Jungfrauenweihe

Jungfrauenweihe
Die Jungfrauenweihe der Hl. Genoveva, Bildnis in der Kirche St. Genoveva, Missouri, 1821

Der Ausdruck Jungfrauenweihe (Consecratio Virginum) bezeichnet in der römisch-katholischen Kirche den feierlichen Ritus der Weihe einer Frau, die sich dem Dienste Gottes und der Kirche im Stande der Jungfräulichkeit bzw. vollkommener Keuschheit hingegeben hat. Die Christus geweihten Jungfrauen sollen sich, je nach ihren Verhältnissen und Gnadengaben, der Buße, den Werken der Barmherzigkeit, dem Apostolat und dem Gebet widmen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliche Entwicklung

Schon in in apostolischer Zeit war es Brauch, Jungfrauen zu weihen. Daher wurde ein feierlicher Ritus geschaffen, durch den die Jungfrau zu einer gottgeweihten Person wird, zu einem Zeichen, das auf die Liebe der Kirche zu Christus hinweist, und zu einem Bild für die endzeitliche himmlische Braut und für das künftige Leben.[1]

Dem altchristlichen Stand der Jungfrauen gehörten Mädchen und Frauen unterschiedlichen Alters an, die – aufgrund einer besonderen Berufung – Christi Lebensform der Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen (Mt 19,11f EU) übernahmen. Die Schriften des Apostels Paulus (1 Kor 7,25ff EU), (1 Kor 7,34 EU), Grabinschriften und Bilder in den Katakomben, altchristliche Gemeindeordnungen, Predigten, Briefe und Abhandlungen z. B. von Tertullian, Cyprianus[2] , Hieronymus, Ambrosius, Augustinus und anderen berichten von den Jungfrauen der Urkirche. Auch zahlreiche griechische Schriftsteller der ersten Jahrhunderte haben über die Virgines geschrieben.[3]

Nach einer längeren Zeit der Erprobung mit Hilfe des privaten Gelübdes der Jungfräulichkeit baten die Kandidatinnen ihren Bischof um die Spendung der Jungfrauenweihe. In einem öffentlichen Gottesdienst gelobten sie, um Christi willen freiwillig und für immer als gottgeweihte Jungfrau zu leben. Der Bischof spendete die Weihe unter Handauflegung und Weihegebet. Seit dem 3. Jahrhundert erhielten die Jungfrauen einen Schleier, seit dem 7. Jahrhundert auch einen Ring. Bereits im 4. Jahrhundert wurde es für Jungfrauen üblich, eine ärmliche Tunika zu tragen.

Die christlichen Jungfrauen der frühen Kirche lebten zurückgezogen in ihren Familien. Sie verpflichteten sich zu einem Leben des Gebetes, des Fastens, dem Studium der heiligen Schrift, zur Arbeit, insbesondere aber auch zur Sorge für die Armen. Ihr Lebensstil musste einfach und ihrem Stand angemessen sein. Bei der Feier des Gottesdienstes hatten sie eigene Plätze.

Bis zum Beginn des 6. Jahrhunderts schlossen sich die geweihten Jungfrauen mehr und mehr zum gemeinsamen Leben in klausurierten Klöstern zusammen. Seit dem 9. Jahrhundert wurde die Jungfrauenweihe immer seltener und eigentlich nur noch in klausurierten Klöstern gespendet. Erhalten hat sich dieser Brauch bei den Benediktinerinnen, Zisterzienserinnen und Trappistinnen. Bei anderen Ordensfamilien - wie den Ursulinen - kann die Jungfrauenweihe gespendet werden, „wenn ein alter Brauch besteht“.

Gegenwart

Papst Paul VI. stellte diesen Ritus für Frauen, die „in der Welt“ leben, 1970 wieder her. Angehörige des Ordo Virginum können heute daher sowohl Ordensfrauen als auch in der Welt lebende geweihte Jungfrauen sein. Im nachsynodalen Schreiben Vita consecrata schreibt Papst Johannes Paul II..

