Galoppierende Inflation

Galoppierende Inflation
Deutsche Banknoten aus der Zeit der Hyperinflation 1923
Reichsbanknote 5 Milliarden Mark vom 10. September 1923

Hyperinflation ist eine Form der Inflation, in der sich das Preisniveau sehr schnell erhöht. Es gibt keine allgemein akzeptierte Definition, aber eine verbreitete Faustregel spricht von einer Hyperinflation ab einer monatlichen Inflationsrate von 50 %, die einer jährlichen Rate von ca. 13.000 % entspricht. Einfach gesagt ist eine Hyperinflation eine unkontrollierbare Inflation mit extrem hoher monatlicher Rate. Viele Hyperinflationen enden in einer Währungsreform.

Vor dem 20. Jahrhundert waren Hyperinflationen selten, da die Ökonomien bei Überschreitung eines gewissen Inflationsniveaus zu ungeprägten Edelmetallen als Geldersatz oder zu Naturaltausch übergingen. Die immer weitere Verbreitung von ungedecktem Geld (Fiat Money) ermöglichte Hyperinflationen. Der Verursacher der (Hyper-)Inflation ist immer die Regierung, da sie sich zur Deckung ihrer Ausgaben (Erfüllung von Leistungsversprechen) permanent verschulden muss und damit letztlich das Vertrauen in die eigene Währung untergräbt[1]. Ab diesem Zeitpunkt erfolgt die "Flucht in Sachwerte". Dies ist ein sich selbst verstärkender Vorgang.

Während gewöhnliche Inflationen meist mit ökonomischen Ursachen begründet werden, sind Hyperinflationen darüber hinaus fast immer mit schwerwiegenden Erschütterungen der Volkswirtschaft infolge von Krieg, Bürgerkrieg oder gesellschaftlichen Umbruchsituationen verbunden. Eine Ausnahme bildete die sowjetische Hyperinflation im Jahre 1922, mit der das Ziel der Abschaffung des Geldes[2] als Zahlungsmittel verfolgt wurde.


Quantitätsgleichung

Eine Erklärung für das Ansteigen des Preisniveaus allgemein bietet die Quantitätsgleichung von Irving Fisher:

\rm Transaktionsanzahl \cdot Preisniveau = Geldmenge \cdot Umlaufgeschwindigkeit

Diese Formel lässt sich umformen zu:

\rm Preisniveau = \frac{Geldmenge \cdot Umlaufgeschwindigkeit}{Transaktionsanzahl}

Das Preisniveau steigt also demnach u. a., wenn

  • die Geldmenge ansteigt (wenn also die Zentralbank z. B. mehr Geld in Umlauf bringt), Umlaufgeschwindigkeit und Transaktionsanzahl jedoch unverändert bleiben.
  • die Umlaufgeschwindigkeit ansteigt, Geldmenge und Transaktionsanzahl jedoch unverändert bleiben.
  • die Transaktionsanzahl abnimmt (z. B. bei Störung des Wirtschaftskreislaufs durch Katastrophen, wenn also plötzlich die Lieferbarkeit wegbricht, aber die Nachfrage bleibt), Geldmenge und Umlaufgeschwindigkeit jedoch unverändert bleiben.

Chronologie

Es gibt verschiedene geschichtliche Episoden von Hyperinflationen mit monatlichen Inflationsraten von über 50 Prozent. Beispiele sind

Zeitraum Land/Anmerkungen
frühe 1920er Weimarer Republik (Deutschland), maximale monatliche Inflationsrate von 32.400 % (Vervierfachung der Preise pro Woche) – siehe Deutsche Inflation 1914 bis 1923
1922 Sowjetunion/RSFSR (Russland), absichtlich herbeigeführt (Siehe auch [2])
1921–1923 Österreich
1921–1924 Ungarn
1921–1924 Polen
1943/44 Griechenland mit einer maximalen monatlichen Rate von 8,55 Milliarden Prozent
1945/46 Ungarn mit einer maximalen monatlichen Rate von 41,9 Billiarden Prozent (Verdreifachung der Preise pro Tag) – siehe auch Pengő
1949/1950 Volksrepublik China[3]
1985 Bolivien[4]
1988 Nicaragua[5]
1989 Polen[6]
1989/1990 Brasilien[7]
1989/1990 Argentinien[8]
1990 Peru[9]
frühe 1990er Bosnien und Herzegowina und Jugoslawien[10]
1990–1994 Zaire[11]
1992 Russland[12]
1992–1994 Georgien (siehe Wirtschaft Georgiens)
1994, 1996/1997 Angola[13]
seit 2007 Simbabwe

Auch vor dem 20. Jahrhundert gab es schwere Inflationen:

Zeitraum Land/Anmerkungen
276 bis 334 Weströmisches Reich
1166 Kaiserreich China[14]
1719–1720 Frankreich[15]
1789–1796 Frankreich
1861–1865 USA, vor allem Südstaaten[16]

Einzelnachweise

  1. Paul C. Martin: Wann kommt der Staatsbankrott?. München: Wirtschaftsverlag Langen-Müller/Herbig 1983, ISBN 3-7844-7119-6
  2. a b Artikel Lenin, Abschnitt Bürgerkrieg 1918 bis 1922, zweiter Absatz
  3. http://www.libertyhaven.com/countriesandregions/china/hyperinflation.html
  4. http://www.zeit.de/2003/38/Jeffrey_Sachs
  5. http://2001662.homepagemodules.de/t475443f11745512_Nicaragua_Der_Sieg_der_Sandinisten.html
  6. http://www.bpb.de/publikationen/06491994241220360370961530614087,1,0,Wirtschaftssystem_und_Wirtschaftspolitik.html
  7. http://www.emkweltmission.de/laender/brasilien/Brasilien_Zeitgesch.htm, siehe auch Fernando Henrique Cardoso
  8. http://www.kas.de/db_files/dokumente/auslandsinformationen/7_dokument_dok_pdf_3573_1.pdf (PDF), http://www.inwent.org/E+Z/1997-2002/ez602-9.htm
  9. http://www.clevelandfed.org/Research/com2000/1200.htm
  10. http://www.bmlv.gv.at/download_archiv/ausle_unterlagen/k_e_landesinfo_ab2.pdf (PDF)
  11. http://www.tomchao.com/hb20.html, http://129.194.252.80/catfiles/1916.pdf (PDF)
  12. http://www.bpb.de/publikationen/D0THIA,0,0,Die_Finanzkrise_in_Russland_im_Gefolge_der_Asienkrise.html
  13. http://www.us-angola.org/pressreleases/071904.htm, http://www.metro-press.com/angola/get_progrm.html
  14. http://www.ex.ac.uk/~RDavies/arian/amser/chrono4.html
  15. http://www.atimes.com/atimes/Global_Economy/DK08Dj01.html
  16. http://teacherlink.org/content/social/instructional/inflation/procedures.html

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