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Als Weltstadt werden Städte von überragender globaler Bedeutung bezeichnet. Eine Weltstadt besitzt oder besaß zentrale Bedeutung für große Teile der Welt, auf politischem, wirtschaftlichem oder kulturellem Gebiet. Im Gegensatz zum teilweise synonym verwandten Begriff Metropole, der auch in Bezug auf eine bestimmte Region oder Funktion benutzt werden kann, ist bei dem Weltstadtbegriff das gesamte Städtesystem der Erde der Bezugs- und Vergleichsrahmen.
Inhaltsverzeichnis
Kriterien
Eine Weltstadt besitzt oder besaß zentrale Bedeutung für große Teile der Welt, auf politischem, wirtschaftlichem oder kulturellem Gebiet.
Politische Bedeutung
Weltstädte im politischen Sinne sind und waren die Machtzentren der großen Weltreiche und einflussreichen nationalen Volkswirtschaften. Historisch bedeutende Weltstädte waren etwa Alexandria, Rom, Konstantinopel, London, Moskau oder Lissabon, die ihre Macht auf mehreren Kontinenten ausübten. Die bedeutsamen, politischen Zentren der Gegenwart sind zumeist die Hauptstädte der großen nationalen Volkswirtschaften wie Washington, Paris, Berlin, Tokio oder Peking. Der Regierungssitz einer Nation ist auch Standort verschiedenster Botschaften und Konsulate. Nicht selten ist er gleichzeitig Sitz von nationalen Verbänden, Nichtregierungsorganisation und Lobbyvertretungen und erhöht dadurch die globale Relevanz einer Stadt.
New York als Hauptsitz der wichtigsten internationalen Institution (UNO) kann, mit Einschränkungen, auch als ein globales politisches Zentrum angesehen werden. Eine Reihe von UNO-Sonderorganisationen und weiterer internationaler Einrichtungen sind in Genf und Wien ansässig. Brüssel, der Sitz der EU-Kommission und der NATO, weist ebenfalls eine internationale politische Bedeutung auf, zumal diese Institutionen nicht nur innerhalb Europas bzw. des transatlantischen Raums, sondern auch weltweit agieren und wahrgenommen werden.
Wirtschaftliche Bedeutung
Weltstädte im wirtschaftlichen Sinne sind vorwiegend Metropolen die eine hohe Anzahl an global agierenden Konzernen aufweisen. Es sind zumeist Zentren der unterschiedlichsten Industriezweige und insbesondere der hochbezahlten Finanz- und Dienstleistungswirtschaft. Eine überdurchschnittliche Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung im nationalen und internationalen Vergleichsrahmen sind hierfür Indizien.
Die drei größten Wirtschaftsregionen der hochentwickelten Welt (Ostasien, Europa, Nordamerika) haben hier jeweils eine führende Metropole herausgebildet (Tokio, London und New York, siehe hierzu Saskia Sassens Global City-Theorie). Ergänzende Finanzzentren mit immer noch überragender internationaler Bedeutung sind Hongkong, Taipeh, Singapur, Seoul und Sydney im pazifischen Raum; Frankfurt am Main, Paris, Mailand, Madrid, Amsterdam und Zürich in Europa sowie Chicago und Toronto in Nordamerika. Auch in wirtschaftlichen Schwellenländern haben sich wichtige Finanzzentren entwickelt, deren Börsenhandelsvolumen aber mit Ausnahme von Mexiko-Stadt und Shanghai noch nicht an die etablierten Metropolen herankommt, etwa Mumbai (Bombay), Moskau, Istanbul, Bangkok oder São Paulo.
Aufgrund der großen wechselseitigen Verflechtung der Weltwirtschaft sind die Finanzmetropolen meist auch bedeutende Verkehrsknotenpunkte, vor allem im Flugverkehr. Eine erste Definition von Weltstädten im wirtschaftlichen Sinne unter Berücksichtigung und Miteinbeziehung der Erkenntnisse anderer Geografen und Ökonomen lieferte 1986 John Friedmann, der hierbei seine World City Theorie erstellte und seither auch mehrmals aktualisierte.
Kulturelle Bedeutung
Weltstädte im kulturellen Sinne sind wesentlich schwerer objektiv zu identifizieren, da es wenig quantifizierbaren Indikatoren gibt (wie Regierungs- oder Konzernsitze, Fluggastzahlen oder das Handelsvolumen der Wertpapierbörse). Kulturmetropolen haben z.B. zentrale Funktionen für das Verbreitungsgebiet einer Weltsprache wie London, New York und Los Angeles für große Teile der anglophonen Welt, Mexiko-Stadt, Buenos Aires und Madrid für Lateinamerika, Paris für große Teile des frankophonen Afrikas und Kairo für die arabische Welt. Weltstädte mit kulturellem Schwerpunkt sind Anziehungspunkt für Künstler und Kulturschaffende wie zum Beispiel Berlin, Ort hoher touristischer Attraktivität und Standort wichtiger Institutionen (Museen, Theater, jährliche Festivals u. a.) von überragender Bedeutung oder Wegbereiter kultureller Entwicklungen.
