Dänische Dialekte

Dänische Dialekte
Verbreitung von Dialekten der dänischen Sprache

Die dänische Sprache wird heute von etwa sechs Millionen Menschen gesprochen und teilt sich in mehrere Dialekte, die teils stark voneinander abweichen.

Inhaltsverzeichnis

Dialektgattungen

Die Varianten des Dänischen sind von der Dialektforschung gut aufgezeichnet. Sie werden in drei Hauptgruppen sowie mehrere Untergruppen eingeteilt [1][2]:

Inseldänisch

Ømål oder ødansk. Auf die Bezeichnung "ostdänisch" für diese Gruppe wird meist verzichtet, da es mit den heute in Schweden gesprochenen Dialekten verwechselt werden könnte.

  • Seeländisch (sjællandsk) auf Seeland
  • Fünisch (fynsk) auf Fünen mit umliegenden Inseln
  • Lolländisch (lollandsk) auf Lolland
  • Falstringisch oder Falsterisch (falstersk oder falstringsk) auf Falster

Jütisch

Jysk, ältere Schreibweise jydsk.

  • Norderjütisch oder nördliches Jütisch (nørrejysk). (Nørrejylland ist eine alte Bezeichnung für Jütland nördlich der Königsau.)
    • Westjütisch (vestjysk)
    • Nordjütisch (nordjysk)
    • Ostjütisch (østjysk)
  • Südjütisch (sønderjysk), auch südlich der deutsch-dänischen Grenze gesprochen

Ostdänisch

Østdansk

Zum Ostdänischen können auch die heute meist als südschwedisch beschriebenen Dialekte in den bis 1658 dänischen Regionen in Skåneland gerechnet werden:

Reichssprache und Kopenhagenisch

Die Schriftsprache Reichsdänisch (rigsdansk) gehört zur seeländischen Gruppe, wenn sie auch ursprünglich aufgrund des Seeländischen und Schonischen entwickelt wurde. Heute wird noch diskutiert, ob es eine genau gesprochene Variante gibt, die man Reichssprache nennen kann. Von der überwiegenden Mehrheit der Dänen wird heute eine der Schriftsprache nahestehende Variante gesprochen, allerdings kann man deutliche regionale Färbungen erkennen.

Bei Københavnsk, dem Dialekt, der in Kopenhagen gesprochen wird, unterscheiden Sprachforscher zwischen den Soziolekten hoch- und volkskopenhagenisch (høj- bzw. lavkøbenhavnsk). Erstere ist die Sprache, die traditionell im Radio, Fernsehen und von der gebildeten Schicht gesprochen wurde, allerdings sind die Grenzen nicht so erkennbar wie früher. Die Sprache der Königin stellt noch ein Beispiel einer relativ gut erhaltenen hoch-Kopenhagener Aussprache dar. Auch kann man in den wohlhabenden Stadtteilen nördlich Kopenhagens die hoch-Kopenhagener Aussprache noch gut spüren. Die Ausbreitung "volkskopenhagenischer" Neuerungen ins ganze Land hinaus wurde von vielen Soziolinguisten festgestellt. Dabei verbreiten sich diese Veränderungen zunächst in den größeren Städten, besonders auf Seeland, und dann in kleineren Orten und in die Landgebiete hinaus. Das Phänomen wurde urban jumping genannt.

Merkmale der Dialekte

  • Stoßton
  • Tonaler Akzent
  • Weder noch

Intonation

Inseldänisch und Jütisch unterscheiden sich vor allem in Hinblick auf die Intonation. Jütisch hat den hohen Ton auf der betonten Silbe und den niedrigen Ton auf der nichtbetonten Silbe. Dabei schließt es sich dem für die meisten europäischen Sprachen üblichen Muster an, jedoch ist die Wortmelodie etwas ausgeprägter. Inseldänisch und Bornholmisch haben, wie Schwedisch und Ostnorwegisch, die umgekehrte Verteilung: niedriger Ton auf der betonten Silbe und hoher Ton auf der nichtbetonten Silbe.

