Geiselnahme von Gladbeck

Geiselnahme von Gladbeck

Die Geiselnahme von Gladbeck (auch bekannt als Gladbecker Geiseldrama) war ein aufsehenerregendes Verbrechen im August 1988, in dessen Verlauf drei Menschen starben.

Am Morgen des 16. August 1988 überfielen Dieter Degowski und Hans-Jürgen Rösner die Filiale der Deutschen Bank im nordrhein-westfälischen Gladbeck. Im Anschluss nahmen sie mehrmals Geiseln und flüchteten mit ihnen zwei Tage lang durch Deutschland und die Niederlande. Die Geiselnahme endete am 18. August 1988 in einer umstrittenen Polizeiaktion auf der Autobahn 3.

Während der Flucht erschoss Degowski den 15-jährigen Italiener Emanuele de Giorgi in einem entführten Linienbus. Eine zweite Geisel, die 18-jährige Silke Bischoff, starb während der abschließenden Polizeiaktion auf der Autobahn. Laut Behördenangaben wurde der tödliche Schuss auf sie aus der Waffe Rösners abgegeben. Während der Verfolgung in die Niederlande war zuvor bereits ein Polizist bei einem Zusammenstoß mit einem LKW ums Leben gekommen.

Das Verhalten der beteiligten Journalisten, die die Täter interviewten, im Fluchtfahrzeug mitfuhren und durch ihre große Nähe zum Geschehen die Polizeiarbeit behinderten, entfachte eine intensive öffentliche Debatte über Verantwortung und Grenzen des Journalismus. Neben der Kritik an der Rolle der Medien wurden auch gegen die Verantwortlichen der Polizei der beteiligten Bundesländer Vorwürfe wegen der Einsatzkoordination erhoben.

Inhaltsverzeichnis

Chronik der Ereignisse

16. August

Am Morgen des 16. August 1988 verschafften sich der 32-jährige Degowski und der 31-jährige Rösner vor Schalteröffnung Zugang zu einer Filiale der Deutschen Bank im Gladbecker Stadtteil Rentfort-Nord. Rösner war zum damaligen Zeitpunkt flüchtig und hatte bereits elf Jahre in Haft verbracht. Seitdem er 1986 aus einem Hafturlaub nicht zurückgekehrt war, wurde nach ihm gefahndet. Rösner hatte bereits zahlreiche Raubüberfälle und Einbrüche in Gladbeck begangen.[1]

Die Bank befand sich im Atrium des Geschäftszentrums Rentfort-Nord an der Schwechater Straße 38. Auf der Rückseite des Gebäudes befanden sich hochgelegene Oberlichter, die zu einem um den gesamten Gebäudekomplex verlaufenden breiten Versorgungsweg führten. Der Eingang lag in einem der vier überdachten Zugänge des Atriums. Links und rechts der Bank befanden sich Ladenlokale. Daher war es Degowski und Rösner kaum möglich, aus der Bank heraus die potentiellen Fluchtwege zu beobachten. Sie hatten lediglich einen Teileinblick ins Atrium sowie Sicht auf die zwei überdachten Zugänge zum Atrium. Der linke Zugang führte zum für den öffentlichen Verkehr gesperrten Versorgungsweg, der rechte zur Straße.

Um 8:04 Uhr ging bei der Polizei der Notruf eines Arztes ein, dessen Praxis sich im ersten Obergeschoss des Gebäudes befand. Er hatte die Täter beim Eindringen beobachtet. Die ersten eintreffenden Beamten parkten ihren Streifenwagen direkt vor dem zur Straße liegenden Zugang. Als Degowski und Rösner die Bank mit ihrer Beute von 120.000 DM (entspricht inflationsbereinigt etwa 100.000 Euro) verließen, entdeckten sie das Polizeifahrzeug, kehrten um und nahmen zwei Bankangestellte als Geiseln. Dann forderten sie einen Fluchtwagen und Lösegeld. Um ihre Forderungen zu unterstreichen, gaben sie einige Schüsse ab. Ein Rundfunksender führte das erste Telefoninterview.

