Bremer Roland

Bremer Roland
Rolandsstatue auf dem Marktplatz
Das Wappen des Rolands
Der „Krüppel“ zu Füßen des Roland
Originalkopf des Roland im Focke-Museum Bremen
Der Bremer Roland zusammen mit dem Bremer Rathaus auf der deutschen 2-Euro-Gedenkmünze 2010

Der Bremer Roland, eine 1404 errichtete Rolandsstatue auf dem Marktplatz vor dem Rathaus, ist ein Wahrzeichen Bremens.

Die Figur hat eine Höhe von 5,47 Metern und steht auf einem 60 Zentimeter hohen, gestuften Podest. Im Rücken wird sie von einem Pfeiler gestützt, die von einem gotisch ornamentierten Baldachin gekrönt wird. So erreicht das Denkmal eine Gesamthöhe von 10,21 Metern und ist damit die größte freistehende Plastik des deutschen Mittelalters.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Dargestellt ist der aus Liedern und Epen (Rolandslied) bekannte Heerführer und angeblicher Neffe Karls des Großen. Roland steht also auf dem Markt als Repräsentant des Kaisers, er verkündet und garantiert die Marktrechte und Freiheiten, die der Stadt angeblich verliehen worden waren.[1] So drückt es auch die Inschrift des (allerdings wohl 1512 erneuerten) Schildes aus:

„vryheit do ik ju openbar / d’ karl vnd mēnich vorst vorwar / desser stede ghegheuen hat / des danket god’ is mī radt “

„Freiheit tu ich euch öffentlich kund / die Karl und mancher Fürst fürwahr / dieser Stätte gegeben hat / dafür danket Gott, das ist mein Rat!“

Die Attribute Rolands, der durch Rüstung (Kettenhemdkragen, Brustpanzer, Beinschienen) und Haartracht als freier Mann von ritterlicher Lebensführung charakterisiert ist, verbildlichen und präzisieren das noch: Das erhobene Schwert ist hier eher ein Symbol städtischer Gerichtsbarkeit als das Standesabzeichen des Ritters, denn ihm fehlt die am Gürtel befestigte Schwertscheide. Der Schild mit dem Doppeladlerwappen des Reiches ist Zeichen des so lange umkämpften Bremer Anspruches auf Reichsfreiheit. Die kleine Gestalt unter den Füßen Rolands wird von der Forschung überwiegend als unterworfener Friesenhäuptling interpretiert.
Für Standort und Blickrichtung der Figur sind die Nähe zum (zeitgleich errichteten ) Rathaus und der Bezug auf die Straßenachse Ostertor-Obernstraße wichtig. Während man früher den etwa in Richtung Dom weisenden Blick Rolands als eine gegen den erzbischöflichen Stadtherrn gerichtete Machtgeste ansah[2], so wird heute mit guten Gründen eine demonstrativ gegen Kirche und Erzbischof gerichtete Botschaft dieser Ausrichtung bestritten[3].

Geschichte

Ein Vorgänger des Bremer Roland bestand aus Holz und war in der Nacht vom 28. auf den 29. Mai 1366 von Kriegern des Erzbischofs Albert II. umgestürzt und verbrannt worden. Er hatte – wie der neue – das kaiserliche Wappen getragen und war, wie die anderen ältesten Rolandstatuen auch, wohl in den 1340er oder 50er Jahren aufgestellt worden[4]. 1404, noch vor dem Baubeginn des Rathauses, ließ der Bremer Rat den neuen, steinernen Roland errichten. Die Steinmetzen Claws Zeelleyher und Jacob Olde wurden dafür mit 170 Bremer Mark bezahlt.

