Georg Wilhelm Steller

Georg Wilhelm Steller

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Von Georg Steller ist kein Porträt bekannt. Aber zahlreiche Tiere sind nach ihm benannt. Im Uhrzeigersinn von links oben: Steller's Sea Eagle oder Riesenseeadler, Cyanocitta stelleri oder Diademhäher, Stellerscher Seelöwe, Stellers Seekuh (ausgestorben), Polysticta stelleri oder Scheckente

Georg Wilhelm Steller (eigentlich Georg Wilhelm Stöller; * 10. März 1709 in Bad Windsheim, Franken; † 12. November 1746 in Tjumen, Sibirien) war ein deutscher Arzt und Naturforscher. Er war Teilnehmer der vom dänischen Kapitän Vitus Bering geleiteten Zweiten Kamtschatkaexpedition. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „Steller“.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Windsheim, Darstellung aus dem 17. Jahrhundert

Georg Wilhelm Steller war ein Sohn von Johann Jakob Stöller, der aus Nürnberg stammte und seit 1702 in Windsheim als Kantor des Gymnasiums und Organist der Stadtkirche tätig war. Der Sohn wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Nach dem Besuch des Windsheimer Gymnasiums studierte er mit einem Stipendium seiner Vaterstadt zunächst Theologie im reformierten Wittenberg. Das ungeliebte Theologiestudium gab er auf, als nach einem Großbrand in seiner Heimatstadt sein Stipendium gestrichen wurde. Sein Studienschwerpunkt ging immer deutlicher in Richtung Medizin und Naturwissenschaften. Es folgten Studienjahre in Leipzig, Jena und Halle, wo er erstmals mit Russlandkunde in Berührung kam. In Halle besuchte er Botanikvorlesungen bei dem berühmten Forscher Friedrich Hoffmann, der die Heilquellen von Bad Lauchstädt entdeckte und bis heute mit seinen Hoffmanns Tropfen bekannt ist. Später durfte er auch als Privatdozent einige Vorlesungen im Fach Botanik halten. 1734 legte er sein Examen als Arzt ab. Weil er in Preußen keine Aussicht auf eine akademische Karriere sah, ging er nach Russland. Da er kaum über finanzielle Mittel verfügte, um nach Sankt Petersburg zu gelangen, schloss sich Steller als Wundchirurg dem russischen Heer an. Eine Russische Armee war gerade aufgrund des Polnischen Erbfolgekriegs in Danzig stationiert. Von hier gelangte Steller auf einem Lazarettschiff nach Sankt Petersburg. Auf dieser Überfahrt änderte er seinen ursprünglichen Familiennamen Stöller in Steller, da dieser für die Russen besser auszusprechen war.

Nahezu mittellos erreichte er 1734 die russische Hauptstadt. Im Botanischen Garten von Sankt Petersburg lernte er den orthodoxen Erzbischof Feofan Prokopowitsch kennen, der sein Gönner wurde und ihn in die gelehrten Kreise der Stadt einführte. 1737 wurde er zum Adjunkten der Naturwissenschaften der Petersburger Akademie der Wissenschaften ernannt. Noch im gleichen Jahr wurde er zum Mitglied der Großen Nordischen Expedition bestimmt und nach Kamtschatka geschickt. Er wurde dem berühmten Professor Johann Georg Gmelin unterstellt. Kurz vor seiner Abreise aus Sankt Petersburg heiratete er die Witwe des deutschen Sibirienforschers Daniel Gottlieb Messerschmidt Brigitte Helene, geb. Böchler († 26. Juni 1761 in Sankt Petersburg). Diese Ehe hielt nicht sehr lange, schon auf dem Weg nach Sibirien − in Moskau − trennte sich das Paar wieder. Nach beschwerlicher Reise und unter laufenden Feldstudien zu einer Vielzahl von Fächern (u. a. Botanik, Zoologie, Geologie und nicht zuletzt Ethnographie) erreicht er sein Ziel im September 1740 und führte dort unverzüglich die Feldforschungen fort, zusammen mit dem russischen Studenten Stepan Petrowitsch Krascheninnikow, der schon seit 1737 vor Ort war. Im Februar 1741 erreichte ihn ein Schreiben Berings, der ihn ersuchte, ihn, Bering, anstelle des zurückgetretenen Expeditionsarztes auf der geplanten Fahrt nach Amerika zu begleiten. Nach anfänglichem Zögern stimmte er schließlich zu.

