- Corps Rhenania Bonn
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Das Corps Rhenania Bonn ist ein Corps (Studentenverbindung) im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), dem ältesten Dachverband deutscher Studentenverbindungen. Das Corps ist pflichtschlagend und farbentragend. Es vereint Studenten und ehemalige Studenten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Die Corpsmitglieder werden „Bonner Rhenanen“ genannt.
Inhaltsverzeichnis
Couleur
Rhenania hatte zu Anfang die Farben „weiß-blau-rot“ mit silberner Perkussion, da die Napoleonischen Kriege erst fünf Jahre vergangen waren, und Farben der Französischen Trikolore zu tragen noch zu gewagt schien. Die Farben wurden später in „blau-weiß-rot“ geändert, als diese weithin als die Farben des Rheinlandes anerkannt wurden (zum Thema „Rheinländerfarben“ siehe auch: Couleur). Dazu wird ein weißer Stürmer oder eine blaue Mütze getragen. Die Rhenanenfüchse tragen ein Fuchsenband in „blau-weiß-blau“ mit silberner Perkussion und statt des Stürmers eine blaue Studentenmütze. Der Wahlspruch lautet „Einer für alle, alle für einen!“ und „Nunquam retrorsum!“ (deutsch: „Weiche niemals zurück!“), der Wappenspruch „Sit ensis noster vindex!“ (deutsch: „Das Schwert sei unser Schutz“).
Geschichte
Das Corps Rhenania wurde am 15. Mai 1820 von Studenten an der Universität Bonn gegründet. Es ist seit dem Jahre 1856 Mitglied im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV). Alexander von Claer unterstützte Leonhard Zander 1881 bei seiner Kösener Reforminitiative.
1950 initiierte Rhenania die Rekonstitution des KSCV, indem auf der Burg Altena eine Interessengemeinschaft gegründet wurde. Nachdem das Corps 1955 den Mainzer Vorortsprecher gestellt hatte, wurde es 1989 selbst präsidierendes Vorortcorps im KSCV.
Während der Kämpfe um das Rheinland nach dem Ersten Weltkrieg hatte der Senior der Rhenania eine Organisation von Studenten aufgebaut, die Bonn gegen die Separatisten verteidigen sollte. Insbesondere gelang es ihnen, die Erstürmung des Bonner Rathauses in den frühen Morgenstunden des 25. Oktober 1923 vorerst zu verhindern. Dies konnte nur gelingen durch die Zusammenarbeit von Studenten, Arbeitern, Bürgern und der Polizei in Bonn. Erst im weiteren Verlaufe des Tages gelang es den Separatisten unter massiver Hilfe durch marokkanische Truppen, das Rathaus zu erobern. [1]
1934 wurde das Corps mit der Forderung des Dachverbandes auf Ausschluss seiner jüdischen und mit jüdischen Ehefrauen verheirateten (so genannt „nichtarisch-versippten“) Corpsbrüder konfrontiert. Diese Forderungen wurden auf der Basis des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom April 1933 gestellt. Die betroffenen Mitglieder traten freiwillig aus. Andere wenige Corps, wie zum Beispiel Austria Prag und Suevia München lehnten solche Schritte ab. Der Vorsitzende der Alten Herren des Corps Palaiomarchia Halle sagte dazu sogar in aller Öffentlichkeit: „Ich verrate lieber mein Vaterland als einen meiner Corpsbrüder“.
Rhenania nahm dies jedoch hin in der Hoffnung, durch die Anpassung an das neue Regime das Corps zu erhalten. Damit verletzte das Corps den eigentlich für alle Studentenverbindungen gültigen Grundsatz, dass die einmal verliehene (Voll-)Mitgliedschaft einem Angehörigen nur auf der Basis schwerwiegenden Fehlverhaltens aberkannt werden kann. Angesichts dessen und aus Protest gegen die Untätigkeit des Corps in dieser Frage traten weitere Mitglieder aus, die das Ausscheiden der jüdischen Mitglieder nicht hinnehmen wollten. Dieser Schritt konnte aber nicht lange vor dem neuen Regime schützen. 1936 musste Rhenania sich auflösen.
Während des Dritten Reiches bestand das Corps Rhenania nach seiner Auflösung und Überführung in eine Kameradschaft im Untergrund weiter. So wurden bis 1944 illegal scharfe Partien gefochten. 1936 hatte der CC des Corps Teutonia Bonn den Beitritt zum Corps Rhenania beschlossen. Dieser wurde jedoch nie umgesetzt. Am 11. Juni 1944 gehörte Rhenania zu den Corps, die auf der Rudelsburg die Rekonstitution des KSCV beschlossen. Die Initiative des Corps Misnia IV wurde von der Heidelberger SC-Kameradschaft denunziert und nicht realisiert.
Auf Rhenanias Veranlassung rief der SC zu Bonn 1949 die Corps nach Altena, wo sich der VAC rekonstituiert hatte. Zu dem Treffen am 6./7. Januar 1950 kamen Vertreter von 20 CC. Beschlossen wurde die Gründung einer „Interessengemeinschaft“, die die Rekonstitution des KSCV vorbereiten sollte.[2]
Wiederum auf Initiative des SC zu Bonn trafen sich die in der IG verbundenen CC im Mai 1951 auf der Godesburg. Die Auflösung des KSCV von 1935 wurde für null und nichtig erklärt.[3]
Am 30. Mai 1953 wurde der Altherrenverband des Corps Thuringia Leipzig aufgenommen. Sein CC wurde von Rhenania ab dem 18. Januar 1971 mit einem eigenen Aktivenbetrieb in Saarbrücken wiedereröffnet. Nach der deutschen Vereinigung kehrte Thuringia Leipzig an seinen Heimatort zurück.
