Emder Hafen

Emder Hafen
53.344397.2
Portalkran der Nordseewerke
Blick auf die Helling der Nordseewerke, wo ein Neubau in Arbeit ist
Der Spezialkreide-Hersteller OMYA produziert im Emder Hafen
Ein Katamaran der Reederei AG Ems am Borkumkai
Umschlag von Rotoren für Windenergieanlagen des Herstellers Enercon aus Aurich
Ein mit Autos beladenes RoRo-Schiff verlässt den Emder Außenhafen, rechts die Westmole (Hafeneinfahrt)
Autotransportwagen im Hafenbahnhof
Die Cassens-Werft von der Hafenseite aus gesehen
Große Seeschleuse
Bindeglied zwischen Seehafen und Binnenwasserstraßen: die Borssumer Schleuse
Enercon-Windenergieanlage E 112 an der Ems in Emden, eine der ersten so genannten „Near-Shore-Windenergieanlagen” in Deutschland
Gas-Kraftwerk im Emder Hafen
Am Südkai: früher Erzumschlag, heute Baustoffumschlag
Getreidesilos im Außenhafen
Die westliche Seite des „Alten Binnenhafens” mit Bürogebäuden und Wohnungen
Frachter in der Großen Seeschleuse

Der Hafen der Stadt Emden ist ein Seehafen an der Mündung der Ems in die Nordsee. Es handelt sich dabei um den westlichsten Seehafen an der Küste Deutschlands mit einem Jahresumschlag von rund 6,46 Millionen Tonnen (2010).[1] Hauptumschlagprodukte sind Kraftfahrzeuge, Forstprodukte und in stark zunehmendem Maße Windenergieanlagen. Bei Kraftfahrzeugen ist der Emder Hafen nach Umschlagszahlen der drittgrößte Europas nach Bremerhaven und Zeebrugge.

Zudem ist Emden der Fährhafen zur Nordseeinsel Borkum mit dem Bahnhof Emden Außenhafen.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Der Hafen ist von jeher der Lebensnerv der Stadt – ohne ihn wäre sie überhaupt nicht entstanden. Der Hafen geht zurück auf die Anfänge der Besiedlung dessen, was heute das Stadtgebiet Emdens ist: Etwa um das Jahr 800 herum entstand am nördlichen Ufer der Emsmündung eine friesische Handelssiedlung. Um 1600 war der Emder Hafen einer der bedeutendsten Nordeuropas. Seit zirka 1900 hat sich der Seehafen Emden zu einem modernen Umschlagsort entwickelt, der auch Industrieansiedlungen nach sich zog. Neben den Werften ist hier das Volkswagenwerk Emden zu nennen: Der VW-Konzern entschied sich 1964 bewusst für eine Hafenstadt als neuen Produktionsstandort – ohne den Hafen hätte sich also der mit weitem Abstand größte industrielle Arbeitgeber Ostfrieslands gar nicht erst in Emden angesiedelt. Somit hängt vom Hafen – direkt und indirekt – nahezu das gesamte Wirtschaftsleben der Stadt ab.

Geschichte

Die Historie des Emder Hafens lässt sich in zwei Abschnitte unterteilen: zum einen von der Entwicklung einer friesischen Handelssiedlung um das Jahr 800 herum bis zirka 1870. In den 1750er Jahren unternahmen von hier aus die Schiffe der Emder Ostasiatischen Handelskompanie Fahrten nach Kanton in China. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert hat sich das Bild des Hafens hin zu einem modernen Industriehafen gewandelt.

Ab 1870

Fast während des gesamten 20. Jahrhunderts galt Emden als der „Seehafen des Ruhrgebietes”. Kohle aus dem Ruhrgebiet wurde über den Dortmund-Ems-Kanal nach Emden transportiert, in umgekehrter Richtung wurde importiertes Eisenerz für die Stahlindustrie des Ruhrgebietes via Emden dorthin verschifft.

Der letzte Erzfrachter machte 1986 in Emden fest. Rotterdam hatte Emden den Rang für diese Produkte abgelaufen. Dabei spielten vier Gründe die wesentliche Rolle: Zum einen konnten die großen Massengutfrachter aufgrund ihres Tiefgangs den Emder Hafen nicht (mehr) anlaufen und mussten nahe Borkum kostspielig „geleichtert” werden, das heißt Binnenschiffe übernahmen bereits dort einen Teil der Ladung. Ein Frachter konnte erst nach dem „Leichtern” den Emder Hafen anlaufen.

Zudem wurden die Binnenschiffe stets größer, so dass der Dortmund-Ems-Kanal (und seine Schleusen) nicht mehr für neue Generationen von Binnenschiffen ausreichten. Die Europäisierung der Verkehrsströme tat ein Übriges, ebenso der Niedergang der Stahlindustrie, insbesondere im westlichen Teil des Ruhrgebietes. Die Hochöfen in Duisburg, dem bedeutendsten Stahlstandort Deutschlands, sind über den Rhein besser zu erreichen.

