Gondelbahn

Gondelbahn
Kuppelbare Gondelbahn in der Schweiz aus den 50er-Jahren (ehemalige Wasserfallenbahn, inzwischen abgebrochen und ersetzt)
Einseil-Gondelbahn auf der Expo in Hannover

Eine Gondelbahn ist eine Luftseilbahn, bei der mehrere Kabinen (umgangssprachlich Gondeln genannt) an ein ständig umlaufendes Seil geklemmt sind und dadurch auf einer Seite von einer Station zur anderen und auf der Gegenseite wieder zurück zur ersten Station gezogen werden, wobei das Seil in der Regel über Seilbahnstützen läuft. In den Stationen werden die Kabinen meist von dem Seil abgekuppelt und an einer hängenden Schiene in die andere Richtung geführt. Dabei werden die Kabinen zum Ein- und Aussteigen stark verlangsamt oder auch ganz angehalten.

Inhaltsverzeichnis

Anwendung

Gondelbahnen finden sich zumeist in Skigebieten und befördern dort im Winter Wintersportler und ganzjährig Bergwanderer und andere Touristen. Sie verfügen manchmal auch über spezielle Gondeln zum Transport von verletzten Personen oder von Gleitschirmen und Hängegleitern oder von anderen Lasten, zum Beispiel für das Restaurant der Bergstation oder für eine Berghütte. Häufig dienen Gondelbahnen als touristische Anziehungspunkte, angefangen von der Schauinslandbahn, der 1930 eröffneten ersten Personen-Gondelbahn, über die älteren Gondelbahnen von Rüdesheim am Rhein zum Niederwalddenkmal und der Waldecker Bergbahn bis zu den modernen, weite Strecken überspannenden Gondelbahnen, wie z.B. der Skyrail Rainforest Cableway in Australien, der Genting Skyway in Malaysia oder der Ngong Ping 360 in Hongkong. In größeren Freizeitparks oder auf weitläufigen Ausstellungsgeländen und Zoos sind ebenfalls Gondelbahnen, sogenannte Skyrides anzutreffen, so die Gondelbahnen über die verschiedenen Bundesgartenschauen oder die Gondelbahn über den Ocean Park in Hongkong.

Einige Gondelbahnen sind als urbane Seilbahn Teil des öffentlichen Personennahverkehrs in bergigen Orten wie die neue Rittnerbahn in Bozen, die Gondelbahn, die Annaba in Algerien mit dem hoch gelegenen Vorort Seraidi verbindet, die Linien J und K der Metrocable im Rahmen der Metro de Medellín, Kolumbien oder die Metrocable von Caracas, Venezuela, aber auch im ebenen Gelände zur Überquerung von Gewässern wie die Rheinseilbahnen in Köln und Koblenz oder der (1994 wieder abgebaute) Mississippi Aerial River Transit in New Orleans. Der Vinpearl Cable Car in Nha Trang, Vietnam verbindet den Küstenort mit einer 3,1 km entfernten Insel im Meer. Zum öffentlichen Personennahverkehr sind wohl auch die kleinen Gondelbahnen mit offenen Gondeln für eine Person zu zählen, die in Svetlogorsk (früher Rauschen in Ostpreußen), in Odessa oder in Yalta in der Ukraine den Strand mit den hoch gelegenen Orten verbinden.

Beschreibung

Talstation der Finkenbergbahn, Zillertal
Federklemme einer kuppelbaren Umlaufbahn
Gondelgarage der Diedamskopf-Bergbahn in Schoppernau, Vorarlberg

Gondelbahnen haben flache, horizontal ausgerichtete Stationen, da für den Ein- und Aussteigevorgang eine längere, horizontale Strecke erforderlich ist und auch die Hängeschienen mit den Strecken für das Ein- und Auskuppeln, das Beschleunigen bzw. Abbremsen der Gondeln und die Weichen zu den Abstellschienen und Parkgaragen horizontalen Platz benötigen. Vor der Talstation steht daher immer eine Zugstütze mit längeren Rollenbatterien, die verhindern, dass das Seil nach oben gezogen und beim Übergang von der Horizontalen in den schrägen Anstieg zu stark durchgebogen wird. Umgekehrt steht vor den Bergstationen immer eine Stütze mit manchmal spektakulär aussehenden Rollenbatterien mit über 30 Rollen auf jeder Seite, die wiederum eine zu starke Durchbiegung des Seiles beim Übergang in die horizontale Bergstation verhindern. In den Stationen läuft das zu einer Schlaufe endlos gespleißte Seil jeweils über eine große Umlenkscheibe, die in einer Station mit dem Antriebsmotor verbunden ist und in der anderen auf einem beweglichen Schlitten sitzt, der von den mehrere Tonnen schweren Spanngewichten oder durch eine hydraulische Spannvorrichtung zurückgezogen wird, damit das Seil immer die gleiche Spannung hat. Gondelbahnen über sehr lange Strecken werden unterteilt in Sektionen, die in sich selbständige Systeme mit eigenen Seilen und eigenem Antrieb darstellen, meist aber in der Mittelstation durch Hängeschienen miteinander verbunden sind, so dass die Gondeln von einer Sektion zur nächsten an den Schienen hängend automatisch und ohne Halt durchfahren können. Die Mittelstation kann dabei auch als Winkelstation ausgelegt werden, wenn die Gondeln auf der zweiten Sektion in eine andere Richtung fahren sollen. Theoretisch kann diese Aufeinanderfolge von Sektionen beliebig wiederholt werden.

