Genueser Kolonien

Genueser Kolonien

Genua war eine derjenigen Seerepubliken, die schon im Hochmittelalter begannen, Überseebesitzungen zu erwerben, vor allem im Gefolge der Kreuzzüge. Die Genueser Kolonien befanden sich vor allem im Mittelmeerraum sowie später im Zusammenhang mit der iberischen Überseeexpansion auf den atlantischen Inseln und vor der westafrikanischen Küste. Als Gegenleistung für ihre unentbehrlichen Flotten- und Militärdienste während der Kreuzzüge sicherte sich Genua (so wie auch Pisa und Venedig) Handelsprivilegien und nationale Handelsquartiere in den größeren Hafenorten Palästinas (bisweilen auch ganze Dörfer und kleine stadtnahe Territorien), die vorrangig den spezifischen wirtschaftlichen Zielen des italienischen Kaufmannskapitals dienten.

Kolonien und Stützpunkte Genuas

Inhaltsverzeichnis

Sardinien

Gegen den gemeinsamen sarazenischen Feind im Vorfeld der eigenen Küste schloss sich Genua Anfang des 11. Jahrhunderts mit Pisa zusammen, um im Auftrag des Papstes 1016 n. Chr. die Moslems von der Insel Sardinien zu vertreiben, doch noch bis 1022/27 gab es maurische Rückeroberungsversuche und noch bis etwa 1050 Plünderungen durch maurische Piraten. Das erworbene Gebiet wurde in der Mitte geteilt, lieferte bald aber Gelegenheit für Eifersüchteleien zwischen den Verbündeten. Die Pisaner waren zunächst etwas geschickter und kamen durch Heirat in den Besitz der Gallura. Genua besaß schließlich nur noch das Judikat Torres und einen Teil von Arborea, also den Nordwesten der Insel. Der Kampf zwischen den Adelsfamilien Genuas (Doria, Malaspina und Spinola) und Pisas (Visconti und Gherardesca) wurde in der Seeschlacht bei Meloria 1284 zu einem für Pisa verheerenden Abschluss gebracht. Aber Genua erfreute sich nur noch bis zum Jahre 1297 seines Erfolges, als der Papst dem König (Jakob II.) von Aragon die Herrschaft über Sardinien zusprach. Erst 1353 wurde das Gebiet um Alghero, das bis dahin eine Kolonie Genuas blieb, von Admiral Bernat de Cabrera erobert und (ab 1372) von Einwanderern aus Katalonien, den Balearen und dem Reich Valencia besiedelt.

Korsika

Näher zu Genua hin gelegen war Korsika, das seit dem Jahre 1077 pisanische Kolonie war, aber von Papst Innozenz III. nach der Seeschlacht von 1284 zunächst zur Hälfte an Genua übertragen wurde. Wenig später wurde es allerdings Aragon zugesprochen. Die Genueser widersetzten sich und konnten 1447 endgültig siegen, so dass die Insel bis 1768 bei Genua blieb, ab 1453 allerdings von der St. Georgs-Bank verwaltet wurde, die die Insel befestigte (Torregiana). Seit dem Aufstand der Korsen unter Pascal Paoli 1755 war die Insel jedoch faktisch unabhängig, der Verkauf der dennoch aufrechterhaltenen Ansprüche auf Korsika an Frankreich im Jahre 1768 daher im Prinzip ein illegitimer Akt.

Zypern

Eine private Kompanie genuesischer Kaufleute und Patrizier besaß seit der Thronbesteigung von Heinrich I. im Jahre 1232 Handelsprivilegien auf Zypern. 1373 entsandten sie eine Flotte, die die venezianischen Konkurrenten aus einigen Positionen verdrängte und den Osten von Zypern zum genuesischen Protektorat machte. Mehrere Versuche des zypriotischen Königshauses, zusammen mit Venedig und den Visconti die genuesische Herrschaft abzuschütteln, misslangen. Nach Straßenkämpfen zwischen den Venezianern und Genuesen in Famagusta besetzte ein Geschwader unter Pietro di Campofregoso 1374 Famagusta und verlangte hohe Reparationen sowie einen jährlichen Tribut. Fast ein Jahrhundert lang blieb Zypern danach ein genuesisches Protektorat. Famagusta wurde von König Jakob I. offiziell an Genua abgetreten. Anders als die Venezianer verfügten die Genuesen nicht über eine große Kriegsmarine und konnten den Besitz Zyperns nicht dauerhaft absichern. So übertrugen sie die Verwaltung der Banco di San Giorgio. 1464 gelang es Jakob II. mit Hilfe ägyptischer Truppen sowie spanisch-sizilianischer Söldner Kyrenia und Famagusta einzunehmen, finanziert wurden diese Unternehmen von Venedig aus, um Genua endgültig von der Insel zu vertreiben. Durch die Heirat Jakobs mit der Venezianerin Katharina Cornaro stieg der Einfluss der Serenissima erneut, sodass schließlich nach dem Tod Jakobs Katharina abdankte und 1489 Zypern an diese abtrat.