Inzwischen ist der Fahrzeugumschlag die bedeutendste Säule des Emder Hafens. Sämtliche Modelle des VW-Konzerns (inklusive Töchter) werden über Emden im- und exportiert, was den Emder Hafen zum drittgrößten Autoverladehafen Europas macht (nach Brügges Hafen Zeebrugge und Bremerhaven). Weitere Umschlagprodukte sind Forstprodukte und Flüssigkreide (beides für die Papierfabrik Nordland in Dörpen) sowie unter anderem Baustoffe, Getreide, Magnesiumchlorid, Mineralöl und Mineralölerzeugnisse, Eisen und Stahl.

Seit einigen Jahren ist Emden auch als Umschlaghafen für Windenergieanlagen aktiv. Diese stammen vom Hersteller Enercon im benachbarten Aurich, die vom Emder Hafen aus exportiert werden. Zur Zeit wird Emden als Basishafen für Offshore-Windenergieanlagen in der Nordsee eingerichtet.

Im Bereich des Hafens sind diverse Unternehmen mit dem Umschlag der oben genannten Güter befasst, darunter die Emder Verkehrsgesellschaft AG (EVAG), die Anker Schifffahrt GmbH, EPAS (Verschiffung von Windenergieanlagen) und mehrere Speditionen.

Der Freihafen in Emden wurde zum 1 Januar 2010 aufgelöst.[2]

Aktuelle Zahlen

Der Hafenumschlag in Emden hat 2005 im Jahresvergleich um 7,77 % auf jetzt 5,463 Millionen Tonnen zugenommen, die Binnenschifffahrt hatte daran einen Anteil von 1,941 Millionen Tonnen. Der Seeverkehr erreichte nach der Krise 2009 im Jahr 2010 mit 4,277 Millionen Tonnen ein Umschlagplus von 17,7 %.

Im Seeverkehr dominieren bei der Einfuhr Kreide, Forstprodukte, Steine und Erden sowie Kraftfahrzeuge, bei der Ausfuhr sind es mit weitem Abstand Kraftfahrzeuge. Im Binnenverkehr liegen beim Gütereingang Steine und Erden, Kreide, Mineralöle und Mineralölerzeugnisse sowie Forstprodukte vorne, beim Güterausgang sind es mit weitem Abstand Kreide und Forstprodukte – beides für die Dörpener Papierfabrik.

Mit 1,086 Millionen umgeschlagenen Kraftfahrzeugen hat der Emder Hafen 2010 das bislang beste Ergebnis von 2007 (1,083 Millionen) bereits wieder leicht übertroffen. Die Mehrzahl der verschifften Fahrzeuge stammt von Volkswagen.

Hafeninfrastruktur

Der Emder Hafen ist seewärtig durch zwei Schleusen erreichbar. Die ältere und kleinere Nesserlander Schleuse (erbaut 1883–1888) dient vornehmlich der Binnen- und Sportschifffahrt sowie der Wasserstandsregulierung im Hafen. Für die Schifffahrt ist sie allerdings wegen Baumaßnahmen seit einiger Zeit gesperrt. Bis 2013 soll die Einfahrtbreite auf 18 m und die Kammerlänge auf 180 m vergrößert werden[3]. Die Große Seeschleuse dient der See-, teils auch der Binnenschifffahrt. Mit einer Länge von 260 Metern galt sie für einige Zeit nach ihrer Fertigstellung 1913 als größte Seeschleuse ihrer Art.

Der Hafen hat eine Gesamtfläche von 730 Hektar, davon 210 Hektar Wasserfläche. Die Kailänge im Binnenhafen beträgt 7,3 Kilometer, diejenige im Außenhafen (jenseits der Seeschleusen, also unmittelbar an der Ems) beträgt 1,6 Kilometer.

Der Hafen verfügt über mehrere RoRo-Rampen, eine Container-Verladebrücke und mehrere Krane für die Verladung von Schüttgut, sowie mit dem Bahnhof Emden Außenhafen einen Personenbahnhof am Borkumkai in unmittelbarer Nähe zu den Fährschiffen der AG Ems zur Insel Borkum.

Die Verkehrszentrale Ems des Wasser- und Schifffahrtsamtes Emden an der Knock ist im Rahmen einer deutsch-niederländischen Kooperation für die Radarüberwachung der gesamten Emsmündung zuständig.