Nach stundenlangen Verhandlungen erhielten sie 300.000 DM (entspricht inflationsbereinigt etwa 240.000 Euro) und ein Fluchtfahrzeug, in dem sie mit ihren beiden Geiseln um 21:45 Uhr losfuhren. Die Polizei ließ sie scheinbar abziehen, konnte den Wagen aber mit Hilfe eines Peilsenders verfolgen. Im Nachhinein berichteten die Fahnder von einem völlig atypischen Verhalten der Geiselnehmer nach der Abfahrt[2]: Anstatt Gladbeck zu verlassen deckten sich die Täter mit Reiseproviant und Alkohol ein. Mit gezogener Waffe gab Rösner eine Großbestellung in einer Imbissstube ab und kaufte anschließend Schlaftabletten in einer Apotheke.[2] Aus Angst, dass der Fluchtwagen von der Polizei präpariert sein könnte, versuchte Rösner ein anderes Fahrzeug zu beschaffen. Mit gezogener Pistole betrat er eine Gaststätte, um ein vor der Tür geparktes Fahrzeug zu rauben. Da sich der Fahrzeughalter selbst dann nicht zu erkennen gab, nachdem Degowski von außen durch die Scheibe geschossen hatte, zogen sich die Täter zurück.[2] Vor einer Spielhalle raubten die Geiselnehmer schließlich ein neues Fluchtfahrzeug,[2] entschlossen sich jedoch, das Fahrzeug erneut zu wechseln. An einer Tankstelle auf der Horster Straße entwendete Rösner einem Polizeibeamten seine Dienstwaffe und ein Funkgerät. Anschließend tappten die Täter in eine Falle der Polizei: Rösner stahl ein auffällig geparktes Fahrzeug, das von den Beamten zuvor mit Peilsendern präpariert worden war.[2] Bevor die Täter mit den Geiseln Gladbeck verließen, stieg Marion Löblich, die Freundin Rösners, zu.

17. August

Die Täter fuhren anschließend über die Autobahn nach Bremen, wo Löblich Verwandte hatte. In Bremen kleideten sie sich in einer Boutique neu ein. Da die Polizei davon ausging, dass die Freilassung der Geiseln unmittelbar bevorstand, ließ sie eine Gelegenheit zum Zugriff verstreichen, als Degowski, der alleine bei den Geiseln zurückgeblieben war, das Auto mit den Geiseln kurzzeitig verließ. Später entdeckten die Geiselnehmer die sie verfolgenden Polizeikräfte. Deshalb brachten sie im Ortsteil Huckelriede am 17. August um 19:00 Uhr einen Bus der Linie 53 der Bremer Straßenbahn mit 32 Fahrgästen in ihre Gewalt. Anschließend standen sie der Presse Rede und Antwort. Auch die beiden Geiseln aus der Bank wurden mit der Pistole an der Kehle von Reportern interviewt.

Nachdem sie fünf Geiseln freigelassen hatten, fuhren Degowski, Rösner und Löblich im Bus mit den anderen 27 Geiseln wieder auf die Autobahn. An der Raststätte Grundbergsee (zwischen den Anschlussstellen 50 – Stuckenborstel – und 51 – Posthausen) ließen sie die beiden Bankangestellten frei.

Zwei Polizeibeamte nahmen ohne Weisung der Einsatzleitung Rösners Freundin fest, als diese die Toilette der Raststätte aufsuchen wollte. Wer die Anweisung über Funk zum Zugriff gegeben hatte, konnte im Nachhinein nicht mehr festgestellt werden. Rösner und Degowski verlangten die sofortige Freilassung und drohten, nach fünf Minuten eine Geisel zu erschießen. Obwohl die Einsatzleitung die sofortige Freilassung Löblichs befahl, kam es zu Verzögerungen (Löblich war bereits mit einem Fahrzeug weggefahren worden, der Schlüssel in den Handschellen war abgebrochen). Nach Ablauf der Zeit schoss Degowski dem fünfzehnjährigen Italiener Emanuele de Giorgi, der seine neunjährige Schwester schützen wollte, in den Kopf. Erst eine Minute später konnte Rösners Freundin freigelassen werden. De Giorgi verblutete, da kein Rettungsfahrzeug mit Sanitätern zur Erstversorgung bereitstand. Die Polizisten, die Löblich festgenommen hatten, beriefen sich später auf Notwehr.