Nur in einem Gürtel entlang der südlichen dänischen Inseln sowie in den heute zu Schweden gehörigen Landschaften ist der skandinavische Zweisilbenakzent (tonale Akzent) beibehalten; dafür gibt es in diesen Gebieten den typischen dänischen Stoßton nicht.

Apokope

Im Ostdänischen ist die ursprüngliche Endung -a in vielen Wörtern beibehalten, im Inseldänischen wurde sie auf -e abgeschwächt, während sie im Jütischen verschwunden ist (Apokope). Daher treten viele zweisilbige Wörter in Jütland einsilbig auf, was auch bei Sprecher einer regional gefärbten Variante der Hochsprache deutlich ist.

Westlich der Linie: vorgestellter Artikel, östlich: nachgehängter Artikel. Die Zahlen geben die Anzahl der Geschlechter an; Seelandisch hat erst in neuster Zeit von drei zu zwei Geschlechtern gewechselt.

Syntax

Die allgemein bekannteste Dialektgrenze in Dänemark bildet die Position des bestimmten Artikels. Im östlichen Jütland sowie auf den Inseln wird dieser dem Hauptwort nachgehängt, wie in den anderen skandinavischen Sprachen auch. Im Westen und Süden Jütlands wird er dagegen vors Hauptwort gesetzt, wie in den meisten europäischen Sprachen. So heißen die Begriffe der Mann und das Haus im Osten Dänemarks manden bzw. huset, während man in West- und Südjütland æ mand und æ hus sagt; es wird hier also nicht zwischen geschlechtlich und sächlich unterschieden.

Im Reichsdänischen unterscheidet man zwischen zwei Geschlechtern, die mit den Artikeln en bzw. et bezeichnet werden. In Nordjütland, Ostjütland und in den meisten Dialekten der Inseln werden oder wurden die ursprünglichen drei Geschlechter beibehalten; hier sind die Artikel in (männlich), en (weiblich), et (sächlich).

Im Westjütischen hingegen wurde ein eigenes System entwickelt, wobei man nur ein Geschlecht kennt. Alles wird dementsprechend mit en bezeichnet. Jedoch unterscheidet man zwischen zählbar-individuellen Begriffen und unzählbar-stofflichen. Das dänische Wort træ bezeichnet auf deutsch sowohl Baum als Holz; im Osten des Landes und in der Hochsprache ist es immer det træ (≈ jener Baum, jenes Holz); auf Westjütisch gibt es den træ (≈ jener Baum) bzw. det træ (≈ jenes Holz).

Wortschatz

Die relativ großen regionalen Unterschiede im Wortschatz haben sich heute nur in den ausgeprägsten Dialekten erhalten. Jedoch gibt es noch erkennbare jütische Regionalismen wie z. B. glad ved statt glad for (≈ "an" etwas froh bzw. über etwas froh). Ein Wort wie træls (≈ mühsam, ermüdend) wird von Kopenhagenern immer wieder als typisch jütisch empfunden, obwohl es eigentlich spezifisch aus Ostjütland kommt. Allerdings ist das Wort allmählich in die Standardsprache aufgenommen worden, wohl weil es zuvor keinen zutreffenden Begriff gab.

Das Pronomen ich hat drei Hauptformen, die jeweils zu den drei großen Dialektgruppen gehören: jeg oder je' auf den Inseln; jag oder ja im Ostdänischen; a in Jütland, jedoch æ in Südjütland und in der nordwestlichen Gegend Thy. Diese drei Formen sind alle von einem Urskandinavischen ek abgeleitet, waren jedoch schon in den ältesten Runeninschriften in Schonen als jak, auf Seeland als jæk, und in Jütland als ak bzw. æk erkennbar. Sprechern einer lokalen Variante der Hochsprache fällt es oft schwer, ihr angewöhntes a oder æ abzulegen (zum Vergleich: ähnlich wie in norddeutscher Umgangssprache, wo ick gut erhalten ist). Interessanterweise wurde die schonische Aussprache jaj zur Standardsprache erhoben, wenn auch die Schriftsprache das Seeländische jeg hat.

