Constabel

Constabel

Johann Friedrich Constabel (* 1690; † 24. Dezember 1762 in Wittmund) war ostfriesischer Orgelbauer aus Wittmund. Von ihm stammen ein Dutzend Neubauten, von denen nur die Orgel in Jennelt fast vollständig erhalten ist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Constabel wurde 1690 als Sohn von Hinrich Christian Constapel geboren. Am 30. Januar 1732 heiratete er in Wittmund die Witwe Anke Jürgens, die aus erster Ehe eine Tochter Elisabeth mitbrachte. Diese heiratete Johann Adam Berner, der ebenfalls Orgelbauer war und seinen Schwiegervater unterstützte. Zwar ist über seine Lehrjahre nichts bekannt, doch scheint Constabel zunächst bei verschiedenen Orgelbauern als Tischler gearbeitet zu haben. Durch den glücklichen Umstand, dass er zwischen 1730 und 1750 im ostfriesischen Raum ohne Konkurrenz war, konnte er verschiedene Reparaturen, Umbauten und Neubauten durchführen. Seiner am 10. August 1752 in Aurich eingereichten Bitte um ein Privileg als Orgelbauer wurde nicht entsprochen. Im ostfriesischen Raum weiß man nur von Gerhard von Holy, dass er ein derartiges Orgelbauprivileg für das Harlingerland besaß. Nach Constabels Tod am 24. Dezember 1762 in Wittmund wurde seine Firma 1763 von Hinrich Just Müller, mit dem er bereits zusammengearbeitet hatte, fortgeführt.

Werk

Von Constabel ist nur die Orgel in Jennelt (1738) bis auf drei Register vollständig erhalten. Es handelt sich um eine einmanualige Orgel mit angehängtem Pedal. Ursprünglich wurde sie für die reformierte Kirche in Norden-Bargebur gebaut, aber 1864 nach Hamswehrum verkauft, wo sie bis 1967 im Gottesdienst gespielt wurde. Schließlich erhielt das Instrument seinen heutigen Standort in Jennelt. Nach der vorbildlichen Restauration durch Ahrend & Brunzema (1970) ist wieder der ursprüngliche strahlende und brillante Klang hörbar, der auch kammermusikalische Qualitäten aufweist. Auch wenn die die Anlage insgesamt recht traditionell und einfach gehalten ist, fällt doch das aufwändige Schnitzwerk auf, dass Constabels handwerkliche Meisterschaft erweist. Seine Orgel in Greetsiel (1738) fiel 1914 einem Neubau zum Opfer, sodass dort nur noch das originale Gehäuse zu bewundern ist. Ein ähnliches Schicksal war seinen Neubauten in Timmel (1740), Leer-Loga (ca. 1750) und Rhaude (1756) beschieden, von denen ebenfalls nur noch die prächtigen Gehäuse erhalten sind: Die Orgel in Loga wurde 1893 nach Juist verkauft und 1925 durch einen Neubau ersetzt, die Orgel in Timmel musste 1917/1918 einer neuen Orgel weichen und das Instrument in Rhaude wurde 1930 verschrottet. Gänzlich verloren gegangen sind seine Neubauten in Jever-Cleverns (1740), Neustadtgödens (1741), Ochtelbur (1747), Pewsum (1752-1753), St. Michael Emden (1754) und Dykhausen (1755). An seinem größten Auftrag, einem Neubau in der Lambertikirche Aurich, arbeitete er von 1753 bis 1760. Die Orgel verfügte über 27 Register, zwei Manuale und Pedal. Das Projekt konnte nur durch die tatkräftige Hilfe von Ernst Berner, dem Bruders seines Schwiegersohns, abgeschlossen werden. Vorbild scheint die Wagner-Orgel in Trondheim gewesen zu sein. Als letztes Werk begann Constabel 1760 mit einem Neubau in Funnix, der 1762 von Hinrich Just Müller vollendet wurde. Zudem sind zahlreiche Reparaturen Constabels an verschiedenen Orgel Ostfriesland belegt, z.B. in Weener (1745), Uttum (1748), Hinte (1748-1749), Norden (1750) und Osteel (1761).

Bedeutung

Anders als in den Niederlanden, wo die Schnitger-Schule bis ins 19. Jahrhunderte die Tradition Arp Schnitgers pflegte, seine Instrumente wartete und im Wesentlichen größere Eingriffe in die Klangsubstanz verhinderte, vollzog sich in Deutschland nach dessen Tod 1719 eine andere Entwicklung. Gegenüber Schnitger entwickelte Constabel einen eigenständigen Klang, der sich an den ostfriesischen Orgelbauer Joachim Kayser anlehnte. Insbesondere durch das bedeutende Instrument in Jennelt konnte die in der früheren Literatur zu verzeichnende Geringschätzung Constabels als eines Orgelbauers ohne Zunft, der "zunächst und auch später hauptsächlich Tischler"[1] war, korrigiert werden. Äußerungen zeitgenössischer Orgelbauer lassen sich durch den Konkurrenzneid erklären.

Einzelhinweise, Literatur

  1. Kaufmann: Die Orgeln Ostfrieslands, S. 44, der zur Unterstützung das abfällige Urteil eines Ratsherrn aus Aurich aus dem Jahr 1753 anführt. Vgl. ebd., S. 23: "Sein Können ging kaum über das eines guten Tischlers und Dorforgelmachers hinaus."
  • Walter Kaufmann: Die Orgeln Ostfrieslands. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1968. 
  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Geweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild Verlag, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5. 
  • Harald Vogel, Reinhard Ruge, Robert Noah, Martin Stromann: Orgellandschaft Ostfriesland. 2 Auflage. Soltau-Kurier-Norden, Norden 1997, ISBN 3-928327-19-4. 

Siehe auch

Liste der Orgelbauer | Liste der Orgeln in Ostfriesland

Weblinks


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