Hunderttürenwagen

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Schweizer Abteilwagen

Als Abteilwagen werden zwei Grundbauarten von Reisezugwagen der Eisenbahn bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Englisches System

Ursprünglich waren Abteilwagen Reisezugwagen, bei denen mehrere voneinander getrennte Abteile mit jeweils eigenen, auf der Wagenlängsseite angeordneten Einstiegstüren in einem gemeinsamen Wagenkasten angeordnet waren. Der Abteilwagen wurde zu Beginn der Eisenbahnzeit in England durch Aufsetzen von Postkutschwagenkästen auf ein Eisenbahn-Fahrgestell entwickelt. Abteilwagen waren in fast ganz Europa verbreitet und wurden bis in die 1930er Jahre gebaut. Dieser Wagentyp wurde im 19. Jahrhundert auch als "Personenwagen englischen Systems" bezeichnet, im Gegensatz zum Durchgangswagen, dem "Personenwagen amerikanischen Systems".

Amerikanisches System

Heute wird der klassische D-Zug-Wagen mit geschützten Wagenübergängen, Seitengang und durch Zwischenwände separierten Abteilen als Abteilwagen bezeichnet. Vom Abteilwagen heutiger Bauart ist der moderne, aus dem Durchgangswagen entwickelte Großraumwagen zu unterscheiden, dessen Innenraum in einen oder auch mehreren Großräume mit Mittelgang unterteilt ist. Die ersten Wagen dieser Bauart fuhren ab 1892 in Preußen.

Hunderttürenwagen

Die ersten Abteilwagen im 19. Jahrhundert bestanden aus mehreren auf ein Fahrgestell gesetzten Kabinen ähnlich den Postkutschen. Abteilwagen mit Türen für jedes Abteil, ohne Verbindung zwischen den Abteilen, wurden bis Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut. Nachteile dieser Bauart waren, dass Reisende während der Fahrt nicht die Toilette oder den Speisewagen aufsuchen konnten und das Zugpersonal bei der Fahrkartenkontrolle außen am Trittbrett des Wagens entlangklettern musste. Unzählige zwei-, drei und vierachsige Fahrzeuge waren vor allem in Deutschland und insbesondere bei den Preußischen Staatseisenbahnen verbreitet.

Preußischer Abteilwagen der 3. Klasse

Entwicklung in Preußen

Bis etwa 1880 waren zweiachsige Abteilwagen die Norm. Nach dem Ende der Verstaatlichungswelle der Preußischen Staatseisenbahnen um 1895 wurden die laufruhigeren Dreiachser beschafft. Dafür wurden so genannte Normalien aufgestellt, die Wagen der zwei-, drei- und später vierachsigen Bauarten enthielten. Bei den Dreiachsern waren sowohl starre Achsen als auch Lenkachsen vorgesehen. Die für den reinen Vorortverkehr vorgesehenen Wagen (Berlin, Hamburg) hatten keine Aborte erhalten. Bei den anderen Wagen wurde, um die Zahl der Aborte aus wirtschaftlichen Gründen gering zu halten, ein Durchgang zwischen mehreren Abteilen geschaffen. Zahlreiche Wagen mussten daher umgebaut werden. Nach der Jahrhundertwende wurden auch Abteilwagen der vierten Klasse beschafft.

Zwei- und dreiachsige Abteilwagen wurden zunächst für alle Zugarten auf Hauptbahnen eingesetzt. Mit dem Aufkommen der D-Zug-Wagen nach 1892 kamen Abteilwagen hauptsächlich in Personenzügen auf Hauptstrecken und im Ballungsraumverkehr zum Einsatz. Hier machte sich, neben dem schnellerern Fahrgastwechsel, der Umstand günstig bemerkbar, dass Bahnsteige von Bahnhöfen an Hauptstrecken nur mit gültiger Fahrkarte und kurz vor dem „Abgang“ des Zuges betreten werden durften, womit sich der Kontrollvorgang vom Zugschaffner auf das Bahnhofspersonal verlagerte. Durchgangswagen hingegen waren auf Nebenstrecken üblich, da es hier oft keine Bahnsteigsperren gab und die Kontrolle der Fahrausweise im Zug notwendig war.

Ab 1895 wurden insbesondere in Preußen und Sachsen (aber auch in geringerem Umfang in Baden, Bayern und Elsaß-Lothringen) vierachsige Abteilwagen gebaut, die überwiegend in den ab 1907 eingeführten Eilzügen sowie den sogenannten beschleunigten Personenzügen zum Einsatz kamen. In mehreren Serien wurden bis 1918 über 3500 Fahrzeuge gebaut. Die Abteile in den Wagen waren teilweise untereinander verbunden, um zu den Aborten zu gelangen. In den Wagen der dritten Klasse wurden die Abtritte erst später mit Wasserspülung ausgestattet.

