Ritterstraße (Berlin-Kreuzberg)

Ritterstraße (Berlin-Kreuzberg)
Ritterstraße
Coat of arms of Berlin.svg
Straße in Berlin
Ritterstraße
Ritterstraße Ecke Lindenstraße
Basisdaten
Ort Berlin
Ortsteil Kreuzberg
Angelegt 20. Feb. 1845
Hist. Namen Neue Junkerstraße (1843–1845)
Anschlussstraßen (westlich): Lindenstraße,
östlich: Segitzdamm
Querstraßen Alte Jakobstraße, Alexandrinenstraße, Jakobikirchstraße, Lobeckstraße, Prinzenstraße, Bergfriedstraße
Bauwerke siehe Sehenswürdigkeiten
Nutzung
Nutzergruppen Fußverkehr, Radverkehr, Autoverkehr, ÖPNV
Technische Daten
Straßenlänge 1400 Meter

Die Ritterstraße ist eine Straße im Berliner Ortsteil Kreuzberg, die nach den mittelalterlichen Rittern benannt ist.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Straße hieß bis 1845 Neue Junkerstraße – in Anlehnung an die in der Nähe gelegene Junkerstraße, die heute nur noch als Fußweg südlich des Markgrafenparks zu erkennen ist. Am 20. Februar 1845 erfolgte die Umbenennung in Ritterstraße, nach dem ein Durchbruch bis zur Lindenstraße erfolgte.[1] Die verkehrsgünstige Lage zwischen Anhalter- und Görlitzer Bahnhof führte zu zahlreichen Gewerbeansiedlungen, die ein hohes Transportaufkommen mit der Pferdekutsche nach sich zog. Aus diesem Grund wurde der Kiez um die Ritterstraße im Volksmund auch als „Rollkutscherviertel“ bezeichnet. In seiner Blütezeit werden hier 1391 Fabrikanten mit 1344 Vertretungen ausländischer Firmen gezählt.[2] Dies führte dazu, dass die Bebauung dichter wurde und die ersten Gewerbehöfe als Kombination von Produktionsgebäude und Wohnraum entstanden. Die meisten dieser Gebäude wurden durch den Zweiten Weltkrieg zerstört.

Heute zeugen nur noch der Ritterhof sowie das Pelikan-Haus vom einstigen Glanz der Straße. In den 1950er Jahren gab es Pläne für den Bau einer Stadtautobahn („City-Band“), die jedoch mit dem Bau der Mauer aufgegeben wurden. Neue Impulse zur Stadtentwicklung entstanden anlässlich der Internationalen Bauausstellung (IBA) im Jahr 1984. Im Zuge der Baumaßnahmen wurde am 14. August 1981 ein Teil der Ritterstraße in Jakobikirchstraße umbenannt.

