Josef Schraffl

Josef Schraffl
Josef Schraffl.jpg

Josef Schraffl (* 13. Juni 1855 in Sillian, Osttirol; † 11. Jänner 1922 in Innsbruck) war ein österreichischer Politiker (CS) und Landeshauptmann von Tirol in den Jahren von 1917 bis 1921.

Inhaltsverzeichnis

Erste politische Schritte

Josef Schraffls Vater betrieb in Sillian eine kleine Landwirtschaft und eine mit einer Gastwirtschaft verbundene Gemischtwarenhandlung. Der junge Schraffl wurde für die kaufmännische Laufbahn bestimmt. Als er 17 Jahre alt war, starb sein Vater und er musste die väterlichen Betriebe übernehmen. Bald wurde er Obmann des Sillianer Bauernvereines und schon 1884 wählten man ihn zum Bürgermeister seiner Heimatgemeinde. 1897 wurde die örtliche Raiffeisenkasse gegründet und Schraffl zu ihrem ersten Obmann gewählt.

Politischer Aufstieg

Im Dezember 1898 fand im Landgemeindebezirk Lienz-Sillian-Matrei eine Ersatzwahl für Landtag statt, bei der Schraffl zum ersten Mal in diese Körperschaft entsendet wurde. Im Jahre 1900 wurde der über Osttirol hinaus relativ wenige bekannte Bürgermeister von Sillian gegen den konservativen Exminister Baron Josef di Pauli als Kandidat „Mitteltirols“ – etwa das heutige Südtirol – für den damaligen Reichsrat aufgestellt. Mit knapper Mehrheit entschied Josef Schraffl Anfang 1901 die Abstimmung für sich. Schon im Wahlkampf hatten sich die besonderen politischen Fähigkeiten Schraffls, seine Rednergabe, sein Organisationstalent, vor allem aber seine Volksverbundenheit gezeigt.

Gründung des Tiroler Bauernbundes

Die Wahl von 1901 leitete den Aufstieg der Christlichsozialen Partei in Tirol ein. Schraffl zählte neben Ämilian Schöpfer zu den anerkannten Führern der Partei. Am 5. Juni 1904 wurde in Sterzing der Tiroler Bauernbund gegründet. Vorkämpfer und Gründer dieser Standesorganisation waren vor allem Prälat Dr. Ämilian Schöpfer, der Volksschriftsteller Sebastian Rieger – bekannter als „Reimmichl“ – und Josef Schraffl.

Schraffl hatte den Bauerntag in Sterzing durch eine ungeheure Versammlungstätigkeit eingeleitet und wurde auch zum ersten Obmann des Bundes gewählt. Er behielt die Führung des Bauernbundes bis zu seinem Tode und er ist es, der die Standesorganisation der Tiroler Bauern zu einem maßgebenden Faktor der Tiroler Landespolitik machte. Als Obmann des Tiroler Bauernbundes konnte er viel für eine soziale und materielle Besserstellung des Bauernstandes erreichen. Ein Leitartikel des Tiroler Volksboten im Jahre 1905 konnte Schraffl den beliebtesten Volksmann Tirols nennen. 1908 wurde Schraffl in den Landesausschuss gewählt – was etwa der heutigen Landesregierung entspricht – in dem er die Referate für Verkehr und Straßenbau übernahm. 1914 wurde er zum Präsidenten des Landeskulturamtes bestellt.

Schraffl war Mitbegründer und später Präsident der Tiroler Bauernsparkasse, der Agrarbank und des Kreditvereins. Viele seiner Pläne für eine modernere Landwirtschaft und für die Nutzung der wirtschaftlichen Kräfte des Landes konnten erst nach seinem Tod verwirklicht werden. ´

Landeshauptmann 1917–1921

Josef Schraffl folgte 1917 dem populären Theodor von Kathrein als Landeshauptmann von Tirol nach. Mit Ende des Ersten Weltkrieges kamen Teile der Region durch den Vertrag von Saint-Germain an Italien. Die Rückführung der Truppen und die Versorgung der Bevölkerung in den Nachkriegsjahren fielen in Schraffls Amtszeit.

Nach dem endgültigen Zusammenbruch trat Schraffl gemeinsam mit anderen Ländervertretern für die Errichtung einer Republik ein, was dem Willen der in Innsbruck versammelten Tiroler Volksvertreter entsprach.

