KG Brücke

KG Brücke
Programm der Brücke, 1906, Holzschnitt von Ernst Ludwig Kirchner

Die Brücke war eine expressionistische Künstlergruppe (auch KG Brücke genannt), die am 7. Juni 1905 in Dresden von den vier Architekturstudenten Ernst Ludwig Kirchner, Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff gegründet wurde. Sie hatten damit die erste Künstlervereinigung geschaffen, die sich ausdrücklich als Vertreter des Expressionismus verstand.

Inhaltsverzeichnis

Mitglieder der Brücke und ihre Zeit der Mitgliedschaft

100 Jahre KG Brücke 2005

Folgende Künstler wurden zwar in die Gruppe aufgenommen, werden jedoch bis heute nicht zum engeren Kreis der Brücke-Mitglieder gezählt, da sie eher selten mit den anderen Mitgliedern zusammenarbeiteten und nur an wenigen Ausstellungen beteiligt waren.

Geschichte

Dresden

Dresden um 1900. Hier wurde 1905 die Künstlergruppe Brücke gegründet.

Im Jahr 1902 lernten sich die Architekturstudenten Ernst Ludwig Kirchner und Fritz Bleyl an der Technischen Universität Dresden kennen. Zur gleichen Zeit schlossen in Chemnitz die Gymnasiasten Karl Schmidt-Rottluff und Erich Heckel Bekanntschaft. Zwei Jahre später gingen auch sie nach Dresden, um dort Architektur zu studieren. Über Heckels Bruder, der mit Kirchner befreundet war, [1] kamen Schmidt-Rottluff und Heckel mit diesem in Kontakt.

Schon bald entdeckten die vier Kommilitonen ihr gemeinsames Interesse an der Kunst und beschlossen, eine Künstlergruppe zu gründen, obwohl keiner von ihnen eine klassische malerische Ausbildung besaß. Ihnen allen war jedoch der Wunsch gemein, die akademische Malweise hinter sich zu lassen und der Kunst eine völlig neue Richtung zu geben. Schmidt-Rottluff und Heckel brachen ihr Studium ab, um sich vollkommen der Malerei widmen zu können.

Der Name Brücke geht auf Schmidt-Rottluff zurück. Nicht abschließend geklärt ist, ob er sich damit auf die vielen Brücken Dresdens bezog, die den Künstlern häufig als Motiv dienten, oder ob es sich um eine Metapher für den Willen zum Uferwechsel in der Kunst und die Überwindung alter Konventionen handeln sollte. Vermutlich stammt der Name jedoch aus Friedrich Nietzsches Also sprach Zarathustra, in dem es heißt: Ihr seid nur Brücke: mögen Höhere auf euch hinüberschreiten! [2] Heckel schrieb über die Namensgebung in sein Tagebuch: Wir haben natürlich überlegt, wie wir an die Öffentlichkeit treten könnten. Eines Abends sprachen wir auf dem Nachhauseweg wieder davon. SR sagte, wir könnten das Brücke nennen – das sei ein vielschichtiges Wort, würde kein Programm bedeuten, aber gewissermaßen von einem Ufer zum anderen führen. [3]

Das genaue Gründungsdatum der Künstlergruppe war lange Zeit umstritten. Kunstkritiker wie Karl Scheffler, Carl Einstein, Will Grohmann und Franz Roh schwankten in ihren Angaben zwischen den Jahren 1900 und 1906. Erst 1973 offenbarte die Entdeckung einer Kirchner-Skizze den 7. Juni 1905 als Gründungstag. [4]
Unmittelbar nach ihrem Zusammenschluss legte die Gruppe das Stammbuch Odi profanum (Hasse das Gemeine) an, nach dem Motto des Horaz (Odi profanum vulgus, Hasse den gemeinen Pöbel), in dem jedes Mitglied seine Ideen und Vorstellungen notierte. [1]

Kirchners Wohnung und Bleyls Atelier im Dachgeschoss des Hauses auf der Berliner Straße 65 wurden als gemeinschaftliche Arbeitsräume schon bald zu eng. Auf der Berliner Straße 60 in der Dresdner Friedrichstadt mietete Heckel daher einen leerstehenden Fleischerladen, der für Brückekisten als Lager und später von Kirchner als Wohn-, Schlaf- und Arbeitsstätte genutzt wurde. [5]

Otto Mueller: Zirkuspaar. Der Zirkus war ein beliebtes Motiv der Brücke-Maler.

