Johann Hemeling

Johann Hemeling

Johann Hemeling (* um 1358; † 27. März 1428) war von 1405 bis 1410 Bürgermeister von Bremen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die Amtszeit Hemelings ist mit dem Aufstieg Bremens zu einer reichsunmittelbaren Stadt verbunden, in dessen Verlauf sie sich von der Oberhoheit des Erzbischofs von Bremen zu lösen und ein eigenes Territorium zu entwickeln vermochte. Hemeling war Bauherr des Bremer Doms und eine der treibenden Kräfte beim Bau des neuen, gotischen Rathauses, sowie für die Aufstellung des Rolands auf dem Platz vor dem Gebäude.

Hemeling war Angehöriger der aus den innerstädtischen Konflikten hervorgegangenen alten Schicht des Rats, die unter Führung seines Vaters Nikolaus Hemeling den Sieg über externe Gegner, aber auch die inneren Gegner davongetragen hatte. Zu letzteren zählten die Parteigänger des Erzbischofs und seiner Verbündeten, aber auch handwerklich-zünftische Gruppen, die die alten Familien zeitweilig entmachtet hatten. Johann Hemeling, vor allem aber sein Amtskollege Friedrich Wigger sowie Hinrich von der Trupe nutzten als erste das Bildprogramm der öffentliche Bauwerke, insbesondere des Rathauses, um diesem Sieg Ausdruck zu verleihen. Dazu ließen sie das neue Rathaus so gestalten, dass die Freiheit der Stadt gegenüber dem Erzbischof, die Ranggleicheit – und als Fernziel möglicherweise die Reichsunmittelbarkeit – sowie die dauerhafte patrizische Herrschaft der ratsfähigen Familien zum Ausdruck kamen. Darüber hinaus griff er möglicherweise in die Geschichtsschreibung ein, indem er entsprechende Passgen in der Chronik von Rinesberch und Schene sowie kaiserliche Urkunden fälschte.

Hemeling stammte aus einer der führenden Familien Bremens, die seit Ende des 13. Jahrhunderts in der Stadt vertreten waren.[1] Er wurde 1382 in den Bremer Rat gewählt und 1405 bis 1410 zum Bürgermeister. Von 1390 bis 1421/22 war er darüber hinaus Bauherr (Domstruktura) des Domes.

Er hat sich stark für den Bau eines neuen Rathauses am Markt eingesetzt, das zwischen 1405 und 1410 entstand. Ebenso wurde 1404 der Roland vor dem Rathaus auf seine Initiative hin errichtet. 1407 wurden an der Marktseite Skulpturen angebracht, die auch nach dem Umbau im frühen 17. Jahrhundert übernommen wurden und die bis heute das Gebäude zieren.[2] Acht der insgesamt 16 Skulpturen stellen den Kaiser und die sieben Kurfürsten dar. An den Schmalseiten befinden sich die acht sogenannten Propheten. Letztere symbolisieren das gerechte Ratsregiment nach innen, erstere das Verhältnis zum Reich. Zwar erhob die Stadt damit noch nicht den Anspruch auf Reichsunmittelbarkeit, drückte jedoch aus, dass die erzbischöfliche Gewalt nicht mehr die vorherrschende war. Dazu passte auch die Symbolik am Roland, der das kaiserliche Wappen im Schild trug. Gleichzeitig beanspruchte die Stadt Kaiserfreiheit, was als Abgabenfreiheit gegenüber dem Kaiser gedeutet wurde. Hemeling selbst lieferte, neben den Ratsherren und Bürgermeistern Friedrich Wigger, Detward und Bernd Prindeney, Arnd Boller, Johann Vasmer und Gerd von Dettenhusen, Bauholz, das sie aus eigenen Wäldern beitrugen, die sie im Bremer Umland besaßen.[3]

Darüber hinaus versuchte der Bürgermeister möglicherweise die Geschichtsschreibung zu beeinflussen, um nicht zu sagen, in seinem Sinne zu verfälschen, wie Meinert 1968 schrieb.[4] Demnach entstand das Ratsdenkelbuch – eine Aufzeichnung wichtiger Urkunden und Ereignisse von Bremen – auf seine Initiative. Er bzw. sein Schreiber setzte die Bearbeitung der Bremer Chronik von Gerd Rinesberch († 1406) und Herbord Schene († 1414) bis 1430 fort, jedoch in einer tendenziösen Bearbeitung, wie auch Hägermann meinte.[5]. Hemeling war es, der später diese Chronik als Basis des Anspruchs auf die Reichsfreiheit von Bremen überarbeitete und dabei um 1420 drei Urkunden von Kaiser Heinrich V., Wilhelm von Holland und von Wenzel erfand und einfügte, die kaiserliche Privilegien für Bremen beweisen sollten. Hersteller der Fälschungen war möglicherweise der Pronotar und Schreiber des Rates Reyner Salun.[6] Kern der Fälschungen ist danach eine Urkunde Heinrichs V. von 1111, mit der er der Stadt Bremen und seinen Ratsherren Vorrechte eingeräumt haben soll. Diese betrafen das Recht zur Sicherung der Unterweser, zum Tragen von goldenem und buntem Pelzwerk, wie es nur Ritter durften, für die Ausgestaltung des Rolands und die Befreiung von den Regeln der westfälischen Femegerichte[5]. Die in anderer Form von Hemeling angestrebte „Kaiserfreiheit“ erlangte Bremen jedoch erst 1646 mit dem Linzer Diplom. Dieser Einordnung widersprach Liselotte Klink 1988[7], Dieter Pötschke hält zudem die Erwähnung des Rolands in einer gefälschten Urkunde von 1111, was wohl unstreitig ist, zudem aber auch die Erwähnung von 1366 für eine Fälschung. Pötschke macht dies anhand von Vergleichen mit dem 1342 erstmals erwähnten Hamburger Roland wahrscheinlich. Dieser wurde allein 42 mal in Quellen erwähnt, der Bremer Roland hingegen nur in zwei gefälschten Urkunden und in der fälschungsverdächtigen Chronik von Rinesberch und Schene, bzw. Hemeling.[8] Damit ist der von etwa 1420 stammende Schild am Roland die älteste Quelle, die einen Zusammenhang zwischen Stadtfreiheit und Roland herstellt.