Zu den Städten mit kulturellem Fokus zählen außerdem Zentren in denen Kulturgüter wie Mode, Film, Musik, Kunst, Architektur oder auch Videospiele produziert werden. Hier können beispielhaft Mailand als Modezentrum oder Mumbai als Filmstadt (Bollywood) genannt werden. Übergreifende Sportereignisse wie Olympische Spiele und Weltmeisterschaften sowie ansässige Sportvereine von internationaler Bedeutung (Real Madrid, Los Angeles Lakers) tragen zum kulturellen Renommee einer Stadt bei. Eine besondere Gruppe bilden religiöse Zentren globaler Bedeutung wie Jerusalem, Rom oder Mekka. Metropolen von weltweiter Bedeutung weisen nicht selten eine hohe Konzentration an Hochschulen, Universitäten und Forschungsinstitutionen auf.
Die internationale Präsenz einer Weltstadt findet sich in einem hohen Bekanntheitsgrad wieder, der auf eine wiederkehrende mediale Verbreitung rückschließen lässt. Der Bekanntheitsgrad einer Weltstadt wird zudem durch die historische Bedeutung abgeleitet. So sind das „alte Rom“, das „antike Athen“, oder das „geteilte Berlin“ global bekannte Begriffe der Geschichtsschreibung.
Definitionen
Global City
In der Anthropogeographie wird häufig der erstmals 1991 von Prof. Saskia Sassen geprägte Begriff der Global City benutzt. Hier wird er eher als globales wirtschaftliches Zentrum verstanden. Die Weltstadt hingegen wird als ein traditionell politisch-kulturelles, kosmopolitisches Zentrum von weltweiter Bedeutung gesehen. Beide Stadttypen schließen sich nicht gegenseitig aus, Städte sind oftmals beides. Die richtige Übersetzung des Begriffs Weltstadt im Englischen lautet daher cosmopolitan city. Es deutet sich jedoch eine gewisse Änderung im wissenschaftlichen Sprachgebrauch an: Die GaWC-Studie von 2004 benutzt die Bezeichnung Global Cities (Globalstadt) nun nicht mehr in einem auf Wirtschaft fixierten Sinne, sondern kennzeichnet damit eine Spitzengruppe unter den „World Cities“, die den „Weltstädten“ im Deutschen auch inhaltlich entsprechen.
Metropole
Der Begriff Metropole wird häufig synonym zu „Weltstadt“ benutzt, aber auch in Bezug auf kleinere Städte, die in einem bestimmten Teilraum oder einer bestimmten Branche wichtige zentrale Funktionen innehaben. Der Begriff (griechisch für „Mutterstadt“) ist also doppeldeutig und bezieht sich nicht notwendigerweise auf das globale Städtesystem.
Millionenstadt
Die genannten Kriterien werden durch eine hohe Einwohnerzahl begünstigt. In älterer Literatur werden deshalb Städte mit mehr als einer Million Einwohner („Millionenstädte“) gelegentlich pauschal als Weltstädte bezeichnet. Diese Gleichsetzung ist unter heutigen Umständen nicht mehr haltbar. Zum einen steigt die Zahl der Millionenstädte durch das globale Bevölkerungswachstum stetig an, ohne dass sich dadurch zusätzliche globale Zentren herausbilden würden - vor allem in den Entwicklungsländern entstanden teilweise riesige Städte ohne funktionierende Infrastruktur und ohne nennenswerte internationale Zentralfunktionen. Zum anderen ist durch die Suburbanisierung jeglicher Zusammenhang zwischen den politischen Grenzen einer Stadt und ihrer tatsächlichen Ausdehnung verloren gegangen, so dass eine seriöse Angabe genauer Einwohnerzahlen und damit die Zuordnung des Prädikats „Millionenstadt“ kaum noch möglich ist. Die früher übliche Angabe der Einwohner innerhalb der Stadtgrenzen führt heute zu absurden Ergebnissen: so leben im Stadtgebiet von Brüssel nur 140.000 Menschen, während das international wenig bekannte Chongqing mit 32 Millionen Einwohnern (auf einer Fläche so groß wie Österreich) die größte Stadt der Welt wäre. Es gibt sogar Stadtgemeinden, die mehr als eine Million Einwohner zählen, aber nicht einmal als eigenständiges Zentrum, sondern nur als sekundärer Teil einer Metropolregion um eine noch größere Stadt angesehen werden können, etwa Yokohama (3,5 Mio. Einwohner) bei Tokio oder Nezahualcóyotl (2 Mio. Einwohner) bei Mexiko-Stadt.