Seilbahnvarianten

Einseilumlaufbahn

Die Einseilumlaufbahn ist die häufigste Variante der Gondelbahnen. Bei ihr dient das eine, umlaufende Seil gleichzeitig als Trag- und als Zugseil und wird als Förderseil bezeichnet. Ihre Ursprünge gehen zurück auf die Einseil-Materialseilbahnen, die von dem Engländer Hodgson ab 1868 eingeführt und als englisches System bekannt wurden. Die Kabinen haben kein Laufwerk, sondern sind mit einer Klemme wie der Müller-Klemme am Förderseil befestigt. Die Kabinen, die früher wegen ihrer charakteristischen Form oft als Eiergondeln bezeichnet wurden, haben 4 bis maximal 15 Plätze und sind in der Regel geschlossen. Es gibt jedoch auch ältere Bahnen mit offenen Gondeln und nur einem Stehplatz oder halboffene Gondeln mit zwei Sitzplätzen. In sehr warmen Gegenden Asiens werden auch heute noch gelegentlich Bahnen mit halboffenen Gondeln gebaut.

Es gab einfache Einseilumlaufbahnen (z.B. der Korblift), bei denen die kleinen Gondeln fest am Seil befestigt (fix geklemmt) waren und die deshalb langsam fahren mussten, um ein Ein- und Aussteigen zu ermöglichen. Sie wurden jedoch fast alle durch kuppelbare Gondelbahnen ersetzt.

Die meisten Gondelbahnen haben kuppelbare Gondeln, um gleichzeitig einen bequemen Ein- und Ausstieg und eine hohe Transportgeschwindigkeit zu ermöglichen. Damit wird eine hohe Beförderungskapazität erreicht. Die gängigen Gondeln haben ein Fassungsvermögen von 2 bis 15 Personen. Außen an den kleineren Gondeln befinden sich oft Halterungen für Wintersportgeräte wie Skier und Snowboards.

Die kuppelbare Einseilumlaufbahn hat eine Fahrgeschwindigkeit von bis zu 6 m/s (21 km/h) und eine Förderleistung von bis zu 3.600 Personen pro Stunde.

Zweiseilumlaufbahn / 2S-Bahn

Zweiseil-Gondelbahn Ngong Ping 360, Hongkong

Zweiseilumlaufbahnen (2S-Bahnen) haben ein Tragseil und ein umlaufendes Zugseil. Das Tragseil ist in einer Station fest verankert und wird in der anderen Station mit Spanngewichten oder hydraulischen Spannvorrichtungen in einer gleichbleibenden Spannung gehalten. Das Zugseil läuft ebenso wie bei der Einseil-Umlaufbahn in den Stationen um große Umlenkscheiben und bewegt die Kabinen, die mit einem Fahrwerk auf dem Tragseil fahren und mit einer kuppelbare Klemme am Zugseil befestigt sind, von dem sie in den Stationen abgekuppelt und auf Hängeschienen geführt werden. Ihre Ursprünge gehen zurück auf die Zweiseil-Materialseilbahnen, die von Adolf Bleichert ab 1872 eingeführt und als deutsches System bekannt wurden. Die Zweiseilumlaufbahnen gerieten mit der zunehmenden Leistungsfähigkeit der Seile aus der Mode, da Einseil-Umlaufbahnen einfacher und billiger zu bauen waren. In letzter Zeit greift man auf das System zurück, um größere und leistungsfähigere Gondelbahnen bauen zu können. Die Kabinen haben bis zu 15 Plätze und erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 7,5 m/s (27 km/h) und Förderleistungen von 4000 Personen pro Stunde.

