- Front National (Frankreich)
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Front National Parteivorsitzende Marine Le Pen Generalsekretär Jean-François Jalkh Stellvertretender Vorsitzender Bruno Gollnisch Gründung 5. Oktober 1972 Hauptsitz 76-78 rue des Suisses
92000 NanterreEP-Fraktion fraktionslos Website www.frontnational.com Der Front National (FN) ist eine 1972 gegründete rechtsextreme französische Partei.[1] Der FN erreicht bei Wahlen im Allgemeinen 5 bis 15 % der Wählerstimmen.
Inhaltsverzeichnis
Programm
Der Front National beschreibt sich selbst als patriotisch und national im Sinne von französischer Identität, Tradition und Souveränität. Eine der wichtigsten Forderungen des FN ist die Beschränkung der Einwanderung, insbesondere der Zuwanderung aus nichteuropäischen Ländern und der illegalen Zuwanderung. Nach den Vorstellungen des FN sollen illegale Einwanderer ausgewiesen werden. Des Weiteren fordert der FN, französische Staatsbürger bei der Arbeitsplatzsuche und bei Sozialleistungen besser zu stellen als Nicht-Franzosen. Während der Präsidentschaftswahlen 1995 forderte Le Pen die Rückführung von drei Millionen Nicht-Europäern aus Frankreich. Besonders die Einwanderung aus muslimischen Ländern wird kritisch gesehen, der Bau von weiteren Moscheen in Frankreich soll verboten werden - das Thema "Einwanderung" dominiert seit den 80er Jahren die Wahlkämpfe des FN.
Bei den Präsidentschaftswahlen 2002 wurde das Thema Recht und Gesetz stärker betont. Ein weiterer wichtiger Programmpunkt des FN ist die Erhöhung der Strafen und die Wiedereinführung der Todesstrafe.
Ein zentrales Konzept des FN ist die préférence nationale, die nationalistisch organisierte Bevorzugung der „Inländer“. Klassenwidersprüche sollen durch national-soziale Lösungen überwunden werden, entsprechend einer Volksgemeinschaft. Über die Vorstellung einer „sozial“ verstandenen Nation – Social parce que national („Sozial weil national“) – bleibt die Marktwirtschaft ein nationales Interesse. Den anderen Parteien wird vorgeworfen, sie zerstörten – besonders durch die Einwanderung – diese nationale Marktwirtschaft und seien damit verantwortlich für die Arbeitslosigkeit. Für 2007 wird diskutiert, im Sinne einer Modernisierung im Programm eine beschränkte Zuwanderung zuzulassen, „wenn dies im Interesse der französischen Wirtschaft liegt“.
Weitere Forderungen sind:
- Größere Unabhängigkeit von der Europäischen Union und anderen internationalen Organisationen
- Einführung von Schutzzöllen zum Schutz der einheimischen Landwirtschaft und Industrie
- Rückkehr zu traditionellen Werten
- in der Familie: Erschwerung der Abtreibung, Einführung eines Erziehungsgeldes, Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe.
- in der Kunst: Ablehnung von „abnormaler“ moderner Kunst und Förderung lokaler, traditioneller Kultur
Unter Führung von Marine Le Pen (2011) startete die Partei eine Initiative gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Besonders seit der Finanzkrise 2008 setzt sich die Partei für den Austritt Frankreichs aus der Währung des Euro und einer Nationalisierung der Banken ein.[2]
Bekannte FN-Mitglieder
- Jean-Marie Le Pen, ehemaliger Parteivorsitzender
- Bruno Gollnisch, ehemaliger Vorsitzender der Fraktion Identität, Tradition, Souveränität im Europäischen Parlament
- Carl Lang, ehemaliger Generalsekretär
- Marine Le Pen, Jean-Marie Le Pens Tochter, die eine erfolglose Kampagne bei den französischen Regionalwahlen 2002 in der Région Île-de-France startete. Seit 16. Januar 2011 Parteivorsitzende als gewählte Nachfolgerin ihres Vaters.
- Bernard d'Ormale, führendes Mitglied
Hochburg und politische Vorfeldorganisationen des FN
Eine Hochburg des FN ist das Elsass, wo allerdings die Kleinpartei Alsace d’abord aufgrund ihres regionalen Profils in direkter Konkurrenz zum FN steht, ein programmatischer Unterschied besteht u.a. darin, dass diese Partei eindeutig pro-europäisch ausgerichtet ist. Weitere Hochburgen befinden sich v.a. im Süden des Landes (le Midi), z.B. in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur und in den oft von sozialen Problemen heimgesuchten Industriestädten der Region Nord-Pas de Calais. Mit dem FN ist u.a. die Confédération Française Nationale des Travailleurs, eine eigenständige Gewerkschaftsorganisation, verbunden.
