Georg Carl Lahusen

Georg Carl Lahusen
Georg Carl Lahusen

Christian Friedrich Georg (G.) Carl Lahusen (* 17. Juli[1] 1888 in Delmenhorst; † 1973 in München) war ein norddeutscher Unternehmer, der 1921 die Leitung der Norddeutschen Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei („Nordwolle“) von seinem verstorbenen Vater Carl Lahusen sen. übernahm, und diese zusammen mit seinen Brüdern Heinz Lahusen und Friedrich Lahusen in den Konkurs brachte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und frühe Jahre

Lahusen-Villa in Delmenhorst

G. Carl Lahusen wurde auf dem neu errichteten Familienwohnsitz in Delmenhorst[1] als ältester Sohn des Unternehmers Carl Lahusen sen. geboren. Seine Mutter, Tochter des anglikanischen Pfarrers Duncan Mathias adliger Herkunft[1], stammte aus England. Er wuchs mit seinen Geschwistern in der Lahusen-Villa am Rande des Nordwolle-Firmengeländes in Delmenhorst auf. Trotz der wohlhabenden Verhältnisse, was auf die enorme Vergrößerung des Wollbetriebes zurückzuführen war, galt der fromme Vater als sehr streng und die Mutter als sehr sparsam, „bis zum Geiz“, obwohl sie für wohltätige Zwecke äußerst großzügig war. Die Erziehung erfolgte zunächst im Privatunterricht.[2] Ab dem zwölften Lebensjahr besuchte Carl Lahusen das Alte Gymnasium in Bremen. Aus dieser Zeit stammt die Anekdote, daß am Verwaltungsgebäude morgens ein weißes Taschentuch herausgehängt wurde, um damit dem Zugführer am Bahnhof Delmenhorst ein Zeichen zu geben, noch einen Moment auf die sich zum Schulbesuch in Bremen verspätenden Lahusenkinder zu warten.

Nach dem Abitur 1907 durchlief er als Lehrling alle Abteilungen des elterlichen Betriebes in der Delmenhorster Zentrale.[2] Nach zweijähriger Lehrzeit arbeitete er als Angestellter im Büro. Zur weiteren Ausbildung folgten Auslandsaufenthalte in Argentinien und Australien. Mittlerweile Prokurist[2], wurde er 1914 als Kriegsfreiwilliger Soldat.

Nach dem Tod des Vaters übernahm Carl Lahusen 1921 die Leitung des Firmenkonzerns als Generaldirektor. 1921 heiratete Carl Lahusen das Mitglied einer weiteren einflussreichen Familie im Umkreis Bremens: Louise Kulenkampff.

Leben als Unternehmer

Im Jahr 1920 stieg G. Carl Lahusen nach dem Ersten Weltkrieg und Wiedereintritt in die Firma in den Vorstand der Nordwolle auf. Nachdem sein Vater 1921 starb und 1924 das Vorstandsmitglied Rodewald in den Aufsichtsrat wechselte, übernahm er den Vorsitz des Vorstandes der Nordwolle.[2]

Lahusen wurde für das Jahr 1931 zum Präses der Handelskammer Bremen gewählt. Bereits einige Jahre zuvor war er kaufmännisches Mitglied der Stiftung Haus Seefahrt geworden, in der sich traditionell die Wirtschaftselite der bremer Oberschicht exklusiv organisiert und war gemeinsam mit Johannes Daniel Volkmann Schaffer deren hochangesehener Schaffermahlzeit im Jahre 1928.[3]

Bis Anfang der 1930er Jahre schaffte es Lahusen, die fallenden Wollpreise durch immer größere Anschaffungen, wie zum einen den enormen Ausbau der Fabrik als auch den Kauf von Luxusgütern und Bau von Luxusimmobilien wie das Haus des Reichs oder das Herrenhaus Hohehorst, zu vertuschen. Durch Bilanzverschleierung konnten für die Nordwolle Bankkredite und Staatshilfen in Millionenhöhe erlangt werden, wobei auch Familienbindungen eine Rolle spielten: der mit Wirtschaftsfragen befasste bremer Senator Bömers war der Schwiegervater einer Schwester Lahusens.[4] So gelang es G. Carl Lahusen, die Lahusens nach wie vor als angesehene Familie im Bremer Raum zu repräsentieren.
   Zu dieser Zeit war Carl Lahusen auch Geschäftsführer der Hamburger Wollkämmerei GmbH, Aufsichtsratsmitglied der Elsflether Werft AG, der Darmstädter und Nationalbank KgaA und des Norddeutschen Lloyd.[5]

