Fluctine

Fluctine
Strukturformel
Strukturformel von Fluoxetin


(R)-Form (oben) und (S)-Form (unten)

Allgemeines
Freiname Fluoxetin
Andere Namen
  • IUPAC: (RS)-N-Methyl-3- phenyl-3-(4-trifluormethyl phenoxy)propylamin
  • Latein: Fluoxetinum
Summenformel C17H18F3NO
CAS-Nummer
PubChem 3386
ATC-Code

N06AB03

DrugBank APRD00530
Kurzbeschreibung weißes bis fast weißes, kristallines Pulver (Hydrochlorid) [1]
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Antidepressivum

Wirkmechanismus

Serotonin-Wiederaufnahmehemmer

Fertigpräparate
  • Fluctine® (CH, D)
  • Fluox BASICS® (D)
  • Floccin® (A)
  • Mutan® (A)
Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse 309,33 g·mol−1
Schmelzpunkt
  • Oxalat: 179–182 °C [1]
  • Hydrochlorid: 158,4–158,9 °C[1]
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [2]

Xn
Gesundheits-
schädlich
Fluoxetin·Hydrochlorid
R- und S-Sätze R: 22-38-41
S: 26-36/37/39
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
LD50
WGK 3 (stark wassergefährdend) [2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Fluoxetin ist ein gegen Depressionen eingesetzter Arzneistoff (Antidepressivum) der Klasse der Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). 1975 wurde dem Pharmakonzern Lilly ein Patent für Fluoxetin erteilt. Es war der erste Arzneistoff der neuen Antidepressiva-Generation der SSRI und sorgte daher in den ersten Jahren nach seiner Markteinführung (USA 1988 / Deutschland 1990[4] [5]) für Aufmerksamkeit. Seither gab es über 54 Millionen Verschreibungen. Fluoxetin ist unter anderem in den Präparaten Fluctin®, Fluxet® (Deutschland), Fluctine® (Schweiz, Österreich) und Prozac® (USA, Großbritannien) enthalten.

Inhaltsverzeichnis

Pharmakologie

Indikationen

Fluoxetin wird zur Behandlung von Depressionen, Zwangsstörungen und Bulimie – als Ergänzung zu einer Psychotherapie zur Reduktion von Essattacken und selbstinduziertem Erbrechen – eingesetzt. Die Dosis sollte innerhalb von drei bis vier Wochen nach Behandlungsbeginn und danach, wenn es klinisch angezeigt ist, überprüft und, falls erforderlich, angepasst werden.[6]

Wirkungsmechanismus

Neben der Hauptwirkung, der Hemmung der Aufnahme von Serotonin aus dem synaptischen Spalt, besitzt Fluoxetin direkte Wirkungen an den Serotonin-Rezeptoren 5-HT2C des Zentralnervensystems. In hohen Dosen kann Fluoxetin auch die Noradrenalin-Wiederaufnahme hemmen. Seine hemmende Wirkung auf Arzneistoff abbauende Enzymsysteme, wie CYP 2D6 und CYP 3A4, wird mit zahlreichen Arzneimittelwechselwirkungen in Verbindung gebracht. Fluoxetin hat eine relativ lange Halbwertszeit von etwa 4–6 Tagen und sein aktiver Metabolit (Norfluoxetin) etwa 4–16 Tage. Dadurch verbleibt nach dem Absetzen noch über mehrere Wochen wirksame Substanz im Körper, die bei Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln berücksichtigt werden muss. Seit einiger Zeit ist in den USA Prozac weekly auf dem Markt, das 90 mg statt 20 mg Fluoxetin enthält, so dass Prozac weekly nur einmal in der Woche eingenommen werden muss. Absetzerscheinungen sind so jedoch auch relativ selten im Vergleich zu anderen SSRIs wie Paroxetin.