Front National im Europaparlament
Die Abgeordneten des Front National hatten sich mit Abgeordneten anderer rechter, EU-kritischer Parteien im Januar 2007 zu einer neuen Fraktion im Europaparlament unter dem Namen Identität, Tradition, Souveränität zusammengeschlossen. Durch den Fraktionsstatus erhöhte sich für den FN der Handlungsspielraum im EU-Parlament. Fraktionsvorsitzender der ITS-Fraktion war der FN-Politiker Bruno Gollnisch. Gemeinsame politische Grundlage der neu gegründeten Fraktion war die sogenannte Wiener Erklärung der europäischen patriotischen und nationalen Parteien und Bewegungen, die gewissermaßen eine politische Plattform rechter EU-kritischer Parteien in Europa darstellt. Am 14. November wurde die Fraktion offiziell aufgelöst, da sie nur noch weniger als 20 Mitglieder hatte.[3] Seitdem gehört der FN keiner Fraktion mehr an.
Geschichte
Gründungs- und Aufbauphase: die 70er und 80er Jahre
Die Partei wurde am 5. Oktober 1972 als Zusammenschluss verschiedener nationalkonservativer politischer Strömungen gegründet. Mitbegründer war der langjährige Vorsitzende Jean-Marie Le Pen, der zuvor Abgeordneter der aufgelösten Union de défense des commerçants et artisans (Poujadisten) in der Nationalversammlung war. Bereits zu Beginn machte der FN mit fremdenfeindlichen Äußerungen und Parolen auf sich aufmerksam, die sich gegen Immigranten in Frankreich richtete. Le Pen wurde seit 1960 in mehr als 20 Fällen unter anderem wegen Beleidigung, Morddrohungen, rassistischer sowie negationistischer Erklärungen und Körperverletzung rechtskräftig verurteilt.
In den 1980er Jahren wurde der FN bei zwei Parlamentswahlen in Folge mit mindestens einem Abgeordneten in die Nationalversammlung gewählt. Als Ursache kann der wirtschaftliche Pessimismus seiner damaligen Kernwählerschaft unter den Kleinselbstständigen gesehen werden. In den folgenden Jahren veränderte sich die Zusammensetzung seiner Wählerschaft stark. Zu Lasten der bis dahin führenden Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF) baute der FN seinen Zuspruch unter den Arbeitern Ostfrankreichs massiv aus. Dies kann unter anderem auf den Zusammenbruch des osteuropäischen Kommunismus zurückgeführt werden. Dies setzte sich nicht fort, unter anderem weil Le Pens Beteiligung an Folterungen im Verlauf des Algerienkriegs einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurden. Er hatte dies sowohl 1957 in einer Parlamentsrede als auch 1962 in einem Interview der Zeitschrift "Combat" erklärt und gerechtfertigt.[4]
Die Spaltung
1998 spaltete sich Bruno Mégret mit etwa der halben Parteiführung des Front National und tausenden von Mitgliedern ab, da er Le Pens Führungsstil als schädlich für die Erfolge der Partei ansah. Mégrets Partei, der Mouvement National Républicain (MNR), konnte bisher jedoch keine größeren Erfolge vorweisen. Im gleichen Jahr wurde Le Pen zu einem Jahr Unwählbarkeit und drei Monaten Gefängnis auf Bewährung wegen Körperverletzung verurteilt, weil er eine sozialistische Bürgermeisterin im Wahlkampf angriff.
Präsidentschaftswahlen 2002
Zur allgemeinen Überraschung gelang es Jean-Marie Le Pen 2002 als Zweitplatzierter aus der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen hervorzugehen und damit Lionel Jospin, den Kandidaten der Sozialistischen Partei Frankreichs (PS) auf den dritten Platz zu verweisen und in die zweite, entscheidende Runde der Präsidentschaftswahlen einzuziehen. In der folgenden Stichwahl unterlag er wie erwartet mit nur 17 % gegenüber 83 % der abgegebenen Stimmen für den amtierenden Präsidenten Jacques Chirac.
Regionalwahlen 2004
Bei den Regionalwahlen 2004 wurde Le Pen vom zuständigen Präfekten der Region Provence-Alpes-Côte d'Azur die Kandidatur in seinem Wahlkreis Nizza aus formalen Gründen verweigert. Der Front National stellte diesen Vorgang als Verschwörung gegen Le Pen dar, konnte dadurch aber kein besseres Abschneiden der Partei bei den Wahlen erreichen. Der FN erzielte landesweit etwa 12,6 % der Stimmen.
Präsidentschaftswahlkampf 2007
Im Wahlkampf um die Präsidentschaft wurde vor allem durch Marine Le Pen, die Tochter von Jean-Marie Le Pen, die bereits als Nachfolgerin ihres Vaters gehandelt wurde, eine Debatte um die „Entdiabolisierung“ der Partei geführt. Ziel dieser „Normalisierung“ und „Modernisierung“ des FN war es, auch in der „Mitte der Gesellschaft“ Themen national besetzen zu können.
