Orgel der St.-Georgs-Kirche (Weener)

Orgel der St.-Georgs-Kirche (Weener)
Orgel der St.-Georgs-Kirche (Weener)
Weener Ref Orgel.jpg
Allgemeines
Ort St.-Georgs-Kirche (Weener)
Orgelerbauer Arp Schnitger
Baujahr 1710
Letzte(r) Umbau/Restaurierung 1978–1983 durch Jürgen Ahrend
Epoche Barock
Orgellandschaft Ostfriesland
Technische Daten
Anzahl der Register 29
Anzahl der Pfeifenreihen 42
Anzahl der Manuale 2
Tontraktur Mechanisch
Registertraktur Mechanisch
Schnitger-Orgel in Weener (Spieltisch)

Die Orgel der reformierten St.-Georgs-Kirche in Weener ist ein Spätwerk Arp Schnitgers (1710), an dem bereits seine Söhne mitwirkten. Die Orgel verfügt über 29 Register, zwei Manuale und Pedal.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Neubau durch Schnitger 1710

Kreideinschrift: Diese Orgel ist durch F. C. (?) Schnitger gebaut Ao 1710 Zu Neuenfelde

1709/1710 wurde die Orgel mit Hauptwerk, Rückpositiv und angehängtem Pedal gebaut. Franz Caspar Schnitger verfertigte das Gehäuse in Neuenfelde, worauf eine Kreide-Inschrift im Mittelturm verweist. Im Hauptgehäuse blieb Raum für ein später einzubauendes Brustwerk. Das Pfeifenwerk stammt wahrscheinlich aus der Hamburger Werkstatt Arp Schnitgers. Aufgestellt wurde die Orgel von Arp Schnitger d. J. und dem Gesellen Niclaes Stoever auf dem gotischen Lettner.

Erweiterung durch Wenthin 1782

1779–1782 versetzte Johann Friedrich Wenthin die Orgel auf eine neue Empore vor dem Chorraum, reparierte sie und ergänzte freie Pedaltürme und ein Brustwerk, sodass die Orgel nun über 37 Register und drei Manuale verfügt.

Disposition 1782:

II Hauptwerk
Principal 8′
Quintadena 16′
Gedackt 8′
Viol di Gamba 8′
Octave 4′
Nasat 3′
Octave 2′
Spitzflöte 2′
Rauschpfeife II
Mixtur IV–VI
Trompete 8′
Vox humana 8′
I Rückpositiv
Principal 4′
Gedackt 8′
Quintadena 8′
Flöte 4′
Octave 2′
Waldflöte 2′
Quinte 11/3
Sesquialtera II
Scharf IV
Dulcian 8′
Tremulant
III Brustwerk
Traversflöte 8′
Salicional 8′
Flauto douce 4′
Gemshorn 2′
Cornett V
Vox humana 8′
Pedal
Principal 8′
Subbass 16′
Octave 4′
Quinte 3′
Octave 2′
Cornett III
Posaune 16′
Trompete 8′
Trompete 4′

Umbauten im 19. Jahrhundert

In den Jahren 1826/1828 und 1838 führten Herman Eberhard Freytag und 1857 Johann Gottfried Rohlfs verschiedene Reparaturen und kleinere Eingriffe aus. 1864 wurde ein vernichtendes Gutachten über die Orgel erstellt.

Durch die Gebrüder Rohlfing (Osnabrück) erfolgte 1872 bis 1877 ein größerer Umbau und eine Reduzierung auf zwei Manualwerke, wobei das Pfeifenwerk des Rückpositvs im Gehäuse des Hauptwerks als Hinterwerk platziert und das Brustwerk entfernt wurde. Alle Windladen wurden durch neue oder gebrauchte ersetzt; die Pedalladen stammen wahrscheinlich aus der Osnabrücker Orgel von Jacob Courtain. Die Orgel hatte insgesamt nur noch 23 Register.

