- Corps Rhenania Freiburg
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Das Corps Rhenania Freiburg ist das Corps (Studentenverbindung) mit den meisten lebenden Mitgliedern (Corpsbrüdern) im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), dem ältesten Dachverband deutscher Studentenverbindungen. Das Corps ist pflichtschlagend und farbentragend. Es vereint Studenten und ehemalige Studenten der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Die Corpsmitglieder werden „Freiburger Rhenanen“ genannt.
Inhaltsverzeichnis
Couleur (Farben)
Rhenania hat die Farben blau-weiß-rot mit silberner „Perkussion“ (eingewebte Fäden). Dazu wird eine rote Mütze auf dem Hinterkopf getragen („Hinterhauptcouleur“). Zur Kneipe werden von den Aktiven blaue „Kneipjacken“, die mit weißen Kordeln ziseliert sind, getragen.
Die Füchse der Rhenanen tragen ein „Fuchsenband“ in den Farben weiß-rot, ebenfalls mit silberner Perkussion.
Der Wahlspruch lautet Concordia fideque Rhenania valebit! (Durch Eintracht und Treue soll Rhenania stark sein!), der Wappenspruch Brudertreue trennt nur der Tod (BTTNDT) und der Zirkelspruch Circulus fratrum Rhenaniae vivat! (Der Kreis der Brüder der Rhenania soll leben!).
Geschichte
Das Corps Rhenania wurde am 21. September 1812 von den Studenten der Medizin Karl Joseph Beck aus Gengenbach und Karl Friedrich Brodhag aus Kandern gestiftet. Sie ist damit die älteste noch existierende Verbindung der Universität Freiburg.
Nach der durch die Befreiungskriege erzwungenen Suspendierung stiftete Karl Joseph Leo das Corps Rhenania Freiburg am 3. Mai 1815 erneut. Trotz der Karlsbader Beschlüsse entwickelte sich Rhenania schnell zu einer wichtigen studentischen Gruppierung an der Albert-Ludwigs-Universität.
Aufgrund der Verwicklung einiger Mitglieder in die Wirren der Revolution 1848 musste das Corps suspendieren. Trotzdem gelang es Alfred Courtin Rhenania Freiburg am 22. November 1850 zu rekonstituieren.
In den folgenden Jahrzehnten gewannen studentische Verbindungen in Deutschland erheblich an gesellschaftlicher Bedeutung. Insbesondere nach der Reichseinigung durch das Mitglied von Hannovera Göttingen Otto von Bismarck und in der Regentschaft des Bonner Preußen Wilhelm II. wurden vornehmlich die bürgerlich geprägten Corps zu tragenden Säulen der Gesellschaft.
Seit dem Jahre 1888 wird eine bis heute regelmäßig halbjährlich erscheinende Corpszeitung herausgegeben. Seit 1923 erscheint sie unter dem Namen „Der Bote vom Oberrhein“. In den über 120 Jahren ihres Bestehens ist diese Zeitung von nur vier Corpsbrüdern herausgegeben worden.
Wegen des Duells Vering-Salomon wurde Rhenania im Februar 1890 vom Senat der Universität suspendiert; zwei Monate firmierte sie unter dem Namen Helvetia (grün-rot-gold).
1889 wurde ein Alte Herren-Komitee gegründet, 1906 der „Verein Alter Freiburger Rhenanen“, den mittlerweile der zwölfte Corpsbruder führt. Dieser Verein vertritt die Interessen der Altherrenschaft gegenüber den Aktiven und Inaktiven des Corps, organisiert größere, gemeinsame Veranstaltungen (Stiftungsfest, Rekonstitutionsfest) und unterstützt die Aktiven des Corps finanziell. Seit kurzem fördert sie darüber hinaus junge Studenten der Freiburger Universität mit einer Stiftung.
Im Jahre 1892 wurde mit Unterstützung der Ehemaligen, der sogenannten Alten Herren, das erste Corpshaus der Freiburger Rhenanen gebaut.[1] Sehr bald stellte sich jedoch heraus, dass es für den aufwändigen Corpsbetrieb nicht groß genug war. 1912/1913 wurde daher das alte Corpshaus abgerissen und an derselben Stelle nach Plänen des Berliner Architekten Bruno Möhring ein größeres und schöneres Haus im Jugendstil errichtet. Carl Vering hatte es ermöglicht.
Mit Beginn des Ersten Weltkriegs musste das Corps erneut schließen. Das Corpshaus wurde aufgrund der Frontnähe von der Kaiserlichen Armee als Lazarett genutzt. 296 Rhenanen zogen in diesen Krieg, 56 davon kehrten nicht zurück. Kurz nach Kriegsende 1918 rekonstituierte Walter Roth – trotz der revolutionären Unruhen im Deutschen Reich – das Corps.