Als Atelier diente ein ehemaliger Schusterladen, der über gutes Licht verfügte. Die Räume wurden mit Batiken und Bildern geschmückt und mit selbst angefertigten und bemalten Möbeln eingerichtet. In dieser Umgebung gingen die Künstler ans Werk. In ihren Freundinnen fanden sie die ersten Aktmodelle und widmeten sich nebenbei der Lektüre von Nietzsche, Arno Holz und Walt Whitman. Die Anfangszeit der Brücke war sehr produktiv. Heckel sagte später: Hier [im Atelier] waren wir jede freie Stunde. [6] Da Heckel seine Bilder jedoch teilweise übermalte und Schmidt-Rottluff die meisten seiner frühen Arbeiten vernichtete, sind aus dieser Phase nur wenige Werke erhalten.

1905 fand im Durchgangsraum der Leipziger Kunsthalle von Beyer und Sohn erstmals eine Ausstellung von Brücke-Bildern statt. [7] Im Juli 1906 wurden weitere Werke in Braunschweig gezeigt.

Die genauen Zielsetzungen der Künstlergruppe standen zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest. Wovon wir weg mussten, war uns klar – wohin wir kommen würden, stand allerdings weniger fest., erinnerte sich Heckel später. [6] Das Programm der Brücke wurde 1906 von Kirchner verfasst und in Form eines Holzschnitts der Öffentlichkeit präsentiert. Es lautete: Mit dem Glauben an Entwicklung, an eine neue Generation der Schaffenden wie der Genießenden rufen wir alle Jugend zusammen, und als Jugend, die die Zukunft trägt, wollen wir uns Arm- und Lebensfreiheit verschaffen gegenüber den wohlangesessenen älteren Kräften. Jeder gehört zu uns, der unmittelbar und unverfälscht wiedergibt, was ihn zum Schaffen drängt. Auch die Bildung eines einheitlichen Gruppenstils zählte zu den erklärten Zielen der Brücke.
Ebenfalls 1906 traten Nolde und Pechstein der Gruppe bei.

Ernst Ludwig Kirchner: Porträt einer Frau, signiert 1907, Saint Louis Art Museum, Missouri

Schon früh begann das Werben um Passivmitglieder, die gegen einen jährlichen Mitgliedsbeitrag von 12 und später 25 Mark eine Jahresmappe mit Originalgraphiken der Künstler sowie einen Jahresbericht mit Informationen über die Arbeit der Brücke erhielten.
Bis zum Zeitpunkt ihrer Auflösung hatte die Gruppe 68 Passivmitglieder, vorwiegend Intellektuelle und Angehörige des Bürgertums. In Hamburg waren es zuerst der Jurist und Graphiksammler Gustav Schiefler mit seiner Frau Luise, die im Herbst 1905 von der Gründung der Brücke hörten und nach Dresden reisten. Schiefler erstellte Werkverzeichnisse von vielen Künstlern und begann 1917, Kirchners Druckgraphik zu katalogisieren.

Im Jahr 1907 bat die Hamburger Kunsthistorikerin Dr. Rosa Schapire um Aufnahme als passives Mitglied. Sie widmete ihr Leben den Werken der Brücke-Künstler, hielt Vorträge, erstellte Werkverzeichnisse und stand in regem Postkarten- und Briefwechsel mit den Malern. Der von ihr am höchsten geschätzte Karl Schmidt-Rottluff malte 1911 das Bildnis Rosa Schapire.

