- Christoph Böhr
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Christoph Böhr (* 1. Februar 1954 in Mayen, Rheinland-Pfalz) ist ein deutscher Politiker (CDU).
Inhaltsverzeichnis
Lebenslauf
Ausbildung und wissenschaftlicher Werdegang
Nach seinem Abitur am Humanistischen Gymnasium im Jahr 1972 studierte Böhr an den Universitäten Trier und Mainz Philosophie, Germanistik, Neuere Geschichte und Politikwissenschaft. 1980 und 1984 legte er seine Staatsexamina ab. Ab 1980 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Trier und von 1981 bis 1983 im wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags tätig. Anschließend arbeitete Christoph Böhr als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsprojekt "Immanuel Kant und die Philosophie der Spätaufklärung" an der Universität Trier mit. Im Anschluss daran übernahm er bis 1987 Tätigkeiten als Referent in der Fort- und Weiterbildung. Böhr wurde im Jahre 2000 mit einer Arbeit über die Philosophie der deutschen Spätaufklärung im Zeitalter Kans bei Professor Dr. Dr h.c. Norbert Hinske an der Trier promoviert. Von 2007 bis 2010 war er Vorsitzender der Deutschen Cusanus-Gesellschaft. Seit 2008 ist Christoph Böhr in der wissenschaftlichen Lehre tätig. Seine Schwerpunkte liegen auf der Politischen Theorie, der Sozialphilosophie und der Anthropologie. 2009 wurde Christoph Böhr zum Mitglied des Editorial Advisory Board der Zeitschrift "Ethos" (Lublin) berufen. Seit 2011 ist er Herausgeber der Buchreihe "Das Bild vom Menschen und die Ordnung der Gesellschaft" im VS Verlag für Sozialwissenschaften Wiesbaden.
Parteilaufbahn
Im Alter von 16 Jahren trat Böhr 1970 der Jungen Union (JU) bei; ab 1979 war er im Bundesvorstand der JU aktiv. 1983 wurde er zum JU-Bundesvorsitzenden gewählt. Nach seiner Wahl in den rheinland-pfälzischen Landtag 1987 gab er dieses Amt 1989 an Hermann Gröhe ab. Im Landtag fungierte er zunächst als finanz- und haushaltspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. 1993 wurde Böhr zum Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion gewählt. Absprachegemäß gab er dieses Amt 1995 an den damaligen Spitzenkandidaten und CDU-Landesvorsitzenden Johannes Gerster ab. Er blieb jedoch dessen Stellvertreter in der Fraktion. Nach dem Rückzug Gersters aus der aktiven Politik im Jahr 1996 übernahm Böhr erneut den Fraktionsvorsitz und wurde 1996 auch zum Landesvorsitzenden seiner Partei gewählt. Nach der Niederlage der CDU bei der Landtagswahl 2001 blieb Böhr in seinen Ämtern. Er gehört zum sogenannten Andenpakt, einer Gruppierung früherer Führungskräfte der Jungen Union. Von 1998 bis 2006 war er zudem Vorsitzender der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden von CDU und CSU des Bundes und der Länder.
Der Versuch der rheinland-pfälzischen CDU-Bezirksvorsitzenden, ihn zum Rücktritt von der Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2006 zu bewegen, scheiterte. In der ersten Mitgliederbefragung der Geschichte der rheinland-pfälzischen CDU setzte er sich 2005 gegen deren Initiator, den Trierer Bezirksvorsitzenden Peter Rauen, durch und wurde anschließend zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2006 gewählt. Nachdem dort die CDU mit 32,8 % das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte in Rheinland-Pfalz erzielt hatte, trat er noch am Wahltag von seinen Ämtern als CDU-Landesvorsitzender und Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion zurück.
Neben seiner landespolitischen Arbeit als Oppositionsführer von 1993 bis 2006 war Böhr bundespolitisch aktiv: Als Gründungsvorsitzender der Wertekommission der CDU Deutschlands von 1999 bis 2006 und in den Jahren 2002 bis 2006 als stellvertretender Bundesvorsitzender. Böhr ist Autor zahlreicher Bücher. Seine Themen liegen meist auf der Schnittstelle von politischen und philosophischen Fragen. Er schreibt Artikel und Kommentare für verschiedene überregionale deutsche Zeitungen.
Am 18. Februar 2009 gab Böhr seinen Rückzug aus der Politik bekannt.[1] Sein Nachrücker im Landtag wurde der Vorsitzende der Trierer CDU-Stadtratsfraktion, Bertrand Adams[2][3].
