Grindabod

Grindabod
17. Juni 1854: Ein großes Grindadráp vor Vestmanna. 211 Grindwale wurden dort erlegt und 1.186½ Skinn Walfleisch und Speck gewonnen. Lithographie der englischen Maria-Expedition

Das Grindadráp [ˈgɹɪndaˌdrɔap] ist der Grindwalfang auf den Färöern. Für die meisten Färinger gehört es zu ihrer Geschichte und zum selbstverständlichen Nahrungserwerb auf subsistenzwirtschaftlicher Grundlage mit starken gesetzlichen Reglementierungen.

Internationale Tierschützer kritisieren diese Jagd als grausam und unnötig, wobei viele journalistische Berichte keine Detailkenntnis der Fangmethoden und wirtschaftlichen Bedeutung aufweisen. Auch in der färöischen Gesellschaft läuft die Auseinandersetzung mit dem Thema nicht emotionsfrei ab. Durch die Meeresverschmutzung seitens der großen Industrienationen wird vielleicht bald auf diese Nahrungsquelle verzichtet werden müssen.

Inhaltsverzeichnis

Wortherkunft

Die grind bedeutet auf Färöisch neben Grindwalschule auch Grindwalfleisch und generell die ganze Angelegenheit und damit verbundene Kultur. Ein Grind ist also auch das konkrete Ereignis. Der Plural ist grindir. Das Wort stammt von altnordisch grind „Gitter, Gittertür“ und wurde im Färöischen genommen, um eine Grindwalschule zu bezeichnen, was laut Lucas Debes auf die Vorstellung zurück geht, dass eine Grindwalschule, in der die Tiere dicht nebeneinander her schwimmen, einem Lattenzaun ähnelt.

Der Grindwal selber ist der grindahvalur oder auch der grindafiskur - „Grindfisch“.

Das dráp bedeutet Tötung. Grindadráp heißt wörtlich daher Grindtötung, oder besser: Grindwalfang oder Grindwaljagd.

Der Ruf Grindaboð! [ˈgɹɪndaboː] kommt von grind und boð = Botschaft, Meldung. Es heißt wörtlich: Grind-Botschaft, oder besser: Grindalarm.

Grind-Alarm und Jagd

Grindaboð

28. Juni 2004: Grindaboð bei Vágur.

Es ist stets Zufall, wenn eine Grind bei den Färöern gesichtet wird. Der entsprechende Skipper meldet dann Grindaboð! Die Behörden entscheiden darüber, ob See und Wetter einen Grindwalfang erlauben. Meist passiert das im Sommer, wenn die Bedingungen hierfür günstig sind.

Dann wurde früher Grindaboð im nationalen Rundfunk durchgegeben. Die heutige Mobiltelefonie ersetzt die Radio-Botschaft. Angestellte erhalten in der Regel frei, und es wird versucht, möglichst viele Boote des entsprechenden Ortes ins Wasser zu bringen. Es gibt auch Berichte davon, dass sogar Gottesdienste unterbrochen wurden, falls ein Grindaboð just zu dieser Zeit passierte. Jedenfalls hat es absolute Priorität - auch heute noch, wo das Einkreisen und Treiben mit Motorbooten leichter geworden ist. Denn eine Grindwalschule kann leicht entkommen, wenn es nicht genügend Boote gibt, die sie zusammentreiben und in eine geeignete Bucht drängen, wo das Töten der Wale erlaubt ist.

Hvalvágir

Hvalvágir bedeutet Wal-Buchten. Das sind 17 Strände an der färöischen Küste, wo das Grindadráp erlaubt ist, und zwar in Bøur, Fámjin, Fuglafjørður, Gøta, Húsavík, Hvalba, Hvalvík (die beide Orte heißen nicht umsonst so), Hvannasund, Klaksvík, Miðvágur, Norðskáli, Sandavágur, Sandur, Tórshavn (am Sandagerði), Trongisvágur, Vágur und Vestmanna.

