- Fehlerquelle
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Ein Fehler ist eine Abweichung von einem optimalen oder normierten Zustand oder Verfahren in einem bezüglich seiner Funktionen determinierten System.
Unter einem Fehler verstand man lange Zeit die Abweichung von einer Norm. Zwischenzeitlich wurde jedoch die Definition modifiziert. Auch das Deutsche Institut für Normung (DIN) definiert Fehler nun als einen „Merkmalswert, der die vorgegebenen Forderungen nicht erfüllt“ bzw. als „Nichterfüllung einer Forderung“.
Die transdisziplinäre Fehlerdefinition von Martin Weingardt erweitert das Fehlerverständnis: „Als Fehler bezeichnet ein Subjekt angesichts einer Alternative jene Variante, die von ihm - bezogen auf einen damit korrelierenden Kontext und ein spezifisches Interesse - als so ungünstig beurteilt wird, dass sie unerwünscht erscheint.“
Inhaltsverzeichnis
Klassifikation von Fehlern
Es gibt einerseits erwartete Fehler, die bei der Planung und Implementierung eines (z. B. technischen) Systems oder der Abwicklung eines Verfahrens vorausgesehen wurden und für deren Fehlerbehandlung geeignete Maßnahmen vorgesehen sind. Die Fehlererwartung richtet sich dabei in einer großen Population nach dem Mittelwert der Abweichungen vom Sollwert.
Zu ihnen gehören auch die meisten Messfehler. Andererseits gibt es unerwartete Fehler, deren Auftreten nicht antizipiert (= vorhergesehen) wurde. Das Auftreten eines Fehlers kann von bestimmten Bedingungen, sogenannten Fehlervoraussetzungen anhängig sein, oder aber zufällig sein. Sind die Bedingungen bekannt, unter denen ein Fehler auftritt, kann er reproduziert werden. Vermeiden kann man nur Fehler mit bekannter Ursache. Die Folgen eines Fehlers sind in der Regel unerwünscht. Daher werden Fehler häufig - aber nicht ausschließlich - nach der Schwere der Fehlerauswirkungen klassifiziert. Bei Produkten ist die Abwesenheit von Fehlern ein Qualitätsmerkmal. Das Vorliegen oder Auftreten von Fehlern stellt unter Umständen einen Mangel dar. Bei Lebewesen können bestimmte physiologische Mängel rezeptive Fehler verursachen (Sehfehler, Hörfehler, Lesefehler; siehe Dyskalkulie). Andere Wahrnehmungsfehler haben kognitive Ursachen; siehe z. B. Aufmerksamkeit, Halo-Effekt, Denkfehler, Vorurteil.
Auch im Bereich von Ästhetik und Kunst erfolgen Urteile über "richtig" und "falsch". Ein in seiner Originalität einzigartiges neues Kunstwerk kann von der Norm oder den Erwartungen abweichen und in die Kritik geraten. Die Rede vom Fehler stößt in diesem Bereich jedoch vollends an seine Grenze. "Fehler" erlangen hier oft einen besonderen Reiz - von der "Blauen Mauritius" bis zum Schönheitsfleck von Cindy Crawford, von den "falschen" Farbsetzungen und Überzeichnungen moderner KünstlerInnen bis hin zu den "falschen" Tönen im Jazz. Was als Fehler bezeichnet wird und was nicht, entspringt folglich einem subjektiven Urteil.
Nicht nur in kreativen, sondern auch in innovativen Bereichen erhalten Fehler eine produktive Bedeutung: Die Entdeckung Amerikas und die Entdeckung des Penicillins erfolgten durch "Fehler". Auch Post-it, Viagra, Teflon basieren auf Fehlern. Der gezielte Umgang mit Fehlern hat darum für Unternehmen eine hohe Bedeutung. Die Ausprägung der Fehlerkultur hat darum maßgeblichen Einfluss auf die Qualität der Produkte und Dienstleistungen, aber auch auf die Innovationsfähigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit und die Produktivität des Unternehmens.