Wechselwirkungen

Fluoxetin sollte nicht zusammen mit Johanniskraut angewendet werden, weil es zu einer Zunahme von serotonergen Wirkungen und einem sog. Serotoninsyndrom kommen kann.[6] Fluoxetin kann die Plasmakonzentration von Carbamazepin erhöhen, was zu unerwünschten Wirkungen führen kann.[7] Alprazolam soll zusammen mit Fluoxetin nur mit Vorsicht angewendet werden.[8] Fluoxetin verlangsamt den Abbau von Diazepam.[9]

Chemie

Stereochemie

Fluoxetin ist ein chiraler Arzneistoff mit einem Stereozentrum. Das wirksame Isomer (Eutomer) ist das (R)-Fluoxetin. Therapeutisch wird das Racemat, die 1:1-Mischung des (S)- und des (R)-Isomeren, eingesetzt.

(R)-Form (oben) und (S)-Form (unten)

Synthese

Es sind mehrere vielstufige Synthesen für Fluoxetin (Racemat) sowie die gezielte Gewinnung von (R)- bzw. (S)-Fluxocetin in der Literatur beschrieben[10].

Die zuerst beschriebene Synthese ausgehend von β-Dimethylaminopropiophenon und p-Trifluormethylphenol führt zu razemischen Fluoxetin[11]. Dabei wird β-Dimethylaminopropiophenon mit Diboran reduziert und mit Thionylchlorid zu N,N-Dimethyl-3-Chlor-3-Phenylpropylamin und anschließend mit p-Trifluormethylphenol zu N,N-Dimethyl-3-(4-Trifluormethylphenoxy)-3-Phenylpropylamin umgesetzt. Dieses Reaktionsprodukt wird mit N-Methylcyanamid in einer von-Braun-Reaktion zu N-Methyl-N-Cyano-3-(4-Trifluormethylphenoxy)-3-Phenylpropylamin umgesetzt. Die so eingefügte Cyanamidgruppe wird in einem stark alkalischen Medium verseift, wobei das Reaktionsprodukt Fluoxetin entsteht.

Geschichte

Fluoxetin wurde von Lilly entwickelt und 1987 als der weltweit angeblich erste SSRI am Markt eingeführt. Diese Behauptung wurde später zurückgenommen, da tatsächlich Zimelidin der erste SSRI auf dem Markt war.[12] Der Hersteller erwirtschaftete damit große Umsätze, starke Verbreitung findet es unter anderem in den USA und in Großbritannien. In den USA wird die Zahl der Prozac-Konsumenten auf 20 Millionen geschätzt. Es wurde dort nach der Einführung 1987 als Wundermittel gefeiert und galt wegen seiner antriebssteigernden Wirkung als Yuppie-Droge.

Einzelnachweise

  1. a b c The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 716, ISBN 978-0-911910-00-1.
  2. a b Datenblatt für Fluoxetine hydrochloride – Sigma-Aldrich 01.01.2008
  3. a b Fluoxetin bei ChemIDplus
  4. http://www.epsy.de/psychopharmaka/zeittafel.htm
  5. http://www.taz.de/pt/2007/01/12/a0259.1/text taz-Gespräch 11.01.2007 mit John Rengen über Werbemethoden in Zusammenhang mit Fluoxetin
  6. a b Deutsche Fachinformation: Fluctin; Stand: November 2007
  7. Fachinformation des Arzneimittel-Kompendium der Schweiz: Carsol® CR; Stand der Informationen: Januar 2004.
  8. Fachinformation des Arzneimittel-Kompendium der Schweiz: Xanax, Stand: Dezember 2004
  9. Fachinformation des Arzneimittel-Kompendium der Schweiz: Paceum®, Stand der Informationen: Februar 2006
  10. Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernd Kutscher und Dietmar Reichert: Pharmaceutical Substances, 4. Auflage (2000), 2 Bände erschienen im Thieme-Verlag Stuttgart, S. 899-902 ISBN 978-1-58890-031-9; seit 2003 online mit halbjährlichen Ergänzungen und Aktualisierungen.
  11. Molloy B., Schmiegel K. (1982). Arloxyphenylpropylamines. United States Patent 4314081.
  12. Carlsson A, Wong DT: A note on the discovery of selective serotonin reuptake inhibitors. In: Life Sci. 61, Nr. 12, 1997, S. 1203. doi:10.1016/S0024-3205(97)00662-0. PMID 9315511

Literatur

  • Peter D. Kramer: Glück auf Rezept: Der unheimliche Erfolg der Glückspille Fluctin. Kösel, München 1995, ISBN 3-466-30381-8

Weblinks

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