Johann Nepomuk von Nussbaum

Johann Nepomuk von Nussbaum
Generalarzt Dr. v. Nußbaum

Johann Nepomuk Nussbaum (auch Nußbaum), Ritter von (bayerischer Personaladel 1868), (* 2. September 1829 München; † 31. Oktober 1890 ebenda) war ein deutscher Chirurg.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Sein Vater Franz Paul Nussbaum (gest. 1836) war Ministerialsekretär im bayerischen Justizministerium. Die Mutter Anna (geb. Mair) starb 1863. Sein einziger Bruder Franz Nussbaum wirkte als Jesuit und Bischof in Amerika.

Ausbildung und Beruf

Nussbaum wuchs in München auf und besuchte dort das Wilhelmsgymnasium München. Seine naturwissenschaftliche Begabung, vor allem das mathematische Talent, wurde bereits während der Schulzeit deutlich. Von Kindheit an neigte er zu körperlicher Gebrechlichkeit, dennoch war sein ganzes Leben von unermüdlichem Arbeitswillen geprägt.

Nussbaum studierte seit 1849 an der Universität München Medizin, seine Lehrer waren die Chirurgen Carl Thiersch und Franz Christoph von Rothmund. Er wurde 1853 promoviert, begab sich anschließend auf eine Studienreise nach Paris, wo er unter anderem bei Auguste Nélaton, Charles Marie Édouard Chassaignac und Jules Germain François Maisonneuve chirurgisch arbeitete. Weitere Studienreisen führten ihn nach Berlin zu dem Chirurgen Bernhard von Langenbeck und nach Würzburg. Nussbaum habilitierte sich 1857 in München als Privatdozent für Chirurgie und Augenheilkunde, errichtete ein großes Privatspital mit orthopädischem Institut. Eine chirurgische Professur in Zürich lehnte er ab und wurde 1860 als Ordinarius für Chirurgie an die neugeschaffene zweite chirurgische Abteilung der heutigen Universitätsklinik links der Isar in München berufen. In dieser Position blieb er bis zum Jahr 1890.

Im Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) ging er als Oberstabsarzt im Stab des königlich bayerischen Infanterie-Generals Ludwig Freiherr von der Tann nach Frankreich und wurde gegen Ende des Kriegs zum Generalarzt des I. Königlich Bayerischen Armee-Korps ernannt.

Seit 1862 litt Nussbaum an schweren Kopfschmerzen als Spätfolge einer Hirnhautentzündung, die er regelmäßig mit Morphium bekämpfte, da er glaubte, dieses Opiat sei völlig unschädlich. Der Morphinismus schwächte ihn jedoch zunehmend und führte im letzten Lebensjahrzehnt zu Schwerhörigkeit und einer sehr belastenden abnormen Knochenbrüchigkeit. Im Privatleben war Nussbaum „eine volkstümliche Erscheinung Altmünchens, der mittellose Kranke nicht nur kostenlos behandelte, sondern auch unterstützte, ein bekenntnistreuer Katholik in der Zeit des Kulturkampfs und ein deutschnationaler Patriot.“ [1]

Leistung

Auf die außerordentliche chirurgische Begabung und Originalität wiesen schon frühe Arbeiten zur Augenheilkunde hin. Nussbaum war als Chirurg weit bekannt und führte im Laufe seines Lebens fast 25.000 Operationen durch, davon mehr als 600 Ovariotomien (Inzision oder Spaltung der Eierstöcke), eine Operation, die er in London bei Spencer Wells erlernt hatte. Weitere operative Schwerpunkte umfassten die Orthopädie sowie die Bauch- und Nervenchirurgie.

Nussbaum veröffentlichte etwa 100 größere Originalarbeiten, hauptsächlich Beschreibungen seiner chirurgischen Operationen sowie Ratschläge zur Wundbehandlung, Verbands- und Nahttechnik (schmerzlose unblutige Sekundärnaht). Er führte unter anderem Knochentransplantationen, Knieresektionen, Krebsoperationen, Hernien-Radikaloperationen, Bluttransfusionen und plastisch-chirurgische Operationen durch. Er war darüber hinaus ein geschätzter und beliebter Universitätslehrer. Nussbaums größtes Verdienst war die Einführung der antiseptischen Wundbehandlung 1874, die er bei Joseph Lister in Edinburgh kennengelernt hatte. Beeinflusst vor allem durch die deprimierenden Erfahrungen mit verletzungsbedingtem Wundbrand, die er während der deutsch-französischen Kriege 1866 und 1870/71 als Kriegschirurg machte, wurde er zu einem der bedeutendsten Befürworter der Antisepsis in Deutschland. Sein Leitfaden zur antiseptischen Wundbehandlung erlebte fünf Auflagen und wurde in mehrere Fremdsprachen übersetzt. Nussbaum verbesserte nach Listers Vorgaben erfolgreich die operative Hygiene und benutzte zunächst Karbol, später Jodoformgaze als Desinfektionsmittel.

Auszeichnungen

  • Ehrenbürger der Stadt München (1885)
  • In München trägt eine Straße seinen Namen.

Werke

  • De cornea artificialis, Diss. med., München 1853
  • Behandlung der Hornhauttrübungen mit besonderer Berücksichtigung der Einsetzung einer künstlichen Hornhaut, Habil. med., München 1857
  • Pathologie und Therapie der Ankylosen, München 1862
  • Sonst und jetzt in der Wundbehandlung, München 1869
  • Leitfaden zur antiseptischen Wundbehandlung, Stuttgart 1878 (1. Aufl.), 1879 (2. Aufl.), 1887 (5. Aufl.)
  • Eine kleine Hausapotheke, Berlin 1882 (3. Aufl.)
  • Über Chloroformwirkung, Breslau 1885
  • Die erste Hilfe bei Verletzungen, Augsburg 1886 (2. Aufl.)
  • Neuer Versuch zur Radikaloperation der Unterleibsbrüche, München 1886
  • Neue Heilmittel für Nerven, Breslau 1888

Literatur

  • August Hirsch (Hrsg.): Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. Band 4: Maack – Salzmann. 2. Auflage durchgesehen und ergänzt. Urban & Schwarzenberg, Berlin u. a. 1932, S. 394–395.
  • J. Lindpaintner: Johann Nepomuk von Nußbaum. In: Münchner Medizinische Wochenschrift. 37, 1890, ISSN 0341-3098, S. 816–818.
  • J. Fessler: Zum hundertsten Geburtstag des Chirurgen von Nussbaum. In: Zentralblatt für Chirurgie. 56, 1929, ISSN 0044-409x, S. 2178–2183.
  • H. Kerschensteiner: Geschichte der Münchener Krankenanstalten insbesondere des Krankenhauses links der Isar. 2. Auflage. J. F. Lehmanns Verlag, München u. a. 1939, S. 248–251.
  • Julius PagelNußbaum, Johann Nepomuk von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 52, Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 667 f.
  • Richard Toellner: Illustrierte Geschichte der Medizin. Band 6. Genehmigte Sonderauflage. Andreas & Andreas, Salzburg 1986, S. 3288–3289.
  • Eberhard J. Wormer: Nußbaum, Johann Nepomuk. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, S. 379 f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. München 1969

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