Menschliche Fehler bezeichnen das Fehlverhalten von Menschen (Unterfall: Lapsus). Verkettungen von Fehlern in einem Zusammenhang werden Fehlerkette genannt; sie können zu einem Zusammenbruch ganzer Systeme führen [1], z. B. Flugzeugabsturz oder weiträumiger Stromausfall.
Statistischer Fehler
In der Statistik wird der Begriff Fehler mehrfach gebraucht. Statistische Fehler sind: Fehler 1. und 2. Art, zufällige Fehler und Stichproben- oder Standardfehler.
Fehler in Physik und Messtechnik
- Hauptartikel: Messabweichung, Messgeräteabweichung
Als Messabweichung (früher Messfehler) wird die Abweichung zwischen der wahren Größe eines Objekts und dem durch eine Messung erhaltenen Ergebnis bezeichnet. Bei einer Messung mit einem idealen Messsystem liegt die Messgröße X unverfälscht am Eingang des Systems an und wird exakt am Ausgang als Messergebnis Y dargestellt; es folgt also der Übertragungsfunktion Y = X. Es ist jedoch grundsätzlich nicht möglich, frei von Abweichungen zu messen; die unvermeidliche Differenz Y – X ist die mathematische Darstellung der Messabweichung. Damit ist es nicht zu verantworten, einen Messwert mit Stellen anzugeben, die wegen festgestellter Messabweichungen nicht signifikant, sondern unsicher oder unrichtig sind; Rundungsregeln in DIN 1333 sind zu beachten. Zur vollständigen Darstellung eines Messergebnisses gehört daher auch die Angabe über mögliche Abweichungen (DIN 1319–1). Die Fehlerrechnung befasst sich mit quantitativen Aussagen zum Messergebnis bei zufälligen Messfehlern bei Normalverteilung.
Im Rahmen einer physikalischen/technischen Messung gibt es eine Reihe von Fehlerquellen, welche man in zwei Kategorien einteilt:
Systematische Abweichungen sind einseitig gerichtet, sie sind bei unter gleichen Bedingungen wiederholten Messungen immer wieder gleich. Im Prinzip sind sie beherrschbar und korrigierbar.
Zufällige Abweichungen schwanken im Vorzeichen und Betrag, selbst bei unter gleichen Bedingungen wiederholten Messungen. Sie sind nicht beherrschbar und nur abschätzbar.
Siehe hierzu auch Fehlergrenzen, Fehlerfortpflanzung.Angegeben wird die Messabweichung als absolute oder relative Abweichung.
- Die absolute Abweichung ist dasselbe wie die Abweichung Y - X ; sie wird in derselben Maßeinheit angegeben wie die Messgröße.
- Die relative Abweichung ist die auf die Messgröße bezogene Abweichung (Y - X) / X ; sie wird häufig in Prozent angegeben.
Technische Fehler
Fehler und ihre Folgen können auch durch Fehlfunktionen wie technische Defekte verursacht werden. In diesem Fall wird der Fehler nicht durch die Menschen verursacht, die ein System oder ein Gerät benutzen, sondern durch den Produzenten oder gar der Konstrukteur. Vielfach sind technische Fehler deshalb im weiteren Sinne wiederum auf menschliche Fehler in der Konstruktionsphase oder im Produktionsprozess zurückzuführen. Die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) versucht alle möglichen Fehler, die Fehlerfolgen und schlimmstmöglichen Fehlerverkettungen systematisch zu erkennen und zu bewerten, um entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Softwarefehler
Fehler im Zusammenhang mit Software entstehen durch
- Mangelhafte nicht aufgabenadäquate Programmspezifikation
- Mangelhafte Ergonomie (Bedienbarkeit)
- Fehlerhaften Dateninput, z. B. falsche Bedienung oder andere Anwendungsfehler: Ein Programm kann nur bei korrektem Input einen korrekten Output liefern. Neben dieser Kernfunktion, welche oft dem EVA-Prinzip folgt, muss ein robustes Programm aber auch alle voraussehbaren Fehleingaben behandeln. Dabei sollen dem Anwender sachdienliche, möglichst explizite, und für den Anwender verständliche Hinweise in Form von Fehlermeldungen gegeben werden, was er falsch macht, bzw. wo die Ursache der Fehleingabe liegt. Diese Fehlermeldungen können am Bildschirm, akustisch oder fortlaufend in einem Fehlerprotokoll erfolgen.