Parteispenden-Affäre der rheinland-pfälzischen CDU
Bereits seit Ende 2008 prüfte der rheinland-pfälzische Landesrechnungshof (LRH), ob die CDU Rheinland-Pfalz Fraktionsgelder in Höhe von 385 000 Euro für den Landtagswahlkampf 2005/2006 zweckentfremdet hatte. Eingehendere Untersuchungen, auch Aussagen des damaligen Geschäftsführers der rheinland-pfälzischen CDU-Fraktion, Markus Hebgen[4][5], förderten dann im April 2010 (Bericht des LRHs) eine mutmaßliche illegale Parteienfinanzierungen der CDU Rheinland-Pfalz ab 2004 zu Tage [6][7][8][9][10], so dass die Staatsanwaltschaft Mainz Anfang Mai 2010 Ermittlungen aufnahm, die bisher noch nicht abgeschlossen sind.[11][12][13]
Die Düsseldorfer Kommunikationsagentur C4 Consulting GmbH – Geschäftsführer war der mittlerweile zurückgetretene Hamburger Finanzsenator Carsten Frigge (CDU)[14] (zusammen mit Anabel Houben – 50/50)[15] – hatte in den Jahren 2005 und 2006 die rheinland-pfälzische CDU im Landtagswahlkampf beraten. Die für diese Tätigkeit berechneten Honorare in Höhe von 385.918,40 Euro waren jedoch nicht aus der Partei-, sondern aus der CDU-Fraktions-Kasse beglichen worden.[16][17] Allerdings sind Fraktionsgelder überwiegend Steuermittel, die nicht für Parteizwecke verwendet werden dürfen, weshalb auch eine Verwendung zu Wahlkampfzwecken nach dem Parteien-Gesetz verboten ist. Die Summe ist folglich als illegale Parteispende der CDU-Parlamentsfraktion an den Landesverband der CDU Rheinland-Pfalz zu werten.[18]
Nach weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Mainz musste die CDU Rheinland-Pfalz dann am 20. Dezember 2010 auch zugeben, dass sie ihren Wahlkampf im Jahre 2006 illegal finanziert hatte. Der derzeitige Generalsekretär der CDU Rheinland-Pfalz, Josef Rosenbauer, gestand – nach Einsicht in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Mainz – ein: "Die Agentur C4 Consulting hat ihre Beratungsleistungen in 2005/2006 offensichtlich im Wesentlichen für den Wahlkampf der CDU Rheinland-Pfalz erbracht."[19][20][21] Und:"Die Zahlungen sind rechtlich als unzulässige Parteispenden zu qualifizieren".[22] Die Partei kündigte an, die illegal verwendeten 401 084,32 Euro umgehend an den Bundestag zu zahlen. Die Gesamtsumme von 401 084,32 Euro ergibt sich aus den an die C4 Consulting GmbH gezahlten 385 000 Euro, sowie Rechnungen von drei weiteren Beratungsagenturen, die ebenso illegal aus der Fraktions-Kasse bezahlt worden sind.[23][24] Wegen dieses Verstoßes gegen § 25 Abs.2 Nr.1 PartG wurde von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) am 23. Dezember 2010 einen Sanktionsbescheid gegen die CDU erlassen. Nach § 31c Absatz 1 Satz 1 PartG entstand damit gegen die Partei ein Anspruch in Höhe des dreifachen des rechtswidrig erlangten Betrages. Folglich wurde die CDU verpflichtet ein Bußgeld von 1 203 252,96 Euro an den Bundestag zu zahlen.[25] Die CDU will die Millionenstrafe mit Geldern begleichen, die aus dem Verkauf des Parteigebäudes in der Mainzer Rheinallee stammen.[26]
Die derzeitige Parteivorsitzende und Spitzenkandidatin der CDU-Rheinland-Pfalz für die Landtagswahl am 27. März 2011 Julia Klöckner distanzierte sich von Christoph Böhr. Der Vorstand des Landesverbandes der CDU kündigte zudem an, möglicherweise rechtliche Schritte gegen den damaligen Partei- und Fraktionsvorsitzenden Christoph Böhr einzuleiten.[27][28]
Ende Juni 2010 bis kurz vor der rheinland-pfälzischen Landtagswahl 2011 war die Finanzaffäre Gegenstand eines Untersuchungsausschusses des Landtags Rheinland-Pfalz, der die Vorgänge der Verwendung und den Umgang der CDU-Fraktion mit Geldern in den Jahren 2003 bis 2006 beleuchten sollte (Untersuchungsausschuss 15/3 – Bezeichnung:“CDU-Fraktionsfinanzen 2003-2006“).[29] Die CDU hatte gegen die Einsetzung des U-Ausschusses geklagt, die Klage war aber vom Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz abgewiesen worden.[30][31]
Die SPD im Landtag hält es allerdings für ausgeschlossen, dass ausschließlich Christoph Böhr und sein damaliger Fraktionsgeschäftsführer Markus Hebgen von den illegalen Geldschiebereien Kenntnis gehabt hätten. Vielmehr wird von einer allgemeinen Informierung der damaligen Mitglieder der Landes- und Fraktionsführung der CDU sowie des Kassenwarts und der Kassenprüfer ausgegangen.[32][33]
Einzelnachweise
- ↑ Früherer CDU-Chef Böhr zieht sich aus der Politik zurück Allgemeine Zeitung vom 18. Februar 2009
- ↑ CDU-Politiker Böhr legt Landtagsmandat nieder Rhein-Zeitung vom 18. Februar 2009
- ↑ Ex-CDU-Landeschef Böhr legt Mandat nieder swr.de
- ↑ faz.net 17. November 2008: Parteienfinanzierung. Wo ist der braune Briefumschlag?
