Hans Hüttig

Hans Hüttig

Hans Hüttig (* 5. April 1894 in Dresden; † 23. Februar 1980 in Wachenheim an der Weinstraße) war deutscher SS-Führer und Kommandant der Konzentrationslager Natzweiler-Struthof und Herzogenbusch.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Hans Hüttig, streng evangelisch erzogen, war der älteste Sohn eines Zimmermannes und verbrachte seine Kindheit in geordneten Verhältnissen in Dresden. Nach Beendigung seiner Vollzeitschulpflicht 1908 besuchte er eine Schule in Süddeutschland, die Schüler ohne höhere Schulbildung auf einen einjährigen Militärdienst vorbereitete. Hüttig bestand dort 1911 jedoch nicht die Abschlussprüfung.[1] Danach begann er eine Ausbildung als Drogist, die er 1913 abbrach. Anschließend arbeitete er zunächst in dem Fotoladen seines Vaters, den dieser mittlerweile aufgebaut hatte.[2]

Erster Weltkrieg - Soldat beim Ostafrikakorps

Ab März 1914 arbeitete er schließlich als Vertreter einer Firma im Bereich Import und Export in der Kolonie Deutsch-Ostafrika. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldete sich Hüttig als Freiwilliger zum Deutschen Ostafrikakorps und stieg dort bis zum Rang eines Feldwebels auf. Nach einer schweren Verwundung im Dezember 1917 kam er in ein Militärlazarett, das kurz darauf von der britischen Armee eingenommen wurde. Hüttig geriet in Kriegsgefangenschaft und war nahe Kairo interniert.[1]

Zeit der Weimarer Republik

Hüttig kehrte 1920 nach Dresden zurück und arbeitete in diversen Firmen. Im Dezember 1921 erfolgte seine Heirat, aus der Anfang der 1930er Jahre geschiedenen Ehe gingen zwei Kinder hervor.[1] Hüttig trat 1924 dem Stahlhelm bei und machte sich 1926 mit einem Fotoladen selbstständig, musste diesen aber infolge der Weltwirtschaftskrise bereits 1930 wieder aufgeben. Ab 1931 war Hüttig bei einem Meißener Luftbilddienst als Geschäftsführer tätig. Hüttig, der immer Offizier werden wollte, trat 1932 der NSDAP und SS bei.[2] In der SS stieg Hüttig 1942 bis zum SS-Sturmbannführer auf.[3]

Zeit des Nationalsozialismus - Lagerdienst in Konzentrationslagern

Ab 1933 war Hüttig hauptamtlich bei der SS tätig und wurde zu den SS-Totenkopfverbänden versetzt. Ab 1933 gehörte Hüttig zur Wachmannschaft des KZ Sachsenburg, absolvierte 1935 einen Lehrgang im KZ Dachau, und wurde 1937 schließlich Zugführer im KZ Lichtenburg. 1938 wurde er Adjutant des damaligen Lagerkommandanten Karl Otto Koch im KZ Buchenwald und dort 1939 noch zweiter Schutzhaftlagerführer.[2] Im Konzentrationslager Buchenwald soll Hüttig, genannt „Soldatenmax“, Häftlinge schwer misshandelt haben:

„ Hauptsturmführer Hüttig sorgte ab und zu für Volksbelustigungen. Er ließ den ,Bock‘, eine Vorrichtung zur Durchführung von Prügelstrafen, ins Kleine Lager bringen, rückte selbst mit einer Anzahl von Blockführern an und ließ wahllos jedem zehnten Häftling 25 Stockhiebe verabreichen. In einem Falle, als ein Häftling die Schläge für seinen vom Los getroffenen Bruder übernehmen wollte, zeigte Hauptsturmführer Hüttig seine Anerkennung, indem er beide Brüder prügeln ließ.“[4]