Ebenfalls 1907 wurde Martha Rauert, Ehefrau des Hamburger Rechtsanwalts und bekannten Kunstmäzens Dr. Paul Rauert, in die Reihen der passiven Mitglieder der Brücke aufgenommen. Karl Schmidt-Rottluff malte Paul Rauert 1911, Emil Nolde malte ihn 1910 und 1915.

Ernst Ludwig Kirchner: Sitzende Dame (Dodo), 1907, Pinakothek der Moderne

Die Themen der Brücke zu dieser Zeit waren das Stadtleben, Zirkus und Varieté, der Mensch in Bewegung, Tanz, Aktdarstellungen und Landschaften. Sie veranstalteten schon bald Exkursionen aufs Land und in die freie Natur, zum Beispiel nach Goppeln. 1907 entdeckte Heckel durch Zufall die Ortschaft Dangast im Atlas, die von den Künstlern in den darauf folgenden Jahren häufig besucht und in zahlreichen Bildern festgehalten wurde. Auch andere Ausflüge, etwa nach Fehmarn, die Flensburger Förde oder Nidden auf der Kurischen Nehrung wurden unternommen, häufig jedoch nicht geschlossen, sondern in Kleingruppen oder alleine.

Die erste Brücke-Ausstellung in Dresden fand am 24. September 1906[8] im Mustersaal der Lampenfabrik statt. Ein von Bleyl gefertigtes Plakat, das einen Frauenakt zeigte, war von der Polizei im Vorfeld verboten worden. [9]

Die Veranstaltung war kein Erfolg. Die Zuschauer blieben fern und auch die Kritiken waren gemischt. Das konservative, monarchisch geprägte Dresdner Publikum reagierte größtenteils ablehnend und schockiert auf die Werke der Maler, ebenso wie auf deren unkonventionelle Lebens- und Arbeitsweise. Von ihren Kritikern wurden sie als „Hottentotten im Frack“ bezeichnet. [10] In den Folgejahren wurden Wanderausstellungen der Brücke-Künstler in ganz Deutschland gezeigt.
1907 verließ Nolde die Brücke. Auch Bleyl schied aus der Gruppe aus, um einen Lehrauftrag als Architekt in Freiberg zu übernehmen.

Otto Mueller: Landschaft mit Badenden. Bei ihren Ausflügen in die freie Natur schufen die Maler zahlreiche Aktbilder.

Ein Jahr später zog Pechstein nach Berlin. Er sollte ein Haus des Architekten Bruno Schneidereit am Kurfürstendamm ausmalen und richtete sich dort ein Atelier ein. Heckel und Kirchner besuchten ihn mehrmals. Pechstein berichtete später: „Als wir in Berlin beisammen waren, vereinbarte ich mit Heckel und Kirchner, dass wir zu dritt an den Seen um Moritzburg nahe Dresden arbeiten wollten.“ [11]

Das Ziel dieser Ausflüge war die Darstellung der Harmonie von Mensch und Landschaft. Die Künstler wollten den Menschen in seiner wahren Natur darstellen, deswegen waren zum Beispiel Badende ein sehr beliebtes Motiv. Als Aktmodelle dienten zwei Töchter einer Artistenwitwe namens Fränzi und Marcella. Besonders die neunjährige Fränzi wurde von den Brücke-Malern gern und häufig porträtiert. Pechstein war der Meinung, dass die Arbeit an den Moritzburger Seen das Wirken der Gemeinschaft „abermals ein großes Stück vorwärts gebracht“ habe. [11] Um diese Zeit war erstmals ein einheitlicher Gruppenstil erkennbar.

