Finsterbergen

Finsterbergen
Finsterbergen
Wappen von Finsterbergen
Koordinaten: 50° 50′ N, 10° 35′ O50.83444444444410.589166666667495Koordinaten: 50° 50′ 4″ N, 10° 35′ 21″ O
Höhe: 495 m ü. NN
Fläche: 7,57 km²
Einwohner: 1.426 (31. Dez. 2006)
Eingemeindung: 1. Dez. 2007
Postleitzahl: 99894
Vorwahl: 03623
Blick über die Ortslage zur Kirche

Finsterbergen ist ein Ortsteil der Stadt Friedrichroda im thüringischen Landkreis Gotha am Nordhang des Thüringer Waldes. Der staatlich anerkannte heilklimatische Kurort besitzt etwa 1500 Einwohner und hat eine Fläche von 7,5 km².

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Finsterbergen im Jahre 1141 als Vorwerk des Klosters Reinhardsbrunn. Der Ort entstand als Siedlungskern um den Dorfteich. Nachfahren der ersten Siedler sind in den heute stark vertretenen Namen wie Oschmann, Faulstich, Frank, Gessert, Hildebrandt, Pfauch und Ortlepp zu vermuten.[1] Finsterbergen gehörte zum Herrschaftsbereich des Grafen Ludwig des Bärtigen, der auf der Schauenburg bei Friedrichroda residierte. Im Jahre 1114 kaufte das im Jahre 1086 gegründete Kloster Reinhardsbrunn große Teile Landes aus dem Besitz Ludwigs für 40 Mark Silber. Damit wurde Finsterbergen ein Klosterdorf.

Seit dem 15. Jahrhundert erfuhr der Kupfererz- und Silberbergbau im Thüringer Wald eine starke Förderung durch die wettinischen Landesherren. Systematisch wurde selbst in Schluchten und entlegenen Bergtälern nach Erzadern "gemutet". Auch im Quellgebiet der Leina, unweit des Brandleiteteiches kann ein solcher Bergwerksversuch bestätigt werden. Das Bergwerk umfasste zwei heute verschüttete Stollen, davon kaum 200 Meter entfernt am Bachufer ein mit hölzernen Wasserädern betriebenes Pochwerk zum Zerkleinern der Erze sowie diesem unmittelbar benachbart ein zugehöriger Schmelzofen mit Schlackenhalde sowie Wassergräben und Stauteiche zum Betrieb der Wasserräder.[2]

Im Zuge des Bauernkriegs 1525 erhoben sich die Bauern gegen die Klöster und zerstörten unter anderen auch das Kloster Reinhardsbrunn. Herzog Johann der Beständige erklärte das Vermögen des zerstörten Klosters für fürstliches Eigentum, gründete Rentämter und baute eine neue Verwaltung in den Gebieten auf.

In den letzten Jahren der Weimarer Republik trafen sich hier evangelische Pfarrer, die in Opposition zur deutsch-christlichen Bewegung in der Thüringer Kirche standen und gründeten den Finsterbergener Arbeitskreis, der später im Wittenberger Bund aufging und sich der Bekennenden Kirche anschloss.

Ab 1934 war das Haus "Felsenstein" Sitz des Landesbauernrates Thüringen, einer Unterorganisation des Reichsbauernrates innerhalb des Reichsnährstandes. Eigentümerin war die Stiftung "Thüringer Bauerndank Finsterbergen". Hier fanden mindestens 6 Landesbauerntage (bis Dezember 1938) unter dem Vorsitz des Landesbauernführers Rudi Peuckert und des Geschäftsführers des Landesbauernrates Dr. Fr. Gareiß statt, sowie vom 27. Februar - 1. März 1939 die Tagung der Sprecher, der Vorsitzenden der Ehrenräte und der Geschäftsführer aller deutschen Landesbauernräte.[3] Während des Zweiten Weltkrieges mussten zehn Kriegsgefangene aus Frankreich und Belgien im Sägewerk Frank und bei Firma Gessert und Serben bei der Firma Rodius Schmedding & Co. Zwangsarbeit leisten. Zwölf Zwangsarbeiter aus Polen und der Sowjetunion wurden im Sägewerk und im Fuhrgeschäft Heinrich Oschmann & Söhne eingesetzt.[4]

Heiligabend 1982 wurde aus Finsterbergen durch Vermittlung von Horst Kurt Greim erstmals ein Fernsehgottesdienst des ZDF aus der DDR übertragen, was als historisches Zeichen der Verbundenheit von Ost und West aufgenommen wurde.

Am 1. Dezember 2007 wurde Finsterbergen nach Friedrichroda eingemeindet.[5] In diesem Zusammenhang wurden viele Straßen umbenannt um Namensdopplungen mit Straßen in Friedrichroda zu vermeiden.