- ↑ Wormser Zeitung 4. Januar 2010: Mainzer Staatsanwaltschaft klagt Ex-CDU-Fraktionsgeschäftsführer Hebgen an
- ↑ Tagesspiegel 22. Dezember 2010: Finanzaffäre in der CDU Rheinland-Pfalz
- ↑ Spiegel-Online 1. November 2008: Wahlkampfgelder. CDU-Landesverband von Rheinland-Pfalz droht Bankrott
- ↑ Süddeutsche Zeitung 1. November 2008: Rheinland-Pfalz. CDU vor Finanz-Desaster
- ↑ Süddeutsche Zeitung 6. April 2010: Finanzchaos bei der CDU. Einnahmen und Ausgaben verwechselt
- ↑ Spiegel-Online 19. April 2010: Illegale Parteienfinanzierung. CDU Rheinland-Pfalz droht doch Verfahren
- ↑ Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Mainz vom 5. Mai 2010: Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der früheren Fraktionsspitze der CDU in Rheinland-Pfalz und andere wegen Untreue
- ↑ Spiegel-Online 5. Mai 2010: Illegale Parteienfinanzierung. Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Hamburger Finanzsenator
- ↑ pr-journal 7. Mai 2010: Hausdurchsuchung bei C4 Consulting und Allendorf Media
- ↑ Hamburger Abendblatt 5. Mai 2010: Hausdurchsuchung bei Finanzsenator Carsten Frigge
- ↑ Homepage der C4 Consulting GmbH
- ↑ Tagesspiegel 22. Dezember 2010: Finanzaffäre in der CDU Rheinland-Pfalz
- ↑ faz.net 23. Dezember 2010: CDU muß 1,2 Millionen Euro Strafe bezahlen
- ↑ Rhein-Zeitung 23. Dezember 2010: CDU Rheinland-Pfalz will 1,2 Millionen Euro Strafe "unverzüglich" zahlen
- ↑ euronews 20. Dezember 2010: Rheinland-pfälzische CDU räumt illegale Parteienfinanzierung ein
- ↑ Tagesspiegel 22. Dezember 2010: Finanzaffäre in der CDU Rheinland-Pfalz
- ↑ Mainzer CDU räumt illegale Parteispenden ein
- ↑ Süddeutsche Zeitung 20. Dezember 2010: CDU in Rheinland-Pfalz. Aktuelle Altlasten
- ↑ Frankfurter Rundschau 20. Dezember 2010: CDU gibt unzulässige Parteispenden zu
- ↑ Handelsblatt 20. Dezember 2010: Rheinland-Pfalz. CDU gibt illegale Parteispenden zu
- ↑ Deutscher Bundestag. Pressemitteilung vom 23. Dezember 2010: Sanktionsbescheid wegen unzulässiger Spende der CDU-Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz
- ↑ Rhein-Zeitung 23. Dezember 2010: CDU Rheinland-Pfalz will 1,2 Millionen Euro Strafe "unverzüglich" zahlen
- ↑ Süddeutsche Zeitung 20. Dezember 2010: CDU in Rheinland-Pfalz. Aktuelle Altlasten
- ↑ Die Welt 20. Dezember 2010: Julia Klöckner empört über CDU-Finanzaffäre
- ↑ Antrag des SPD-Abgeordneten Jochen Hartloff und 52 weiterer Abgeordneter der SPD vom 15. Juni 2010. Drs. 15/4687
- ↑ Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz: Pressemitteilung Nr. 8/2010: Untersuchungsausschuss gegen CDU-Fraktion grundsätzlich zulässig - Untersuchungsauftrag aber zu weit gefasst
- ↑ Spiegel-Online 20. Dezember 2010: Rheinland-Pfalz: Landes-CDU räumt unzulässige Parteispenden ein
- ↑ taz-online 7. Januar 2011: Die Anderen waren’s!
- ↑ Rhein-Zeitung 7. Januar 2011: Ist die CDU Vertuscher oder Aufklärer?
Weblinks
Wikinews: Christoph Böhr – in den Nachrichten- Literatur von und über Christoph Böhr im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Informationen des Landtages von Rheinland-Pfalz
Bundesvorsitzende der Jungen Union DeutschlandsBruno Six (1947–1948) | Fred Sagner (1948–1949) | Josef Hermann Dufhues (1949–1950) | Ernst Majonica (1950–1955) | Gerhard Stoltenberg (1955–1961) | Bert Even (1961–1963) | Egon Klepsch (1963–1969) | Jürgen Echternach (1969–1973) | Matthias Wissmann (1973–1983) | Christoph Böhr (1983–1989) | Hermann Gröhe (1989–1994) | Klaus Escher (1994–1998) | Hildegard Müller (1998–2002) | Philipp Mißfelder (seit 2002)
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