- Internationale Bauausstellung 1984
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Die Internationale Bauausstellung 1984 (IBA) war eine Architekturausstellung und ein städteplanerisches Konzept des Berliner Senats, um die West-Berliner Innenstadt als Wohnstandort zurückzugewinnen.
Die Idee stammte von dem damaligen Berliner Senatsbaudirektor Hans-Christian Müller. Führende Architekten der IBA waren Josef Paul Kleihues für den Schwerpunkt Kritische Rekonstruktion, der sich mit der Neuerrichtung innerstädtischer Gebiete beschäftigte, und Hardt-Waltherr Hämer für den Schwerpunkt Behutsame Stadterneuerung, der auf die Sanierung von Altbaugebieten ausgerichtet war.
Im Rahmen des Schwerpunkts Behutsame Stadterneuerung entstanden die 12 Grundsätze der Stadterneuerung, die zur Grundlage des Berliner Stadterneuerungsprozesses geworden sind. Die Projekte entstanden in den damaligen Ortsteilen Tiergarten (südliches Tiergartenviertel), Kreuzberg (südliche Friedrichstadt – früher Luisenstadt – und SO 36) sowie vereinzelt in Tegel und Wilmersdorf (Prager Platz).
Inhaltsverzeichnis
Die Rehabilitation der historischen Stadt
30 Jahre nach der vorangegangenen Bauausstellung stellte sich die IBA 1987 gegen den Städtebau der Nachkriegszeit. Im bewussten Kontrast zur Interbau von 1957 war das zentrale Thema die Wiederentdeckung der durch Krieg und Mauerbau weitgehend zerstörten historischen Innenstadt. Erstmals in der Geschichte der Bauausstellung war das zentrale Anliegen die Erneuerung der Altbaubestände und das Einfügen von Neubauten in den Bestand (also die Reparatur der Stadt). Die Bauausstellung Berlin GmbH wurde 1979 vom Senat von Berlin gegründet. Kern der IBA Berlin 1987 waren dabei zwei Ansätze zur Stadtentwicklung:
- Die IBA-Neubau und
- die IBA-Altbau.
Kritische Rekonstruktion (IBA-Neubau)
Im Rahmen von Wettbewerben mit internationalen Architekten wurden zwischen 1979 und 1987 eine Vielzahl an Neubauprojekten umgesetzt, hauptsächlich in der südlichen Friedrichstadt, dem südlichen Tiergartenviertel und dem Tegeler Hafen. 1979–1987 war der Berliner Architekt, Stadtplaner und spätere Bundesverdienstkreuzträger Josef Paul Kleihues Planungsdirektor für die Neubaugebiete der Internationalen Bauausstellung (IBA) Berlin.
Behutsame Stadterneuerung (IBA-Altbau)
Abriss und Wohnungsnot führten zu massiven Protesten, die 1977 den Wettbewerb Strategien für Kreuzberg und ab 1979 die illegale ‚Instand(be)setzung‘ zahlreicher leerstehender Häuser im Ortsteil zur Folge hatten. Dies war Ausgangspunkte für die IBA-Altbau. Zu ihren wesentlichen Anliegen zählt die Erhaltung, Stabilisierung und Weiterentwicklung der vorhandenen sozialen und funktionalen Strukturen der Stadt sowie die Durchsetzung von Prozessen wie Selbsthilfe- und Mietermodernisierung. Planungsdirektor war von 1979 bis 1985 der Berliner Architekt, Stadtplaner und spätere Ehrensenator der Universität der Künste Hardt-Waltherr Hämer.
Der zuständige Senator für Bau- und Wohnungswesen war von 1975 bis Januar 1981 Harry Ristock.
Folgen der IBA 1984
Die in Nachfolge der IBA gegründete private S.T.E.R.N. GmbH führte von Januar 1986 bis Dezember 1992 mit derselben Mannschaft den Erneuerungsprozess weiter. Das Land Berlin wurde 1994 für die außergewöhnlichen Leistungen im Rahmen der Behutsamen Stadterneuerung in Kreuzberg mit dem European Urban and Regional Award ausgezeichnet. Insgesamt führte vor allem die IBA-Altbau die Planung in eine neue Epoche: Der Neubau tritt zurück hinter die Sicherung und Modernisierung der Bestände. Mit ihren Pilotprojekten war sie der Auslöser von Förderprogrammen zur Stadterneuerung und von Änderungen der Gesetzespraxis für Sanierung und zum Milieuschutz.