Dreiseilumlaufbahn / 3S-Bahn

Dreiseilumlaufbahnen (3S-Bahnen) wurden entwickelt, um größere, bis zu 35 Personen fassende kuppelbare Gondeln verwenden zu können, die an zwei fest verankerten Tragseilen hängen und von einem umlaufenden Zugseil bewegt werden. Die zwei Tragseile bewirken, ähnlich wie bei der Pendelbahn, eine ruhige Fahrt und eine geringe Windempfindlichkeit und erlauben den Einsatz großer Gondeln. Sie haben eine Fahrgeschwindigkeit von bis zu 7,5 m/s (27 km/h) und eine Förderleistung von bis zu 6.000 Personen pro Stunde.

Funitel

Eine Weiterentwicklung ist das Funitel, bei dem jede der bis zu 24 Personen fassenden kuppelbaren Gondeln an zwei parallelen umlaufenden Förderseilen hängt, die einen großen Abstand haben (und das kein gesondertes Tragseil hat). Es hat eine Fahrgeschwindigkeit von bis zu 7,5 m/s (27 km/h) und eine Förderleistung von 3.200 bis zu 4.000 Personen pro Stunde.

Gruppenumlaufbahn

Die Gruppenumlaufbahn oder Gruppenbahn hat Gondeln, die an einem umlaufenden Förderseil in Gruppen zu drei bis fünf Gondeln fix angeklemmt sind. Zum Ein- und Aussteigen der Passagiere einer Gruppe von Gondeln in den beiden Stationen hält die gesamte Bahn an oder wird auf Schleichfahrt verlangsamt. Die Fahrgeschwindigkeit beträgt bis zu 7 m/s, die Förderleistung ist in Abhängigkeit von der Länge wegen der häufigen Stops gering. Ein bekanntes Beispiel ist die Télécabine Panoramic Mont-Blanc in der Mont-Blanc-Gruppe.

Kombibahn

Bei der Kombibahn werden in einer Bahn gleichzeitig kuppelbare Gondeln und Sessel verwendet, die je nach saisonbedingtem Bedarf ausgewechselt werden können. Sie hat getrennte Aus- und Einstiegsbereiche für die Benutzer der Gondeln bzw. Sessel. Sie hat eine Fahrgeschwindigkeit von bis zu 5 m/s (18 km/h) und eine Förderleistung von bis zu 3.400 Personen pro Stunde.

Rekorde

Die längste Seilbahn und gleichzeitig längste Gondelbahn der Welt ist die über 13 km lange Luftseilbahn Norsjö, eine Gondelbahn zwischen Örträsk und Mensträsk in der Gemeinde von Norsjö, Schweden. Sie ist der Rest der 96 Kilometer langen Erzseilbahn zwischen Kristineberg und Boliden und wird heute für touristische Zwecke genutzt. 30 kuppelbare Kabinen à vier Sitzplätze hängen an einem Tragseil und werden vom Zugseil mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h gezogen.

Die längste Einseilumlaufbahn in einer Sektion ist der erste Abschnitt des Bà Nà Hills Cable Car in Vietnam mit 5042 m schräger Länge. Dieser Abschnitt hat mit 1292 m auch den größten Höhenunterschied einer Sektion einer Gondelbahn.

Die zweitlängste Gondelbahn weltweit ist die Skyrail Rainforest Cableway in Australien mit einer Länge von insgesamt 7,5 km (zwei Sektionen).

Die Gondelbahn Grindelwald-Männlichen im Kanton Bern in der Schweiz ist mit ihrer Gesamtlänge von 6,2 km die drittlängste Gondelbahn der Welt. Diese 4er-Gondelbahn aus dem Jahre 1978 führt in der ersten Sektion von Grindelwald - Talstation Grund (937 m) über eine schräge Länge von 3 167 m zur Mittelstation Holenstein (1 624m) und in der zweiten Sektion über eine schräge Länge von 3 073 m zur Bergstation Männlichen (2 225 m).

Die Télécabine Panoramic Mont-Blanc mit einer Länge zwischen den beiden Stationen von 4 972 m bzw. 4 968 m in der Horizontalen hat mit 2 831 m die größte Spannweite in Europa und zweitgrößte weltweit (und eine Höhe über Grund von rund 300 m), gefolgt von der 3S-Bahn bei Kitzbühel, Österreich mit einer Spannweite von 2 507 m und einer Höhe über Grund von 400 m.

Die Peak 2 Peak Gondola, eine 3S-Bahn in Whistler (British Columbia) zwischen der Roundhouse Lodge des Whistler Mountains und dem Rendezvous Restaurant am Blackcomb Mountain hat weltweit die größte Spannweite von 3 024 m zwischen den Seilbahnstützen bzw. von 3 019 m in der Horizontalen und die größte Höhe über Grund von 436 m.

Die 3,1 km lange Vinpearl Cable Car in Vietnam ist wohl die längste, über einen Meeresarm (in rund 60 m Höhe) führende Seilbahn der Welt.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Gondola lift – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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