Früher wurden manchmal auch die Buchten von Funningsfjørður, Kollafjørður, Nólsoy, Øravík, Sandvík, Skálavík, Sørvágur, des Tindhólmur und die Viðvík (Viðoy) verwendet. Selbst in Hattarvík, Haraldssund, Hoyvík, Lopra, Mykines, Saksun, Svínoy, Sumba und Tjørnuvík kam es in der Geschichte schon mal zu einem Grind, aber das sollten absolute Ausnahmen bleiben.

In der Statistik über den Grindwalfang auf den Färöern seit 1584 tauchen die oben genannten 17 Strände am häufigsten auf.

Grindabátur und Grindareiðskapur

Grindadráp in Vágur am 28. Juni 2004: Ein relativ kleiner Fang von 26 Tieren mit einer skinnatal von 133, das heißt 133 mal 38 kg Fleisch plus 133 mal 34 kg Speck.

Die jeweiligen Bootsführer sind gesetzlich dazu verpflichtet, darauf zu achten, dass nur erlaubte Grind-Gerätschaften (grindareiðskapur: Fanghaken, Taue, Grindwal-Messer) mitgeführt werden. Ein derart ausgerüstetes und bemanntes Boot ist dann ein grindabátur (Grind-Boot). Hierbei handelt es sich um das übliche kleine färöische Boot (motorisiert) oder andere Fahrzeuge der Küstenseefahrt, keineswegs aber um Schiffe der hochmodernen färöischen Fabrikschiffflotte. Ein Grindboot beschreibt den temporären Zustand eines kleinen Bootes während des Grinds, das ansonsten die meiste Zeit der Leinenfischerei oder Freizeitzwecken dient.

Treffen alle oben genannten Bedingungen zu, werden die Tiere unter Aufsicht der örtlichen Behörden in die entsprechende Bucht getrieben. Dazu bilden die Grindboote einen Halbkreis, und die Schule wird mit einem langen Tau, an dem Steine befestigt sind, in die Bucht getrieben. Grindwalen, die diesem Seil auf offene See entkommen können, darf nicht nachgestellt werden.

Diejenigen Tiere, die nicht weit genug auf den Strand gelangen, werden mit einem speziellen stumpfen Fanghaken an einem Seil gehalten, der in ihr Blasloch gesteckt wird. Daher hat er seinen Namen blásturongul - „Blaslochangel“. Das Blásturongul hat sich seit seiner Erfindung 1993 durchgesetzt, und wird nicht nur als effektiver, sondern auch als humaner im Vergleich zum spitzen Haken sóknarongul (wörtlich etwa „Treibjagdangel“ wobei sókn auch Kirchengemeinde heißt) angesehen. Das Sóknarongul wird in den Speck des Grinds gebohrt und dient heute nur noch dazu, das getötete Tier an Land zu ziehen.

Getötet werden die Grindwale mit dem Grindaknívur, dem Grindmesser. Dabei wird ihnen das Rückenmark im Nacken und die Halsschlagader durchtrennt, sodass sie innerhalb weniger Sekunden sterben. Sie verbluten also nicht, wie in manchen Berichten behauptet wird. Vor 1985 kamen auch Speer (hvalvákn) und Harpune (skutil) zum Einsatz, sind aber seit einem entsprechenden Løgtingsgesetz aus Gründen des Tierschutzes verboten.

Impressionen

Die Wale werden mit dem Grindaknívur quasi geköpft und sterben meist innerhalb einer Minute.

Das Wasser der entsprechenden Bucht färbt sich bei einem Grindadráp rot. Diese Bilder wirken auf Außenstehende oft schockierend. Da keine Harpunen und Speere oder gar Schusswaffen verwendet werden dürfen, müssen die Jäger im eiskalten Wasser stehen und mit jedem einzelnen Tier kämpfen. Beteiligte beschreiben es als besonders anstrengend und hohe Konzentration erfordernd. Für sie bedeutet es in erster Linie kostenlose Nahrungsbeschaffung für sich und ihre Familien.