Monaco

Im Jahre 1174 verkaufte Raimund VI., Graf von Toulouse Monaco an die Republik Genua, 1191 wurde der Erwerb Monacos durch den römisch-deutschen Kaiser Heinrich VI. bestätigt. 1297 gelang es der aus Genua stammenden Familie Grimaldi, die Stadt zu erobern, jedoch fiel sie schon 1301 wieder an Genua zurück, 1331 konnten sich die Grimaldis erneut durch die Hilfe des französischen Königs gegen Genua behaupten, verloren die Herrschaft über die Stadt aber 1357 wieder an die Genuesen, die sie bis 1419 halten konnten, ehe sie endgültig an die Grimaldis zurückfiel.

Schwarzes Meer

Nach der Aufteilung des Byzantinisches Reiches im Vierten Kreuzzug 1204 waren wichtige Hafenstädte zunächst an den Rivalen Venedig gefallen, mittels eines Bündnisses mit dem um Restauration bemühten Kaiserreich Nikäa setzte sich dann jedoch wieder Genua durch und ab 1261 vor allem auf der Halbinsel Krim und am Asowschen Meer fest. Von den Kämpfen um ihre Kolonie Kaffa auf der Krim brachten die Genueser 1348 den Schwarzen Tod, die Pest, nach Europa. Die Kolonien auf der Krim, 1365 kamen neben Kaffa weitere hinzu, wurden als Provinz „Gothia“ zusammengefasst, aber bis 1475 allesamt von den Osmanen erobert. Die Kolonien des gesamten Schwarzmeerraums mit Ausnahme von Pera wurden zum von Caffa aus verwalteten Gebiet „Khazaria“ oder „Gazaria“, fielen aber alle bis 1482. Die bedeutendste und erste genuesische Kolonie im Schwarzmeerraum, Pera bei Konstantinopel, blieb während dieser Zeit ein wichtiger und konstanter Stützpunkt des genuesischen Handels.

Bosporus

Die Krim im 15. Jahrhundert

Krim

Asowsches Meer

  • Asow (Tana) - 1261/70–1343/92
  • Bosporo, Taman und Matrida (Matrega) (alle drei an der Straße von Kertsch) - ab 1310
  • Tmutarakan - 1419–1482

Östliches Schwarzes Meer

  • Lo Vati (heute: Batumi in Georgien)
  • Sevastopol (die ehemals griechische Kolonie Dioskurias; heute: Suchumi)

Bessarabien

Kleinasien

Ägäis

Die ägäischen Inseln Chios (1304–1329 und 1346–1566), Samos (1304–1329 und 1346–1475), Thasos (1354–1457) und Lesbos (1333–1336 und 1355–1462) wurden Genueser Kolonien. Die thrakische Hafenstadt Ainos unterstand 1376–1456 der Genueser Patrizierfamilie Gattilusio. Nach dem Fall von Byzanz wurden aber bis 1475 fast sämtliche genuesischen Kolonien und Niederlassungen in der Ägäis und im Schwarzen Meer aufgegeben. Chios wurde erst 1566 von den Osmanen erobert.

Stützpunkte

1162 errichteten Genueser in Salé südwestlich der Meerenge von Gibraltar einen Stützpunkt an der afrikanischen Küste, zu dem 1253 das weiter südlich an der marokkanischen Atlantikküste gelegene Safi kam. 1277 eröffneten sie die ersten Seeverbindungen von Spanien mit Flandern und England. Ab 1251 genossen sie in Sevilla steuerliche Privilegien. Genueser Kaufleute hatten schon vor dem Ende der Reconquista in Spanien den Handel mit Olivenöl, Wein, Thunfisch, Leder, Seife und Quecksilber in Cádiz, Granada, Lissabon, Málaga und Sanlucar zu ihrer Domäne gemacht. Die Eroberungen Gran Canarias, Las Palmas’ und Teneriffas wurden finanziert durch genuesisches Handels- und Kreditkapital unter aktiver Teilnahme spanischer und portugiesischer Unternehmer, wie z. B. der Tuchfabrikanten. Auch in Valencia, Toledo und Cuenca hatten Genueser großen Anteil am kastilischen Handel. Zu den „alberghi ligures“, den Genueser Familien, die in Andalusien dauerhaft ansässig wurden, zählen die Boccanegra, Cataño, Centurión, Espinola, Grimaldo, Pinelo, Rey, Riberol, Sopranis, Zaccaría u. a. Genuesisch-pisanischer Technologietransfer verhilft allmählich den iberischen Monarchien Portugal, Kastilien-León und Aragón-Katalonien nach und nach zu eigenen, leistungsfähigen Flotten, die von den eroberten Häfen entlang der Straße von Gibraltar die maurische Seesperre durchbrechen.

Die Banco di San Giorgio mit ihren großen Besitzungen hauptsächlich auf Korsika bildete während dieser Phase das stabilste Element im Staat, bis 1528 der Nationalgeist seine Kraft wiedergewann, als Andrea Doria die französische Vorherrschaft abschütteln und die alte Form der Regierung wieder herstellen konnte, die mittelalterliche Kolonialzeit war jetzt aber beendet.

Literatur

  • Michel Balard: La Romanie génoise (XIIe - début du XVe siècle). 2 Bände. Rom / Paris: École Française de Rome, 1978 (Bibliotheque des Écoles Françaises d’Athènes et de Rome 235, ISSN 0257-4101; Atti della Societa Ligure di Storia Patria N. S. 18 = 92).
  • Sergei Pawlowitsch Karpow: L' Impero di Trebisonda Venezia, Genova e Roma. 1204 - 1461 ; rapporti politici, diplomatici e commerciali. Roma: Veltro Ed., 1986.

Weblinks


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