Der Bus mit den zwei Geiselnehmern samt Geiseln fuhr dann weiter in die Niederlande. Während der Verfolgung des Busses kollidierte ein Polizeiwagen mit einem LKW, wobei ein Polizist starb und ein weiterer verletzt wurde.

18. August

Am Morgen des 18. August um 2:30 Uhr überquerte der Bus die niederländische Grenze. Um 5:15 Uhr wurden zwei Frauen und drei Kinder freigelassen, da die niederländische Polizei sich weigerte, mit den Geiselnehmern zu verhandeln, solange noch Kinder in ihrer Gewalt waren. Die beiden Geiselnehmer erhielten um 6:30 Uhr einen neuen Fluchtwagen. Dieses Fahrzeug – ein BMW 735i – wurde mit Mikrofonen und einem Peilsender ausgestattet und präpariert, so dass der Motor mittels Fernbedienung ausgeschaltet werden konnte. Der Busfahrer und Marion Löblich wurden während eines Schusswechsels verletzt, nachdem sich versehentlich ein Schuss aus Rösners Waffe gelöst hatte.

Mit den zwei Bremer Geiseln Silke Bischoff und Ines V. fuhren Degowski, Rösner und Löblich im BMW wieder zurück nach Deutschland. Bei einem Zwischenstop in Wuppertal kauften die Entführer in einer Apotheke ein und bezahlten mit einem Teil des geraubten Geldes.

In Köln, wo Rösner, wie er später angab, den Dom sehen wollte, kam es dann abermals zu fragwürdigem Verhalten seitens der Journalisten, als diese gegen 11 Uhr inmitten von Passanten in der Fußgängerzone Breite Straße in der Kölner Innenstadt das Fluchtauto mit den Straftätern sowie den Geiseln umlagerten und Liveinterviews führten. Darunter war auch der spätere Fernseh-Moderator Frank Plasberg, der ein Interview mit Rösner führte. Der verantwortliche Redakteur des SWF entschied allerdings, das Interview nicht zu senden.[3]

Der SEK-Beamte Rainer Kesting hatte sich zum damaligen Zeitpunkt mit einem in Zivil gekleideten Notzugriff-Team an das Fahrzeug herangearbeitet.[4] Er verwickelte Rösner in ein Gespräch und legte ihm dabei den Arm um den Nacken. Kesting plante, den am Steuer sitzenden Rösner mit einem Handgriff zu überwältigen, während die am hinteren Teil des Pkw postierten SEK-Beamten den finalen Rettungsschuss auf Degowski abfeuern sollten.[5] Dieser saß auf der Rückbank zwischen den Geiseln und hielt Silke Bischoff nahezu ununterbrochen seinen Revolver an den Kopf. Kesting entschied sich gegen den Zugriff, da er ein Disziplinarverfahren fürchtete.[6] Die Kölner Einsatzführung hatte ihm mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht, da vorher vereinbart wurde, dass sich das Notzugriff-Team dem Fahrzeug nur unbewaffnet nähern dürfe.[4] Weder die um das Fahrzeug versammelten Journalisten, noch Rösner und Degowski bemerkten die Anwesenheit der Polizei. Einige Journalisten boten sich als Lotsen an und zeigten den Geiselnehmern Fotos von Polizisten, damit sie den Verbrechern bei einem möglichen Austausch der Geiseln nicht untergeschmuggelt werden konnten. Besonders negativ fiel der Express-Reporter Udo Röbel auf. Er bot sich an, die Geiselnehmer im Fluchtwagen bis zur nächsten Autobahnauffahrt zu lotsen und fuhr zwischen Köln und der Raststätte Siegburg im Fluchtfahrzeug mit. Dabei wetteiferten zahlreiche Journalisten um die besten Bilder und folgten dem Fahrzeug der Geiselnehmer im Autopulk.