Der grindaformaður (Grind-Vorsteher, Vorsitzender des färöischen Grindamannafelag - „Grindmännerverband“) Ólavur Sjúrðaberg aus Leirvík beschreibt es so:

Ich bin sicher, daß niemand, der seine eigenen Tiere für Nahrungszwecke tötet, davon unberührt bleibt. Du möchtest es so schnell wie möglich und mit so wenig Leiden für das Tier wie möglich durchführen. (Quelle)

Kulturell bedeutet das Grindadráp neben dem gesellschaftlichen Faktor der gemeinsamen Jagd und Nahrungsversorgung auch für viele Färinger einen Teil ihrer Identität. Oft hört man Männer davon reden, dass sie sich beim Grindadráp als richtige Färinger fühlen. In der färöischen Literatur und Kunst ist das Grindadráp ein wichtiges Motiv. Die Grindgemälde von Sámal Mikines zählen international zu seinen bedeutendsten.

Der dänische Gouverneur der Färöer Christian Pløyen schrieb während seiner Amtszeit (1830-1847) die berühmte Grindweise, eine färöische Ballade in dänischer Sprache. Dort heißt es im Kehrreim:

Raske drenge, grind at dræbe det er vor lyst

Zu Deutsch:

Flinke Jungen, Grind zu töten das ist unsere Lust

Dieses Lied wird auf den Färöern nur zu besonderen Anlässen gesungen. Es gehört in der Außenwelt (insbesondere Dänemark) zu den bekanntesten Klischees über das Land.


Fern tanzt ein Boot auf der bläulichen Flut. Laut schallt sein Signalruf: „Grindabud!“ „Der schwarze Wal kommt gezogen!“ Und „Grindabud“ ruft es aus jeglichem Mund, Hinaus itzt in sonnheller Morgenstund' Zur Hetzjagd auf schäumenden Wogen!

Und alt und jung kommt gerüstet zum Streit, Selbst der dicke Amtmann macht sich breit Und verlässt seine friedlichen Tische. Nur die Frau'n und der Prediger bleiben zu Haus, Man fürchtet, es breche schlimm Wetter sonst aus Und ihr Nahen verscheuche die Fische.

Joseph Viktor von Scheffel


Tradition

Getötete Grindwale am Strand von Hvalba am 11. August 2002. Mit 89 Tieren und 492 Skinn kein außergewöhnlich großer Fang an diesem Ort, wo häufiger schon mehr als 200-300 Tiere an einem Tag gefangen wurden, die meisten am 20. Oktober 1938: 854 Wale mit 3.849 ½ Skinn.

Der Grindwal wird vollständig verwertet. Diese Tatsache wird allerdings von einigen Tierschutzorganisationen bestritten. Seine Verteilung erfolgt nach einem Jahrhunderte alten Schlüssel. Den relativ größten Anteil erhalten die Einwohner derjenigen Gemeinde, in deren Fjord die Tiere geschwommen sind. Dann sind die anderen Gemeinden der gleichen Insel an der Reihe und danach das restliche Land. Hierbei kommen alle Mitglieder der Gesellschaft zum Zuge, also auch diejenigen die nicht am Fang teilnahmen/teilnehmen konnten.

Der Grindwalfang geht zurück auf die Wikingerzeit auf den Färöern und galt für das abgeschiedene Nordatlantik-Archipel als wichtige Nahrungsquelle und Vitaminversorgung. Noch heute wird geschätzt, dass Grind ca. 10 % des einheimischen Speiseplans ausmacht.

Zeitraum Grindir Wale Skinn
1709-1950 1.195 178.259 1.360.160
1951-1960 122 18.772 99.102
1961-1970 130 15.784 79.588
1971-1980 85 11.311 69.026
1981-1990 176 18.806 108.714
1991-2000 101 9.212 66.284
2001 11 918 7.447
2002 10 626 4.263
2003 5 503 3.968
2004 9 1.010 8.276
2005 6 302 2.259
2006 11 856 6.614
Summe 1.861 256.323 1.813.442

