Friedrich Wöhler

Friedrich Wöhler
Friedrich Wöhler, Lithographie von Rudolf Hoffmann, 1856
Friedrich Wöhler, Stich

Friedrich Wöhler (* 31. Juli 1800 in Eschersheim (heute Frankfurt am Main); † 23. September 1882 in Göttingen) war ein deutscher Chemiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wöhler wurde am 31. Juli 1800 als Sohn des Tierarztes, Agrarwissenschaftlers und Pädagogen August Anton Wöhler in Eschersheim (heute Frankfurt am Main - Eschersheim) geboren.

Ab 1820 studierte er Medizin in Marburg, ab 1821 in Heidelberg Medizin und Chemie, letztere bei Leopold Gmelin. 1823 promovierte er in Heidelberg zum Dr. med. Da sein Interesse an der Chemie überwog, lernte er anschließend ein Jahr lang analytische Chemie bei Jöns Jakob Berzelius in Stockholm, dessen "Lehrbuch der Thier-Chemie" er ins Deutsche übersetzte (Dresden 1831).

Von 1825 bis 1831 war er Lehrer an der Gewerbeschule in Berlin, ab 1828 mit dem Titel eines Professors. Von 1831 bis 1836 war er Professor an der Höheren Gewerbeschule (Polytechnikum) in Kassel. Nach dem Tod von Friedrich Stromeyer 1835 wurde Wöhler 1836 dessen Nachfolger und wirkte bis zu seinem Tod 1882 als ordentlicher Professor der Medizin, Chemie und Pharmazie an der Universität Göttingen. Seit dem 31. Juli 1857 ist er Ehrenbürger von Göttingen.

Leistungen

Friedrich-Wöhler-Denkmal, Göttingen

Wöhler gilt als Pionier der organischen Chemie wegen seiner Synthese von Oxalsäure durch Hydrolyse von Dicyan 1824[1] und von Harnstoff aus Ammoniumcyanat im Jahre 1828. Diese Synthesen eröffneten das Feld der Biochemie, da zum ersten Mal Stoffe, die bisher nur von lebenden Organismen bekannt waren, aus „unbelebter“ Materie künstlich erzeugt werden konnten. Diese in vitro-Synthesen wurden zunächst von den Chemikern kaum wahrgenommen, da die Zeit dafür noch nicht reif war. Mit zunehmendem Erfolg der Chemiker auf dem Gebiet der organischen Synthesechemie sah man aber Wöhlers Synthese immer mehr als Beginn dieses Zweiges der Chemie an, womit sich rund um die Harnstoffsynthese geradezu ein "Schöpfungsmythos" der organischen Chemie entwickelte, der bis heute in vielen Chemielehrbüchern, aber auch historischen Darstellungen zu finden ist. Die damit verbundene These, Wöhler habe mit seiner Synthese die Theorie des Vitalismus widerlegt, also die Anschauung, dass eine transzendente Lebenskraft (vis vitalis) zur Erzeugung organischer Stoffe unabdingbar sei, trifft jedoch nicht zu. Richtig ist vielmehr dass mit der Harnstoffsynthese der Anstoß für weitere Untersuchungen gegeben wurde und so das Konzept der Lebenskraft für die Chemie zusehends bedeutungslos wurde. Die Oxalsäuresynthese fand lange überhaupt keine Beachtung.

Schon ein Jahr zuvor, 1827, hatte er eine Reduktionsmethode entwickelt zur Herstellung von reinem Aluminium; mit dem gleichen Verfahren gelang ihm 1828 die Isolierung von Beryllium und Yttrium, sowie 1856 die Darstellung von kristallinem Silicium.

Zusammen mit seinem Freund Justus Liebig in Gießen begründete Wöhler um 1830 die Radikaltheorie, mit der die große Vielfalt organisch-chemischer Verbindungen erstmals systematisch erklärt werden konnte.

Wöhler ist auch bekannt als Entdecker der Synthese von Calciumcarbid (1862, entdeckte auch die Synthese von Ethin daraus), von Benzoesäure aus Benzaldehyd und von Hydrochinon aus Chinon. Ferner gelang ihm die Gewinnung von Nickel aus Arsennickel.