Gegen 12 Uhr fuhren die Geiselnehmer auf der A3 weiter in Richtung Frankfurt am Main und hielten in Höhe von Bad Honnef kurz vor der Landesgrenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz auf dem Seitenstreifen an. Nachdem daraufhin ein Beamter das Fluchtfahrzeug mit einem schweren gepanzerten Einsatzfahrzeug der Mercedes S-Klasse seitlich gerammt und fahrunfähig gemacht hatte, griff ein Spezialeinsatzkommando der nordrhein-westfälischen Polizei mit Waffengewalt und Blendgranate ein. Ursprünglich war beabsichtigt, den Motor des präparierten Fluchtfahrzeuges ferngesteuert auszuschalten, die dafür benötigte Fernbedienung war jedoch nicht mitgeführt worden. Nach einem heftigen Schusswechsel (die Polizei gab 62 Schüsse ab), bei dem die Kugeln der Polizei die Seitenwände des Fluchtfahrzeuges aufgrund des verwendeten Munitionstyps kaum durchschlagen konnten, endete das Geiseldrama wenig später. Die 18-jährige Silke Bischoff starb durch eine Kugel aus Rösners Waffe, ihre Freundin Ines V. blieb weitgehend unverletzt, da sie sich durch einen Sprung in den Straßengraben retten konnte. In einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt im September 2008 äußerte der bekannte Strafverteidiger Rolf Bossi, der Degowski 1991 verteidigte, dass sich der tödliche Schuss aus Rösners Waffe vermutlich während einer Schmerzreaktion des Täters löste, als dieser von einer Kugel in den linken Oberschenkel getroffen wurde, welche bis in die rechte Beckenseite eindrang.[7]

Ob Rösner mit Tötungsabsicht abgedrückt hat, konnte in dem späteren Gerichtsverfahren nicht geklärt werden.[8] Während des Schusswechsels lag der Täter quer auf beiden Vordersitzen, während Löblich im Fußraum des Beifahrersitzes Schutz suchte.[9] Silke Bischoff befand sich auf der Rückbank hinter dem Fahrersitz. Degowski, der sich zwischen den Geiseln befand, hatte zuvor eine Synkope erlitten. Laut Aussagen mehrerer SEK-Beamter zielte Rösner während des Schusswechsels auch durch die Vordersitze in den hinteren Teil des Fahrzeugs.[9] Rösner bestreitet bis heute, Silke Bischoff erschossen zu haben.[9][10] Allerdings belegen Aussagen der Geisel Ines V., dass er Bischoff durch die Vordersitze gezogen hat, um ihr die Pistole an den Kopf halten zu können.[9]

Nach der Beendigung der Geiselnahme gab es Vorwürfe gegen die Polizei und den Innenminister von Nordrhein-Westfalen, sie hätten unbedingt noch auf dem Gebiet des Bundeslandes die Geiselnahme beenden wollen und deshalb auf die Geiseln keine Rücksicht mehr genommen. Das rheinland-pfälzische Innenministerium hatte bereits den Bundesgrenzschutz um Übernahme der Aktion gebeten und Beamte der GSG 9 standen hinter der Landesgrenze zum Zugriff bereit. Diese Vorwürfe konnten jedoch nicht bestätigt werden.

Gerichtsverfahren

Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski wurden am 22. März 1991 vom Landgericht Essen zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Die Anklage wurde wegen gemeinschaftlichen Menschenraubs und Geiselnahme mit Todesfolge erhoben, gegen Degowski dazu wegen Mordes und gegen Rösner wegen versuchten Mordes.[11] Gegen Rösner wurde darüber hinaus Sicherungsverwahrung angeordnet, da er nach Überzeugung des Gerichts ein Hangtäter ist.[12] Rösners Freundin Marion Löblich erhielt eine neunjährige Haftstrafe, von der sie sechs Jahre verbüßte. Danach wurde sie wegen guter Führung entlassen, heiratete und lebt heute, aufgrund ihrer Tablettensucht schwer erkrankt, in Magdeburg.[13] Alle drei traten ihre Haftstrafen in nordrhein-westfälischen Gefängnissen an.

2002 lehnte das Oberlandesgericht Hamm „wegen der besonderen Schwere der Schuld“ eine vorzeitige Haftentlassung von Degowski ab. Die Haftdauer wurde auf mindestens 24 Jahre festgelegt, so dass er frühestens im Januar 2013 entlassen werden kann. 2008 stellte Degowski ein Gnadengesuch [14], das im März 2009 vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Rüttgers abgelehnt wurde.[15]

Rösners Gesuch auf vorzeitige Entlassung lehnte das Oberlandesgericht Hamm im Januar 2004 ab. Ebenfalls abgelehnt wurde eine Haftverkürzung, so dass Rösner seine Haft bis Februar 2016 verbüßen muss. Da zusätzlich Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, wird er auch nach dem Verbüßen seiner Haftstrafe nicht freigelassen werden.

