 1999
  • Soňa Nezhodová: Das jüdische Nikolsburg (Židovský Mikulov) 2006

Siehe auch

Weblinks


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