1926 gewann das Corps den 1925 vom KSCV ausgelobten Wanderpreis Fünfkampf (Leichtathletik).
Im Jahre 1931 erwarb die Altherrenschaft in Altglashütten eine Skihütte. Um diese angemessen zu verwalten, wurde gleichzeitig der Verein Freiburger Rhenanenhütte e.V. gegründet. Die Zeit der Weimarer Republik war für das Corps Rhenania eine sehr erfolgreiche Zeit. Die Mitgliederzahlen wuchsen stetig. Corpsbrüder stiegen in bedeutende gesellschaftliche Positionen auf.
Diese Entwicklung endete mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933. Die Politik der NSDAP führte zur „Gleichschaltung“ sprich zum Auflösen aller gesellschaftlichen Gruppen, die sie nicht ausreichend kontrollieren konnten. Sämtliche studentischen Korporationen wurden im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (Abk. NSDStB) zusammengefasst. Durch Selbstauflösung kam Rhenania daher 1935 einer Zwangsauflösung zuvor. Trotz großer Schwierigkeiten konnte im Geheimen eine Art Corpsbetrieb bis in den Zweiten Weltkrieg hinein aufrechterhalten werden.
Am 27. November 1944 wurde Freiburg im Breisgau durch einen Bombenangriff stark zerstört. Das Corpshaus brannte dabei vollkommen aus. Die gesamte Einrichtung und das Corpsarchiv gingen infolgedessen verloren. Viel schwerwiegender für die Gemeinschaft der Rhenanen war aber, dass im Verlauf des Zweiten Weltkrieges über 80 Corpsbrüder ums Leben kamen.
Die französische Besatzungsmacht verbot zunächst sämtliche studentische Organisationsformen, folglich auch Studentenverbindungen. Zudem waren viele Corpsbrüder nach dem Ende des Krieges zunächst einmal damit beschäftigt, ihre Existenz neu zu organisieren. Trotzdem rekonstituierte sich Rhenania bereits am 20. Mai 1950 auf der Rhenanenhütte in Altglashütten unter Führung von Dieter Wengler wieder. Auch ein neues Corpshaus konnte aufgrund großzügiger Spenden einzelner Corpsbrüder errichtet werden. Am 1. Februar 1957 bezogen die Aktiven das dritte Corpshaus an Stelle des zerbombten Hauses in der Albertstraße 32.
In der Nachkriegszeit florierte das Corps. Erst die studentischen Unruhen der 68er-Bewegung und das daraus resultierende Aufbrechen der gesellschaftlichen Strukturen in der alten Bundesrepublik führten zu erheblichen Problemen in der Mitgliederzahl sowie dem Verhältnis der jüngeren Generation und der Altherrenschaft. Doch auch diese schwierige Phase überstand das Corps unbeschadet.
Nachdem Rhenania schon 1867 und 1905 den Kösener Vorortsprecher gestellt hatte, erklärte sie sich 1991 bereit, die gesamte Vorortmannschaft zu stellen. Unter dem Vorsitz von René Lohs wurde zum ersten Mal nach der deutschen Vereinigung eine offizielle Veranstaltung des KSCV – eine Arbeitstagung – in Bad Kösen durchgeführt.
Auswärtige Beziehungen
Mit seinen Verhältniscorps zählt Rhenania zum Blauen Kreis im Kösener SC-Verband. Mit Teutonia Marburg, Rhenania Tübingen und Rheno-Guestphalia bildet Rhenania Freiburg das Eiserne Kartell, früher bekannt als „Kohlekartell“.