Die Statistik über den Grindwalfang auf den Färöern reicht zurück auf den 24. Juni 1584. Damals wurden vier Wale vor Lítla Dímun erlegt. Für die folgenden Jahre gibt es lückenhafte aber dennoch zahlreiche Aufzeichnungen. Zwischen 1639 und 1708 gibt es nur eine gerundete Fangzahl von 1664, aber seit dem Ende der Gabelzeit 1709 ist sie vollständig und gilt damit als die älteste Jagdstatistik der Welt. Vom 20. April 1709 (Hvalba) bis zum 28. August 2005 (Svínoy) wurden 1.850 Grindwalschulen (grindir) aufgebracht und dabei 255.467 Tiere getötet. Dort erkennt man an den Fangzahlen auch immer wiederkehrende erhebliche Schwankungen. Ein Grind ist reiner Zufall. Am 6. Oktober 1940 gelang in Sandur der größte Fang aller Zeiten: An einem einzigen Tag wurden 1.200 Tiere erlegt. Der zweitgrößte Fang war am 10. August 1729 in Klaksvík mit 1.184 Walen. Aber es gibt auch Jahre ohne Grind, zuletzt 1927.

2004 gab es insgesamt neun Grindir mit 1.010 getöteten Grindwalen. Sie hatten einen Wert von 8.276¼ Skinn. Das ist eine färöische Maßeinheit und bedeutet im Falle von Grind: 1 Skinn = 38 kg Tvøst + 34 kg Spik. Die Rede ist also von etwa 595 Tonnen Grindwalfleisch und -Speck für die Haushalte. Insgesamt wurden auf den Färöern in den 295 Jahren seit 1709 bis heute 130.091 Tonnen Grind gewonnen.

Auffallend ist 2005 die relativ geringe Fangmenge im Vergleich zu den Vorjahren. Größter Fang 2005 war am 2. Mai in Fuglafjørður mit 123 Tieren. Der kleinste und zugleich letzte Fang war der von Svínoy am 28. August mit 5 Grindwalen an einem sehr ungewöhnlichen Ort.

In Supermärkten der Färöer ist Grind in der Regel nicht erhältlich. Im Export der Fischereination spielt er keinerlei Rolle. Ähnlich wie die Jagdbeute bei den Grönländern, sind Grindwalfleisch und -Speck Gegenstand der ererbten Subsistenzwirtschaft. Das bedeutet: Der kostenlose Grind wird in den Haushalten der Färöer gelagert, zubereitet und verzehrt.

Grind als Mahlzeit

Tvøst og spik. Das schwarze Grindwalfleisch und Speck (in der Schale) wird gerne zusammen mit Trockenfisch (links) und Salzkartoffeln gereicht. Dazu trinkt man traditionell Bier.

Der Grind wird meist im traditionellen Verfahren der Lufttrocknung in einem speziellen Holzschuppen, dem Hjallin konserviert. An der kühlen salzhaltigen Luft der Färöer ist das ein heute noch für Klippfisch, Schaffleisch und Papageitaucher übliches Verfahren. So haltbar gemacht, wird er dann vor dem Verzehr über Stunden in Wasser – oder besser: einer Marinade – eingeweicht.

Das Fleisch wird als Steak (grindabúffur) zubereitet oder gekocht (saltgrind). Als Beilage sind heimische Kartoffeln üblich. Gewürzt wird mit Senf. Zum Grindabúffur gibt es auch eine weiße Soße. Hierzu wird gerne ein kräftiger Rotwein gereicht, während zum frischen Grind Bier und Schnaps empfohlen wird.[1]

Im Färöischen wird beim Grind zwischen dem Walfleisch (tvøst) und dem Speck (spik) unterschieden. Manchmal wird zum Tvøst auch Robbenspeck gegessen. Auf dem Teller heißt das dann tvøst og spik.

Das durch die Lufttrocknung gealterte Fleisch des Meeressäugers ist schwarz und relativ zäh. Im Geschmack ähnelt es ansonsten dem Rindfleisch. Grind ist äußerst nahrhaft. Hinzu kommt das vitaminreiche Tran im Speck des Wales. Nicht zuletzt war er daher früher so wichtig für das Überleben der über Jahrhunderte von nur ca. 4.000 Menschen bewohnten Inseln.