Die häufige Auffassung, dass Südjütisch sehr vom Niederdeutschen Wortschatz beeinflusst sei, lässt sich nicht eindeutig bestätigen. So findet man etwa Wörter wie gevyrts (≈ Gewürz) und den erst im 20. Jahrhundert verbreiteten Gruß mojn. Einige dieser Wörter kamen mit dem deutschen Schulunterricht 1864-1920 in die Umgangssprache hinein, sind aber jetzt einer aussterbenden Generation zuzuordnen. Andererseits hat Südjütisch auch alte skandinavische Wörter erhalten, die im Reichsdänischen teilweise von deutschen Lehnwörtern abgelöst wurden, z. B. fikk (≈ Tasche, schwedisch ficka, dänisch lomme), grander (≈ Klug, dänisch klog, älteres dänisch gran, isländisch grannur), snel(≈ freundlich, dänisch flink, schwedisch snäll, isländisch snjall).

Dialektgebrauch heute

Während um 1950 noch die Mehrheit der Dänen einen Dialekt sprachen, sind die klassischen Mundarten heute zurückgegangen. Die meisten Menschen sprechen eine Variante der Hochsprache, jedoch keinesfalls ohne regionale Färbung. Eine Ausnahme stellt jedoch das Kopenhagenische dar, da es seit vielen Jahrzehnten die sprachliche Entwicklung im ganzen Land dominiert, sowie zunehmend die Standardsprache selbst beeinflusst. Daher ist es auch schwierig, heute das Kopenhagenische unter die klassischen Dialekte einzustufen.

Noch wird in den am weitesten von den Großstädten gelegenen Gebieten häufig Dialekt gesprochen, besonders in Südjütland, Westjütland, Nordjütland und auf Bornholm. Das sind auch die Dialekte, die sich am stärksten von der Hochsprache unterscheiden. Viele Menschen verfügen über mehrere, klar getrennte Varianten, sodass sie in der Familie Dialekt sprechen, aber in der Schule oder auf der Arbeit eine dem Reichsdänischen annähernde Sprache. Bei manchen anderen entsteht eher eine Mischsprache.

In der Schule und in Medien wurden Dialekte bis heute völlig ignoriert. Noch in den 1960er Jahren wurden aus Jütland kommende Studenten bei der Universität Kopenhagen aufgefordert, einen Kurs zum Einüben der korrekten Hochsprache zu belegen. Seit den 1990er Jahren gibt es jedoch Bestrebungen, die Dialekte zu erhalten. In Südjütland (Nordschleswig) wurde Æ Synnejysk Forening zu diesem Zweck errichtet. Aufgrund ihrer Initiative wird auf einigen Schulen Südjütisch als Wahlfach angeboten.

Außerhalb Dänemarks

Südschleswig

Im grenznahen Bereich Schleswig-Holsteins wird in einigen Kirchspielen noch die angestammte südjütische Mundart (Sønderjysk) gesprochen. Dabei gibt es keine Verbindung zwischen nationalen Zugehörigkeitsgefühlen und Sprache; besonders früher kam es durchaus vor, dass Deutsche Dänisch sprachen und umgekehrt. Vom größten Teil der dänischen Minderheit in Südschleswig wird die dänische Hochsprache gesprochen; innerhalb der Familie und im Alltag meistens Hochdeutsch oder Niederdeutsch. Als Bezeichnung der hier gesprochenen Variante des Dänischen wollen einige die eigenständige Bezeichnung Sydslesvigdansk durchsetzen; jedoch geht es hier um Standarddänisch mit leichter regionaler Färbung und vielen Germanismen im Wortschatz, also eine Art Reichssprache, die mit der dänischen Sprache auf Grönland vergleichbar ist.

Die südjütische Mundart wurde im Mittelalter noch bis südlich Husums und Eckernfördes gesprochen, wie noch an Ortsnamen erkennbar ist; im Laufe der Jahrhunderte fand ein Sprachwechsel zum Niederdeutschen statt. Im südlichen Schleswig um Viöl bestand lange eine Sprachinsel (Fjoldemål), wo viele Merkmale einer älteren Sprachenstufe sich erhielten, seitdem sie in Dänemark verschwunden waren.