- Programmfehler
Spielfehler
Bei einem Spiel ist ein Fehler ein Spielzug bzw. eine Handlung, die normalerweise einen Verlust bzw. eine Minderung des Gewinns verursacht. Ein Fehler kann spielentscheidend sein, aber oft auch durch andere Handlungen ausgeglichen werden. Savielly Tartakower: „Die Fehler sind alle da, sie müssen nur noch gemacht werden.“
Recht
Im Recht gibt es zum Einen Fehler in der Rechtsetzung (z. B sogenannte Gesetzeslücken oder Rechtsfehler) und der Rechtsanwendung, z. B Verfahrensfehler. In seiner Schutzfunktion befasst sich das Recht mit Fehlern, die eine Gefährdung von Gesundheit oder Eigentum bilden, Fehlern, die den ordnungsgemäßen Gebrauch verhindern und anderen. Je nach Gefährdungspotential bestehen unterschiedliche Rechtsnormen welche die Beweislast dem Schädiger oder dem Geschädigten auferlegen. Fehler führen in der Regel zu Schäden, deshalb sind Fragen der Schadenvermeidung, der Schadenabwehr und der Haftung von Bedeutung. siehe auch: Haftpflicht, Produkthaftung, Mangel, Vertragsrecht
Controlling
Im Controlling unterscheidet man bei der Analyse von Abweichungsursachen drei Fehlerarten
- Planungsfehler; hier wird die Umweltsituation falsch beschrieben. Dies kann durch falsche Annahmen von Marktentwicklungen, falsche Annahmen über Kosten- oder Ertragsfunktionen oder ähnliches beruhen
- Realisationsfehler; dies kann durch unbeabsichtigtes Fehlverhalten aber auch durch beabsichtigtes (Prinzipal-Agent-Theorie) entstehen
- Auswertungsfehler; durch Messfehler, Fehlbuchungen, falsche Interpretationen oder ähnlich verursachte Fehler
Die dadurch erzeugten Mehrkosten heißen Fehlerkosten.
Denk-, Planungs- und Handlungsfehler
In der Psychologie und Handlungstheorie unterscheidet man Denk-, Planungs- und Handlungsfehler. Sie dienen als Grundlage zur Erklärung von menschlichen Fehlern in technischen und sozialen Systemen. Das bekannteste Beispiel dieser Fehlerform ist der Konstruktionsfehler. Dies kann auch auf Softwareentwickler zutreffen.
Informationsübertragungsfehler
- Die Fehlerlinguistik untersucht Fehler beim Sprechen und Lesen.
- Die digitale Datenübertragung verwendet Fehlerkorrekturverfahren.
- Bei der Weitergabe der Erbinformation bei der Zellteilung kann die Funktion der Zelle und eines Organismus leiden, sich aber auch verbessern.
Siehe auch
- Absichtlicher Fehler
- Rechtschreibfehler, Fauxpas, Irrtum, Makel
- Beschwerdemanagement
- Mean Time Between Failures (MTBF)
- Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA)
- Fehlerspeicher, Fehlerdiagnose
- Fehlerkultur
Literatur
- Althof, Wolfgang (Hg.): Fehlerwelten. Vom Fehlermachen und Lernen aus Fehlern, Opladen 1999
- Peter Helling, Bernhard Spengler, Thomas Springer: Fehler richtig geplant, Vbt Verlag Bau U. Technik, 1987, ISBN 3-764-00232-8
- Schüttelkopf, Elke M.: Fehlerkultur. Zu Begriff, Bedeutung und Bewertung der organisationalen Fehlerkultur, Wien 2006
- Weingardt, Martin: Fehler zeichnen uns aus. Transdisziplinäre Grundlagen zur Theorie und Produktivität des Fehlers in Schule und Arbeitswelt, Bad Heilbrunn 2004
- Ulrich Frey: Der blinde Fleck: Kognitive Fehler in der Wissenschaft und ihre evolutionsbiologischen Grundlagen. Heusenstamm, Ontos 2007. ISBN 978-3-938793-51-0
Weblinks
Fußnoten
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