Jöns Jakob Berzelius

Jöns Jakob Berzelius
Jöns Jakob Berzelius
Berzelius in einer Lithographie von 1836

Jöns Jakob Berzelius (Aussprache: [jœns ˌʝɑːkɔb bæɹˈseːliɵs]; * 20. August 1779 im Socken Väversunda, Östergötland; † 7. August 1848 in Stockholm) war ein schwedischer Chemiker. Er gilt als Vater der modernen Chemie.

Berzelius führte die chemische Zeichensprache mit den Buchstaben für die chemischen Elemente ein und hat erstmalig eine Vielzahl der Atomgewichte von Elementen genau bestimmt. Berzelius entwickelte ein erstes Modell zum Verständnis der Elektrolyse und zu Stoffumsetzungen durch die Annahme einer positiven und einer negativen Ladung in jedem Teilchen (dualistische Theorie).

Er hat auch neue Elemente entdeckt (Cer, Selen, Thorium) andere Elemente wurden von ihm erstmals in elementarer Form dargestellt (Silizium, Zirkonium, Titan, Tantal, Vanadium.)

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Jöns Jakob Berzelius verlor im Alter von vier Jahren seinen Vater. Er studierte von 1796 Medizin an der Universität Uppsala, wo er 1802 eine Abschlussarbeit über die Effekte von galvanischer Elektrizität auf Patienten anfertigte. In dieser Arbeit wies er nach, dass diese keinen praktischen Nutzen zeigte. Im Jahr 1802 wurde Berzelius unbesoldeter Mitarbeiter im chirurgischen Institut in Stockholm.

Seine ersten chemischen Erfahrungen sammelte er durch die Analyse von Mineralwässern. Dies führte zu einer unbezahlten Stelle am Kolleg für Medizin in Stockholm, wo er im Hause von Wilhelm Hisinger, einem reichen wissenschaftlichen Amateur, wohnte und mit ihm zusammen elektrochemische Studien durchführte. Berzelius beschwerte sich später, Humphry Davy habe davon den meisten Vorteil gehabt. 1807 wurde er Professor der Medizin und Pharmazie in Stockholm (Karolinska Institutet) und begann seine umfassenden Untersuchungen zu chemischen Verbindungen. Ein Jahr später wurde er in die Schwedische Akademie der Wissenschaften aufgenommen und ist deren Präsident ab 1810. 1818 erhebt man ihn in den Adelsstand, 1835 wird er Freiherr.

Als Persönlichkeit wurde Berzelius als sehr temperamentvoll, wenn nicht sogar leicht reizbar beschrieben. Er arbeitete eng mit seinem ehemaligen Schüler Friedrich Wöhler zusammen.

Zu seinen Schülern in Stockholm gehörten: Gottlieb Gmelin, Heinrich und Gustav Rose, Friedrich Wöhler, Gustav Magnus.

Wissenschaftliches Werk

Elektrochemische Theorie

Im Jahr 1802 untersuchte Berzelius mit Hisinger die Zerlegung einer Salzlösung durch eine Voltasche Säule (Elektrolyse). Er stellte fest, dass eine Alkalisalzlösung durch die voltaische Säule in eine Säure und eine Base umwandelt wird. Er nahm an, dass Atomgruppen sich wie kleine Magneten verhalten würde.[1] Ein Teilchen kann elektropositiv, elektronegativ oder unipolar bei einer voltaischen Säule reagieren. Berzelius nahm an, dass alle Salze, anorganische und organische Moleküle aus einem positiven und einem negativen Pol bestehen würden und kleine molekulare Magnete darstellen. In einem elektropositiven Molekül-Magnet überwiegt die positive Ladung in einem elektronegativen Teilchen die negative Ladung. Nach seiner Theorie bestand Kaliumsulfat aus den elektropositiv geladenen Teilchen KO und dem elektronegativ geladenen SO3.

Die dualistische Theorie der chemischen Stoffe blieb für 20 Jahre die herrschende Lehrmeinung in der Chemie bis Jean Baptiste Dumas für die organische Chemie die radikalische Substitution entdeckte, später wurden durch Michael Faraday und Svante Arrhenius die Salze in wässriger Lösung als Ionen (z.B. K+) erkannt. Damit war bewiesen, dass die dualistische Theorie unrichtig war.