Am 4. Juni 1741 verließ die Expedition mit den beiden Schiffen St. Peter (mit Bering und Steller) und St. Paul die Awatscha-Bucht. Im Zuge dieser Reise erreichte die St. Peter (nach etlichen navigatorischen Problemen) Alaska (Land in Sicht am 15. Juli 1741). Das Verhältnis von Steller zu Bering war stets problematisch. Zu einem Eklat kam es, als Bering am 20. Juli 1741 Steller zunächst verweigerte, auf der so genannten St.-Elias-Insel (heute: Kayak-Insel) zur Erforschung der Verhältnisse an Land zu gehen. Vitus Bering wollte dort lediglich Frischwasser aufnehmen. Erst als Steller schwor, er werde dafür sorgen, dass Bering und seine Offiziere sich nach ihrer Rückkehr an höherer Stelle für diese Verweigerung würden rechtfertigen müssen, gab Bering nach. So war er der erste europäische Naturforscher, der Alaska betrat. Überliefert ist noch die spöttische Bemerkung Stellers, man sei wohl hergekommen, „um amerikanisches Wasser nach Asien zu bringen“. Dennoch blieben Steller nur 10 Stunden für seine Erkundungen. Immerhin reichte dies aus, um etwa 160 Pflanzenarten zu dokumentieren. Ferner entdeckte er ein Depot der dort ansässigen Aleuten und entnahm eine Reihe von Gebrauchs- und Schmuckgegenständen für seine ethnologische Sammlung. Später veranlasste er, dass eisernes Kochgeschirr, Messer und ähnliche Tauschobjekte in das Depot gebracht wurden. Da sich die Einheimischen jedoch aus Furcht vor den Fremden tief im Wald versteckten, konnte er keinen Kontakt mit ihnen herstellen.

Auf der stürmischen Rückreise strandete die St. Peter schließlich am 5. November 1741 auf der später so genannten Beringinsel, wo der Expeditionskommandeur Vitus Bering schließlich am 8. Dezember 1741 starb. Während des folgenden neunmonatigen Überlebenskampfes erwies sich Steller als Meister improvisierter Überlebenstechniken. Er und der schwedische Leutnant Waxell waren die Führer, die ein halbwegs geordnetes Lagerleben organisierten. Aus den Resten der St. Peter gelang es schließlich ein Boot zu bauen, mit dem die Überlebenden endlich am 27. August 1742 Peter und Pauls Hafen in Kamtschatka (Petropawlowsk-Kamtschatskij) erreichten.

Stellersche Seekuh

Neben all den Strapazen und Gefahren, die der Überlebenskampf auf der Beringinsel mit sich brachte, verstand es Steller immer noch, seine naturkundlichen Beobachtungen fortzusetzen. So fertigte er in dieser Zeit seine Beschreibung der so genannten Stellerschen Seekuh (Hydrodamalis gigas, früher: Rhytina stelleri oder Rhytina borealis) an, durch die er zu einigem Ruhm kam. Er war der erste und einzige Wissenschaftler, der jemals eine lebende Seekuh sah. Danach sahen sie vornehmlich Pelztierjäger, die bald für die Ausrottung dieser Spezies sorgten.

Nach seiner glücklichen Rückkehr verbrachte er weitere drei Jahre in Kamtschatka, um seine naturwissenschaftlichen und ethnologischen Forschungen fortzusetzen. Am 3. August 1744 verließ er Kamtschatka mit einer in 16 Kisten verpackten Sammlung, um nach Petersburg zurückzukehren. Noch während der Rückreise wurde er im Frühjahr 1745 in Irkutsk unter Anklage gestellt. Er wurde beschuldigt, die Völker Ostsibiriens gegen die russische Herrschaft aufgewiegelt und sogar Waffen unter ihnen verteilt zu haben. Doch schließlich wurde er aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Weihnachten 1745 zog er weiter, mitten in den sibirischen Winter hinein. Bereits durch die vorangegangenen Strapazen gezeichnet, erkrankte er bald schwer. Mit letzter Kraft rettete er sich nach Tjumen. Dort starb er am 12. November 1746.