Weiterer Registerverlust Beginn 20. Jahrhundert

Rohlfing beseitigte 1906/07 acht weitere alte Register.

1917 mussten 146 Prospektpfeifen für Kriegszwecke abgegeben werden, da Schnitger-Orgeln zu der Zeit nicht unter Denkmalschutz standen.

Restaurierungen im 20. Jahrhundert

In den Jahren 1927–1928 wurde die Orgel unter dem Einfluss der Orgelbewegung wieder instandgesetzt.

Alfred Führer (Wilhelmshaven) machte 1952 im Rahmen einer umfassenden Restaurierung das Rückpositiv wieder klingend und stellte die Disposition des 18. Jahrhunderts unter Verwendung von Pfeifenmaterial aus dem 19. und 20. Jahrhunderts wieder her.

Von 1972 bis 1978 führte die Firma Hendrik Jan Vierdag (Enschede/NL) verschiedene Restaurierungsarbeiten durch und erstellte neue Windladen und einen Magazinbalg sowie eine neue Spiel- und Registermechanik, ohne aber immer konsequent nach historischen Prinzipien vorzugehen. Die Pfeifenmacherei Steffani (Herten) rekonstruierte die Register des 18. Jahrhunderts, die im Laufe der letzten hundert Jahre entfernt worden waren. Im Pedal wurden einige Register des Orgelbauers Carl Haupt (Ostercappeln) aus einer Orgel in Gildehaus (1864–1866) verwendet.

Jürgen Ahrend (Leer-Loga) schloss 1978 bis 1983 die Restaurierung ab. Er rekonstruierte die Manualzungen, einige Labialregister, Traktur, Windversorgung, Pedalklaviatur, zwei Tremulanten und die Intonation.

Die Gehäuse aus dem 18. Jahrhundert sind noch original. 1972 wurde die prächtige rote Farbgebung von 1782 wiederhergestellt. Die Orgel in Weener scheint das letzte Beispiel für frei stehende Pedaltürme in Ostfriesland zu sein. Ungewöhnlich ist das äußere Erscheinungsbild durch die strenge schnitgersche Formgebung in den beiden Manualwerken einerseits und die geschwungenen Pedaltürme und die zeitgleich entstandene Emporenbrüstung im Rokokostil andererseits. Im Rückpositivgehäuse befinden sich die Registerzüge für das Rückpositiv. Aufgrund der Umbauten im 19. Jahrhundert und der Anpassungen an den Zeitgeschmack ging ein Großteil des Pfeifenmaterials des 18. Jahrhunderts verloren. Die sehr guten Manualklaviaturen von Rohlfing mit dem großen Umfang (C–f3) wurden bei der Restaurierung beibehalten, um die Wiedergabe von Orgelmusik aus dem 19. Jahrhundert zu ermöglichen. Die sechs originalen Schnitgerregister befinden sich in einem sehr guten Zustand. Im Pedal sind noch der hölzerne Subbass und von den drei Zungenregistern die Kehlen, Köpfe und Zungen aus dem 19. Jahrhundert erhalten; die Becher sind neu.

Bei den Restaurierungen ging es nicht um die Rekonstruktion des Zustands aus dem 18. Jahrhundert, sondern um eine Wiederherstellung der alten Klangverhältnisse unter Verwendung des historischen Materials. Die Schnitgerorgel in Uithuizen diente Vierdag bei der Rekonstruktion 14 neuer Register als Vorbild. Diese Restaurierung blieb allerdings unbefriedigend. Erst durch Jürgen Ahrend gelang die technische und klangliche Fertigstellung im Rahmen eines überzeugenden Gesamtkonzepts, das sich am Ideal des Schnitgerklangs orientiert. Vox humana 8′ und Dulcian 8′ wurden nach Uithuizen, die Trompete 8′ nach Stade, St. Cosmae rekonstruiert.