Die Figur wurde aus Elmkalkstein, der Pfeiler aus Obernkirchener Sandstein gefertigt und war zunächst farbig gefasst. Im 18. Jahrhundert wurde er grau bemalt, später bevorzugte man den sichtbaren Stein mit sparsamer Kolorierung. Um 1811 geriet der Roland vorübergehend in Gefahr, abgerissen zu werden, als man für den Platz eine Markthalle plante, die aber durch das Ende der französischen Herrschaft nicht ausgeführt wurde.[5]

Der Roland wurde mehrfach restauriert. 1939 war er vom Einsturz bedroht und wurde auf neuem Betonfundament neu aufgebaut, einzelne Blöcke wurden dabei erneuert. Am 29. September 1939 bekam er als Luftschutzmaßnahme eine mit Sand gefüllte Holzverschalung und wenig später einen gemauerten Splitterschutz. Das dabei verloren gegangene Gitter wurde bei einer gründlichen Restaurierung 1983/84 erneuert. Der Kopf wurde durch eine materialgetreue Kopie ersetzt, das Original steht seitdem im Focke-Museum. In alter Bremer Tradition wurden diese Kosten von einem Sponsor übernommen. Bei der letzten Renovierung im Jahr 1989 entdeckte man im Inneren des Standbilds eine Kassette mit Nazipropaganda, die 1938 dort deponiert worden war.

Seit 1973 steht der Bremer Roland unter Denkmalschutz.[6] 2004 wurde er gemeinsam mit dem Rathaus von der UNESCO zum Weltkulturerbe der Menschheit erklärt.[7]

Rezeption

1848 wurde von Friedrich Rückert ein später von Franz Magnus Böhme vertontes Gedicht Roland, der Ries' am Rathaus zu Bremen in acht Versen geschrieben. Dieses wurde im Dezember 1863 um drei weitere Verse ergänzt, die sich auf die Rolle Bremens im Vorlauf des Deutsch-Dänischen Kriegs bezogen, als Dänemark die Herzogtümer Schleswig und Holstein in das Herrschaftsgebiet der Krone einbeziehen wollte. Ganz im Gegensatz zu den hansischen Schwesterstädten Hamburg und Lübeck opponierte Bremen am 7. Dezember 1863 stark gegen dieses Vorhaben. Rückerts Verse bringen die Verachtung für die Position Hamburgs und Lübecks zum Ausdruck.

Auch der plattdeutsche Volksmund befasste sich mit dem Standbild und reimte:

Roland mit dat kruse Haar,
Wat he kickt so sunnerbar!
Roland mit den Wapenrock
Steiht so stief as wi een Stock.
Roland mit de spitzen Knee,
Segg maal, deit di dat nich weh?[8]

Mehrere Schiffe wurden im Laufe der Geschichte nach dem Bremer Roland benannt. So 1702 das Kriegsschiff Rulant von Bremen, der Seebäderdampfer Roland von Bremen, eine Segelyacht und ein Binnenschiff der Dettmer-Reederei. 1905 wurde die Roland-Linie gegründet, die mit Frachtdampfern den Transatlantikverkehr bediente. Sie wurde 1925 vom Norddeutschen Lloyd übernommen.

Nachbildungen

In direktem Bezug zum Bremer Roland steht die vermutlich 1602 aufgestellte, allerdings abweichend gestaltete Brunnenfigur in Bederkesa, das damals zu Bremen gehörte.

Ein verkleinertes Abbild des Roland bekrönt den Rolandbrunnen von 1737 in der Bremer Neustadt.

Der „Eiserne Roland“, eine hölzerne Nachbildung, stand 1915 bis 1918 im Winkel zwischen Altem und Neuem Rathaus; wer für ein Bremer Soldatenheim gespendet hatte, durfte dort in die Figur einen Nagel einschlagen. Die danach im Rathaus gelagerte Figur ist nicht erhalten.

Eine etwa 1,50 Meter große hölzerne Nachbildung des Bremer Rolands befindet sich in der evangelisch-lutherischen Zionskirche im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Sie ist Teil einer Kanzel und war 1890 ein Geschenk der Stadt Bremen an ehemalige Bürger, die in New York eine neue Heimat gefunden haben.

Die brasilianische Stadt Rolândia wurde 1932 von deutschen Auswanderern gegründet und erhielt ihren Namen nach dem Bremer Roland. Seit 1957 besitzt der Ort zudem eine Vier-Fünftel große Nachbildung des Bremer Rolands, gestiftet von Bremer Kaffee-Kaufleuten.