Zuerst waren die Fensterrahmen bei den Abteilwagen - wie die Wagenkästen selbst - aus Holz, das sich aber schnell verzog. Nach einem Patent der Julius Pintsch AG wurden ab der Jahrhundertwende eine Messinglegierung dafür verwendet. Diese Wagen hatten den oberen Fensterrahmen gerundet.

Ab 1910 wurde die bisherige Petroleumbeleuchtung auf Gasglühbeleuchtung umgestellt, das eine bessere Lichtausbeute in der Dunkelheit bot. Weil im ersten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts Holz teuer wurde, ging man zur Stahlbauweise über. Dies führte aber im Ersten Weltkrieg zum Einsatz minderwertiger Materialien.

Ausgerüstet waren die Wagen der Preußischen Staatseisenbahnen mit Regeldrehgestellen mit zweifacher, später dreifacher Federung. Die meisten Wagen waren 18,55 Meter lang ausgeführt worden. Zuerst wurden Bremsen der Bauart Westinghouse verwendet, ab der Jahrhundertwende kam die Knorr-Einheitsbremse zum Einbau. Die Handbremse war in einem separaten Bremserhäuschen an einem Wagenende untergebracht. Diese wurden ab 1930 abgebaut.

Von den 21.000 gebauten Abteilwagen aller Bauarten gingen nach dem Ersten Weltkrieg 14.000 als Reparationsleistungen an andere Länder, davon 5.000 an das wieder entstandene Polen.

Übersicht über die preußischen Vierachser

Typ Preußische Staatsbahn DRG-Skizze 1. Baujahr Anzahl Wagen Anzahl Sitze Anzahl Aborte LüP Bemerkungen
ABB B4 Pr 95 1895 350 10/31 3 18,15 m
ABCC BC4 Pr 98 1898 200 5/21/32 4 18,20 m
CC C4 Pr 94 1895 350 80 3 17,88 m
ABB B4 Pr 02 1902 200 10/31 3
ABCC BC4 Pr 98a 1898 200 50/31/32 4
CC C4 Pr 02 1902 300 76 5
ABB B4 Pr 04 1904 350 10/31 3
ABCC BC Pr 04 1904 250 5/21/32 4
BCC BC Pr 05 1905 100 20/48 5
CC C4 Pr 04 1904 450 76 5
CC C Pr 12/12a 1911 650 76 4 18,62 m
BB B4 Pr 18 1918 40 47 3 19,20 m
CC C4 Pr 18 1918 86 76 4

Länge über Puffer (LüP) stets 18,55 m, wenn nicht anders angegeben.

Entwicklung bei der Deutschen Reichsbahn

Aus Gründen der rationelleren Fahrzeugunterhaltung wurde ab 1920 bei vielen Dreiachs-Abteilwagen die mittlere Achse ausgebaut, weil man festgestellt hatte, dass dies keine negativen Auswirkungen auf die Laufeigenschaften hat. Außerdem wurden, um den nach den Waffenstillstands-Abgaben von 1918/19 drängenden Wagenmangel abzustellen, noch 500 Zweiachs-Abteilwagen (50 Wagen zweiter, 450 Wagen dritter Klasse) preußischer Bauart beschafft. Wegen des großen Wagenmangels wurden überdies viele ehemals preußische Wagen den süddeutschen Direktionen zugewiesen, so dass diese Wagen nun im gesamten Deutschen Reich anzutreffen waren.

Mitte der 1920er Jahre wurde bei Wagen, die auf mittlerweile elektrifizierten Strecken verkehrten, das Bremserhaus abgebaut. Mit der Abschaffung der vierten Klasse 1928 wurden viele Abteilwagen durch das Zusammenlegen von Abteilen zu Traglastenwagen umgerüstet. Nachdem die DRG ab 1930 neue viertürige Eilzugwagen des Typs E 30 einführte, wurden in weiteren Wagen mehrere Abteile zu einem Großabteil zusammengelegt und als Traglastenabteil ausgewiesen.

Einige dieser Abteilwagen wurden ab 1930 für die Züge des Ruhrschnellverkehrs verwendet. Dafür erhielten sie den DRG-Triebwagenanstrich in rot-beige. Die Fensterbereich der zweiten Klasse war allerdings in stadtbahnblaugrün (RAL6004) wie bei der Berliner S-Bahn ausgeführt. 18 Wagen der Abteilbauart wurden sogar neu beschafft.

Nachkriegsentwicklung

Die meisten Abteilwagen wurden von der Deutschen Bundesbahn (DB) in den 1950er Jahren zu Umbau-Wagen umgebaut. Bei der DDR-Reichsbahn (DR) wurden bei den verbliebenen Abteilwagen mehrere Abteile zusammengefasst und dabei, wie bei den dreiachsigen Wagen, jede zweite Tür ausgebaut. In den 1960er Jahren wurden die Abteilwagen in Reko-Wagen rekonstruiert (umgebaut).