Hüttig wechselte 1939 als Adjutant des Lagerkommandanten ins KZ Flossenbürg und von dort 1940 als erster Schutzhaftlagerführer ins KZ Sachsenhausen.[2] Am 17. April 1941 stieg Hüttig zum Lagerkommandanten des KZ Natzweiler-Struthof auf.[5] Im Frühjahr 1942 wurde Hüttig zum Höheren SS- und Polizeiführer (HSSPF) nach Norwegen versetzt, wo er als Kommandant die Wachmannschaft des Polizeilagers Grini fungierte.[3] Im Februar 1944 wurde Hüttig noch Lagerkommandant des KZ Herzogenbusch, nachdem der vorherige Lagerkommandant Adam Grünewald aufgrund eines Vorfalls, der zehn weiblichen Häftlingen das Leben kostete, von diesem Posten entbunden worden war. Hüttig war bis zur Evakuierung des Konzentrationslagers Herzogenbusch Anfang September 1944 dessen Lagerkommandant. In diesem Zeitraum ließ Hüttig unter anderem die niederländischen Kapos gegen deutsche Funktionshäftlinge auswechseln und ergriff weitere Maßnahmen um das Lager gegenüber der Außenwelt weitestgehend abzuschotten und Sabotage zu unterbinden. Zudem ließ Hüttig im Spätsommer 1944 450 Widerstandskämpfer beziehungsweise Polizeihäftlinge in Herzogenbusch erschießen.[6] Von Herbst 1944 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges verrichtete Hüttig Dienst in einem Polizeirevier.[1]

Nach Kriegsende

Nach Kriegsende geriet Hüttig in alliierte Internierung. Er wurde am 2. Juli 1954 in Metz durch ein französisches Militärgericht[7] zum Tode verurteilt, das Todesurteil wurde jedoch nicht vollstreckt. 1956 wurde Hüttig nach elf Jahren aus der Haft entlassen und führte ein unauffälliges Leben in Wachenheim bis zu seinem Tod im Jahr 1980. Am 8. März 1975 wurde Hüttig durch Tom Segev aufgespürt und interviewt. Hüttig gehörte neben Johannes Hassebroek und Wilhelm Gideon zu den drei noch lebenden KZ-Kommandanten mit denen Segev Kontakt hatte.[8]

Literatur

  • Tom Segev: Die Soldaten des Bösen. Zur Geschichte der KZ-Kommandanten. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1995, ISBN 3-499-18826-0.
  • Harry Stein, Gedenkstätte Buchenwald (Hrsg.): Konzentrationslager Buchenwald 1937–1945. Begleitband zur ständigen historischen Ausstellung. Wallstein, Göttingen 1999, ISBN 3-89244-222-3.
  • Ulrich Herbert, Karin Orth, Christoph Dieckmann: Die nationalsozialistischen Konzentrationslager - Entwicklung und Struktur. Band I, Wallstein, Göttingen 1998, ISBN 3-89244-289-4.
  • Coenraad J. F. Stuldreher: "Deutsche Konzentrationslager in den Niederlanden - Amersfoort, Westerbork, Herzogenbusch" in Wolfgang Benz (Red.): „Dachauer Hefte 5 – Die vergessenen Lager“, München 1994, ISBN 3-423-04634-1
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0.

Einzelnachweise

  1. a b c d Tom Segev: Die Soldaten des Bösen. Zur Geschichte der KZ-Kommandanten, Reinbek bei Hamburg 1995, S. 230ff
  2. a b c d Harry Stein, Gedenkstätte Buchenwald (Hrsg.): Konzentrationslager Buchenwald 1937–1945. Begleitband zur ständigen historischen Ausstellung. Göttingen 1999, S. 308
  3. a b Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 274.
  4. Aussage des ehemaligen Buchenwaldhäftlings Felix Rausch Zitiert bei: Hackett (Hg.), Der Buchenwald-Report, München 1996, S. 310.
  5. Karin Orth: Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Pendo Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-85842-450-1, S. 85
  6. Coenraad J. F. Stuldreher: Das Konzentrationslager Herzogenbusch - „Ein Musterbetrieb der SS?“. In: Ulrich Herbert, Karin Orth, Christoph Dieckmann: Die nationalsozialistischen Konzentrationslager - Entwicklung und Struktur. Band I, Wallstein, Göttingen 1998, S. 337f.
  7. French-Trials
  8. Tom Segev: Die Soldaten des Bösen. Zur Geschichte der KZ-Kommandanten, Reinbek bei Hamburg 1995, S. 264f

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