Aufgrund der Struktur seiner Verhältnisse zu anderen Corps wird das Corps Rhenania Bonn zum „Schwarzen Kreis“ im KSCV gezählt.
Im Wintersemester 1972/73 erfolgte die Suspension Rhenanias. Im Herbst 1973 begann der Umbau des Hauses, währenddessen kam es zu einer Übergangslösung mit dem "Haus" im Florentiusgraben. Am 2. März 1974 erfolgte die Rekonstitution Rhenanias durch Brenning I fr. Normanniae Berlin, Ellinger fr. Brunsvigae, Schlicht fr. Thuringiae Leipzig. Seit dem herrscht wieder geordneter Corpsbetrieb.
Bekannte Mitglieder
- Heinrich von Achenbach (1829–1899), Preußischer Handelsminister, Oberpräsident von Westpreußen, dann Brandenburg, Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses
- Ludwig Achenbach (1812-1879), Oberbürgermeister von Mannheim
- Otto Back (1834-1917) Bürgermeister von Straßburg, Präsident der ersten Kammer des Landtags des Reichslandes Elsaß-Lothringen
- Karl-Heinz Buchholz (1914–1958), saarländischer Politiker
- Wilhelm von Dönniges (1814–1872), Historiker und Diplomat des Königreichs Bayern
- Adolf Ernst von Ernsthausen (1827–1894), Präfekt von Straßburg 1871, Oberpräsident von Westpreußen und Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses
- Curt Godlewski (1880–1959), Präsident des Statistischen Reichsamts
- Eduard Grundschöttel (1838–1906), Konsistorialpräsident in Danzig und Koblenz
- Eduard Haber (1866-1947), Gouverneur von Deutsch-Neuguinea, Präsident des Reichsausgleichsamtes
- Johann Jacob Haßlacher (1869-1940), Generaldirektor der Rheinischen Stahlwerke AG, Mitglied des Reichstags
- Hermann Heidel (1810–1865), Bildhauer
- Christian Helfer (1930–2008), Rechtssoziologe
- Ludwig Heusner, Stifter des Corps und Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung
- Max Hochrein (1897–1973), Internist
- Gerd Hörnemann (1957–2005), Verwaltungswissenschaftler
- Gabriel Hubert Iser (1826–1907), Reichsgerichtsrat
- Heinrich Kannenberg (1887–1966), Moorforscher
- Eduard Klemm (1838-1926), Rittergutsbesitzer, Mitglied des Reichstags
- Wilhelm Ludwig Krafft (1821-1897), Professor für evangelische Theologie an der Universität Bonn
- Frithjof Kühn (*1943), Jurist, amtierender Landrat des Rhein-Sieg-Kreises
- Gottfried Kuhnt (1884–1967), OLG-Präsident und Justizminister von Schleswig-Holstein
- Hermann Kuhnt (1850–1925), Ophthalmologe, Prorektor der Albertus-Universität
- August Lamey (1816–1896), Präsident des Badischen Landtages und Badischer Minister, erwirkte Amnestie für Revolutionäre von 1848 und Gleichberechtigung der Juden. Sein Denkmal in Mannheim wurde 1935 von der NSDAP entfernt
- Friedrich Theodor Langen (1800–1882), Stifter des Corps, Mitglied der zweiten Kammer des Großherzogtums Hessen und Mitglied des Siebzehnerausschusses
- Rudolf Meinecke (1817–1905), Unterstaatssekretär im Preußischen Finanzministerium
- Paul Moldenhauer (1876–1947), Aufsichtsrat I.G. Farben bis 1930, Reichswirtschaftsminister 1929, Reichsfinanzminister 1930, MdR 1920–1930, Control Office zur Auflösung der I.G. Farben 1945
- Ferdinand von Nordenflycht (1816–1901), Oberpräsident
- Karl Overbeck (1909–1972), Diplomat
- Reinhold Pauli (1823-1882), Professor für Geschichte
- Otto Bernhard von Schkopp (1817–1904), General der Infanterie und Gouverneur von Straßburg
- Alexander Schönberg (1892-1985), Professor der Chemie an der TH Berlin, Universität Edinburgh und Universität Kairo
- Rudolph Schramm (1813-1882), Publizist, Mitglied der preußischen Nationalversammlung, preußischer Generalkonsul in Mailand
- Emil Schüller (1843-1900), Oberbürgermeister von Koblenz
- Jean Louis Sponsel (1858–1939), Direktor des Kgl. Sächsischen Kupferstichkabinetts, des Grünen Gewölbes, des Historischen Museums sowie des Münzkabinetts, 1905–1909 Vorsitzender des Verbandes Alter Corpsstudenten
- Jürgen Sudhoff (* 1935), Staatssekretär der Bundesrepublik Deutschland, Vorsitzender des International Club Berlin
- Carl Friedrich Tamms (1828–1898), Oberbürgermeister von Stralsund, Mitglied des Preußischen Herrenhauses
- Emil Ungar (1849–1934), Begründer der Rechtsmedizin in Bonn
- Karl Lothar Wolf (1901–1969), o. Prof. für Physikalische Chemie, Rektor der Universität Kiel
- Alfred Zintgraff (1878–1944), Kanzler des Negus von Abessinien
Einzelnachweise
- ↑ Dr.Hans Gerhardt: Hundert Jahre Bonner Corps. Frankfurt am Main 1926, S. 415
- ↑ Die treibende Kraft war Otto Klonz, Angehöriger der Thuringia Jena und Rechtsanwalt in Köln-Marienburg; Kösener Corpslisten 1960, 62, 969
- ↑ Jochen Küper: Die Interessengemeinschaft von 1950 als Vorstufe der Erneuerung des HKSCV im Jahre 1951. In: Einst und Jetzt 2 (1957), S. 5-11
Weblinks
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