- Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen
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Karte Basisdaten Fläche: 12.000 km² Letzter leitender Geistlicher: Landesbischof
Christoph KählerMitgliedschaften: VELKD, LWB, EKD Aufsichtsbezirke: 3 Superintendenturen: 18 Kirchengemeinden: 1.308 Gemeindeglieder: 440.629 (31. Dezember 2006[1]
Anteil an der
Gesamtbevölkerung:ca. 27,0 % ehemalige Anschrift: Dr.-Moritz-Mitzenheim-Str. 2a.
99817 EisenachOffizielle Website: www.ekmd-online.de Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen (abgekürzt ELKTh) war bis 2008 eine von 23 Gliedkirchen (Landeskirchen) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Kirche mit Sitz in Eisenach hatte 2006 ca. 441.000 Gemeindeglieder in 1.308 Kirchengemeinden. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen war Mitglied der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa.
Am 1. Januar 2009 vereinigten sich die Thüringische Landeskirche und die Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.
Inhaltsverzeichnis
Gebiet der Landeskirche
Das Gebiet der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen umfasste große Teile des heutigen Bundeslandes Thüringen und entsprach in seinen Grenzen dem 1920 gegründeten Land Thüringen (1920–1952), bis auf die Superintendentur Ostheim vor der Rhön, die 1972 der Landeskirche Bayern eingegliedert wurde. Die übrigen ehemals preußischen Teile Thüringens gehörten zur Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, das ehemals zu Hessen-Nassau gehörige Gebiet um Schmalkalden zur Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck.
Geschichte
Die „Thüringer Evangelische Kirche” (so der ursprüngliche Name der Kirche) entstand 1918. Nach der Aufhebung der Monarchie beschlossen am 15. November 1918 führende Kirchenmänner in den thüringischen Kleinstaaten eine einheitliche Organisation des thüringischen Kirchenwesens. Am 5. Dezember 1919 tagte eine erste Synode und beschloss den Zusammenschluss von sieben eigenständigen Landeskirchen zu einer einheitlichen Landeskirche. Dies geschah noch vor der Gründung des Landes Thüringen (1920). Die sieben Landeskirchen waren:
- die Evangelisch-Lutherische Kirche des Großherzogtums Sachsen (von 1815 bis 1903 hieß das Land „Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach”)
- die Evangelisch-Lutherische Kirche des Herzogtums Sachsen-Gotha (das mit Sachsen-Gotha vereinigte Herzogtum Sachsen-Coburg schloss sich nicht der neuen Landeskirche an, sondern trat 1921 der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern bei)
- die Evangelisch-Lutherische Kirche des Herzogtums Sachsen-Altenburg
- die Evangelisch-Lutherische Kirche des Herzogtums Sachsen-Meiningen
- die Evangelisch-Lutherische Kirche des Fürstentums Reuß jüngere Linie
- die Evangelisch-Lutherische Kirche des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt
- die Evangelisch-Lutherische Kirche des Fürstentums Schwarzburg-Sondershausen.
Am 13. Februar 1920 wurde die Thüringer Evangelische Kirche dann formell errichtet. Das Land Thüringen wurde erst drei Monate später am 1. Mai 1920 formell gegründet. Für die neue Landeskirche wurde in Eisenach ein Landeskirchenamt eingerichtet, und 1924 erhielt die neue Kirche eine Verfassung.
Am 1. April 1921 bezog der Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen seinen Sitz in der schlossartigen Villa der Industriellenfamilie Eichel-Streiber auf dem Pflugensberg.
1934 schloss sich die Evangelisch-Lutherische Kirche des ehemaligen Fürstentums Reuß ältere Linie als achte Landeskirche der Thüringer Evangelischen Kirche an, die damit ihren heutigen Umfang erreichte.
Zwischen 1933 und 1945 wurde die Thüringer Kirche von der Fraktion der Deutschen Christen (DC) regiert. Unter ihrer Ägide wurden SPD-Anhänger unter den Pfarrern kirchenamtlich verfolgt, Pfarrer mit jüdischer Herkunft wurden ihres Amtes beraubt, ebenso Anhänger der Bekennenden Kirche. Im Jahre 1945 wurde der letzte DC-Landesbischof von den US-Militärbehörden verhaftet und danach ein kirchlich-organisatorischer Neubeginn gesetzt mit Vertretern der Lutherischen Bekenntnisgemeinschaft, der Religiösen Sozialisten und des Wittenberger Bundes.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt die Landeskirche 1948 eine neue Verfassung. Danach nannte sie sich „Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen”. Die Kirche trat der EKD bei und war Gründungsmitglied der VELKD.