1910 wurden Pechsteins und Noldes Bilder von der Berliner Secession abgelehnt. Dies hatte die Gründung der Neuen Secession (siehe auch Georg Tappert) unter Pechsteins Leitung zur Folge, der aus Solidarität auch die übrigen Brücke-Mitglieder beitraten. Im Mai 1910 fand im KunstSalon Macht an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche die Protestausstellung „Zurückgewiesener der Secession Berlin“ statt. Die Kritiken fielen vernichtend aus. Max Osborn schrieb, wenn die Gruppe auf diesem Weg blind weitertappe, werde das Ende ein großes Fiasko und ein ungeheurer Katzenjammer sein. [12] Pechstein notierte in seinen Erinnerungen: „Man bespie unsere Bilder, auf die Rahmen wurden Schimpfworte gekritzelt und ein Gemälde von mir (…) von einem Missetäter mit einem Nagel oder Bleistift durchbohrt.“ [11] Infolge dieser Ausstellung trat Otto Mueller als letztes Mitglied der Gruppe bei.

Berlin

Berlin im Jahr 1912. Ein Jahr zuvor waren die Brücke-Künstler in die Hauptstadt gezogen. Gemälde von Paul Hoeniger.

Nachdem Pechstein bereits seit 1908 in Berlin lebte, folgten die anderen Mitglieder Ende des Jahres 1911 seinem Ruf und siedelten ebenfalls in die Hauptstadt über. Heckel übernahm das Atelier von Mueller in Steglitz. Kirchner zog nach Wilmersdorf, wo auch Pechstein arbeitete und gründete mit diesem die Malschule MUIM-Institut (Moderner Unterricht im Malen), die jedoch wenig später wegen Schülermangels wieder schließen musste.

In Berlin erhofften sich die Brücke-Maler einen besseren Kontakt zu Sammlern und Händlern sowie ein aufgeschlossenes Publikum. Doch das Leben war hart und die Künstler hatten mit schwerer finanzieller Not zu kämpfen. Sie nahmen Kontakt zu den Verlegern Herwarth Walden und Franz Pfemfert auf und veröffentlichten ihre Arbeiten in deren Zeitschriften Der Sturm und Die Aktion.

Das Leben in der Großstadt beeinflusste die Künstler nachhaltig. Hier kamen sie erstmals mit den Werken des Kubismus und des Futurismus in Berührung, deren Stilelemente in ihre eigenen Bilder einflossen. Auch wenn die Brücke-Mitglieder nach wie vor zusammenarbeiteten, löste sich der Gruppenstil langsam auf und mehrere Individualstile nahmen seinen Platz ein. Im Sommer 1911 beteiligte sich die Brücke an der bedeutenden Sonderbundausstellung in Köln. 1912 stellten die Künstler in der Galerie Goltz in München gemeinsam mit dem Blauen Reiter aus, der dort ein Jahr zuvor gegründet worden war.

Umschlag der Jahresmappe 1912 nach einem Entwurf von Otto Mueller, die wegen Pechsteins Ausschluss nie veröffentlicht wurde.

Kurz darauf wurde Pechstein als Verräter aus der Brücke ausgeschlossen, da er ohne Erlaubnis der anderen in der Berliner Secession ausgestellt hatte. Kirchner sprach später von einem Vertrauensbruch. [1] Die bereits fertig gestellte Jahresmappe über Pechstein wurde daraufhin nicht mehr veröffentlicht und die Gruppe trat geschlossen aus der Neuen Secession aus.

Im Jahresbericht 1912 kündigte Kirchner an, dass noch im Frühjahr eine Chronik von Brücke erscheinen werde. Diese von Kirchner verfasste Schrift entstand zwar im Einvernehmen mit den anderen Gruppenmitgliedern, doch der Text war ihnen zu einseitig und wurde abgelehnt. Kirchner stellte sich in der Chronik selbst als wahres Genie der Gruppe dar und hob seinen Einfluss hervor. Er schrieb außerdem unter einem Pseudonym Kritiken über die Werke der Brücke-Maler, in denen er die anderen Mitglieder beschuldigte, von ihm abgeschaut zu haben. Um seinen Führungsanspruch zu untermauern, datierte er sogar einige seiner Bilder vor.

