Georg Klaus

Georg Klaus

Georg Klaus (* 28. Dezember 1912 in Nürnberg; † 29. Juli 1974 in Berlin) war ein deutscher Philosoph, Schachspieler und Schachfunktionär.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Klaus war der dritte Sohn des Eisengießers Georg Heinrich Klaus. 1932 begann er ein Studium der Mathematik an der Universität Erlangen. In dieser Zeit wurde er Mitglied der KPD. Wegen seiner politischen Aktivitäten wurde er 1933 verhaftet und wegen Hochverrats verurteilt. Er verbrachte zwei Jahre Haft im Nürnberger Zellengefängnis und danach drei Jahre "Schutzhaft" bis 1939 im Konzentrationslager Dachau. Nach seiner Entlassung arbeitete er in Bleistiftfabriken in Nürnberg (Faber-Castell bzw. Schwan-Bleistift).

1943 wurde er zur Wehrmacht eingezogen und an der Ostfront eingesetzt. Wegen eines Lungendurchschusses verbrachte er lange Zeit im Lazarett. 1945 geriet er an der Westfront in alliierte Gefangenschaft. Nach seiner Entlassung im September 1945 wurde er Kreisvorsitzender der KPD und 1946 der SED in Sonneberg (Thüringen).

1947 nahm er sein Studium in Jena wieder auf und schloss dieses 1948 als Dr.päd. der Erziehungswissenschaften ab. Nach einer Dozententätigkeit und seiner Habilitation wurde er 1950 Professor in Jena für Dialektischen und Historischen Materialismus. 1953 wechselte er an die Humboldt-Universität zu Berlin, ab 1959 leitete er die Philosophie an der Akademie der Wissenschaften der DDR.

1967 veröffentlichte er das Wörterbuch der Kybernetik.

Der Philosoph

Der Einsatz von Georg Klaus war ausschlaggebend für die Einführung der Kybernetik in der DDR. Diesen Prozess leitete er 1957 mit seinem Vortrag über philosophische und gesellschaftliche Probleme der Kybernetik ein. Klaus ordnete die Kybernetik der marxistischen Philosophie unter. Sie könne dieser zwar dienen, sie aber nicht ersetzen. Die Vorstellung von Steuerung sei tief im dialektischen Materialismus verwurzelt.

Regelungen, Systeme, Information und Spieltheorie sind für Klaus die vier Bereiche der Kybernetik. Letztere erlaube es, den Klassenkampf auch theoretisch zu simulieren. In der Folge verkoppelt Klaus Kybernetik und Marxismus-Leninismus immer mehr; schließlich war er der Ansicht, dass selbst der „bürgerliche“ Kybernetiker unwissentlich den dialektischen Materialismus entwickle. Klaus versuchte auch, den demokratischen Zentralismus kybernetisch zu interpretieren, wobei er die Partei als lernendes System betrachtete. Der Determinismus, der dem dialektischen Materialismus zugrunde liegt, würde ebenfalls durch die Kybernetik bestätigt. Als Beleg führte Klaus die systemstabilisierende Funktion von Regelkreisen an, die gegen Störungen weitgehend immun sind.

Schach

1928 wurde Klaus Mitglied im Arbeiterschachklub Nürnberg. Für die Zeitung Fränkische Tagespost führte er verantwortlich die Schachecke. Nach der Zwangsauflösung des Arbeiterschachklubs wurde er Mitglied beim bürgerlichen Schachklub Noris Nürnberg. Hier wurde er 1933 Mannschaftsmeister von Franken.

1942 wird Klaus überraschend Zweiter des Wertungsturniers in Regensburg, wodurch er sich für die Großdeutsche Meisterschaft in Bad Oeynhausen qualifizierte. Hier belegte er den geteilten zweiten Platz (hinter Ludwig Rellstab). 1943 erreichte er den vierten Platz beim 4. Schachmeisterturnier des Generalgouvernements in Bad Krynica. Dabei gelingt ihm ein Sieg über Bogoljubow.

1953/54 war Klaus Präsident der Sektion Schach der DDR.

1953 remisierte er als nachgerückter Teilnehmer eines Wettkampfes DDR - Bulgarien in Sofia.

Zwischen seinem Interesse für Schach und seinen philosophischen Werken gibt es Anknüpfungspunkte, so bezeichnete er den früheren Schachweltmeister Emanuel Lasker als einen Vorläufer der Spieltheorie.