Die Stadt Bremen schenkte der Stadt Quito zum 445-jährigen Jubiläum eine verkleinerte Nachbildung ihres Rolands, der heute an der Avenida Amazonas steht.

Der Japaner Atsuo Nishi ließ 1970 in seinem Freizeitpark in Obihiro auf Hokkaidō eine originalgetreue Nachbildung des Bremer Rolands errichten. Sie ist Teil einer größeren deutschen Märchenstadt mit verschiedenen Nachbildungen deutscher Figuren.

Seit 2004 befindet sich eine Miniatur des Rolands im Roland-Park in der Nähe der Stadthalle von Belgern.

Legenden

Weil der Abstand der beiden Kniespitzen mit 54,7 Zentimeter dem Maß der Bremer Elle (im Jahr 1818 auf umgerechnet 57,87 Zentimeter festgesetzt) recht nahe kommt, hat R. Spichal[9] vermutet, dass mit diesem Abstand bewusst ein Normmaß gesetzt worden sei. Die spitze Form, und die metallene Ausführung scheinen dafür zu sprechen. Auch waren nah bei mittelalterlichen Marktplätzen tatsächlich oft materiell ausgeformte oder an Rathäusern, auch an Kirchenportalen markierte Maße der Allgemeinheit zugänglich. Doch nirgendwo, soweit bisher bekannt, ist ein solches Normmaß älterer Zeit integraler Bestandteil eines Bildwerkes. So bleibt die Idee eine Hypothese, deren Wahrheitsgehalt mangels genauer Kenntnis mittelalterlicher Maßwerte (besonders der Längenmaße) und jeglicher historischer Hinweise auf den vermuteten Zusammenhang einstweilen völlig unbeweisbar bleibt.

In Bremen erzählt man gern, dass die Stadt Bremen so lange frei und selbstständig bleibe wie der Roland steht und über die Stadt wacht. Die Legende, dass deswegen eine zweite Rolandstatue als schnell verfügbarer Ersatz in den Kellergewölben des Rathauses versteckt sei, beruht wohl auf der Deponierung des Eisernen Roland (siehe oben) im Rathaus zwischen den Weltkriegen. Die Figur zwischen seinen Füßen wird oft, aber ganz unbegründet als jener Krüppel angesprochen, der 1032 ein Gelände umkrochen haben soll, das die Gräfin Emma dann der Stadt als Bürgerweide schenkte.[10]

Als Aprilscherz verbreitete die Bremer Senatskanzlei 2004 die Pressemeldung, dass „mit der Bremer Elle in Wissenschaft und Technik weiterhin gemessen wird“ und „das Längenmaß international unter dem Begriff LMR (Length Measurement Roland) nur in Spezialanwendungen bei Flugzeugbau, Raumfahrt und Unterwasserortung in Gebrauch ist“.[11][12]

Brauchtum

Der Roland mit Freimarkts-„Lebkuchenherz“

Am 5. November feierten die Bremer von 1813 bis 1863 den „Tag der wiedererstandenen Freiheit“ und machten ihn zum Geburtstag ihrer „Freiheitsstatue“. Erinnert wurde damit an das Ende der mehrjährigen Besetzung der Stadt durch das napoleonische Frankreich und die Befreiung durch Karl von Tettenborn im November 1813.[13] Tanzende Mädchen legten früher an diesem Tag Blumen vor dem Roland nieder. Nun lebt der Brauch wieder auf: am 5. November wird Roland jedes Jahr mit einem Blumenstrauß und der UNESCO-Fahne geschmückt.[14]