Im September 2006 eröffnete der FN seinen Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen, die am 22. April und 6. Mai 2007 stattfanden, in Valmy. Mit der Diskussion um die Wahlkampfplakate kam es zu Auseinandersetzungen um die Parteistrategie. Angegriffen wurden die Vertreter einer Modernisierung wie Marine Le Pen. Die Plakate zeigten Personen, die einen vorwiegend weißen Querschnitt der Gesellschaft präsentieren. Mit dem Daumen nach unten gerichtet lautete deren Aussage: „Die Linke und die Rechte − sie haben alles kaputt gemacht!“. Mit den „Rechten“ sind in Frankreich die Liberalen und Konservativen gemeint, nicht die extreme Rechte. Der Streit ging um ein Plakat, das eine nicht-weiße junge Frau zeigt. Sie beschwerte sich auf dem Plakat, „dass die üblichen Verdächtigen auch ‚die Staatsbürgerschaft, die Assimilation, die Aufstiegschancen‘ zerstört oder verdorben hätten“.
Insgesamt verlor Jean-Marie Le Pen deutlich an Wählerstimmen und schied nach dem ersten Wahlgang aus. Er rief seine Wähler auf, sich bei der Stichwahl zwischen dem konservativen Kandidaten Nicolas Sarkozy (UMP) und der sozialistischen Kandidatin Ségolène Royal (PS) zu enthalten.
Unter der Vorsitzenden Marine Le Pen
Mitte Januar 2011 wechselte die Parteiführung. Marine Le Pen übernahm den Vorsitz von ihrem Vater und wurde in einer Mitgliederbefragung mit circa 68 Prozent der Stimmen gewählt.[5]
Bei den Kantonalwahlen 2011 wurden zwei Generalräte aus der FN gewählt, Patrick Bassot im Département Vaucluse für den Kanton Carpentras-Nord und Jean-Paul Dispard im Département Var für Brignoles. Dabei gewann Dispard im zweiten Wahlgang mit 50,03 gegen 49,97 für den Kandidaten der PCF (eine Differenz von 5 Stimmen)[6].
Für die französische Präsidentschaftswahl 2012 nominierte der FN die Parteivorsitzende Marine Le Pen als Kandidatin. Umfragen im März 2011 sagten ihr 23 Prozent der Wählerstimmen im ersten Wahlgang voraus, womit sie vor Präsident Sarkozy (21%) gelegen und die Stichwahl erreicht hätte.[7] Im Herbst 2011 liegen die Umfragewerte von Marine Le Pen tiefer, ein Erreichen der Stichwahl und damit eine Wiederholung des Erfolgs ihres Vaters scheint derzeit unwahrscheinlich.[8]
Literatur
- Jean-Yves Camus: Front national. Eine Gefahr für die französische Demokratie? Bouvier, Bonn 1998, ISBN 3-416-02716-7 (Schriftenreihe Extremismus & Demokratie, Bd. 11).
- Daniela Heimberger: Der Front National im Elsass. Rechtsextremismus in Frankreich. Eine regionale Wahlanalyse. 1. Auflage. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2001, ISBN 3-531-13700-X (zugleich Dissertation, Uni Freiburg 2001).
- Thomas Lampe: Der Aufstieg der „Front National“ in Frankreich. Extremismus und Populismus von rechts. Materialis-Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-88535-146-3 (Diskussionsbeiträge Universität Hannover, Institut für Politische Wissenschaft, Bd. 16).
- Bernhard Schmid: Die Rechten in Frankreich. Von der Französischen Revolution zum Front National, Elefanten Press, Berlin 1998, ISBN 3-88520-642-0 (Antifa Edition).
- Anne Tristan: Von innen. Als Mitglied der Front National in der Hochburg Le Pens. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1988, ISBN 3-462-01909-0.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Gilles Ivaldi, Marc Swyngedouw: HAL-SHS Rechtsextremismus in populistischer Gestalt. Front National und Vlaams Blok, Januar 2006
- ↑ Der Spiegel 27/2011, Papierausgabe Seite 96,97
- ↑ [1] Fraktion „Identität, Tradition und Souveränität“ (ITS) existiert nicht mehr - 14. November 2007
- ↑ Hamid Bousselham: Torturés par Le Pen (Gefoltert von Le Pen) éditions Rahma
- ↑ vgl. Rechtsextreme wählen Le Pen zur Chefin bei Spiegel Online, 16. Januar 2011 (aufgerufen am 16. Januar 2011)
- ↑ Cantonales : le PS en tête, le FN obtient deux élus, Kantonalwahlen: PS an der Spitze, FN gewinnt zwei Generalräte, Le Figaro
- ↑ vgl. Frankreichs Rechtsextreme rütteln an Sarkozys Thron bei Spiegel Online, 7. März 2011
- ↑ Siehe dazu die Liste der Umfragen in der französischsprachigen Wikipedia
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