Heute nutzen wir die Erkenntnisse der dualistischen Theorie bei der Erstellung von Oxidationszahlen für Redoxgleichungen, um die Ladungszahl eines Atoms in einem Molekülteil anzugeben. Auch die Begriffe elektropositiv und elektronegativ haben sich zur Kennzeichnung einer polarisierten Bindung in einem Molekül erhalten

Atomgewichte

Der Sauerstoff war für Berzelius das negativste Element; alle Elemente, die mit dem Sauerstoff verbunden sind, mussten eine elektropositive Ladung besitzen. Manche Elemente wie z. B. Schwefel konnten mitunter elektropositiv wie auch elektronegativ sein (im Schwefeldioxid ist der Schwefel elektropositiv, als Metallsulfid elektronegativ). Er sortierte die Elemente in eine Spannungsreihe ein. Für Berzelius war der elektropositive Sauerstoff der Dreh- und Angelpunkt für seine weiteren Versuche. Die besonders wichtige Stellung des Sauerstoffs lag in seinem Vermögen, mit Metallen gut bestimmbare Verbindungen zu erzeugen und außerdem enthielten alle damals bekannten Säuren und Basen Sauerstoff. Erst Davy konnte die erste Säure ohne Sauerstoff, die Salzsäure, darstellen. Berzelius gab dem Sauerstoff willkürlich das Atomgewicht 100 und bezog alle anderen Atomgewichte auf den Sauerstoff. Später wählte er als Bezugspunkt auch den Wasserstoff. Er erkannte, dass sich Metalle zu Oxiden verbinden können und die Zahl der gebundenen Sauerstoffatome ganzzahlige Vielfache des Metalloxides (Sauerstoffgesetz) sein mussten. Vorarbeiten für seine genauen Untersuchungen zur Bestimmung der Atomgewichte bildeten die Atomtheorie von John Dalton, die Arbeiten von Carl Friedrich Wenzel und das Gesetz der multiplen Proportionen von Jeremias Benjamin Richter.

Auf der Basis von Gewichtsbestimmungen, Fällungen zu Metalloxiden und anderer Salze konnte Berzelius die Atomgewichte von 40 Elementen zwischen 1808 bis 1818 ermitteln. Dieses Werk bildete einen Meilenstein für die Entwicklung der Chemie.

Bei einigen Metalloxiden (Fe2O3, Fe3O4) bildete sich kein ganzzahliges Vielfaches zum Metallatom, bei den Verhältnissen bei 2:3 vermutete er chemische Mischungen aus 1:1 + 1:2 (2:3). Er berechnete daher bei diesen Metalloxiden das doppelte Atomgewicht. Im Jahr 1827 veröffentlichte Berzelius eine verbesserte Atomgewichtstabelle. Sie enthielt zusätzlich noch die Elemente Chlor und Stickstoff.

Neue Chemische Elemente

Berzelius entdeckte auch neue chemische Elemente und gab ihnen einen Namen. Mit Hisinger entdeckte er das Oxid vom Element Cer, dieser Name wurde in Anlehnung an dem vom Italiener Giuseppe Piazzi neu entdeckten Planeten Ceres vergeben. Im Jahr 1817 entdeckte Berzelius bei Analysen der chemischen Fabrik bei Gripsholm neben dem Tellur (Entdeckung durch Klaproth), das Element Selen (griech. selene = Mond). Sein Schüler Johann August Arfvedson entdeckte mehrere neue Mineralien (Petalit, Spodumen, Lepidolith). Ein neues Element mit dem Namen Lithium (griech. lithos = Stein) wurde in diesen Mineralien gefunden. In einem weiteren Mineral aus Norwegen entdeckte er das Thorium (nach dem germanischen Donnergott). Eine Reihe weiterer Stoffe konnte er in elementarer Form durch Einwirkung von Kalium auf die entsprechenden Halogenide gewinnen. Hierzu zählen Silizium (1810), Zirkonium, Titan, Tantal (1824), Thorium (1826), Vanadium (von Vanadis, der nordischen Göttin für Schönheit).