Während des Volksfestes Bremer Freimarkt, das seit 1035 gefeiert wird und seit den 1930er-Jahren auf der Bürgerweide stattfindet, wird der Roland heutzutage mit einem großen Lebkuchenherz aus Pappe und bunten Luftballons geschmückt. Die Eröffnung des Freimarktes erfolgt gegenwärtig alljährlich im Oktober an einem Freitag und wird um 16,00 Uhr auf dem Marktplatz im Rahmen des Kleinen Freimarktes zelebriert, indem Mitglieder der Bremer Schornsteinfegerinnung den Roland mit seinem Freimarktsschmuck ausstatten. Zur gleichen Zeit öffnet das eigentliche Volksfest auf der Bürgerweide die Tore, während dort die „offizielle Eröffnung“ – der traditionelle Fassanstich im Bayernzelt durch den Bremer Innensenator – jedoch erst zwei Stunden später stattfindet. Das dem Roland umgehängte Lebkuchenherz trägt den traditionellen Ausruf der Bremer zu den Freimarktstagen: „Ischa Freimaak!“, was sich mit „Ist ja Freimarkt!“ übersetzen lässt.

Wie bei den wenige Meter entfernten Stadtmusikanten, gibt es auch für den Roland einen Brauch, der besagt, wer ihm das Knie gerieben habe, der kehre nach Bremen zurück.

Namensnennung nach dem Roland von Bremen

Der Roland von Bremen ist Namenspatron:

  • Rolandschacht, Gesellenvereinigung von fremden und einheimischen Rolandsbrüdern gegründet im 19. Jahrhundert in Nürnberg von Bremer Gesellen.
  • Hansekogge Roland von Bremen, Nachbildung der Historischen Hansekogge.
  • Rolandklinik, Klinik in der Bremer Neustadt.

Einzelnachweise

  1. Dieter Hägermann: Einige Bemerkungen zu den gefälschten Urkunden Heinrichs V., Wilhelms von Holland und Wenzels für die Stadt Bremen. In: Bremisches Jahrbuch. Band 56, Bremen 1978.
  2. so noch V. Plagemann, Bremen und Bremerhaven, München/Berlin 1979, S. 28
  3. Konrad Elmshäuser: 'Der erste Roland und das erste Rathaus von Bremen, in: Bremisches Jahrbuch, Bd. 84, 2005, S. 14f.
  4. Konrad Elmshäuser: Der erste Roland und das erste Rathaus von Bremen, in: Bremisches Jahrbuch 84, 2005, S. 16-26
  5. Die Widerlegung der Legende von einem drohenden Abtransport nach Paris bei: Rolf Kirsch, Die Ringhallenprojekte von Jakob Ephraim Polzin und Heinrich Averdieck für den Bremer Marktplatz (1811), in: Klassizismus in Bremen, Jahrbuch 1993/94 der Wittheit zu Bremen, Hauschild: Bremen 1994.
  6. Denkmaldatenbank des LfD
  7. Elmshäuser, Hoffmann, Manske (Hrsg.), Welterbeantrag - Das Rathaus und der Roland auf dem Marktplatz in Bremen, Schünemann:Bremen 2003, S. 79.
  8. Eberhard Michael Iba: Aus der Schatzkammer der Deutschen Märchenstrasse: Sagen, Geschichten, Märchen, Erzählungen, Gedichte u. Lieder aus Bremen, Bremerhaven, Verden u. Nienburg. Schünemann Verlag, Bremen 1987, ISBN 978-3-7961-1784-8, S. 28.
  9. Reinhold Spichal: Jedem das Seine, Markt und Maß in der Geschichte am Beispiel einer alten Hansestadt, Brockkamp:Bremen 1990, S. 47–55.
  10. Herbert Schwarzwälder: „Gräfin“ Emma von Lesum und der „Bremer Krüppel“, Historische Wahrheit-Sage-Dichtung. Jahrbuch der Wittheit zu Bremen 18 (1974), S. 387–406.
  11. Mit Bremer Elle gemessen (HTML). Freie Hansestadt Bremen – Der Senat. Abgerufen am 15. März 2010.
  12. Bremer Elle – das Maß für Aprilscherze (HTML). Wigbert Gerling. Weser-Kurier. Abgerufen am 15. März 2010.
  13. Herbert Schwarzwälder: Das Große Bremen-Lexikon. Edition Temmen, 2003, ISBN 3-86108-693-X, Band L–Z, S. 736.
  14. www.bremen-tourism.de – Alte Tradition wieder belebt

Literatur

Siehe auch

Weblinks


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