Sehenswürdigkeiten

Von Nordwesten nach Südosten

Wohnhaus Ritterstraße Ecke Alte Jakobstraße vom Planungskollektiv Nr. 1
  • Die Gebäude in der Ritterstraße 55 bis 60b gehören zu einem Gebäudekomplex mit insgesamt 315 Wohneinheiten, die sich auf 34 Mehrfamilienhäuser verteilen. Sie entstanden im Zuge der IBA. Gezeigt werden sollte die „Wiederherstellung der Blockstruktur und Schaffung eines funktionsfähigen Stadtquartiers durch eine ablesbare Gliederung der baulichen Räume: Verkehrsstraße, Erschließungsgasse, Fuß- und Radwege als Spielstraße, Wohnhof.“[3] Grundlage für den Bau war eine Planungsstudie von Rob Krier aus dem Jahr 1977 sowie ein Bauwettbewerb unter vierzehn Architekturbüros. Der Baubeginn des Blocks 31 war im Jahr 1982, Fertigstellung und Bezug ein Jahr später. Der Block 28, der zweite Bauabschnitt, wurde 1982/1983 geplant und von 1986 bis 1988 ausgeführt. Als Bauherr trat die Klingbeil-Gruppe auf, die die erforderlichen Grundstücke vornehmlich von der Bundesrepublik Deutschland erwarb. Im ersten Bauabschnitt wurde jede Wohnung durch den Bund mit rund 50.000 Mark für Versuchs- und Vergleichsvorhaben gefördert.
  • Die Gebäude in der Ritterstraße 61 bis 66 entstanden ebenfalls im Zuge der Internationalen Bauausstellung. Bereits im Oktober 1977 hatte die Freie Planungsgruppe Berlin einige Leitlinien für die Entwicklung des Tiergartenviertels sowie der südlichen Friedrichstadt herausgegeben. Für Straßen, die in Ost-West-Richtung liegen, sollte demnach ein niedriger Straßenrand von drei bis vier Geschossen vorgesehen sein, während an der Lindenstraße bis zu sechs Geschosse geplant wurden, um an die alten Traufhöhen anzuschließen.[4] Diese Forderungen wurden vom Projekt „Konzepta Ritterstraße“ aufgenommen. In Anlehnung an die Verschiedenartigkeit der Fassaden aus dem 19. Jahrhundert sollten auch in diesem Projekt unterschiedliche Fassaden gestaltet werden, obwohl es nur einen Bauherren gab. Es zeigte sich, dass der vom Senat im Mai 1977 ausgelobte Wettbewerb nur durch ein gemeinsames Planungsverfahren der Architekten, des Bauträgers sowie des Senatsbaudirektors Hans Christian Müller erfolgreich sein konnte. So kam es, dass der Mittelbau Ritterstraße 63 und 64 von Rob Krier gestaltet wurde, während die Einzelhäuser 62 und 64 vom Büro Hielscher/Mügge geplant wurden. Die Häuser mit den Nummern 61 und 66 wurden von der Gruppe 67 bearbeitet und die Blockecken Lindenstraße 29 sowie Alte Jakobstraße 122/123 vom Planungskollektiv Nr. 1. Die verschiedenen Ausführungen stießen in der Presse auf eine unterschiedliche Resonanz. So wird berichtet, dass „diese um Kontrolle bemühte, dekorationsfreudige Vielfalt das Positivum für sich hat, der bedeutungslosen Gleichförmigkeit der Nachbarschaft entgegenzuwirken, in der langen Reihe einzelne Hausindividualitäten entstehen zu lassen, Wiedererkennen und damit Identität zu ermöglichen.“[5] Für andere Journalisten fällt das Fazit weniger positiv aus: „Dort erblickt man einen deprimierenden Provinzialismus, wie er in Berlin in den Nachkriegsjahren nur an wenigen Stellen zugemutet worden ist – eine Art Disneyland.“[6]
Ehemaliges Hauptkinderheim
  • Freie Waldorfschule Kreuzberg e. V.: Das denkmalgeschützte Gebäude in der Ritterstraße 69 Ecke Alte Jakobstraße 11–13 ist das letzte Projekt von Max Taut. Die Planungen begannen 1963 als Hauptkinderheim und wurden nach dem Tod Tauts von Fritz Bornemann weitergeführt. Der Garten wurde von dem Landschaftsarchitekten Hermann Mattern gestaltet.[7] Die Eröffnung fand 1969 statt; nach Unruhen wird das Heim bereits 1974 geschlossen. Von 2005 bis 2007 erfolgte eine Sanierung, durch die der CO2-Ausstoss um 55 Prozent gesenkt werden konnte.[8]
  • Gedenktafel für Adolph von Menzel: Im Haus Nummer 43 wohnte von 1847 bis 1860 der Maler und Zeichner von Menzel. Das Gebäude ist nicht mehr vorhanden; an der Fassade des Neubaus erinnert aber eine Berliner Gedenktafel an den Künstler.
Gewerbehof Butzke-Werke
  • An der Einmündung zur Jakobikirchstraße erinnern zwei Stolpersteine an die Widerstandskämpfer Paul und Miloa Voss, die von der Geheimen Staatspolizei in Haft genommen wurden.
  • Einige Meter hinter der Einmündung zur Prinzenstraße befindet sich vor dem Haus mit der Nummer 16 eine Gedenktafel für Hanni Meyer. Die von Claus Korch 1988 gestaltete Bronzeplatte erinnert an eine junge Frau, die in der hier einst ansässigen Lampenschirmfabrik Paulus zur Zwangsarbeit herangezogen wurde. Meyer schloss sich der Widerstandsbewegung um Herbert Baum an und wurde am 4. März 1943 im Alter von 22 Jahren in Plötzensee hingerichtet, nachdem sie Flugblätter verbreitet hatte.[9]
  • In der Ritterstraße 26 entstand der Gewerbehof Butzke-Werke von Georg Lewy im Auftrag der Armaturenfabrik Bernhard Joseph AG, die 1926 mit der Friedrich Butzke u. Co. fusioniert, einer Metallwaren- und Lampenfabrik. 1937 wird das Unternehmen in „Butzke Werke AG“ umbenannt. Das Vorderhaus wird im Krieg zerstört, während das heute denkmalgeschützte Hauptgebäude nur wenige Schäden erfährt. Nach der Verlegung des Firmensitzes nach Ludwidgsfelde im Jahr 1997 befindet sich heute im dem Gebäude eine Kreativwerkstatt.[10]
Gewerbehof Ritterhof
  • Ritterhof: Das denkmalgeschützte Gebäude wurde 1906 bis 1907 von Schilbach und Schweitzer für die Scheck´schen Erben errichtet und ist neben dem Pelikan-Haus eines der wenigen erhaltenen Gewerbehöfe im Kiez.[11]
  • Pelikan-Haus: Das denkmalgeschützte Gebäude wurde von 1902 bis 1905 für den Bankier und Besitzer der Metallwarenfabrik Hompesch & Co. Georg Salomonsohn im neoklassizistischen Stil errichtet. Die verglaste Sandsteinfassade mit Pilaster und Säulen trägt vier überlebensgroße Atlanten im vierten Obergeschoss. 1933 zog die Firma Günther Wagner, heute unter dem Bürobedarfhersteller Pelikan AG bekannt, in das Gebäude ein. Sie brachte einen goldenen Pelikan sowie einen Schriftzug „Pelikanhaus“ an der Fassade an.