- Kartelle
- 1852 Guestphalia Bonn
- 1858 Teutonia Marburg
- 1908 Rheno-Guestphalia
- 1954 Rhenania Tübingen
- Befreundete Corps
- 1885 Palaiomarchia (innig befreundet)
- 1889 Guestfalia Greifswald
- 1892 Starkenburgia
- 1921 Onoldia (kreisfrei)
- 1950 Palaiomarchia-Masovia
Bedeutende Mitglieder
- Hugo Bach (1859–1940), Erfinder der künstlichen Höhensonne
- Max von Baden, letzter kaiserlicher Reichskanzler, preußischer Ministerpräsident
- Bernhard von Beck (1821-1894), Chirurg, Generalarzt
- Bernhard von Beck (1863-1930), Chirurg
- Karl Joseph Beck (1794–1838), Professor der Medizin und Prorektor der Universität Freiburg
- Johann Baptist Bekk (1797–1855), Badischer Ministerpräsident
- Wilhelm Blos (SPD) (1849–1927), 1877–1918 Mitglied des Reichstages, 1918–1920 der erste Staatspräsident Württembergs
- Burghard Bock von Wülfingen (1874-1950), preußischer Landrat
- Friedrich Boden (1870-1947), Diplomat
- Franz Böhm (1895–1977), 1946 Hessischer Kultusminister, Ordinarius für Bürgerliches und Wirtschaftsrecht an der Universität Frankfurt am Main, Mitbegründer der Sozialen Marktwirtschaft, MdB
- Gustav Bothe (1870-1948), Versicherungsbeamter
- Alfred Bräunig (1847-1927), Bürgermeister von Rastatt
- Adolf Buchenberger (1848-1919), Badischer Finanzminister
- Rudolf Freiherr von Buol-Berenberg (1842–1902), Mitglied des Reichstages (Zentrum), 1895–1898 Reichstagspräsident
- Kurd von Damm (1862-1915), 1903-1915 Mitglied des Reichstages (Welfenpartei)
- Carl von Dapper (1863-1937), Geheimrat, Inhaber eines Sanatoriums in Bad Kissingen
- Ludwig Denecke (1905-1996), Germanist und Bibliothekar, Brüder Grimm-Forscher
- Georg Ferdinand Duckwitz (1904–1973), der Retter der dänischen Juden im Zweiten Weltkrieg, Staatssekretär bei Willy Brandt
- Wilhelm Fischer (Chirurg) (1892–1969), Ordinarius in Kiel
- Karl Geiler (1878–1953), 1945–1947 Hessischer Ministerpräsident (parteilos)
- Albert Gönner (1838–1909), 1875–1907 Oberbürgermeister von Baden-Baden (Nationalliberale Partei), 1893–1906 Präsident der 2. Badischen Kammer
- Werner Hosemann (* 1954), HNO-Ordinarius in Greifswald
- Johannes Johansen (1870-1945), Oberbürgermeister von Krefeld
- Eugen Keidel (1909–1991), Oberbürgermeister von Freiburg
- Hans Kleinschmidt (Pädiater) (1885-1977)
- Hermann Klingspor (1885-1969), Papierfabrikant, Mitglied des Reichstags (DVP) 1924-1928
- Ulrich Lunscken (1952-2008), Botschafter
- Johannes Maurach (1883–1951), Dramaturg und Regisseur, 1923 Generalintendant in Nürnberg und Danzig
- Werner Meißner, Vorsitzender des oKC 1905, Vorsitzender des VAC-Vorstands 1925-1933, Generalstaatsanwalt in Braunschweig
- Woldemar Mobitz (1889–1951), Kardiologe
- Ludwig Opel (1880-1916), Industrieller
- Hans Piekenbrock (1893–1959), Generalleutnant, Träger des Eichenlaubs zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes
- Volker Rieble (* 1961), Ordinarius für Arbeitsrecht und Bürgerliches Recht in München
- Dietmar-Christian Riemer (* 1951), Rundfunkjournalist im ARD-Hauptstadtstudio
- Otto Schlüter (1872–1959), 1911–1951 Ordinarius für Geographie an der Universität Halle, Präsident der Leopoldina
- Victor Schmieden (1874-1945), Ordinarius für Chirurgie in Frankfurt am Main
- Wilhelm Schneidewind (1860-1931), Professor für Agrikulturchemie an der Universität Halle
- Hans-Hermann Schwick (* 1947), Rechtsanwalt, 1991-2009 Präsident des Bundesligavereins Arminia Bielefeld
- Ferdinand Siegert (1865-1946), Kinderarzt
- Carl Vering (1871-1955), Bauunternehmer, Philosoph und Mäzen der Bayreuther Festspiele
- Constantin Fürst von Waldburg-Zeil (1807–1862), Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung
- Victor Weidtman (1863-1926), Mitglied des Preußischen Herrenhauses und der Nationalversammlung, Präsident der IHK Aachen
- Hermann Winkhaus (1897–1968), Vorstandsvorsitzender der Mannesmann AG
- Hans Zangemeister (1907-1970), Audiologe
- Hans Ziegner-Gnüchtel (1859-1926), Bürgermeister von Wilhelmshaven
Einzelnachweise
- ↑ Feier des 77jährigen Stiftungsfestes und der Corpshauseinweihung der Rhenania zu Freiburg. In: Academische Monatshefte 9 (1892/93), S. 106-109
Literatur
- Rolf-Joachim Baum (Hrsg.), „Wir wollen Männer, wir wollen Taten!“ Deutsche Corpsstudenten 1848 bis heute, Siedler-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-88680-653-7
Weblinks
Siehe auch: Corps, Kösener Senioren-Convents-Verband, Liste Kösener Corps, Studentenverbindung
48.0014537.846389Koordinaten: 48° 0′ 5″ N, 7° 50′ 47″ O
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