Bischöfe der einzelnen Kirchen waren bis 1918 die jeweiligen Fürsten bzw. Herzöge als „Summus episcopus”. Nach Bildung der einheitlichen Landeskirche 1920 übernahm ein Landesoberpfarrer die Leitung der Kirche. Dieser führt seit 1933 den Titel Landesbischof (1943–1945 Kirchenpräsident).
Seit dem 1. Juli 2004 bildeten die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen die Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland (EKM), die zu einer Kirchenfusion zum 1. Januar 2009 führte.
Leitung der Landeskirche
An der Spitze der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen stand der Landesbischof (bis 1933 Landesoberpfarrer). Er wurde von der Landessynode auf Lebenszeit gewählt und war Vorsitzender des Landeskirchenrates (Kirchenleitung), der Landessynode und des Superintendentenkonvents.
Landesoberpfarrer, Landesbischöfe und Kirchenpräsidenten seit 1920
- 1920–1934: Wilhelm Reichardt, Landesoberpfarrer, ab 1933 Landesbischof
- 1934–1942: Martin Sasse, Landesbischof
- 1943–1945: Hugo Rönck, Kirchenpräsident
- 1945–1970: Moritz Mitzenheim, Landesbischof
- 1970–1978: Ingo Braecklein, Landesbischof
- 1978–1992: Werner Leich, Landesbischof
- 1992–2001: Roland Hoffmann, Landesbischof
- 2001–2008: Christoph Kähler, Landesbischof
Landessynode
Als „Parlament” hatte die Landeskirche eine Landessynode. Deren Mitglieder, die Synodalen, wurden auf sechs Jahre gewählt bzw. berufen; fast die Hälfte von ihnen wurden von den Kreissynoden gewählt. Die Aufgabe der Synode war ähnlich wie die von politischen Parlamenten. Sie tagte in der Regel zweimal jährlich. Vorsitzender der Landessynode war der Landesbischof. Aus der Mitte der Synode wurde der Präsident der Landessynode als Stellvertreter des Landesbischofs gewählt. Er durfte kein Theologe sein. Ebenso aus der Mitte der Landessynode wurden die Stellvertreter des Präsidenten gewählt. Sie alle zusammen bildeten das Präsidium der Landessynode, das die Geschäfte der Landessynode führte.
Verwaltung der Landeskirche
Landeskirchenamt und Verwaltungshierarchie
Als oberste Verwaltungsbehörde der Landeskirche bestand in Eisenach ein Landeskirchenamt. Hier hatte der Landeskirchenrat, das Leitungsgremium der Landeskirche, seinen Sitz. Dieses vertrat die Landeskirche nach außen und führte die Beschlüsse der Landessynode aus.
Dem Landeskirchenrat gehörten der Landesbischof als Vorsitzender sowie weitere theologische und zwei juristische Mitglieder an. Sie alle wurden von der Landessynode gewählt, deren Mitglieder sie auch waren. Drei der Mitglieder des Landeskirchenrates waren darüber hinaus Visitator in einem der drei Aufsichtsbezirke der Landeskirche.
In der Verwaltungshierarchie war die Landeskirche von unten nach oben wie folgt aufgebaut:
An der Basis standen die Kirchengemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit gewählten Gemeindekirchenräten. Die Mitglieder dieser Gremien hießen Kirchenälteste.
Mehrere Kirchengemeinden bildeten zusammen eine Superintendentur, an dessen Spitze ein Superintendent stand. Die Superintendenturen hatten als Gremium die Kreissynode mit einem Präsidium der Kreissynode. Die Mitglieder der Kreissynode wurden von den jeweiligen Gemeindekirchenräten gewählt.
Mehrere Superintendenturen bildeten zusammen einen Aufsichtsbezirk, der von einem Oberkirchenrat als Visitator geleitet wurde. In jedem Aufsichtsbezirk bestand ein Kreiskirchenamt.
Die drei Aufsichtsbezirke bildeten zusammen die Landeskirche.