Politische Kontroversen entstanden, als Degowski unauffällig gefesselt und in Begleitung zweier bewaffneter Beamter durch die Stadt Werl geführt werden durfte, wo er in der Justizvollzugsanstalt inhaftiert ist.

Seit 2004 sitzt Rösner seine Haft in der JVA Bochum (Krümmede) ab. Am 25. März 2009 wurden in seiner Einzelzelle von Vollzugsbeamten sieben Gramm Heroin gefunden.[16] Am 11. August 2009 fand deshalb im Bochumer Schöffengericht erneut ein Prozess gegen ihn statt. Er wurde daraufhin zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.[17]

Verarbeitung

An der Stelle an der Autobahn 3, an der die Geiselnahme zu Ende ging, erinnerte ein Holzkreuz an den Tod von Silke Bischoff. Im Zuge des Neubaus der ICE-Strecke Köln-Frankfurt am Main wurde dieses 2002 entfernt. Am 18. August 2009 wurde für Silke Bischoff am Tatort an der A3 eine Gedenkstätte errichtet.

Öffentliches Interesse

Durch ihre Liveberichte und -interviews boten die Medienvertreter den beiden Verbrechern ein öffentliches Podium in bis dahin nicht gekannter Form. Das sensationsgierige Verhalten der Presse rief in der Öffentlichkeit Empörung hervor. Auch die Polizeitaktik wurde heftig angegriffen. Den Einsatzleitungen wurden schwere Organisationsfehler und psychologisches Ungeschick vorgeworfen. Der Bremer Innensenator Bernd Meyer trat wegen polizeilicher Fehler zurück. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Schnoor blieb hingegen trotz zahlreicher Rücktrittsforderungen im Amt.

Das Verhalten der Journalisten in Bremen wurde zum damaligen Zeitpunkt unterschiedlich bewertet. Aufgrund der chaotischen Situation gelang es Journalisten, die Freilassung von fünf Geiseln zu erreichen. Auch die Freilassung der beiden Bankangestellten auf der Raststätte Grundbergsee erreichten Journalisten durch ein Gespräch mit Rösner.

Journalisten brachten den von Degowski im Bus angeschossenen, bereits verblutenden Emanuele zum Notarzt. Allerdings hielten die Reporter den herabhängenden Kopf des schwerverletzten Jungen noch einmal fotogerecht in die Kamera.

Wegen des Fehlverhaltens der Journalisten während des Geiseldramas stellte der Deutsche Presserat am 7. September 1988 fest, dass es „Interviews mit Geiselnehmern während des Geschehens nicht geben darf“ und es „nicht die Aufgabe von Journalisten sei, eigenmächtig Vermittlungsversuche zu unternehmen“, und erweiterte den Pressekodex entsprechend. In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zwanzig Jahre nach dem Gladbecker Geiseldrama erklärten einige der damals beteiligten Journalisten, sie bereuten ihr Verhalten, das zur Unterstützung der Verbrecher beigetragen habe.[18]

Künstlerische Verarbeitung

Im Film

  • Der Film Terror 2000 - Intensivstation Deutschland von Christoph Schlingensief entstand 1992 in Anlehnung an das Gladbecker Geiseldrama.
  • Mitte der 1990er-Jahre entstand für den Sender RTL ein aufwändiges Doku-Drama über die Ereignisse, wobei auch direkt Beteiligte zu Wort kamen. Ausgestrahlt wurde der Film im August 1998.
  • Der von ARTE und ZDF 1999 ausgestrahlte Fernsehfilm Ein großes Ding von Bernd Schadewald stellte in einer Mischung aus Reality und Drama die Ereignisse der Geiselnahme nach.
  • Die 2003 ausgestrahlte Folge Nachtschicht – Amok! der im ZDF ausgestrahlten deutschen Polizeifilmreihe Nachtschicht weist im Finale einige Parallelen auf.