Politisches Ende

1920 unterlag er bei den Nationalratswahlen im Osttiroler Wahlkreis seinem Parteikollegen Dr. Schoepfer, früher sein Freund und Förderer, jetzt einer seiner heftigsten Gegner, vor allem in der Frage eines wirtschaftlichen Anschlusses Tirols an Bayern.

Dieser Misserfolg brachte in die bisher unbestrittene Vormachtstellung Schraffls den ersten Riss. Als es im Frühjahr 1921 wieder zu Landtagswahlen kam, war die Stellung Schraffls im Lande schon erschüttert. Schraffl erkannte selbst die Aussichtslosigkeit seiner Kandidatur und trat für die Wahl Franz Stumpfs zum Landeshauptmann ein. Im Juni 1921 wurde dieser an die Spitze der Landesregierung berufen. Der Landtag entsendete Schraffl in den Bundesrat. Schraffls Hauptarbeit blieb aber immer dem Bauernbund gewidmet.

Josef Schraffl starb am 11. Jänner 1922 nach kurzer Krankheit im Alter von 67 Jahren in Innsbruck.

Literatur

  • Tiroler Bauernkalender 1955, 50 Jahre Tiroler Bauernbund, Jubiläumsausgabe; Hrsg. Tiroler Bauernbund
  • Tiroler Bauernkalender 2004, Hrsg. Tiroler Bauernbund

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Schraffl — Josef Schraffl (* 13. Juni 1855 in Sillian, Osttirol; † 11. Jänner 1922 in Innsbruck) war ein österreichischer Politiker (Christlichsoziale Partei (Österreich)|CS) und Landeshauptmann von Tirol in den Jahren von 1917 bis 1921. Inhaltsverzeichnis… …   Deutsch Wikipedia

  • Josef Schumacher — (* 14. November 1894 in Wien; † 11. Juni 1971 in Innsbruck) war ein österreichischer Beamter. Schumacher war der letzte Landeshauptmann von Tirol in der ersten Republik. Seine insgesamt rund dreijährige Amtszeit dauerte zunächst vom 21. März 1935 …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der denkmalgeschützten Objekte in Innsbruck-Mühlau — Die Liste der denkmalgeschützten Objekte in Innsbruck Mühlau enthält die 40 denkmalgeschützten, unbeweglichen Objekte des Innsbrucker Stadtteils Mühlau. Denkmäler Foto   Denkmal / Status Standort / GstNr. Beschreibung Metadaten ja …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Straßen in Innsbruck — Dies ist eine Liste Innsbrucker Straßennamen. Es sind auch Namen öffentlicher Brücken im verbauten Stadtgebiet über den Inn und die Sill angegeben. Zu jedem Eintrag sind die Katastralgemeinde (KG) und fallweise der statistische Bezirk… …   Deutsch Wikipedia

  • Landeshauptmann von Kärnten — Die Liste der österreichischen Landeshauptleute zeigt alle Landeshauptleute der österreichischen Bundesländer. Die Gauleiter während der Zeit des Nationalsozialismus wurden aus Gründen der Zeitgeschichtsforschung chronologisch integriert:… …   Deutsch Wikipedia

  • Landeshauptmann von Salzburg — Die Liste der österreichischen Landeshauptleute zeigt alle Landeshauptleute der österreichischen Bundesländer. Die Gauleiter während der Zeit des Nationalsozialismus wurden aus Gründen der Zeitgeschichtsforschung chronologisch integriert:… …   Deutsch Wikipedia

  • Landeshauptmänner in Österreich — Die Liste der österreichischen Landeshauptleute zeigt alle Landeshauptleute der österreichischen Bundesländer. Die Gauleiter während der Zeit des Nationalsozialismus wurden aus Gründen der Zeitgeschichtsforschung chronologisch integriert:… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Schp–Scht — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Weitlanbrunn — Wappen Karte …   Deutsch Wikipedia

  • Grauß — Alois Grauß (* 18. Juni 1890 in Jenbach, Tirol; † 30. November 1957 in Rotholz bei Jenbach) war vom 27. Februar 1951 bis zum 29. November 1957 Landeshauptmann des österreichischen Bundeslandes Tirol. Er gehörte der ÖVP an. Nach dem Tod Alfons… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”