Orkan Xynthia

Orkan Xynthia
Xynthia
Animation des Orkans Xynthia
Animation des Orkans Xynthia
Unwetter Orkan mit Sturmflut (Außertropischer Zyklon)
Daten
Beginn 26. Februar 2010
Ende 1. März 2010
Windgeschw. 239 km/h (Pic du Midi de Bigorre, ‎27./28.[1])
Niedrigster Luftdruck 967 hPa
Folgen
Betroffene Gebiete West- und nördl. Mitteleuropa
Opfer 65 (Stand 7. März 2010)
Schadenssumme in Milliardenhöhe Versicherungsschaden (erste Schätzungen)[2]

Der Orkan Xynthia war ein sehr kräftiges außertropisches Tiefdruckgebiet, das vom 26. bis 28. Februar 2010 über die Kanarischen Inseln, die Iberische Halbinsel, Frankreich und Teile Mitteleuropas hinweg zog.

Insgesamt forderte der Orkan über 60 Menschenleben, die meisten davon in den westlichen Départements Frankreichs.

Inhaltsverzeichnis

Meteorologischer Abriss

Das Tief Xynthia entstand abnormal weit im Süden, westlich von Portugal bei 30° Grad Nord,[3] und hatte auch eine seltene Zugbahn[3], über die Biscaya und den Ärmelkanal bis Südschweden, mit dem entsprechenden Verlauf einer Sturmrinne.

Im Laufe des 26. Februars begann die Zyklongenese des Tiefdruckkerns, der sich am Morgen des 27. Februars bis zur portugiesischen Küste verlagert hatte. Hier erreichte er in seinem Zentrum schon einen Luftdruck von weniger als 980 hPa.[3] Während das System in nordöstlicher Richtung zog, intensivierte es sich weiter. Über der Biskaya war der Kerndruck auf unter 970 hPa gesunken.[3] So gelangten Spanien und Portugal in den Einflussbereich von Winden in Orkanstärke.[3] Am 26. Februar 2010 waren über La Palma über 200 km/h Windgeschwindigkeit gemessen worden.

Im Verlaufe des 27. und besonders 28. Februars gewann der Sturm sehr schnell an Kraft. Die Zunahme der Windgeschwindigkeit in Deutschland von Wind- zu Orkanstärke innerhalb von weniger als sechs Stunden ist ungewöhnlich.[3] Die höchsten Windgeschwindigkeiten des Orkans wurden in den Pyrenäen gemessen, 238 km/h am Pic du Midi de Bigorre[1] und 228 km/h am 27. um 21:00 Uhr in Orduña im Baskenland[4],

In der Nacht zum 28. Februar erreichte Xynthia die französische Atlantikküste, mit Schwerpunkt an der Nordbiscaya. Das Sturmtief zog dann über Zentralfrankreich in Richtung der Beneluxstaaten, mit gemessenen Böen bis 160 km/h in Saint Clément Des Baleines (île de Ré)[1], 209 km/h im Puy-de-Dôme[1], 155 km/h an der Eiffelturm-Spitze,[1] 172 km/h am Markstein in den Vogesen[1], am Weinbiet im Pfälzerwald 166 km/h (28. 17:00)[5], im Saarland und im Rhein-Main-Gebiet erreichten die Sturmspitzen weit verbreitet 130 km/h,[3] 180 km/h maß die Wetterstation am Brocken.[5]

Jährlichkeit

Nach Angaben des französischen Zivilschutzes war Orkan Xynthia für Frankreich der folgenschwerste Sturm seit Orkan Lothar im Dezember 1999, dem schwersten Sturm Europas des 20. Jahrhunderts, für Deutschland blieb er an Folgen wohl unter Kyrill 2007, und war auch insgesamt auf ein kleineres Gebiet beschränkt.

Auswirkungen

Die am stärksten von Xynthia betroffenen Gebiete waren der Norden Portugals, Galicien und das Baskenland, die französische Atlantikküste und die Mitte Frankreichs sowie weite Teile Deutschlands.