Beteiligte bekannte Architekten
An der Internationalen Bauausstellung 1984 haben unter anderem folgende Architekten teilgenommen:
- Heinrich und Inken Baller
- Helge Bofinger
- Gottfried Böhm
- Mario Botta (Block 234)
- Klaus Theo Brenner & Benedict Tonon
- Karl und Max Dudler
- Peter Eisenman (Haus am Checkpoint Charlie)[1]
- Dieter Frowein & Gerhard Spangenberg
- Giorgio Grassi (Thomas-Dehler-Straße 44)
- Antoine Grumbach
- Zaha Hadid und Will Alsop (Stresemannstraße)[2]
- Hardt-Waltherr Hämer
- Georg Heinrichs
- John Hejduk Kreuzberg Tower (Charlotten- Ecke Besselstraße),[3] Steglitz-Zehlendorf und Tegel[4]
- Hilmer & Sattler
- Hans Hollein (Rauchstraße 8)
- Arata Isozaki
- Josef Paul Kleihues
- Kollhoff & Ovaska (Lindenstraße)[5]
- Rem Koolhaas/OMA (Koolhaas-Haus am Checkpoint Charlie)[1]
- Rob Krier
- Charles Willard Moore (Moore, Ruble, Yudell)
- Henry Nielebock & Partner
- Poly, Steinebach, Weber
- Paolo Portoghesi
- Aldo Rossi mit Jay Johnson, Gianni Braghieri, Christopher Stead (Koch- Ecke Wilhelmstraße)
- Jürgen Sawade
- Axel Schultes (Bangert, Jansen, Scholz, Schultes)
- Álvaro Siza Vieira (Bonjour Tristesse)
- Steidle & Partner
- Robert A. M. Stern
- James Stirling mit Michael Wilford
- Stanley Tigerman
- Oswald Mathias Ungers
Bilder IBA Berlin 1984-1987
Projekte
- Neubau von 2500 Wohneinheiten inklusive Infrastruktur im Bereich der historischen Friedrichstadt
- Sanierung von 7000 Altbauwohnungen in Berlin-Kreuzberg, vor allem in Luisenstadt und SO 36
- Neubau von 350 Wohnungen des Sozialen Wohnungsbaus sowie von Kultur- und Freizeiteinrichtungen am Tegeler Hafen
- Erweiterung der Neuen Nationalgalerie und Wohnen am Kulturforum
Im Einzelnen
- (Auswahl)[6]
- Wohnhaus, G. Peichl, 1984–1989
- Ritterstraße Nord und Süd, R. Krier, 1978–1980, 1982–1989
- Mehrfamilienhaus mit Wohnturm, J. Hejduk, 1988
- Wohn- und Geschäftshäuser Südliche Friedrichstadt Block 10, J. Johnson, A. Rossi, G. Braghieri, C. Stead, 1981–1988
- Wohnanlage am Tegeler Hafen, C. Moore, Urban Innovations Group, 1987
- Wohnbebauung, O. M. Ungers, 1987
- Wohnen ‚Am Karlsbad‘, G. Heinrichs, 1986/1987
- Wohnen ‚Am Karlsbad‘, Hilmer & Sattler, 1986/1987
- Seniorenwohnheim, Steidle & Partner, 1985–1987
- Wohnen ‚Am Karlsbad‘, J. Sawade, 1984–1987
- Wohnbebauung am Luisenplatz, H. Kollhoff, A. Brandt, G.-P. Mügge, H. Hielscher, K.-M. Koch, P. Kahl, W. Böttcher, A. Uffelmann, 1983–1987
- ‚Schinkelplatz‘, R. Krier, 1977–1987
- IBA-Wohnungsbau (Wohnpark am Berlin Museum), A. Isozaki, 1982–1986
- Wohn- und Geschäftshaus Block 5, Eisenman/Robertson Architects, –1986, 1982–1984
- Wohnen am Berlin Museum Haus F Block 33 – Wohnpark Victoria, H. Kollhoff, A. A. Ovaska, A. Geier, –1986, 1982–1984
- Wohnhaus, Kammerer & Belz, 1984/85
- Stadtvilla an der Rauchstraße, A. Rossi, 1983–1985
- Stadtvilla an der Rauchstraße, Haus 8, H. Hollein, H. Strenner, W. Fritsch, U. Liebl, K. Matuschek, F. Madl, D. Nehnig, E. Pedevilla, –1985, 1983/1984
- Stadtvillen an der Rauchstraße, R. Krier, 1983–1985
- Städtebauliches Gutachten und Vorentwürfe, T. Herzog, M. Bunge, R. Streckebach, M. Elsner, F. Nakhaei, 1983–1985 (Projekt)
- Stadtvilla an der Rauchstraße, K. T. Brenner, B. Tonon, 1983–1985
- Phosphat-Eliminationsanlage PEA, G. Peichl, 1979–1985
- Stadtvilla an der Rauchstraße, Haus 3, N. Di Battista, G. Grassi, E. Guazzoni, G. Zanella, 1982–1984
- Südliche Friedrichstadt Block 606, G. Valle, M. Groggi, M. Burckhardt, M. Rossin, A. Nulli, 1983 (Projekt ?)
- Wohnhaus Schlesisches Tor (‚Bonjour Tristesse‘), Á. Siza, 1982/1983
- Vier Stadtvillen, Bangert, Jansen, Scholz, Schultes, 1978–1982
Siehe auch
Literatur
- Sally Below, Moritz Henning, Heike Oevermann: Die Berliner Bauausstellungen – Wegweiser in die Zukunft? Regioverlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-929273-72-4
- Internationale Bauausstellung Berlin 1987, Projektübersicht. Offizieller Katalog 1987. Hrsg. Bauausstellung Berlin GmbH. Beschreibungen, Pläne, Fotos von allen, teilweise bereits realisierten Projekten.
Weblinks
Commons: IBA 84 – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ a b Fotos auf architecture in berlin.com – Peter Eisenman, Rem Koolhaas/OMA – Häuser am Checkpoint Charlie
- ↑ Fotos auf architecture in berlin.com – Zaha Hadid and Will Alsop on Stresemannstrasse
- ↑ Fotos auf architecture in berlin.com – John Hejduk, Kreuzberg Tower
- ↑ Fotos auf architecture in berlin.com – John Hejduk, Tegel
- ↑ Fotos und Zeichnungen auf housingprototypes.org – Lindenstrasse Apts. Kollhoff, Hans & Arthur Ovaska
- ↑ Quelle: Internationale Bauausstellung 1984. In: archINFORM. Abgerufen am 14. Dezember 2009
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