Disposition seit 1983

II Hauptwerk C–f3
Principal 8′ V
Quintadena 16′ S
Gedackt 8′ V
Octave 4′ S
Spitzflöte 4′ S
Nasat 22/3 V
Octave 2′ S
Mixtur IV–VI V
Cymbel II A
Trompete 8′ A
Vox humana 8′ A
I Rückpositiv C–f3
Principal 4′ V
Gedackt 8′ S
Quintadena 8′ V
Flöte 4′ V[Anm. 1]
Octave 2′ S/V
Waldflöte 2′ V
Quinta 11/3 V
Sesquialtera II S/V
Scharff IV V
Dulcian 8′ A
Pedal C–d1
Principal 8′ V
Subbass 16′ H
Octave 4′ V
Octave 2′ A
Mixtur IV V
Posaune 16′ H/V
Trompete 8′ H/V
Trompete 4′ H/V
A = Ahrend
H = Haupt (oder Wenthin?)
S = Schnitger
V = Vierdag
  • Koppeln: Manual-Schiebekoppel.
  • Zwei Tremulanten (aufliegend).
Anmerkungen
  1. Gedeckt.

Technische Daten

Literatur

  • Cornelius H. Edskes, Harald Vogel: Arp Schnitger und sein Werk. Hauschild, Bremen 2009, ISBN 978-3-89757-326-0, S. 106f, 175f.
  • Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7, S. 152f.
  • Walter Kaufmann: Die Orgeln Ostfrieslands. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1968, S. 237–239.
  • Stef Tuinstra: Het Schnitger-Wenthinorgel te Weener (Ostfriesland). In: Het Orgel. Jg. 81, Nr. 1, 1985, S. 292–299.
  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Geweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5.
  • Harald Vogel, Reinhard Ruge, Robert Noah, Martin Stromann: Orgellandschaft Ostfriesland. 2 Auflage. Soltau-Kurier-Norden, Norden 1997, ISBN 3-928327-19-4.

Aufnahmen/Tonträger

  • Arp Schnitger in Niedersachsen. 2002. MD+G, 1124-2 (11 Organisten in Cappel, St. Cosmae Stade, Lüdingworth, Steinkirchen, Hollern, Mittelkirchen, Norden, Grasberg, Dedesdorf, Ganderkesee, Weener).
  • Johann Sebastian Bach: Goldberg variations. 1988. VLS Records, VLC 0598 (Abram Bezuijen).
  • Diderik Buxtehude: Organ Works (5). 1989. Harmonic records, H/CD 8934 (Jean-Charles Ablitzer).
  • Dietrich Buxtehude: Orgelwerke. Vol. 2. 1988. MD+G, L 3269 (Harald Vogel in St. Cosmae, Stade u. Weener: BuxWV 136, 137, 139, 150, 164, 169, 172, 177, 180, 184, 187, 201, 207, 214, 215).
  • Orgelland Ostfriesland. 1989. Deutsche Harmonia Mundi, HM 939-2 (Harald Vogel in Norden, Uttum, Rysum, Westerhusen, Marienhafe, Weener: Werke von D. Buxtehude, C. Goudimel, Anonymus, J.P. Sweelinck, S. Scheidt, C. Paumann, A. Schlick, A. Ileborgh, P. Hofhaimer, H. Isaac, H.L. Hassler, G. Böhm, J.S. Bach).
  • Vincent Lübeck: Organ Works. 2009. Aeolus, AE-10571 (Léon Berben in Norden und Weener)
  • Vom Himmel hoch. Weihnachtliche Kantaten und Motetten Norddeutscher Meister. 1989. Ars Musici, AME30062 (Fiori Musicali, Knabenchor Hannover; Harald Vogel in Weener u. St. Ludgeri, Norden: Werke von Anonymus, G. Böhm).

Weblinks

Siehe auch

Liste von Orgelregistern | Liste der Orgelbauer

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