Die meisten Personenschäden verursachte der Sturm im Westen Frankreichs, mit Schwerpunkt im Département Vendée an der Atlantikküste. Hier kamen in den Gemeinden La Faute-sur-Mer, L'Aiguillon-sur-Mer und La-Tranche-sur-Mer 29 Personen durch Ertrinken ums Leben.[6] Die anderen Toten wurden zumeist Opfer von Verkehrsunfällen, durch Sturmeinwirkung, direktem Baumschlag, oder aufgrund von Unfällen durch Windbruch. Aus Frankreich insgesamt wurden insgesamt 53 Todesopfer gemeldet[7][8] [9], 7 aus Deutschland[10], 3 aus Spanien[11], 1 aus Portugal[12], 1 aus Belgien[13].

Erste Schätzungen sprechen von 1,5–3 Milliarden Euro Versicherungsschäden.[2]

Am 28. Februar 2010 waren etwa eine Million Haushalte in Frankreich ohne Strom.[14] An der französischen Atlantikküste erreichten die Wellen eine Höhe bis zu acht Metern. Zahlreiche Deiche brachen, wodurch in den Departements Vendée und Charente-Maritime mehrere Ortschaften überflutet wurden. Gegen Mittag traf Xynthia dann auf Deutschland, wo er Richtung Nordost zog. In Frankfurt am Main wurden vorsorglich der Haupt- und der Flughafen Fernbahnhof gesperrt. Weil Baustellenteile des Fernbahnhofes auf die Autobahn zu stürzen drohten, musste die Bundesautobahn 3 am Frankfurter Flughafen gesperrt werden.[15]

Sturmschäden des Orkans Xynthia an der B 256 südlich von Spurkenbach

Der Sturm riss auch Strom- und Telegrafenleitungen herunter und beschädigte Oberleitungen von Straßenbahnen und Eisenbahnen. Im Saarland, in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz kam der Eisenbahnverkehr praktisch zum Stillstand. Auf der Frankfurt-Bebraer Eisenbahnstrecke kollidierte ein Intercity-Express mit einem Baum.[16] Entwurzelte Bäume blockierten Straßen und erschlugen Menschen.

In Rheinland-Pfalz hat der Orkan „Xynthia“ rund 2,1 Millionen Festmeter Holz über alle Waldbesitzarten zu Boden gebracht. Die Schwerpunkte des Windwurfs lagen im Nordteil des Landes, in Eifel, Hunsrück (ca. 600.000 fm), Westerwald (ca. 460.000 fm) und im Raum Trier (ca. 390.000 fm). Die Pfalz blieb weitgehend verschont (ca. 60.000 fm).

Ca. 95 Prozent des geworfenen Holzes entfielen auf die Baumarten Fichte, Douglasie, Kiefer und Lärche. Über 70 Prozent des Sturmholzes sind im Gemeindewald angefallen, 20 Prozent im Staatswald, die restlichen 10 Prozent verteilten sich auf den Privatwald. 95 Prozent des Sturmholzes sind zur Aufarbeitung und zum Verkauf verwertbar. Etwa fünf Prozent der Menge (ca. 100.000 fm) wird als Totholz im Wald verbleiben. Die außerplanmäßigen Holzmengen wurden im Wesentlichen im laufenden Jahr vom Markt aufgenommen. (http://www.wald-rlp.de/index.php?id=36&tx_ttnews%5Byear%5D=2010&tx_ttnews%5Bmonth%5D=04&tx_ttnews%5Btt_news%5D=1049&cHash=e0bd8632649df7609b128368a60fbb6e)

In Hessen fielen rund 1,2 Millionen Festmeter Sturmholz an. (http://www.wiesbadener-kurier.de/nachrichten/politik/hessen/8596924.htm)

Siehe auch

Medien

  • Xynthia, Chronik einer angekündigten Katastrophe. ARTE Sondersendung (Themenabend), Erstausstr. 9. März 2010 (Programm, Dossier)