Aufsichtsbezirke und Superintendenturen
Siehe auch: Struktur der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen
Früher gliederte sich die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen in 40 Superintendenturen:
Altenburg, Apolda, Arnstadt, Bad Frankenhausen, Bad Salzungen, Buttstädt, Camburg, Dermstadt, Ebeleben, Eisenach, Eisenberg, Eisfeld, Friedrichroda, Gera, Gerstungen, Gotha, Greiz (seit 1934, zuvor eigenständige Landeskirche), Hildburghausen, Ilmenau, Jena, Kahla, Königsee, Lobenstein, Meiningen, Meuselwitz, Neustadt/Orla, Ohrdruf, Pößneck, Rudolstadt, Saalfeld, Schleiz, Schmölln, Sondershausen, Sonneberg, Sonneborn, Stadtroda, Vacha, Vieselbach, Weida und Weimar.
Durch die innerdeutsche Grenzziehung gehörte bis 1991 auch Schmalkalden als 41. Superintendentur zur thüringischen Landeskirche. Dieses Gebiet gehörte jedoch früher als Exklave zur Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (Sitz in Kassel), der es nach der Wende wieder angeschlossen wurde.
Im Rahmen einer Strukturreform wurde die Zahl der Superintendenturen auf 18 reduziert.
- Aufsichtsbezirk Süd mit dem Kreiskirchenamt in Meiningen
- Arnstadt-Ilmenau
- Bad Salzungen-Dermbach
- Hildburghausen-Eisfeld
- Meiningen
- Rudolstadt-Saalfeld
- Sonneberg
- Aufsichtsbezirk Ost mit dem Kreiskirchenamt in Gera
- Altenburger Land
- Eisenberg
- Gera
- Greiz
- Jena
- Schleiz
- Aufsichtsbezirk West mit dem Kreiskirchenamt in Gotha
- Apolda-Buttstätt
- Bad Frankenhausen-Sondershausen (die nördlichen Exklaven)
- Eisenach-Gerstungen
- Gotha
- Waltershausen-Ohrdruf
- Weimar
Kirchengemeinden
Die 18 Superintendenturen waren in 1.369 Kirchengemeinden unterteilt.
Gesangbücher
Die Gemeinden der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen sangen vor 1918 aus einer Vielzahl von Gesangbüchern. Jede Landeskirche hatte eigene, manche sogar mehrere Gesangbücher im Gebrauch.
Nach Gründung der einheitlichen Landeskirche wurde 1929 auch ein gemeinsames Gesangbuch eingeführt. Die Gemeindeglieder in Thüringen sangen daher seit 1930 aus folgenden Gesangbüchern:
- Thüringer evangelisches Gesangbuch, herausgegeben und verlegt von der Thüringer evangelischen Kirche, eingeführt 1929
- Evangelisches Kirchengesangbuch – Ausgabe für die Evang.-Lutherische Kirche in Thüringen, eingeführt aufgrund des Beschlusses der Synode der Evang.-Luth. Kirche in Thüringen vom 5. Mai 1950
- Evangelisches Kirchengesangbuch – Ausgabe für die Evang.-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs, Evang.-Luth.Landeskirche Sachsens, Evang.-Lutherische Kirche in Thüringen, eingeführt in allen lutherischen Kirchen der DDR 1975
- Evangelisches Gesangbuch – Ausgabe für die Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Bayern und Thüringen, eingeführt am 1. Advent 1994
Literatur
- Erich Stegmann: Der Kirchenkampf in der Thüringer Evangelischen Kirche 1933–1945; Berlin 1984
- Thomas A. Seidel (Hrsg.): Thüringer Gratwanderungen. Beiträge zur fünfundsiebzigjährigen Geschichte der evangelischen Landeskirche Thüringens. In: Herbergen der Christenheit. Jahrbuch für deutsche Kirchengeschichte, Sonderband 3, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 1998; ISBN 3-374-01699-5
- Reiner Andreas Neuschäfer, Hanne Leewe (Hrsg.): Zeit-Räume für Religion. Fünfzehn Jahre Religionsunterricht in Thüringen. Jena 2006 (RPD; Bd. 3)
Siehe auch
- Die Thüringer evangelische Kirche und die Thüringer Juden
Weblinks
Quellen
Gliedkirchen der VELKDBayern | Braunschweig | Hannover | Mecklenburg | Mitteldeutschland | Nordelbien | Sachsen | Schaumburg-Lippe
Gaststatus: Oldenburg | Württemberg
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