„Grund zur Freude und Hoffnung ist es zu sehen, dass die bereits seit der apostolischen Zeit in den christlichen Gemeinden bezeugte alte Weihe der Jungfrauen heute wieder aufblüht. Aufgrund ihrer Weihe durch den Diözesanbischof erwerben sie eine besondere Bindung an die Kirche, deren Dienst sie sich widmen, auch wenn sie weiter in der Welt bleiben. Allein oder in Gemeinschaft stellen sie ein besonderes eschatologisches Bild von der himmlischen Braut und dem zukünftigen Leben dar, wenn die Kirche endlich die Liebe zu ihrem Bräutigam Christus in Fülle leben wird.[4]

Die Kandidatin wird nach einer längeren Vorbereitungszeit, der die Ablegung privater Gelübde vorausgeht, vom Bischof ihrer Diözese durch den feierlichen Ritus der Consecratio Virginium dem Dienst in der Kirche geweiht. Can. 604 des CIC sieht vor:

„ § 1. Außer diesen Formen des geweihten Lebens gibt es den Stand der Jungfrauen, die zum Ausdruck ihres heiligen Vorhabens, Christus in besonders enger Weise nachzufolgen, vom Diözesanbischof nach gebilligtem liturgischem Ritus Gott geweiht, Christus, dem Sohn Gottes, mystisch anverlobt und für den Dienst der Kirche bestimmt werden.
§ 2. Um ihr Vorhaben treuer zu halten und den ihrem eigenen Stande entsprechenden Dienst für die Kirche durch die gegenseitige Unterstützung zu steigern, können die Jungfrauen Vereinigungen bilden.“

Die gottgeweihte Jungfrau lebt von nun an in einem öffentlichen kirchlichen Stand, im Ordo virginum, einer der Formen des geweihten Lebens, und ist dabei direkt dem jeweiligen Diözesanbischof unterstellt. Dies beinhaltet vor allem anderen den Auftrag der Kirche zum kirchlichen Stundengebet, jedenfalls Laudes und Vesper.

Bei der Weihe sieht das Pontifikale die Übergabe des Ringes und des kirchlichen Stundenbuchs als Insignien vor. Zusätzlich kann auch der Schleier übergeben werden. Dabei sind Ring und Schleier Zeichen für die bräutliche, das Stundenbuch Zeichen für die kirchliche Bindung.

Die gottgeweihte Jungfrau gehört weder der kirchlichen Hierarchie an, noch sind bestimmte Ämter oder Funktionen mit diesem Stand verbunden. Sie wird auch nicht von der Kirche unterhalten, sondern ist für ihren Lebensunterhalt selbst verantwortlich.

Weltweit gibt es heute über 3.000 Jungfrauen, die außerhalb klösterlicher Gemeinschaften leben, davon 150 in Deutschland, 500 in Frankreich[5].

Bekannte Frauen, die dem Stand der Jungfrauen angehörten, sind zum Beispiel die hl. Agatha, die hl. Agnes, die hl. Cäcilia, die hl. Scholastika, die hl. Lucia, die hl. Katharina von Alexandrien und die hl. Katharina von Siena.

Einzelnachweise

  1. Durch die Weihe bekundet die Kirche, wie sehr sie die Jungfräulichkeit schätzt; sie erfleht die Gnade Gottes für die Jungfrauen und betet inständig um die Ausgießung des Heiligen Geistes. Institut für praktische Theologie der Universität Salzburg
  2. Brief des Caecilius Cyprianus über das Verhalten von Jungfrauen ("De habitu virginum")
  3. J. Wilpert: Die gottgeweihten Jungfrauen in den ersten Jahrhunderten der Kirche, Freiburg 1892
  4. (Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Vita consecrata – über das geweihte Leben und seine Sendung in Kirche und Welt (Nr. 7) vom 25. März 1996.
  5. Regensburger Ordensreferentin Maria Luisa Öfele gegenüber der Nachrichtenagentur ZENIT, 28.04.2008

Literatur

  • Pontificale Romanum ex decreto Sacrosancti Oecumenici Concilii Vaticani II instauratum auctoritate Pauli PP. II promulgatum. Ordo consecrationis Virginum. Editio typica, Libreria Editrice Vaticana 1978.
  • Pontifikale für die katholischen Bistümer des deutschen Sprachgebietes - Die Weihe des Abtes und der Äbtissin. Die Jungfrauenweihe. Pontifikale II. Handausgabe mit pastoralliturgischen Hinweisen, hg. von den Liturgischen Instituten, Freiburg - Basel - Wien 1994.
  • Enzyklika Sacra virginitas Papst Pius' XII., über die Hochschätzung der Ehe und der Jungfräulichkeit vom 25. März 1954.
  • Albrecht, Barbara: Dimensionen christlicher Jungfräulichkeit (Theologie und Leben 31), Meitingen: Kyrios 1976
  • Albrecht, Barbara: „Bis du kommst in Herrlichkeit. Gottgeweihte Jungfräulichkeit – Urzeichen für die geistliche Dimension der Kirche"
  • Schlosser, Marianne: Alt, aber nicht veraltet. Die Jungfrauenweihe als Weg der Christusnachfolge. Köln (Sonderdruck der Ordenskorrespondenz, 1992)

Weblinks


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