Megastadt
Unter einer Megastadt versteht man eine Stadt oder Stadtregion mit einer sehr großen Einwohnerzahl (die Schwelle wird meist bei fünf oder zehn Millionen Einwohnern festgelegt). Der Begriff ist eine rein quantitative Beschreibung ohne Berücksichtigung der globalen Bedeutung einer Stadt. Der Begriff wird sogar häufig ausdrücklich auf die international wenig bedeutenden, schnellwachsenden Städte in der „Dritten Welt“ bezogen, oft im Zusammenhang mit dem durch dieses enorme Wachstum ausgelösten Probleme.
Studien
GaWC 1999, 2004
Die GaWC listete im Jahre 1999 Weltstädte im wirtschaftlichen Sinne anhand ihrer Bedeutung für advanced producer services, nämlich Buchhaltung, Werbung, Bankwesen und Anwaltskanzleien, auf.[1] In einer zweiten Studie im Jahr 2004 präsentierte das Institut eine neue Studie,[2]um Weltstädte neu zu definieren und zu kategorisieren. Neben ökonomischen wurden nun auch in begrenztem Maße kulturelle (globale Medienkonglomerate, global tätige Architektur- und Ingenieurbüros), politische (UNO-Organe, Botschaften, Städte-Organisationen) und soziale Kriterien (NGOs, wissenschaftliche Veröffentlichungen) berücksichtigt. Dies ergab folgende Rangfolge:
- Global Cities/Globale Städte
Ausgeprägt globale Städte
- Sehr große Relevanz: London und New York City.
- Geringere Relevanz mit kultureller Ausrichtung: Los Angeles, Paris.
- Globale Städte im Anfangsstadium: Amsterdam, Boston, Chicago, Madrid, Mailand, Moskau, Toronto.
Globale Nischenstädte mit spezialisierten globalen Bezügen
- Wirtschaftlich: Hongkong, Singapur und Tokio.
- Politisch und sozial: Brüssel, Genf und Washington.
- World Cities/Weltstädte
„Teilnetz-prägende“ Städte
- Kulturell: Berlin, Kopenhagen, Melbourne, München, Oslo, Rom und Stockholm.
- Politisch: Bangkok, Peking und Wien.
- Sozial: Manila, Nairobi und Ottawa.
Weltweit führende Städte
- Primär ökonomische globale Bezüge: Frankfurt, Miami, München, Osaka, Singapur, Sydney, Zürich.
- Primär nicht-ökonomische globale Bezüge: Abidjan, Addis Abeba, Atlanta, Barcelona, Basel, Denver, Harare, Kairo, Lyon, Manila, Mexiko-Stadt, Mumbai (Bombay), Neu-Delhi und Shanghai.
London und New York City setzen sich ab, da sie als einige der wenigen Städte eine diversifizierte, viele Lebensbereiche berührende Globalität aufweisen. Die Berücksichtigung sonstiger wirtschaftlicher und auch nicht-ökonomischer Kriterien führte dazu, dass die Studie mehr Städte in ärmeren Entwicklungsländern hervorhebt, die teilweise in den Industrieländern weniger bekannt sind. So fungiert Abidjan (Elfenbeinküste) als Hauptsitz der Bourse Régionale des Valeurs Mobilières (Börse der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion). In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba residiert die Afrikanische Union und in der kenianischen Hauptstadt Nairobi sind mehrere UN-Sonderorganisationen ansässig, darunter das United Nations Environment Programme (UNEP).
Da Städte komplexe Gebilde sind mit ebenso komplexen Beziehungen untereinander, ist die Definition objektiver, messbarer Weltstadt-Kriterien, für die es genügend der Forschung zugängliche und vergleichbare Daten gibt, schwierig. Nicht zuletzt darum konzentrierte sich die Forschung bislang hauptsächlich auf ökonomische Kriterien, denn hier sind objektiv messbare Daten am ehesten verfügbar und vergleichbar. Der Verfasser räumt denn auch ein, dass die Weltstadt-Forschung mit dieser Studie erst im Anfangsstadium steht und sowohl die Methoden als auch die verwendeten Daten erheblicher Verfeinerung bedürfen. Daher besitzt auch die daraus resultierende Rangfolge der Weltstädte keinen abschließenden Charakter und kann bloß Hinweise auf die Stellung einzelner Städte im globalen Städtenetzwerk geben.
