Haldol

Haldol
Strukturformel
Strukturformel von Haloperidol
Allgemeines
Freiname Haloperidol
Andere Namen
  • IUPAC: 4-[4-(4-Chlorphenyl) -4-hydroxypiperidino]-4- fluorbutyrophenon
  • Latein: Haloperidolum
Summenformel C21H23ClFNO2
CAS-Nummer 52-86-8
PubChem 3559
ATC-Code

N05AD01

DrugBank APRD00538
Kurzbeschreibung Weißes bis fast weißes Pulver [1]
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse
Fertigpräparate
  • Haldol® (A, CH, D)
  • Haloperidol® (A, CH, D)
Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse 375,86 g·mol−1
Schmelzpunkt

151,5 °C [2]

pKs-Wert

8,66 [2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [3]

T
Giftig
R- und S-Sätze R: 60-61-25-36/37/38-43
S: 53-26-36/37/39-45
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
LD50
WGK 3 (stark wassergefährdend) [3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Haloperidol (ursprünglicher Handelsname: Haldol®; Hersteller: Janssen-Cilag) ist ein hochpotentes Antipsychotikum aus der Gruppe der Butyrophenone und wird u. a. zur Behandlung akuter Psychosen mit Wahn, Halluzinationen oder Denk- und Bewusstseinsstörungen eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklungsgeschichte

Haloperidol wurde Anfang 1958 durch Paul Janssen synthetisiert und 1959 in Belgien erstmals zugelassen.[4] Haloperidol wurde in Europa schnell zum Mittel der Wahl bei Schizophrenie, in den USA wurde es erst 1988 zugelassen. Amerikanische Psychiater bevorzugten das ebenfalls hochpotente Phenothiazin-Präparat Perphenazin.[5]

Wirkungsweise

Neuroleptika (früher gebräuchlicher Begriff für Antipsychotika) werden in ihrer Potenz oft verglichen mit Chlorpromazin, der ersten in der modernen pharmakologisch orientierten Psychiatrie eingesetzten, antipsychotisch wirksamen Substanz. Haloperidol hat einen in etwa 50-mal höheren antipsychotischen Effekt als Vorgängermedikamente bei verringerten vegetativen Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Mundtrockenheit und Tachykardie, und ist von daher als verträglich einzuschätzen.

Haloperidol blockiert manche Dopamin-Rezeptoren. Die Blockade von muscarinischen und adrenergen Rezeptoren, die gegebenenfalls unerwünschte Effekte hervorruft, ist nicht lebensgefährlich und zudem geringer als beim Vorgänger-Antipsychotikum.

Wie bei allen Antipsychotika sind zwei Wirkungen voneinander zu unterscheiden: eine akute und eine langfristige. Die Primärwirkung wird von Außenstehenden sowie von Patienten (im Rahmen ihrer ggf. von Krankheit beeinträchtigten Ausdrucksfähigkeit) als dämpfend und sedierend beschrieben, dieser Effekt kann also bei pathologisch relevanten Erregungszuständen durchaus gewünscht sein. Erst bei Anwendung über einige Tage bis Wochen tritt die eigentliche antipsychotische Wirkung ein. Deshalb kann die Substanz als medikamentöse Primärtherapie dazu beitragen, unerwünschte Symptome, wie sie zum Beispiel bei Schizophrenie, aber auch Manie, auftreten, effektiv zu beheben.

Anwendungsgebiete

In Deutschland ist Haloperidol zur Behandlung von

zugelassen.[6]

Dabei wird Haloperidol meist zur Unterdrückung von Krankheitszeichen wie z. B. Wahn, Halluzinationen oder Denk- und Bewusstseinsstörungen sowie zur Vorbeugung von Rückfällen eingesetzt.

Weiterhin kann Haloperidol nach Ausschöpfen aller anderen Behandlungsmöglichkeiten auch zur Behandlung von Tic-Erkrankungen (wie z. B. Gilles-de-la-Tourette-Syndrom) genutzt werden.[6]

In der Schweiz ist Haloperidol zusätzlich zur Behandlung von

  • zerebralsklerotisch bedingter Unruhe,
  • Oligophrenie mit gesteigerter Erregbarkeit,
  • Erregungszuständen beim Alkoholentzugssyndrom,
  • Übelkeit und Erbrechen verschiedener Ursache (falls die üblichen Medikamente gegen Übelkeit und Erbrechen ungenügend wirksam sind) sowie
  • als Begleitmedikation zur Schmerzlinderung bei verschiedenen schweren chronischen Schmerzzuständen

zugelassen.[7]

Nebenwirkungen

  • Spätdyskinesien (Schluck- und Schlundkrämpfe, „kloßige“ Sprache, dystone Bewegungen)
  • Müdigkeitserscheinungen
  • Bewegungsunruhe (Akathisie)
  • Sitzunruhe
  • EPS (extrapyramidale Störungen)
  • Hypotonie (insbesondere bei bestehendem Volumenmangel)
  • Orthostatische Dysregulationen
  • Erregungsleitungsstörungen (AV-Block, Schenkelblock)
  • Paradoxe Hypotonie nach Adrenalingabe
  • Sprachstörungen

Während die vegetativen Nebenwirkungen eher in den Hintergrund treten, liegen die Hauptnebenwirkungen von Haloperidol in einer Beeinflussung der extrapyramidalen Motorik. Diese Symptomatik, die an Morbus Parkinson erinnert, wird parkinsonoid genannt und ist nach derzeitigem Beobachtungsstand nach Beendigung der Substanzgabe größtenteils reversibel und zudem dosisabhängig. Sichtbare Symptome sind abnorme Bewegungen im Kopf- und Halsbereich sowie Schwierigkeiten beim Sprechen und Schlucken. Während der Verabreichung werden derartige Nebenwirkungen häufig durch Komedikation mit dem Antiparkinsonmittel Biperiden behandelt. Eine vollständige Rückbildung der Nebenwirkungen ist nicht in jedem Fall zu erwarten.

Haldol kann die Erlebnisfähigkeit und Emotionalität stark einschränken und dadurch zu einer „seelischen Verflachung“ führen. Hierin ist vermutlich die häufig vorzufindende mangelnde Compliance begründet. Es wird diskutiert, dass Haloperidol deshalb nicht z. B. bei Schizophrenie dauerprophylaktisch, sondern nur akut bis zum Abklingen der Symptome gegeben werden sollte; daran anschließend ist eine Dauerbehandlung mit atypischen, moderneren Neuroleptika anzustreben.

Einzelnachweise

  1. a b Europäische Arzneibuch-Kommission (Hrsg.): EUROPÄISCHE PHARMAKOPÖE 5. AUSGABE. 5.0–5.8, 2006. 
  2. a b c d e Haloperidol bei ChemIDplus
  3. a b Sicherheitsdatenblatt für Haloperidol powder – Sigma-Aldrich 05.01.2008
  4. Granger B, Albu S. The haloperidol story. Ann Clin Psychiatry. 2005;17:137-40. PMID 16433054
  5. www.epsy.de/haldol.htm
  6. a b Janssen-Cilag: Fachinformation Haldol-Tabletten. Stand April 2008.
  7. Janssen-Cilag: Haldol. Fachinformation des Arzneimittel-Kompendium der Schweiz. Stand Mai 2008.

Weblinks

Literatur

  • Lüllmann et al.: Pharmakologie und Toxikologie. Thieme Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-368515-5
  • Janssen-Cilag GmbH, Flensburg 2006
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