Touristen auf den Färöern, die Grind probieren möchten, sind meist auf so genannte Färöerabende, folkloristische Veranstaltungen mit färöischem Kettentanz und einheimischer Küche angewiesen. Es gibt aber auch Restaurants mit färöischer Küche.

Kontroverse

Getötete Weißseitendelfine in Hvalba 2006.

Der Grindwalfang auf den Färöern und die regelmäßig kursierenden Bilder des rot gefärbten Wassers an den Schauplätzen bewegen weltweit engagierte Walschützer, während sehr viele Färinger auf ihrem Recht beharren, genießbare Wildtiere auch jagen zu dürfen.

Pro

Vor den internationalen Tierschutzorganisationen, wie zum Beispiel Greenpeace, rechtfertigen sich die färöischen Walfänger damit, dass sie nicht zu den Walen hinausfahren, sondern jene von selbst zu ihnen kommen. Weiter wird angeführt, dass sie den Grindwalfang nicht aus kommerziellen Gründen betreiben, sondern nach wie vor ausschließlich für den internen Verteilerschlüssel der Haushalte. Drittens meinen viele Färinger, dass der Grindwalbestand nicht gefährdet ist, denn die allermeisten Wale würden auf ihrem Zug durch den Atlantik die kleine Inselgruppe verfehlen und so nicht betroffen sein. Auf den Färöern sind kritische Stimmen selten, in den letzten Jahren aber häufiger zu hören.

Contra

Färöische Briefmarke von 1986 zum Thema Meeresverschmutzung und den Auswirkungen auf die Nahrungskette. Es ist die einzige Briefmarke der Färöer, auf der ein Grindwal abgebildet ist.

Tierschützer argumentieren damit, dass der Grindwalfang nicht nur besonders grausam sei, sondern angesichts der heutigen Versorgungslage der Färöer völlig unnötig. Zusätzliche Argumentationshilfe liefert ein Gutachten des färöischen Gesundheitsministeriums, das inzwischen vor übermäßigem Genuss von Grindwalfleisch warnt, da es mit Umweltgiften wie Quecksilber und PCB angereichert ist [2]. Diese Delfinart steht am Ende der maritimen Nahrungskette – vor dem Färinger. Im Januar 2007 wurde dieser Befund anhand eigener färöischer Untersuchungen bestätigt. Demzufolge haben die Färinger doppelt so viel Quecksilber im Körper wie empfohlen. [3]

Zudem haben sich in der jüngeren Geschichte der Färöer die Fangmethoden grundlegend geändert. Ruderten die Färinger einst mit Ruderbooten aufs Meer, um eine Walherde zu umkreisen und zu treiben, war der Aufwand dennoch oft vergeblich, die Wale hatten eine relativ große Chance zu entkommen. Heute haben sie gegen eine kleine Flotte von Motorbooten praktisch keine Chance mehr.

Gegenüberstellung

Die Gegner argumentieren oft auf emotionaler Ebene, namentlich mit dem blutigen Ausgang am Fjordufer. Dem entgegnen die Färinger, dass dies kein Problem des Walfangs sei, sondern der Entfremdung großer Teile der zivilisierten Bevölkerung von den Grundfesten der tierischen Nahrungsgewinnung. Gegen Zustände auf einem modernen Schlachthof, die kaum ein Fleischverbraucher aus eigener Anschauung kennt, sei Walfang harmlos. Ein weiteres oft gehörtes Argument lautet immer wieder so: Der Grindwal lebt sein ganzes Leben in Freiheit im Atlantik und stirbt dann in Sekunden. Das andere Fleisch, was man im Supermarkt kaufen kann, stammt aus Gefangenschaft.

Offenkundig ist, dass die Färöer auf die Kritik reagieren und selbständig nach besseren Jagdmethoden suchen, die den Tieren weniger Schmerz bereiten, und dass sie Exzesse gesetzlich unterbinden. Kritik an grausamen und sinnlosen Fangmethoden wird im gesellschaftlichen Diskurs mehrheitlich vertreten.