Gedenkstätten

In einem Waldstück nahe dem Vierpfennighaus erinnern ein Massengrab und mehrere Einzelgräber an 20 Wehrmachtssoldaten, die am Ende des Zweiten Weltkriegs von SS-Männern erschossen wurden, weil sie sich freiwillig in Kriegsgefangenschaft begeben wollten.

Wirtschaft und Infrastruktur

Die Bewohner Finsterbergens waren noch im 19. Jahrhundert landesweit bekannt als Fuhrleute. Als mit dem Ausbau der Eisenbahn zunehmend das Fuhrmannswesen verdrängt wurde, fertigten zahlreiche Familien Puppenteile in Heimarbeit.

Mit der Entwicklung des Fremdenverkehrs begann auch in Finsterbergen ein gewisser wirtschaftlicher Aufschwung. Es existiert ein schriftlicher Nachweis aus dem Jahre 1888 über den Besuch des ersten Feriengastes im Ort. Heute ist Finsterbergen ein vielbesuchter Erholungsort und besitzt auch ein kleines Heimatmuseum, einige Pensionen, drei große Hotels, einen Reiterhof und ein Schwimmbad. Direkt im Ortskern an der Rennsteigstraße trifft man auf die Hotels Zur Tanne und Zur Linde. Das 1873 auf der Anhöhe des Dinsterbergs errichtete Kurhaus Felsenstein wurde 1972 abgerissen, und an gleicher Stelle bis 1976 das FDGB-Ferienheim „Wilhelm Pieck“ errichtet. Nach der Wende wurde dieses modernisiert und wechselte mehrfach den Eigentümer und seinen Namen. Seit 2002 trägt es den Namen Tannhäuser Hotel Rennsteigblick. Im Talgrund der Leina war die Kraft des Gebirgsbaches Anlass für den Bau mehrerer Hammerwerke und Sägemühlen, diese gingen in moderne Betriebe auf - eine Tischlerei, ein Sägewerk und ein Bus- und Fuhrunternehmen sitzen heute vor Ort.

Die barocke Kirche stammt aus dem Jahr 1730. Seit 1926 existiert in Finsterbergen eine eigenständige evangelische Kirchengemeinde, sie war zuvor mit Altenbegen verbunden.

Verkehr

Drei Kilometer nordöstlich von Finsterbergen verläuft die Bundesstraße 88 EisenachIlmenau. Die nächste Autobahnanschlussstelle ist Gotha-Boxberg, etwa 14 km nördlich gelegen.

Die Buslinien 844, 845 und 852 der Regionalen Verkehrsgemeinschaft Gotha verbinden Finsterbergen vor allem mit Friedrichroda (Entfernung: 7 km) und der Kreisstadt Gotha (Entfernung: ca. 20 km).

Der nächste Regional- und Straßenbahnanschluss besteht am Bahnhof Friedrichroda, der nächste Fernbahnhof ist Gotha an der Thüringer Bahn.

Sehenswürdigkeiten

  • Ein Gedenkstein erinnert an die Tradition der jährlichen Sängertreffen. Besonders im oberen Ortsteil trifft man auf einige frisch renovierte Pensionsgebäude aus der Gründerzeit um 1900.
  • Im Ortsbild begegnet man an mehreren Plätzen alten Brunnenbecken. Die Wasserversorgung war für die Bewohner besonders im Winter problematisch.
  • Im Leinagrund unterhalb des Ortes befindet sich eine sehenswerte Brücke aus dem Jahr 1857.
  • Die Dreifaltigkeitskirche in Finsterbergen stammt aus dem Jahre 1662. Siehe → Hauptartikel

Bilder des Ortes

Weblinks

 Commons: Finsterbergen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. In der Geschichte des Herzogtums Gotha aus dem Jahr 1753 steht auf Seite 146 vermerkt: „Unten an diesem Berge liegt das Dorf Finsterbergen; ... so ist es doch ein sehr altes Dorf. Wenigstens wird es in dem oben Cap. II § 5 not. angeführten Diplomate Marcolfi Anno 1141 bereits viculus Disterberc oder das Dörflein Disterberc genennet.“
  2. Herbert Mehnert: Auf den Spuren eines alten Schmelzwerkes am Brandleiteteich bei Finsterbergen. In: Kulturbund, Kreisverband Gotha (Hrsg.): Der Friedenstein. Aprilheft, Gotha 1957, S. 61-62.
  3. Bundesarchiv Berlin (BArch), R 16 I, Nr. 2126.
  4. Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten, Studienkreis deutscher Widerstand 1933–1945 (Hrsg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933–1945. Reihe: Heimatgeschichtliche Wegweiser Bd. 8 Thüringen. Erfurt 2003, S. 84, ISBN 3-88864-343-0
  5. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2007

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