Ostdänisch bzw. Südschwedisch

Die ehemaligen dänischen Dialekte östlich des Öresunds wurden in der dänischen Dialektologie traditionell als ostdänisch bezeichnet, in der schwedischen Tradition hingegen als südschwedische Dialekte. Dabei werden keine Gebietsansprüche geäußert; der schwedische Ausdruck umfasst auch Teile Smålands und die dänische Insel Bornholm, obwohl letztere keinesfalls schwedisch beeinflusst wurde. Die Landschaft Halland wurde 1645, Schonen und Blekinge 1658 von Schweden erobert. 1720 wurden die Landschaften ins eigentliche Schweden inkorporiert.

Das Schonische ist heute stark vom Schwedischen beeinflusst. Eigentlich bezeichnet der Ausdruck zwei zu unterscheidenden Sprachvarianten:

  • Die schonische "Regionalsprache" ist eine sehr ausgeprägte Variante der schwedischen Hochsprache, wo die schonische Aussprache sich stark durchsetzt, jedoch ist der besondere Wortschatz vereinzelter vorhanden. Sie genießt auch in den Städten den Vorrang vor der hochschwedischen Aussprache.
  • Die ursprüngliche schonische Mundart, die noch relativ ungestört von der Landbevölkerung bis ca. 1950 gesprochen wurde, hat den dänischen Wortschatz beibehalten. Sie ist heute am meisten im Südwesten und Südosten (Österlen) Schonens verbreitet.

Färöer und Grönland

Wenn auch die dem dänischen Königreich angehörigen Gebiete ihre eigene Landessprachen haben, wird in den Schulen dänisch als erste Fremdsprache unterrichtet. Insbesondere haben auch manche ethnische Grönländer Dänisch als Muttersprache und nur geringe Kenntnisse des Grönländischen, besonders in Nuuk. Das auf Grönland gesprochene Dänisch lässt sich nicht als Dialekt einstufen; dänische Ansiedler sprechen ihre angewöhnte Variante (meistens der Hochsprache nahe), und Grönländer auch die Hochsprache, wie sie in der Schule gelernt oder in Kopenhagen gesprochen wird. Dabei werden häufig grönländische Wörter benutzt, um besondere Begriffe zu vermitteln.

Die dänische Variante auf den Färöern wird auch als gøtudanskt (färöisch: Straßendänisch) bezeichnet; es geht hier um eine besonders schriftnahe, von der färöischen Lautlehre beeinflusste Aussprache, die an die Sprache im Norden Norwegens erinnert.

Island

Auf Island wird Dänisch noch als Pflichtfremdsprache unterrichtet; jedoch sind die faktischen Fähigkeiten der dänischen Sprache besonders bei der jüngeren Generation gering. Die Aussprache vieler Isländer erinnert an die der Färöer.

Emigranten

Verglichen mit anderen Skandinaviern haben dänische Emigranten sich oft sehr schnell, schon in der ersten oder zweiten Generation, sprachlich assimilieren lassen. Die dänische Sprache wird teilweise noch in Kanada und den USA gesprochen. Ein besonderer Fall stellt jedoch Argentinien da, wo es noch eine rege dänischsprachige Gemeinschaft gibt. Sie wurde im Dokumentarfilm Den danske koloni geschildert, der im Oktober 2006 im öffentlichem Fernsehen DR gesendet wurde.

Viele dänische Rentner haben sich in Südspanien angesiedelt. In London gibt es einschätzungsweise bis zu 50.000 Dänen (1 % der dänischen Gesamtbevölkerung). Auch in Brüssel gibt es eine dänische Kolonie EU-Beamter.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dialekter. Københavns Universitet, abgerufen am 13. April 2010.
  2. Niels Åge Nielsen: Dansk dialektantologi, Østdansk og ømål. Politikens Forlag, Odense 1978.

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