In der Musik

  • Mike Oldfield sampelte ein kurzes Stück aus einem Radiobericht über das Geiseldrama für sein Lied Hostage auf dem Album Earth Moving (1989).
  • Die Dark-Wave-Gruppe 18 Summers benannte sich zunächst im Frühjahr 1990 nach der Geisel Silke Bischoff. Auf Silke Bischoff wird in einigen Texten Bezug genommen, so zum Beispiel bei dem Track Why Me? vom 1991er Debüt-Album. Nach einem Rechtsstreit zwischen den Gründungsmitgliedern im Jahr 2002 wurde der Name 18 Summers („18 Sommer“) gewählt, was sich auf das Alter von Silke Bischoff zum Zeitpunkt ihrer Tötung bezieht.
  • Im Liedtext von Hier auf dem ersten Album Wichtig (1993) der Hamburger Gruppe Die Sterne ist vom sogenannten „Rösner-Degowski-Syndrom“ die Rede.
  • Die deutsche Hardcore-Punk-Band Hammerhead setzte ein Foto der Gladbecker Ereignisse auf das Cover ihres Debütalbums Stay Where The Pepper Grows (1994).
  • Die aus dem Ruhrgebiet stammende Hardrock-Gruppe Axxis veröffentlichte 1995 auf ihrem Album Matters of survival (1995) das Lied Just a story, das die Geschehnisse des Gladbecker Geiseldramas zwar in szenisch abgewandelter Form wiedergibt, sich aber inhaltlich mit der Sensationslust der Journalisten, die über den Fall berichteten, auseinandersetzt.
  • Die deutsche Hip-Hop-Band Äi-Tiem hat ein Stück mit dem Titel Gladbeck auf dem Album Murphies Gesetz veröffentlicht (2006).
  • In Anlehnung an das Cover von Hammerhead spielt auch das Cover des Albums "Ausflug mit Freunden" (2010) der Electro-Punk-Band Egotronic auf das Geiseldrama an.

Literatur

  • Der Spiegel: Mach es weg, mach es weg. In: Der Spiegel. Nr. 33, 2008 (11. August 2008, online).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. ... kamen Sie gleich zur Sache, Herr Rösner?. In: Der Spiegel. Nr. 33, 1989 (online).
  2. a b c d e Hören Sie, was machen Sie für 'n Mist? abgerufen am 12.November 2009
  3. Frank Plasberg über seinen Einsatz beim Geiseldrama 1988 (13. August 2003)
  4. a b Streit um Bewaffnung beim Einsatz abgerufen am 15. September 2009
  5. Der finale Rettungsschuss wäre berechtigt gewesen abgerufen am 15. September 2009
  6. Ich, Rainer Kesting, habe gekniffen abgerufen am 15. September 2009
  7. Geiselgangster Degowski ist kein Mörder abgerufen am 21. Dezember 2009
  8. Die ganz große Keule abgerufen am 21 Dezember 2009
  9. a b c d Georg Bönisch: Sie fragte sogar: Warum gerade ich?, in Der Spiegel, Ausgabe 31/1989, abgerufen am 21 Dezember 2009.
  10. [1] abgerufen am 21 Dezember 2009
  11. Für die Täter Rösner und Degowski bleibt Freiheit ein ferner Traum abgerufen am 12. August 2009
  12. Lebenslange Haft und Sicherungsverwahrung bei www.handesblatt.com abgerufen am 22. März 2009
  13. ZDF – Markus Lanz: 20 Jahre Geiseldrama von Gladbeck; Sendung vom 18. Juni 2008
  14. Geiselnehmer Degowski bittet um Gnade, RP Online vom 12. August 2008. Abgerufen am 13. August 2008.
  15. Rüttgers lehnt Degowski-Gnadengesuch ab bei www.derwesten.de; abgerufen am 11. August 2009
  16. Geiselgangster Rösner im Knast mit Heroin erwischt DerWesten (WAZ) vom 17. April 2009; abgerufen am 9. August 2009
  17. Drogenprozess gegen Hans-Jürgen Rösner - "Die ganz große Keule" Spiegel Online, abgerufen am 11. August 2009
  18. Holger Gertz: Im Rausch der Tiefe; in: Süddeutsche Zeitung, Ausgabe vom 12. August 2008; abgerufen am 13. August 2008

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