Heckel sagte später über die Chronik: „Der Text hat uns vor den Kopf gestoßen.“ [6] Kirchner empfand die Ablehnung durch seine Kameraden wiederum als Undankbarkeit [13] und zog sich in der Folgezeit immer mehr zurück. Im Mai 1913 beschlossen daraufhin die übrigen Mitglieder die Auflösung der Gruppe. In einem Brief, der von Kirchner nicht mehr unterzeichnet wurde, setzten Heckel und Schmidt-Rottluff die Passivmitglieder davon in Kenntnis.

Die Chronik, die letztlich zum Ende der Gemeinschaft geführt hatte, wurde von Kirchner einige Jahre später doch noch veröffentlicht. Später distanzierte er sich von der Brücke und wollte nicht mehr in Zusammenhang mit dieser genannt werden.

Merkmale

Anders als der französische Fauvismus, mit dem sie viele Einflüsse von außen teilten, betonten die Brücke-Maler nicht nur die malerische Form und die Bildkomposition, sondern insbesondere die seelisch-psychischen Momente und die damit verbundene Erkenntnis oder Vermutung über den Kern der Dinge. Dabei wandten sie sich vom Menschenbild des 19. Jahrhunderts ab und malten auch Tabu-Themen, denn sie wollten ihre Mitmenschen aufrütteln und beunruhigen.

Daraus resultieren einige wesentliche Merkmale wie die intensive und kontrastreiche Benutzung von Farbe, die Veränderung der Form durch bewusste Vergröberung und Verzicht auf Details, der „holzschnittartige“ Charakter der Malerei, kantige Formen und eine kühne Raumgestaltung.

Häufige Techniken umfassen den Holzschnitt, die Lithografie und das Aquarell. Die Farbe wurde teilweise sehr pastos aufgetragen, manchmal aber auch mit Benzin verdünnt, um ein schnelleres Arbeiten zu ermöglichen.

Zu den bevorzugten Motiven der Brücke-Maler zählten der Mensch in Bewegung, Zirkus und Varieté, Mensch und Natur, Tanz, Leben in der Großstadt, Akte und Badende.

Vorbilder

Vincent van Gogh: Sternennacht. Der niederländische Maler gilt als ein wichtiges Vorbild der Brücke

Ein großes Vorbild der Brücke war Vincent van Gogh, von dem bereits 1905 in der Dresdner Galerie Arnold 50 Gemälde ausgestellt waren. Fritz Schumacher, ein ehemaliger Lehrer der Brücke-Mitglieder sagte, die Künstler seien angesichts der Bilder „außer Rand und Band“ geraten. [14] Van Goghs Einfluss wird vor allem hinsichtlich der Pinselführung und der Farbgebung deutlich.

Auch Paul Gauguin beeinflusste die Kunst der Brücke nachhaltig. Seine Bilder wurden 1906 in Dresden gezeigt. Gauguins Reisen nach Tahiti veranlassten Nolde und Pechstein später zu Aufenthalten in der Südsee und auf Palau.

Zahlreiche Anregungen holten sich die Brücke-Maler bei Besuchen im Dresdner Kupferstichkabinett und den dort ausgestellten Werken der Renaissance und des Barock. Kirchner war ein großer Bewunderer Albrecht Dürers, den er in der Chronik als „Pfadfinder der Gestaltung“ bezeichnete. [1]

Die Künstler beschäftigten sich eingehend mit den Holzschnitten des 15. und 16. Jahrhunderts und dem Flächenholzschnitt des 19. Jahrhunderts. Im Dresdner Völkerkundemuseum lernten sie die afrikanische Primitivkunst (Art primitif) kennen, deren Holzplastiken und Masken sie in ihrem gestalterischen Ausdruck beeinflussten. Entsprechende Studienobjekte erstand man bei seinerzeit in Deutschland noch seltenen Händlern exotischer Kunst, wie dem Volkskundler Julius Konietzko.