Gedenken

Gedenkbriefmarke 1982

Auf dem Wöhlerplatz in Göttingen befindet sich ein 1890 von Ferdinand Hartzer geschaffenes lebensgroßes Bronzestandbild Wöhlers, welches anfangs vor dem Alten Auditorium der Universität stand und später versetzt wurde. Das Pflaster zeigt die Strukturformel des Harnstoffs.

Zum hundertsten Todestag wurde 1982 eine Gedenkbriefmarke mit dem chemischen Symbol von Harnstoff von der Deutschen Bundespost herausgegeben.

An die Freundschaft zwischen Liebig und Wöhler erinnert der Liebig-Wöhler-Freundschaftspreis.

1929 wurde die Wöhlergasse in Wien-Favoriten nach ihm benannt.

Das 1972 gegründete Friedrich-Wöhler-Gymnasium in Singen (Hohentwiel) trägt seinen Namen.

Am Campus Nord der TU Dortmund ist der Friedrich-Wöhler-Weg nach ihm benannt.

Demgegenüber ist das bereits seit 1870 als Wöhlerschule benannte Gymnasium in Frankfurt am Main nach seinem Vater benannt.

Literatur

  • John H. Brooke: Wöhler's Urea and its Vital Force? A verdict from the Chemists. In: Ambix. 15, 1968, ISSN 0002-6980, S. 84–114.
  • George B. Kauffman, Steven H. Chooljian: Friedrich Wöhler (1800–1882), on the Bicentennial of his Birth. In: The Chemical Educator. 6, 2001, ISSN 1430-4171, S. 121–133.
  • Robin Keen: The Life and Work of Friedrich Wöhler (1800–1882) (= Edition Lewicki-Büttner 2). Bautz, Nordhausen 2005, ISBN 3-88309-224-X (Zugleich: London, Univ. College, Diss., 1976).
  • Arthur Kötz: Wöhler, Friedrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 43, Duncker & Humblot, Leipzig 1898, S. 711–717.
  • Douglas McKie: Wöhler's synthetic Urea and the rejection of Vitalism: a chemical Legend. In: Nature. 152, 1944, S. 608–610.
  • Peter J. Ramberg: The Death of Vitalism and the Birth of organic Chemistry. Wöhler's Urea Synthesis and the disciplinary Identity of organic Chemistry. In: Ambix. 47, 1967, S. 170–215.
  • Georg Schwedt: Der Chemiker Friedrich Wöhler. (1800–1882). Eine biographische Spurensuche. Frankfurt am Main, Marburg und Heidelberg, Stockholm, Berlin und Kassel, Göttingen. HisChymia-Buchverlag u. a., Seesen u. a. 2000, ISBN 3-935060-01-7.
  • Johannes Uray: Die Wöhlersche Harnstoffsynthese und das wissenschaftliche Weltbild. Analyse eines Mythos (= Universität Graz. Reihe Habilitationen, Dissertationen und Diplomarbeiten. Bd. 22). Graz, Leykam 2009, ISBN 978-3-7011-0096-5 (Zugleich: Graz, Univ., Diplomarbeit, 2005).
  • Johannes Uray: Die Wöhlersche Harnstoffsynthese und das wissenschaftliche Weltbild. Analyse eines Mythos. In: Mensch, Wissenschaft, Magie. 27, 2010, ISSN 1609-5804, S. 121–152.
  • Johannes Uray: Mythos Harnstoffsynthese. In: Nachrichten aus der Chemie. 57, 2009, ISSN 1439-9598, S. 943–944.
  • Johannes Valentin: Friedrich Wöhler (= Grosse Naturforscher 7, ISSN 0072-7741). Wissenschaftliche Verlags-Gesellschaft, Stuttgart 1949.

Einzelnachweise

  1. Burchard Franck: 250 Jahre Chemie in Göttingen. In: Hans-Heinrich Voigt (Hrsg.): Naturwissenschaften in Göttingen. Eine Vortragsreihe. Vandenhoeck + Ruprecht Gm, Göttingen 1988, ISBN 3-525-35843-1 (Göttinger Universitätsschriften. Band 13), S. 72 ([1]und[2]).

Weblinks

 Commons: Friedrich Wöhler – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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