Nachfolgend die einzelnen Hafenabschnitte, teils mit Nennung von Umschlagsgütern, dort tätigen Firmen und Institutionen sowie Hafeninfrastruktur. Die Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Emspier: seit 2004, direkt an der Ems gelegen, 250 m Kailänge
  • Emskai: (RoRo) Kraftfahrzeuge (VW), Militärgüter bei Auslandseinsätzen der britischen Streitkräfte in Deutschland, Papier
  • Außenhafen: Kraftfahrzeuge, Getreide
  • Borkumkai: Fährverkehr zur Insel Borkum (Reederei AG Ems), mehrere RoRo-Brücken
  • 1. Hafenbecken: derzeit ungenutzt
  • 2. Hafenbecken: Schiffbau (Cassens-Werft), Docks und Krananlagen
  • 3. Hafenbecken: Emder Yachtservice, Serviceeinrichtungen, Krananlagen
  • Neptundock: Liegeplätze für Baufahrzeuge auf Pontons (Baufirma Gebr. Neumann)
  • Alter Binnenhafen: Sportschifffahrt (Bewirtschaftung der Liegeplätze durch Reederei AG Ems)
  • Eisenbahndock: derzeit ungenutzt, Bau von Wohnhäusern am Wasser geplant
  • Alter Liegehafen / Tonnenhof: Betriebsflächen des Wasser- und Schifffahrtsamtes Emden
  • Neuer Binnenhafen: Mehrere Steganlagen für die Sportschifffahrt, Liegeplätze für Baufahrzeuge auf Pontons (Baufirma v. d. Linde)
  • Binnenhafen/Industriehafen/Stichkanal: Schiffbau (Nordseewerke), mehrere Hellings, 400-Tonnen-Bockkran, weitere Werftkräne, Trockendock, Schwimmdock
  • Stichkanal: Baustoff- und Ölprodukteumschlag, Krananlagen
  • Borssumer Hafen: Baustoffumschlag, Krananlagen
  • Marinekai: derzeit ungenutzt
  • Ölhafen: Umschlag von Magnesiumchlorid und Flüssigkreide (Omya), Umschlaganlagen zur Flüssiggut-Verladung
  • Terminal I: (RoRo) Kraftfahrzeuge (EVAG)
  • Binnenschiffsbecken: Biomasse-Umschlag für dort liegendes Kraftwerk (E.ON, EWE AG und Stadtwerke Emden)
  • Nordkai: Containerumschlag; Umschlag von Windenergieanlagen (EPAS für den Hersteller Enercon)
  • Jarßumer Hafen: Umschlag von Windenergieanlagen (Bard Engineering), Umschlag von Türmen für Windenergieanlagen (Enercon)
  • Südkai: Baustoffe, mehrere Verladebrücken für Massengüter/Schüttgüter
  • Neuer Binnenhafen: Liegeplätze für Schlepper

Tourismus

Der Emder Hafen hat außer für den Warenumschlag auch für den Tourismus eine erhebliche Bedeutung. Zum einen legen im Außenhafen die Fähren zur Nordseeinsel Borkum ab, zum anderen bildet der Hafen für Freizeitskipper den Durchlass von buten (Hochsee) nach binnen (Binnenwasserstraßen in Ostfriesland).

Zudem werden alte und nicht mehr für den Warenumschlag genutzte Flächen für die Freizeitschifffahrt und auch für die Stadtentwicklung genutzt.

Alter Binnenhafen

Im Zuge der Förderung des Tourismus’ in Emden und der Erhöhung der Lebensqualität im Stadtzentrum wurde seit Ende der 1990er Jahre das Projekt „Alter Binnenhafen” entwickelt. Führt man sich die Größenunterschiede zwischen Hamburg und Emden (Hamburg: 1,738 Millionen Einwohner; Emden: knapp 52.000 Einwohner) vor Augen, so lässt sich dieses Projekt durchaus mit der Bedeutung der HafenCity für Hamburg vergleichen. Die inzwischen längst nicht mehr für den Warenumschlag genutzten, historischen Teile des Emder Hafens (Ratsdelft, Falderndelft, Alter Binnenhafen, Eisenbahndock) sollen dabei einer neuen Nutzung zugeführt werden.

Im Einzelnen sind folgende Maßnahmen geplant:

  • Bau von Bürogebäuden (u. a. für eine Reederei), eines Gebäudes für die Emder Stadtverwaltung sowie von Eigentumswohnungen auf der Westseite des alten Hafenteils. Mit dem Bau dieser Gebäude wurde bereits begonnen. Später soll ein Hotel hinzukommen.
  • Anlegung einer Promenade rund um den historischen Hafen, von ca. 250 Bootsliegeplätzen sowie 45 Wohnmobil-Stellplätzen.
  • Entwicklung eines neuen Stadtviertels mit Gartenhofhäusern und Steganlagen auf der Ostseite des historischen Hafens (in Planung).
  • Neue kulturelle und gastronomische Einrichtungen (in Planung).

Die bislang bekannt gewordene Investitionssumme allein für die Gebäude auf der Westseite des Binnenhafens sowie Promenade/Stell-/Liegeplätze beläuft sich auf ca. 35 Millionen Euro, davon rund acht Millionen Euro öffentliches Kapital.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Emder Hafenförderungsgesellschaft e.V. – Jahresbericht 2010, abgerufen am 27. September 2011
  2. Gesetz zur Aufhebung der Freihäfen Emden und Kiel im Bundesgesetzblatt
  3. Bilanz der deutschen Seehäfen 2010. In: Hansa, Heft 4/2011, S. 63/64, ISSN 0017-7504

Literatur

  • Ralf Witthohn: Emden - Grüner Wind. In: Deutsche Seeschifffahrt. Storck, Hamburg 2010,6, S. 28–31. ISSN 0948-9002

Weblinks

 Commons: Emder Hafen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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