Werke (Auswahl)

  • Die erkenntnistheoretische Isomorphierelation (1948, Diss.)
  • Jesuiten, Gott, Materie – des Jesuitenpaters Wetter Revolte wider Vernunft und Wissenschaft (1957)
  • Einführung in die formale Logik (1958; 2. Aufl. 1959); Moderne Logik. Abriss der formalen Logik (1963; 6. erw. Auflage 1972)
  • Kybernetik in philosophischer Sicht (1961)
  • Semiotik und Erkenntnistheorie (1963)
  • Kybernetik und Gesellschaft (1964)
  • Spezielle Erkenntnistheorie - Prinzipien der wissenschaftlichen Theorienbildung (1965)
  • Was ist, was soll Kybernetik? (zus. mit Heinz Liebscher) (1966)
  • Spieltheorie in philosophischer Sicht (1968)
  • Bemerkungen zum gegenwärtigen Stand der marxistischen Philosophie in der DDR und den Perspektiven ihrer weiteren Entwicklung (1968) (in: Eckardt 2002: 127-142 bzw. http://www.atasp.de/downloads/berlinerdebatte.pdf)
  • Sprache der Politik (1971)
  • Kybernetik und Erkenntnistheorie (1972)
  • Kybernetik, eine neue Universalphilosophie der Gesellschaft? (1973)
  • Rationalität, Integration, Information (1974)
  • Systeme-Informationen-Strategien (zus. mit Heinz Liebscher) (1974)
  • Beiträge zu philosophischen Problemen der Einzelwissenschaften (1978) (hg. von Heinz Liebscher)

Literatur

  • Hans-Christoph Rauh, Helmut Müller-Enbergs: Klaus, Georg. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4, Band 1.
  • Michael Eckardt: Schach in harten Zeiten: ein ungewöhnlicher Kontakt zwischen dem DDR-Philosophen Georg Klaus und dem tschechischen Schachgroßmeister und Regimekritiker Ludek Pachman aus dem Jahr 1972; in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung 48(2006)1, 53-56.
  • Michael Eckardt: „…sich in die wissenschaftliche Welt allerbestens einführen können.“ Max Bense, Walter Wolf und Georg Klaus zwischen Kooperation und Konflikt an der Universität Jena in den Jahren 1945-1949; in: HOSSFELD, U./KAISER, T./MESTRUP, H. (Hg.)(2007): Hochschule im Sozialismus. Studien zur Friedrich-Schiller-Universität Jena (1945-1990). Köln/Weimar/Wien 2007, 1929-1970.
  • Michael Eckardt: Erlebte Schachnovelle: Georg Klaus; in: Hesselbarth, M./Schulz, E./Weißbecker, M. (Hg.): Gelebte Ideen: Sozialisten in Thüringen. Biographische Skizzen. Jena 2006, 259-267.
  • Michael Eckardt: Medientheorie vor der Medientheorie. Überlegungen im Anschluß an Georg Klaus. Berlin: Trafo-Verlag 2005
  • Michael Eckardt (Hrsg.): Mensch-Maschine-Symbiose. Ausgewählte Schriften von Georg Klaus zur Konstruktionswissenschaft und Medientheorie. Weimar: VDG 2002 [1]
  • Michael Eckardt: Der Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Georg Klaus (Schriftenverzeichnis), in: Deutschland-Archiv 35(2002)3, 544-552.
  • Michael Eckardt: Angewandte Wissenschaftsrevison – Überschneidungen und Parallelen im Schaffen von Max Bense und Georg Klaus, in: Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft/Humankybernetik, 43(2002)4, 143-152.
  • Michael Eckardt: Schachzettel 182: Georg Klaus, in: Schach 57(2003)1, 50-53; [2]
  • Klaus Fuchs-Kittowski, Siegfried Piotrowski (Hrsg.): Kybernetik und Interdisziplinarität in den Wissenschaften. Georg Klaus zum 90. Geburtstag. Berlin: Trafo-Verlag 2004
  • Heinz Liebscher: Georg Klaus zu philosophischen Problemen von Mathematik und Kybernetik. Berlin 1982
  • Helmut Korch: Klaus, Georg. In: Philosophenlexikon. Berlin 1982, S. 478-480
  • Heinrich Scheel (Hrsg.): Philosophie - Wissenschaft: zum Wirken von Georg Klaus. Berlin 1984
  • Jérôme Segal: „Kybernetik in der DDR - dialektische Beziehungen“, in Cybernetics - Kybernetic - The Macy Conferences 1946-1953, Essays & Dokumente, Claus Pias (Ed.), diaphanes, Zürich-Berlin, 2004, pp. 227–251 ODER „Kybernetik in der DDR - Begegnung mit der marxistischen Ideologie“, Dresdner Beitraegen zur Geschichte der Technik und der Technikwissenschaften, 27, 2001, pp. 47–75

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