Als Bauherr des Domes wirkte er an verschiedenen Renovierungen mit und sorgte dafür, dass in dem von ihm angelegten Merkbuch der Domstruktura die Entwicklungen dokumentiert wurden. Johann Hemeling veranlasste den Bau eines großen Wasserrades an der Weserbrücke.

Hemeling besaß, wie viele Bürger Bremens, umfangreiche Landrechte im Umland der Stadt. Die historische Zentralitätsforschung konnte dabei ab den 1980er Jahren zeigen, dass die Stadt keineswegs als bloßer Rechtsraum, umgeben von einer Stadtmauer, scharf vom Umland abgegrenzt, betrachtet werden kann. Schon vor Hemelings Zeit gab es vor allem ostwärts der Stadt, um das Paulskloster, eine Höker- und Handwerkersiedlung, die als kleine Stadt (parva civitas) bezeichnet wurde. Diese wird heute als zur Stadtmark gedeutet, also als das unmittelbar um die Stadt liegende Gebiet. Erst dahinter erstreckte sich das Umland, der politisch und wirtschaftlich abhängige Raum um die Stadt. Das noch weiter entfernte Hinterland gehörte zwar politisch nicht mehr zur Stadt, war jedoch in das Wirtschaftssystem stark eingebunden. Im Pauls Kloster nahm der Erzbischof, wenn er Bremen besuchen wollte, schon Ende des 13. Jahrhunderts Residenz. Die dortige Hauptstraße, die Bremen mit dem Heerweg verband, der nach Verden führte, war befestigt, daher hießt sie Stenstrate.[9] Ein weiteres Dorf – mit Namen Jericho – bestand um das St.-Remberti-Stift, das spätestens seit 1306 bestand. Es handelte sich um ein Leprosorium. Westlich davon lag ein weiteres Dorf mit der Stiftskirche St. Michaelis als Mittelpunkt, des Weiteren das bereits 1072 erwähnte Utbremen, wo gleichfalls zahlreiche Bürger Bremens Land besaßen. Westlich von St. Stephani, das 1307 in die Stadtmauer mit einbezogen worden war, entstand Tevekenbuttel.

Hemeling besaß nicht nur hier, sondern ab 1413 auch in Berne Land, das er Graf Otto von Delmenhorst und seinem Sohn Klaus in diesem Jahr für 100 rheinische Gulden abgekauft hatte. Für weitere 90 Bremer Mark verpfändete Klaus 1418 seine verbliebenen Rechte an den ehemaligen Bürgermeister, dazu allen Renten, Zinsen und Dienste. Hemeling besaß ausgedehnten Landbesitz in Blockland, Redingstede, Hasenbüren, Huchting und Grolland, genauso wie in Stuhr und Schlutter bei Delmenhorst. 1426 verpfändete ihm Erzbischof Nikolaus Kirchengut in Schlutter, sowie den Zehnt im Dorf Ranzenbüttel, das heute zu Berne gehört. Diese Güter musste er nie herausgeben, und seine Kinder und Enkel verkauften sie Jahrzehnte später.[10]

Literatur

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Hermann Meinert (Hrsg.): Bremen. In: Die Chronik der niedersächsischen Städte. Band 37, Carl Schünemann Verlag, Bremen 1968.
  2. Stephan Albrecht: Das Bremer Rathaus im Zeichen städtischer Selbstdarstellungen vor dem 30-jährigen Krieg, Marburg 1993, S. 52ff. Sie befinden sich seit 1960 im Focke-Museum, am Rathaus befinden sich Kopien.
  3. Thomas Hill: Die Stadt und ihr Markt: Bremens Umlands- und Außenbeziehungen im Mittelalter (12. bis 15. Jahrhundert), Wiesbaden: Steiner 2004, S. 89.
  4. 1968 schrieb Meinert, der die Chronik von Romesberch, Schene und Hemeling edierte, alle Fälschungen dem Bürgermeister zu.
  5. a b Dieter Hägermann: Einige Bemerkungen zu den gefälschten Urkunden der Kaiser oder Könige Heinrichs V., Wilhelms von Holland und Wenzels für die Stadt Bremen. In: Bremisches Jahrbuch. Band 56, Bremen 1978.
  6. Liselotte Klink: Johann Hemelings „Diplomatarium fabricae ecclesiae Bremensis“ von 1415/1420, Hildesheim 1988, S. 29f.
  7. Liselotte Klink: Johann Hemelings „Diplomatarium fabricae ecclesiae Bremensis“ von 1415/1420, Hildesheim 1988, S. 23.
  8. Vgl. Dieter Pötschke: Stadtrecht, Roland und Pranger: zur Rechtsgeschichte von Halberstadt, Goslar, Bremen und märkischen Städten, Berlin 2002, S. 195f.
  9. Thomas Hill: Die Stadt und ihr Rand im Mittelalter. Das Beispiel Bremen, in: Peter Johanek (Hg.): Die Stadt und ihr Rand, Köln: Böhlau 2008, S. 179.
  10. Thomas Hill: Die Stadt und ihr Markt: Bremens Umlands- und Außenbeziehungen im Mittelalter (12. bis 15. Jahrhundert), Wiesbaden: Steiner 2004, S. 100f.

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