Chemische Zeichensprache

Schon Lavoisier und John Dalton hatten eine Zeichensprache entwickelt. Berzelius bezeichnete die Atome mit dem Anfangsbuchstaben oder den ersten zwei Buchstaben des lateinischen Wortes. Durch Anfügung der Atomzahl größer als 1 nach dem Atom konnte nun eine chemische Formel für einen Stoff angegeben werden, z.B. H2O. Bei Doppelatomen in einer Formel wurde von ihm mitunter auch das Atom durchgestrichen. Mitunter setzte Berzelius auch Punkte und Striche bei mineralogischen Angaben.

Die lateinische Zeichensprache und die Darstellung der Summenformel hat sich durchgesetzt und ist bis heute gültig.

Beispiele für die lateinische Zeichensprache von Berzelius:

Sonstiges

Berzelius erkannte, dass Stoffe mit gleicher Zusammensetzung unterschiedliche Eigenschaften aufweisen konnten. Er nannte diesen Effekt Isomerie. Das Auftreten von Elementen in verschiedenen Erscheinungsformen nannte er Allotropie.

1835 gibt er der von Eilhard Mitscherlich, Humphry Davy, Andreas Libavius, Döbereiner aufgefundenen beschleunigten Stoffumwandlung durch einen Hilfsstoff, der sich dabei nicht verändert, den Begriff Katalyse. Die Mineralien, die bislang nach äußerlichen Eigenschaften eingeteilt waren, klassifizierte er nach ihrer chemischen Zusammensetzung.

In der Organischen Chemie versuchte er sein dualistisches Prinzip der Materie durch seine Radikaltheorie zu stützen. Die Radikaltheorie wurde jedoch später von Jean Baptiste Dumas verworfen.

Berzelius gebrauchte erstmalig den Begriff für organischen Chemie (Organisk Kemi). In den Jahren 1808–1830 erschienen die sechs Bände seines Lehrbuches für Chemie (Lärbok i kemien). Das Lehrbuch ist in viele Sprachen übersetzt worden und beeinflusste die Entwicklung der Chemie im 19. Jahrhundert ganz entscheidend. Dieses Lehrbuch wurde von Friedrich Wöhler ins Deutsche übersetzt.

Ab 1821 gab Berzelius regelmäßig die Jahresberichte über die Fortschritte der physischen Wissenschaften heraus.

Berzelius führte Becherglas, Glastrichter, Filterpapier, Kautschukschläuche, Spiritusbrenner (Berzeliuslampe), Wasserbad und Exsiccator für das chemische Laboratorium ein.

Berzelius-Statue im Berzelii-Park (Stockholm)

Ehrungen und Mitgliedschaften

Berzelius wurde 1805 in der Freimaurerloge St. John's Lodge St. Erik in Stockholm in den Bund der Freimaurer aufgenommen.[2]

1808 wurde er Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften in Stockholm. Von 1819 bis zu seinem Tod war er Sekretär dieser Akademie, die er gründlich reformiert hat. 1813 wurde er als „Foreign Member“ in die Royal Society aufgenommen, die ihm 1836 die Copley-Medaille verlieh.[3] Im Jahr 1818 wurde er zum Mitglied der Gelehrtenakademie Leopoldina gewählt. 1837 wurde er Mitglied der Svenska Akademien. 1842 erhielt er den preußischen Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste.[4]

1835 wurde er Baron.

Werke

Literatur

  • Georg Lockemann: Geschichte der Chemie, Von der Entdeckung des Sauerstoffs bis zur Gegenwart. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1955, S. 29 ff.

Weblinks

 Wikisource: Jöns Jacob Berzelius – Quellen und Volltexte (Latein)
 Commons: Jöns Jakob Berzelius – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Schweigers Journal, 6, 119(1812)
  2. William R. Denslow, Harry S. Truman: 10,000 Famous Freemasons from A to J, Part One. Kessinger Publishing, ISBN 1-4179-7578-4.
  3. Eintrag bei der Royal Society.
  4. Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste (Hrsg.): Die Mitglieder des Ordens. 1: 1842-1881, Gebr. Mann Verlag, Berlin 1975, ISBN 3-7861-6189-5 (http://www.orden-pourlemerite.de/plm/publikationen/1_mitgliederband.pdf, abgerufen am 18. September 2011).

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