Internationale Kritik wird dennoch oft als Einmischung in nationale Angelegenheiten empfunden, andererseits aber auch gehört und diskutiert. Viele Färinger meinen daher, dass es unabhängig von der Tradition und gerechtfertigten Jagd auch um das Prestige als Nation geht, dem zuliebe man darauf verzichten sollte. Diese Haltung ist in der färöischen Gesellschaft keineswegs marginal.

Um den Grindwalfang zu überwachen, entsendete die NAMMCO (Nordatlantische Meeressäuger-Kommission) im Sommer 2007 einen Vertreter auf die Färöer. [4]

Mögliches Moratorium

Am 26. November 2008 wurde seitens der färöischen Gesundheitsbehörde erstmals davon abgeraten, überhaupt noch Grindwalfleisch zu essen. Als Begründung wird das nicht mehr tolerable Risiko der Parkinsonkrankheit aufgrund der Quecksilberbelastung genannt. Der Landesarzt Høgni Debes Joensen und der Oberarzt Pál Weihe erklärten:

„Wir geben diese Empfehlung in Trauer. Der Grind diente den Färingern über viele Jahrhunderte und hat in dieser Zeit wahrscheinlich vielen das Leben gerettet. Aber die Zeiten und die Umwelt ändern sich, und deswegen meinen wir, dass diese Empfehlung medizinisch nötig ist.“

Portal.fo: 26. November 2008[5]

Der färöische Gesundheitsminister Hans Pauli Strøm schloss sich daraufhin der Forderung nach einem Verzicht auf Grindwalfleisch an, betonte aber, dass es die Entscheidung jedes einzelnen sein müsse, ob er dem Rat folgt.[6]

Literatur

  • Danimarca, Islanda. Touring Editore, 2004. ISBN 8836529216
  • Paul Harding, Scandinavian Europe. Lonely Planet, 2007. ISBN 1741045533
  • Joanne M. Greer, Monty L. Lynn, David O'Moberg, Research in the Social Scientific Study of Religion. BRILL, 1996. ISBN 1559388935
  • D. M. Martin, P. S. Mundell, Handbook of Latin American Studies: Social Sciences. University of Texas Press, 1998. ISBN 0292752113
  • Anna Spinelli, Tra l'inferno e il mare: breve storia economica e sociale della pirateria. Fernandel, 2003. ISBN 8887433399
  • Jóan Pauli Joensen, I ærlige brudefolk: bryllup på Færøerne. Museum Tusculanum Press, 2003. ISBN 8772898089
  • Jørgen Poulsen, Kultur og betydning: kommunikation som kulturel og social praksis. Forlaget Samfundslitteratur, 1999. ISBN 8759306750
  • Samuel Rathbone, E.H. Grieg: A Narrative of the Cruise of the Yacht Maria among the Faroe Islands in the Summer of 1854, England 1855 (Ausführlicher Augenzeugenbericht eines Grindwalfangs auf den Färöern 1854)
  • Annemarie Fromme-Bechem: Der Grindwal kommt. Düsseldorf: Hoch-Verlag, 1954. (63 S., Hoch-Bändchen Nr. 14)

Weblinks

Auf Färöisch

Einzelnachweise

  1. Rusan.fo - Villini djór (Information des färöischen Alkoholmonopolhandels, was man zu Wild trinken kann. Als einheimisches Wild werden hier Hasen und Grind gesehen)
  2. http://www.chef-project.dk/marinecontaminants.html
  3. Portal.fo: „Vit hava nógv kyksilvur í okkum“ (wir haben genug Quecksilber in uns), 4. Januar 2007, http://www.portal.fo/?lg=35706
  4. portal.fo NAMMCO skal eygleiða grindadráp („NAMMCO soll Grindwalfang überwachen“), 10. August 2007
  5. portal.fo Heilsumyndugleikar mæla øllum frá at eta grind („Gesundheitsbehörden raten allen davon ab, Grindwal zu essen“), 26. November 2008
  6. portal.fo: Hans Pauli Strøm tekur undir við grindabanninum („Hans Pauli Strøm unterstützt das Grindverbot“), 2. Dezember 2008

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