- Elsa Brändström
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Elsa Brändström (* 26. März 1888 in Sankt Petersburg; † 4. März 1948 in Cambridge, Massachusetts) war eine schwedische Philanthropin, bekannt als „Engel von Sibirien“ in den russischen Gefangenenlagern des Ersten Weltkrieges.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Elsa Brändström war die Tochter des schwedischen Militärattachés in Russland, Edvard Brändström, und seiner Frau, Anna Eschelsson. Sie besuchte das Lehrerinnenseminar in Stockholm und kehrte 1908 zu ihren Eltern nach Sankt Petersburg zurück. 1913 starb ihre Mutter. Sie erlebte den Beginn des Ersten Weltkriegs in St. Petersburg und meldete sich freiwillig als Militär-Krankenschwester der russischen Armee.
1915 reiste sie für das Schwedische Rote Kreuz nach Sibirien, um dort für die deutschen Kriegsgefangenen in russischem Gewahrsam eine medizinische Grundversorgung einzurichten. Nach ihrer Rückkehr nach St. Petersburg half sie beim Aufbau einer schwedischen Hilfsorganisation. Ihre Arbeit wurde durch den Ausbruch der Oktoberrevolution von 1917 erheblich behindert. 1918 wurde ihr von den russischen Behörden die Arbeitserlaubnis entzogen, sie ließ sich jedoch nicht entmutigen. Zwischen 1919 und 1920 reiste sie mehrmals nach Sibirien und wurde 1920 in Omsk verhaftet. Anschließend kehrte sie nach Schweden zurück und organisierte von dort aus Geldsammlungen für die Kriegsgefangenen.
1922 erschien ihr Buch Unter Kriegsgefangenen in Rußland und Sibirien 1914–1920. Von nun an kümmerte sie sich im Arbeitssanatorium für ehemalige kriegsgefangene Deutsche in Schmeckwitz-Marienborn um deutsche Heimkehrer, die Kinder von verstorbenen Kriegsgefangenen und um Kinder von traumatisierten Kriegsgefangenen. Sie erwarb die Schreibermühle bei Lychen (Uckermark) und gründete dort ein Heim für Kinder.
1923 unternahm sie auf eigene Kosten eine sechsmonatige Vortragsreise in die USA, um 100.000 $ für ein Kinderheim zu sammeln, das sie noch im selben Jahr in Mittweida im Schloss Neusorge für 200 Kinder einrichtete und zehn Jahre lang betrieb. 1925 folgte eine Vortragsreise durch Schweden. 1929 reiste sie in die 1922 gegründete Sowjetunion, um Ansiedlungsmöglichkeiten für ehemalige Kriegsgefangene in Sibirien zu schaffen, musste das Vorhaben aber aufgeben, da private Initiativen im Sowjetsystem nicht gewollt waren. Noch im selben Jahr heiratete sie in Schmeckwitz-Marienborn den Pädagogik-Professor Robert Ulich und zog mit ihm nach Dresden. 1931 verkaufte sie die Schreibermühle und übergab das Heim Neusorge an den Leipziger Fürsorgeverein. Sie gründete die Elsa-Brändström-Werbegemeinschaft der Frauen (Fonds für Studiengelder ehemaliger Kinder aus Neusorge). Am 3. Januar 1932 kam ihre Tochter Brita in Dresden zur Welt.
1933 nahm Robert Ulich eine Professur an der Harvard University an, und die Familie übersiedelte in die USA, wo sich Elsa Brändström-Ulich um Flüchtlingshilfe für ankommende Deutsche und Österreicher kümmerte. 1939 eröffnet sie den „Window-Shop“, ein Restaurant als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Flüchtlinge in Cambridge (Massachusetts), einem Vorort von Boston, Sitz der Harvard University. Diese Einrichtung wurde 1948 zu ihren Ehren in „Elsa Brandstrom Ulich Assistance Fund“[1] umbenannt.[2]
Gegen Kriegsende begann sie mit einer Hilfsaktion für Not leidende Kinder in Deutschland, woraus schließlich die Organisationen CARE International (Cooperative for American Relief in Europe) und CRALOG (Council of Relief Agencies Licensed for Operation in Germany) entstanden. 1945 unternahm sie eine letzte Vortragsreise durch Europa für den Save the Children Fund. Ihre letzte geplante Reise (nach Deutschland) konnte sie wegen ihrer Krankheit nicht mehr antreten. Elsa Brändström starb 1948 in Cambridge an Knochenkrebs. Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem Nordfriedhof von Solna außerhalb von Stockholm.
In vielen deutschen und österreichischen Städten gibt es nach Elsa Brändström benannte Schulen, Straßen und gemeinnützige Einrichtungen.
Werke
- 1921 Bland Krigsfångar i Ryssland och Sibirien 1914–1920. 1922 auf deutsch von Margarete Klante: Unter Kriegsgefangenen in Rußland und Sibirien – 1914–1920
Literatur
- Elsa Björkman-Goldschmidt: Elsa Brändström. 1933 (schwedisch)
- Elsa Björkman-Goldschmidt: Elsa Brändström. En biografi. 1969 (schwedisch)
- Elsa Björkman-Goldschmidt war eine Jugend- und Schulfreundin von Elsa Brändström, die eine lebenslange Freundschaft verband. Sie war gleichfalls in der Kriegsgefangenbetreuung aktiv. Das erste Buch sollte auf Deutsch erscheinen, was aus politischen Gründen nicht mehr möglich war.
- Norgard Kohlhagen: Elsa Brändström. Die Frau, die man Engel nannte. Eine Biographie. 1992, ISBN 3-7918-1983-6.
- Dietmar Kruczek: Eine Frau zwischen den Fronten. Das Leben der Elsa Brändström. Aussaat, 2000, ISBN 3-7615-5158-4.
- Magdalena Padberg: Das Leben der Elsa Brändström. Ein Hilfswerk in drei Erdteilen. Herder, Freiburg 1989, ISBN 3-451-08641-7.
- Heinz Vonhoff: Elsa Brändström. Ein Leben für Gefangene, Verfolgte und Hilflose. Claudius, München 1982, ISBN 3-583-31003-9.
- Gerhard Zimmermann: Liebe hat Augen, Hände und Füße: Elsa Brändström – Maximilian Kolbe – Mutter Teresa – Friedrich von Bodelschwingh – Elly Heuss-Knapp – Albert Schweitzer. ISBN 3-7673-7142-1.
- Friedrich Wilhelm Bautz: Elsa Brändström. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- Elsa Brandström zum Gedenken. In: Die Zeit, Nr. 11/1948, Nachruf
Weblinks
Commons: Elsa Brändström – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über Elsa Brändström im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Bildpostkarte mit Unterschrift
Einzelnachweise
- ↑ Eleanor Roosevelt: My Day. 7. August 1959
- ↑ A Finding Aid, Window Shop Records, Cambridge MA 1939–1992
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