Literatur

  • Bauausstellung Berlin GmbH: Internationale Bauausstellung Berlin 1987 – Projektübersicht, Berlin, 1. Auflage, 1987
  • Senator für Bau- und Wohnungswesen und Konzepta Unternehmensgruppe, Berlin (Hrsg): Experiment Wohnen – Konzepta Ritterstraße, Berlin, 1981, ISBN 3-88531-105-4

Weblinks

 Commons: Ritterstraße (Berlin-Kreuzberg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Zur Geschichte der Straße auf kauperts.de, abgerufen am 8. Oktober 2011.
  2. Detlef Krenz: Die Ritterstraße In: Kreuzberger Chronik. vom Oktober 2003, Ausgabe 51, Abgerufen am 8. Oktober 2011.
  3. Bauausstellung Berlin GmbH: Internationale Bauausstellung Berlin 1987 – Projektübersicht, Berlin, 1. Auflage, 1987, Seite 186
  4. Senator für Bau- und Wohnungswesen und Konzepta Unternehmensgruppe, Berlin (Hrsg): Experiment Wohnen – Konzepta Ritterstraße
  5. Heinrich Klotz: Sozialer Wohnungsbau mit Selbstbewußtsein In: Frankfurter Rundschau. vom 17. Januar 1981.
  6. Günter Kühne: Ritterstraße in Berlin In: Der Tagesspiegel. vom 27. September 1981.
  7. Tag des offenen Denkmals 2011: Ehem. Kinderheim der Stadt Berlin (Freie Waldorfschule Kreuzberg) auf stadtentwicklung.berlin.de, abgerufen am 8. Oktober 2011.
  8. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: Bausteine der Nachhaltigkeit: Ökologisch Bauen in Berlin, S. 36, Berlin, März 2009
  9. Eintrag zu Hanni Mayer auf kreuzbergmuseum.de, abgerufen am 16. Oktober 2011.
  10. Geschichte des Aqua Carrè Berlin auf aqua-carre-berlin.de, abgerufen am 16. Oktober 2011.
  11. Eintrag in der Denkmaldatenbank des Landes Berlin, abgerufen am 15. Oktober 2011.
52.5053213.397141

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