An sein Wirken erinnert ein am 14. September 2009 in Tjumen aufgestellter Gedenkstein.[1]

Würdigung

Gedenktafel am Haus Schloßstraße 3, in Lutherstadt Wittenberg

Mehr als seine zahlreichen naturwissenschaftlichen Schriften, die er während der Großen Nordischen Expedition anfertigte und die zu einem Teil erhalten sind, ist es vor allem sein Bericht der Beringschen Alaskafahrt und ihres dramatischen Endes, der seinen Namen bis heute weitergetragen hat. Zwar gab es auch andere, von Nautikern angefertigte, Aufzeichnungen von dieser Reise. Doch diese betonten stark die rein technischen Aspekte der Fahrt. Steller lieferte ein umfassenderes Bild der Verhältnisse und Ereignisse, indem er neben den naturkundlichen Beschreibungen auch Stimmungen und Urteile zu Begebenheiten einfließen ließ, die den rein sachlichen Gehalt seines Berichts nicht minderten, sondern eher zur Entstehung eines "runden" Gesamtbildes beitrugen.

Nach ihm ist das Georg-Wilhelm-Steller-Gymnasium (Bad Windsheim) und die Steller Secondary School Anchorage benannt. Seit 2008 ziert eine Holzfigur des Künstlers Christian Rösner, die Steller und die nach ihm benannte Stellersche Seekuh darstellt, einen Platz in der Stadt Bad Windsheim in Franken.

Werke

  • Georg Wilhelm Steller: Von Sibirien nach Amerika. Die Entdeckung Alaskas mit Kapitän Bering. Hrsg. v. Volker Mathies. Thienemann, Stuttgart 1986. ISBN 3-522-61170-5
  • Georg Wilhelm Steller: Beschreibung von dem Lande Kamtschatka. Jakutsk 1737, Halle 1753, St. Petersburg 1793, Fleischer, Frankfurt 1774, 2009 (Repr.). - Digital verfügbar unter http://www-gdz.sub.uni-goettingen.de/cgi-bin/digbib.cgi?PPN330841254, eine transkribierte Version unter http://www.siberian-studies.org/publications/PDF/Steller.pdf
  • Wieland Hintzsche (Hrsg.): Quellen zur Geschichte Sibiriens und Alaskas aus russischen Archiven.
    • Bd I. Georg Wilhelm Steller - Briefe und Dokumente 1740. Bearb. von Wieland Hintzsche, Thomas Nickol und Olga V. Novochatko. Halle 2000. ISBN 3-930195-61-5
    • Bd II. Georg Wilhelm Steller, Stepan Kraseninnikov, Johann Eberhard Fischer: Reisetagebücher 1735 bis 1743. Bearb. von Wieland Hintzsche unter Mitarbeit von Thomas Nickol, Olga V. Novochatko und Dietmar Schulze. Halle 2000. ISBN 3-930195-64-X
    • Bd III. Georg Wilhelm Steller - Briefe und Dokumente 1739. Bearb. von Wieland Hintzsche unter Mitarbeit von Thomas Nickol, Olga V. Novochatko und Dietmar Schulze. Halle 2001. ISBN 3-930195-67-4

Einzelnachweise

  1. Stellar Gedenkstein

Medien

  • Ein Franke entdeckt Alaska. Das abenteuerliche Leben des Georg Wilhelm Steller; von Peter Prestel und Rudolf Sporrer (Bayerisches Fernsehen; Erstausstrahlung: 30. November 2009)

Literatur

In chronologischer Reihenfolge:

  • W.G. Sebald: Nach der Natur. Elementargedicht. S.Fischer, Frankfurt 1995. ISBN 3-596-12055-1
  • Die Große Nordische Expedition. Georg Wilhelm Steller (1709-1746). Ein Lutheraner erforscht Sibirien und Alaska. Ausstellung der Franckeschen Stiftungen zu Halle vom 12. Mai 1996 bis 31. Januar 1997. Hrsg. von Wieland Hintzsche und Thomas Nickol. Gotha 1996. ISBN 3-623-00300-X
  • Marcus Köhler: Völker-Beschreibung. Die ethnographische Methodik Georg Wilhelm Stellers (1709-1746) im Kontext der Herausbildung der „russischen“ ėtnografija. Saarbrücken 2008. ISBN 3-639-02427-3
  • Ludwig Stieda: Steller, Georg Wilhelm. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 33–36.

Weblinks


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