D-Zugwagen

Hauptartikel: Schnellzugwagen

Entwicklung in Deutschland

Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden die heute noch üblichen Abteilwagen mit Seitengang gebaut. Diese Wagen kamen vor allem in D-Zügen zum Einsatz. Sie sind mit Übergängen zum nächsten Wagen ausgestattet, entweder mit offener Übergangsbrücke, oder früher durch einen Faltenbalg, der heute auch bei druckdichten Wagen vorhanden ist, sonst durch einen Gummiwulst geschützt. Die Bauform mit Seitengang ist auch bei Schlafwagen und Liegewagen üblich.

Im Nahverkehr und teilweise im Fernverkehr - besonders bei Hochgeschwindigkeitszügen - werden anstelle der Abteilwagen nunmehr Großraumwagen mit Mittelgang eingesetzt, welche eine höhere Kapazität und mehr Fensterplätze, aber weniger Privatsphäre bieten. Viele Züge bieten heutzutage deshalb auch die Auswahl zwischen den beiden Sitzvarianten Abteil und Großraum, teilweise sogar im gleichen Wagen. In Deutschland gibt es reine Abteilwagen nur noch im Erster-Klasse-Bereich von Intercity- und Eurocity-Zügen sowie im Nachtverkehr. Sehr verbreitet sind moderne Abteilwagen für Schnellzüge aber z. B. noch bei der italienischen Trenitalia.

Entwicklung in der Schweiz

Im Schweizer Inlandverkehr sind Abteilwagen fast unbekannt. Für Schnellzüge, insbesondere im internationalen Verkehr, wurden jedoch mehrere Serien Abteilwagen mit Seitengang gebaut.

Eine erste Serie von RIC-Wagen, noch sehr an die Einheitswagen (SBB) angelehnt, entstand bereits in den 1950er Jahren. Gemeinsam war die niedrigere Dachhöhe und die SIG-Drehgestelle. Die Länge betrug 23,70 Meter.

Die späteren RIC-Wagen, ab 1969 gebaut, entsprechen der Bauart UIC-X. Während die Wagen der ersten Klasse nur neun Abteile anboten, wie die UIC-Z-Type, besaßen die Zweitklasswagen zuerst zwölf Abteile. Ab 1972 wurden Fahrzeuge beschafft, die nur noch elf Abteile in der zweiten Klasse besaßen. Obwohl die Wagenserie dem X-Typ zugeordnet ist, entsprechen sie damit eher dem späteren Typ UIC-Z. Ein großer Teil dieser Wagen wurde ab 1989 zu Großraumwagen des Typs Bpm umgestaltet. Sie erhielten einem dem EW IV-Wagen ähnlichen SBB-IC-Anstrich und laufen heute überwiegend im Inlandverkehr. Die Wagen erster Klasse wurden zu Begleitwagen für die Rollende Landstraße der Hupac AG umgebaut.

Die Eurofima-Wagen mit Abteilen der ersten Klasse von 1977 sind weiterhin im Betrieb, heute in EuroCity-Farben (Grautöne mit weißen Streifen und roten Türen). Abteilwagen zweiter Klasse wurden jedoch in dieser Generation und bei den nachfolgenden EuroCity-Wagen nicht mehr beschafft. Ausgenommen sind Liegewagen der Eurofimabauart von 1978.

Zudem gibt es Abteile der ersten Klasse in einigen EW III-Wagen (heute bei der BLS).

Entwicklung in Österreich

Anders als in der Schweiz hat sich in Österreich auch im Inland-Fernverkehr der Abteilwagen behauptet. Die ab 1957 beschafften UIC-X-Wagen und ihre Vorläufer waren allesamt Abteilwagen, ebenso die Eurofima-Wagen der 1970er Jahre und verwandte Bauarten.

Die neuesten Abteilwagen in Österreich sind druckertüchtigte Wagen erster und zweiter Klasse, die Anfang der 1990er Jahre beschafft wurden. Mit dem Upgrading-Programm seit 2002 werden die Abteilwagen erster Klasse teilweise in Großraumwagen umgestaltet.

Auch die Triebzüge der Baureihe 4010 bieten den größten Teil der Sitzplätze in Abteilen an, allerdings steht dort nach der Umwandlung ehemaliger Erster-Klasse-Abteile in zweiten Klasse nur noch ein Großraumwagen der ersten Klasse zur Verfügung.

Beim neuen Hochgeschwindigkeitszug railjet verzichtet man auf die Abteilwagen.[1][2]

Literatur

  • Burghardt, Klaus Museumseisenbahnwagen zwischen Ostsee und Erzgebirge Transpress Verlag
  • Rossberg Ralf Roman Geschichte der Eisenbahn Sigloch Verlag

Einzelnachweise

  1. Pressemitteilung Siemens
  2. Kurier

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