Foreign Policy 2008 Global Cities Index
Im Oktober 2008 veröffentlichte das amerikanische Journal "Foreign Policy" in Zusammenarbeit mit Saskia Sassen, Witold Rybczynski und anderen eine Rangliste 60 globaler Städte. Diese beruht auf fünf verschiedenen Kategorien: Geschäftsaktivität, Humankapital, Informationsaustausch, kulturelle Erfahrung, und politisches Engagement.
Reihung Stadt Land Beste Kategorie (Position in dieser Kategorie) 1 New York City Vereinigte Staaten Geschäftsaktivität und Humankapital (1.) 2 London Vereinigtes Königreich Kulturelle Erfahrung (1.) 3 Paris Frankreich Informationsaustausch (1.) 4 Tokio Japan Geschäftsaktivität (2.) 5 Hong Kong China Geschäftsaktivität und Humankapital (5.) 6 Los Angeles Vereinigte Staaten Humankapital (4.) 7 Singapur Singapur Geschäftsaktivität (6.) 8 Chicago Vereinigte Staaten Human Capital (3.) 9 Seoul Südkorea Informationsaustausch (5.) 10 Toronto Kanada Kulturelle Erfahrung (4.) 11 Washington, D.C. Vereinigte Staaten Politisches Engagement (1.) 12 Peking China Politisches Engagement (7.) 13 Brüssel Belgien Informationsaustausch (2.) 14 Madrid Spanien Informationsaustausch (9.) 15 San Francisco Vereinigte Staaten Humankapital (12.) 16 Sydney Australien Humankapital (8.) 17 Berlin Deutschland Kulturelle Erfahrung (8.) 18 Wien Österreich Politisches Engagement (9.) 19 Moskau Russland Kulturelle Erfahrung (6.) 20 Shanghai China Geschäftsaktivität (8.) 21 Frankfurt Deutschland Geschäftsaktivität (11.) 22 Bangkok Thailand Politisches Engagement (13.) 23 Amsterdam Niederlande Geschäftsaktivität (10.) 24 Stockholm Schweden Informationsaustausch (13) 25 Mexiko Stadt Mexiko Kulturelle Erfahrung (9.) 26 Zürich Schweiz Informationsaustausch (8.) 27 Dubai Vereinigte Arabische Emirate Informationsaustausch (14.) 28 Istanbul Türkei Politisches Engagement (8.) 29 Boston Vereinigte Staaten Humankapital (9.) 30 Rom Italien Kulturelle Erfahrung (15.) Deutschsprachiger Raum
Es gibt im deutschsprachigen Raum mehrere Metropolen, die globale Bedeutung aufweisen und internationalen Einfluss ausüben. Innerhalb des föderal organisierten Deutschlands ist jedoch eine Aufteilung der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Präsenz mit globalem Einfluss zu beobachten, sodass von einer Weltstadt im umfassenden Sinne nur begrenzt ausgegangen werden kann. Die genannten drei Funktionsbereiche verteilen sich vorwiegend auf Berlin als Regierungssitz und Kulturmetropole, Frankfurt am Main als Finanz- und Dienstleistungszentrum, München als Industrie- und Technologiezentrum und Hamburg als bedeutende Seehafen- und Handelsstadt. Wien und Zürich sind ebenfalls international bedeutsam zu nennen. Kleinere Städte wie Genf, Luxemburg und Bonn haben als Sitz internationaler Organisationen eine gewisse Bedeutung, Stuttgart und Düsseldorf sind als Sitz global agierender Konzerne zu nennen.
In früheren Zeiten gab es freilich auch im deutschsprachigen Raum Städte, auf die die ganzheitliche Definition einer Weltstadt zutraf, auch wenn sich der Begriff „Welt“ in früheren Jahrhunderten auf den damals bekannten Teil derselben beschränkte. Beispiele für echte Weltstädte im damaligen Reich bzw. seinen Nachfolgestaaten waren etwa Aachen im 7./8. Jahrhundert, Prag im 14. Jahrhundert, Augsburg, Brügge und Nürnberg im 15. Jahrhundert, Antwerpen im 16. Jahrhundert, Amsterdam im 17. Jahrhundert, Wien von 1683 bis 1918 oder Berlin im frühen 20. Jahrhundert.
Quellen
- ↑ GaWC Research Bulletin 5, GaWC, Loughborough University, 28. Juli 1999
- ↑ GaWC Research Bulletin 146, GaWC, Loughborough University, 14. Juli 2004
Weblinks
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