1931 geriet die Nordwolle in die Insolvenz. Am 17. Juni 1931 trat Lahusen vom Amt als Vorstandsvorsitzender zurück und einen Monat später wurde er unter dem Verdacht des Konkursvergehens verhaftet und im Dezember 1931 gegen Stellung einer Kaution in Höhe von 1 Mio. Reichsmark entlassen. Die Angaben über die Verluste schwanken zwischen 180 und 240 Mio. Reichsmark. Sie kosteten die Danatbank und dem privaten Bankhaus Schröder ihre Existenz. Der tief verschuldete bremische Staat geriet an den Rand der Zahlungsunfähigkeit.[6] Der Konkurs hatte Einfluss auf die nationale und internationale Wirtschaftskrise.
   G. Carl Lahusen musste mit seinem Privatvermögen haften. So wurde sein Großgrundbesitz in Löhnhorst, das Herrenhaus Hohehorst mit grob 1.000 Hektar Gutsfläche, und Ostprignitz, das Rittergut Fretzdorf mit etwa 24.000 Morgen, zwangsversteigert.[7] Lahusen wurde wegen Bilanzfälschung und persönlicher Bereicherung angeklagt und inhaftiert, aber, auch mit Hilfe seiner persönlichen und familiären Verflechtungen im Bremer Milieu, zunächst gegen Zahlung einer sehr hohen Kaution freigelassen. Die Reichsregierung und der Reichspräsident, vertreten durch Staatssekretär Dr. Meissner, sahen 1931 keine Veranlassung Hilfsmaßnahme durch eine Notverordnung (analog der Verordnung für die Danat-Bank) vorzunehmen. [8] Der Prozess verschleppte sich zunächst. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er 1933 in „Schutzhaft“ genommen und musste sich mit seinem Bruder Heinz Lahusen dem Strafprozess wegen Konkursverbrechen, Bilanzverschleierung, Untreue und Kreditbetrug stellen. Am 29. Dezember 1933 wurde er zu einer Geldstrafe von 50.000 Reichsmark und 5 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. In den Verhandlungen wurde deutlich, dass sich Lahusen nicht als erster Angestellter einer Aktiengesellschaft verstand. Vielmehr hielt er sich für einen industriellen Unternehmer, der einen Familienbesitz verwalte.[9] Der Reichstagsabgeordnete Alfred Faust - später Pressechef in Bremen - bezeichnet G. Carl als typischen Vertreter der Nachkriegsgeneration der Großkapitalisten, die durch Zufall oder Erbschaft an die Spitze eines Unternehmens gestellt werden, denen aber das nötige Verantwortungsgefühl und Können fehlt. Die Revision vor dem Reichsgericht wurde 1934 zurückgewiesen. Das Urteil war wegen seiner politischen Begleitumstände umstritten.

Die Nordwolle wurde auf Beschluss der Gläubigerversammlung seit 1932 als Norddeutsche Woll- und Kammgarnindustrie AG (NWK) weitergeführt.

Über das weitere Leben von Lahusen finden sich erstaunlicherweise keine Berichte. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass G. Carl Lahusens Name in der Mitgliederliste des fundierten Buchs Karl. H. Schwebels über Haus Seefahrt von 1946 nicht verzeichnet ist.[10]

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c Marquis of Ruvigny and Raineval Staff: The Plantagenet Roll of the Blood Royal: The Mortimer-Percy Volume, Heritage Books, 2001, ISBN:0788418726
  2. a b c d Eigene biographische Angaben im Strafprozess aus: Berliner Tageblatt am 30. August 1933: Lahusens Werdegang, Beginn des zweiten Prozesstages
  3. Weser-Zeitung, Ausgabe vom 11. Februar 1928, Schünemann, Bremen 1928, Mikrofilmsammlung SuUB.
  4. Herbert Schwarzwälder: Das Große Bremen-Lexikon Band 2  L-Z.   2., aktualisierte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Edition Temmen, Bremen 2003, ISBN 3-86108-693-X, S. 521.
  5. Bundesarchiv: Unterlagen zu den „Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik.“ online
  6. Karl H. Schwebel: Bömers, Heinrich Ferdinand Emil. in: Bremische Biographie 1912-1962. Hauschild, Bremen 1969, S. 62.
  7. Deutsche Allgemeine Zeitung (Berlin) am 19. November 1931: Lahusen-Besitzung unter Zwangsverwaltung
  8. Bundesarchiv: Akten der Reichskanzlei der Weimarer Republik; Die Kabinette Brüning I/II > Band 2 - Dokumente - Nr. 399 Kabinettssitzung vom 20. Juli 1931, 4. Außerhalb der Tagesordnung: Fall „Nordwolle".
  9. Hamburger Fremdenblatt am 29. Dezember 1933: Schuld oder Schicksal?
  10. Karl H. Schwebel: "Haus Seefahrt" Bremen: seine Kaufleute und Kapitäne. Krohn, Bremen 1947, S. 76.

Weblinks


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