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Rafales de vent enregistrées aux cours des samedi 27 et dimanche 28 février auf METEO France abgerufen am 3. März 2010
  2. a b Markus Stowasser, Meteorologe bei der Allianz SE Rückversicherung, zit. n. Versicherer sehen Milliardenschäden durch «Xynthia». In: Agrar-Nachrichten. Proplanta, 5. März 2010, S. Umwelt: Klima & Wetter, abgerufen am 5. März 2010: „Schätzungen des auf Risikoanalysen spezialisierten Unternehmens AIR Worldwide, wonach die versicherten Schäden bei 1,5 bis 3 Milliarden Euro liegen könnten, seien «nicht unrealistisch»“
  3. a b c d e f g Orkantief Xynthia – erster meteorologischer Abriss der ZAMG. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (1. März 2010). Abgerufen am 1. März 2010.
  4. Die Zeit: Extra: Orkan im Baskenland mit Rekordgeschwindigkeit, 28. Februar 2010
  5. a b Meldung DWD
  6. Information mise à jour sur Libération (fr). 28. Februar 2010. 
  7. Tempête Xynthia: 20 morts, un million de foyers sans électricité (Französisch). 28. Februar 2010. 
  8. La tempête Xynthia a fait au moins 52 morts en France, consulté le 2 mars 2010
  9. Le bilan de la tempête Xynthia porté à 53 morts en France, abgerufen 3. März 2010
  10. Das große Aufräumen nach "Xynthia" (nicht mehr online verfügbar) auf tagesschau.de vom 1. März 2010
  11. La tempête Xynthia fait trois morts en Espagne, consulté le 1 mars 2010
  12. Alerta en toda España por la borrasca explosiva que atravesará hoy la Península (Spanisch). El País (27. Februar 2010). Abgerufen am 27. Februar 2010.
  13. Orkantief "Xynthia" reißt 60 Menschen in den Tod, Die Welt. 1. März 2010. Abgerufen am 3. März 2010. 
  14. "Nationale Katastrophe" in Frankreich (nicht mehr online verfügbar) auf tagesschau.de vom 1. März 2010
  15. Sturmtief "Xynthia" – Verkehr lahm gelegt - erstes Todesopfer. Hessischer Rundfunk (28. Februar 2010). Abgerufen am 28. Februar 2010.
  16. Orkan rast durch Hessen, abgerufen am 1. März 2010

Weblinks

 Commons: Orkan Xynthia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Orkan — Fichten nach einem Sturm mit Orkanstärke Windbruch im …   Deutsch Wikipedia

  • Orkan Lothar — Lothar Daten Entstehung: 25. Dezember 1999 Auflösung 27. Dezember 1999 Spitzenböe: 272 km/h Niedrigster Luftdruck: 962 hPa Betroffene Regionen: Nordfrankreich, Südwestdeutschland, Schweiz, Liechtenstein …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Wetterereignissen in Europa — Die Liste von Wetterereignissen in Europa gibt eine Übersicht über als Unwetter bezeichnete Extremwetterereignisse, darunter auch Naturkatastrophen (Schadereignisse) von historischer Bedeutung. Inhaltsverzeichnis 1 Legende 2 Liste 3 Siehe auch …   Deutsch Wikipedia

  • Vb-Wetterlage — Zugstraßen der barometrischen Minima (Tiefdrucktrajektorie) nach W.J. v. Bebber: Unten Va, mit den Fortsetzungen Vb nordost, Vc ost (nicht sichtbar: Vd südost) Eine Vb Wetterlage („V“ = römisch 5, gesprochen: Fünf B Wetterlage) ist durch die …   Deutsch Wikipedia

  • Sturmtief — Ein Sturmtief ist ein Tiefdruckgebiet, das zu einem Sturm führt, also die Stärke 9 bis 11 auf der Beaufortskala erreicht, bei stärkeren Ereignissen spricht man von Orkantief. Inhaltsverzeichnis 1 Atlantische Sturmtiefs Europas 1.1 Jütland Typ 1.2 …   Deutsch Wikipedia

  • Februar 2010 — Portal Geschichte | Portal Biografien | Aktuelle Ereignisse | Jahreskalender ◄ | 20. Jahrhundert | 21. Jahrhundert     ◄ | 1980er | 1990er | 2000er | 2010er         ◄ | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 | 2012… …   Deutsch Wikipedia

  • Île mystérieuse — Vorlage:Infobox Insel/Wartung/Bild fehlt Noch unbenannt Gewässer Biskaya Geographische Lage …   Deutsch Wikipedia

  • 2010 — Portal Geschichte | Portal Biografien | Aktuelle Ereignisse | Jahreskalender ◄ | 20. Jahrhundert | 21. Jahrhundert     ◄ | 1980er | 1990er | 2000er | 2010er         ◄◄ | ◄ | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 |… …   Deutsch Wikipedia

  • Burg Friedberg (Friedberg) — Burg Friedberg Eingang zur Friedberger Burg Entstehungszeit …   Deutsch Wikipedia

  • Idarkopf — Der markante Idarkopf prägt den Hunsrück Höhe 746  …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”