Während ihrer Zeit in Dresden bezog die Gruppe mehrere Kunstzeitschriften, darunter die englische Studio und die Münchner Jugend. In Publikationen wie Ver Sacrum entdeckten sie den Symbolismus und den Jugendstil. Einmal brachte Kirchner aus einer Bibliothek einen Band von Julius Meier-Graefe über moderne französische Kunst mit. Bleyl sagte dazu: „Wir waren begeistert (…) Wir suchten Weiterbildung, fortschrittliche Entwicklung und Lösung von Herkömmlichen.“ [15] 1907 reiste Pechstein im Anschluss an einen Italienaufenthalt nach Paris und lernte dort die Arbeiten der Fauves kennen. 1908 stellten die beiden Gruppen gemeinsam in Dresden aus. In den Berliner Jahren der Brücke finden sich kubistische und futuristische Elemente in den Bildern der Künstler.

Nicht eindeutig belegt ist der Einfluss Edvard Munchs auf die Künstlergruppe. 1906 waren im Sächsischen Kunstverein 20 Werke des Malers zu sehen, um dessen Mitgliedschaft sich die Brücke vergeblich bemühte. Später bestritten jedoch alle Mitglieder, von Munch beeinflusst worden zu sein. [16]

Nachwirkung

In den Jahren der Weimarer Republik erlangten vor allem die ehemaligen Brücke-Mitglieder Emil Nolde, Max Pechstein und Ernst Ludwig Kirchner große Popularität. Die stimmungsvollen Bilder der Künstlergruppe hatten darüber hinaus einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Films der 1920er und 1930er Jahre. Regisseure wie Fritz Lang (Metropolis), Friedrich Wilhelm Murnau (Nosferatu) oder Robert Wiene (Das Cabinet des Dr. Caligari) zitierten in ihren Werken Stilmittel der Expressionisten.
1926 malte Kirchner das Gruppenbild Eine Künstlergemeinschaft, auf dem neben ihm selbst Schmidt-Rottluff, Heckel und Mueller zu sehen sind.

Während der Zeit des Nationalsozialismus galten expressionistische Bilder als Entartete Kunst. Die Ausstellung „Entartete Kunst“, die insgesamt etwa 650 Bilder zeigte, bestand annähernd zur Hälfte aus Werken der Brücke-Maler.

1967 wurde in Berlin das Brücke-Museum eröffnet, dessen Bau von Schmidt-Rottluff angeregt worden war. Das Museum zählt etwa 400 Gemälde und Plastiken und einige Tausend Zeichnungen, Aquarelle und Graphiken und ist damit die weltweit größte zusammenhängende Sammlung von Werken dieser expressionistischen Künstler.

2005 fanden anlässlich des 100. Gründungsjubiläums der Brücke zahlreiche Sonderausstellungen statt, und eine Briefmarke wurde herausgegeben.

Galerie

Literatur

  • Horst Jähner: Künstlergruppe Brücke. Geschichte einer Gemeinschaft und das Lebenswerk ihrer Repräsentanten. E.A.Seemann, Leipzig 2005. ISBN 3-86502-123-9
  • Gerd Presler: Die Brücke. Rowohlt, Reinbek 2007. ISBN 978-3-499-50642-0
  • Birgit Dalbajewa und Ulrich Bischoff (Hrsg.): Die BRÜCKE in Dresden 1905–1911. Walther König, Köln 2001 (Katalog zur Sonderausstellung Okt.2001–Jan.2002 im Dresdner Schloss). ISBN 3-883-75516-8
  • Christian Saehrendt: Die Kunst der „Brücke“ zwischen Staatskunst und Verfemung. Expressionistische Kunst als Politikum in der Weimarer Republik, im „Dritten Reich“ und im Kalten Krieg. Pallas Athene. Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte, herausgegeben von Rüdiger vom Bruch und Eckart Henning. Bd 13. Stuttgart 2005. ISBN 3515086145

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Kirchner, Ernst Ludwig: Chronik KG Brücke, 1913
  2. Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra, Projekt Gutenberg
  3. Röthel, Hans Konrad: Die Brücke, 1965, S.184
  4. Scheffler, Karl: Malerei vom Impressionismus bis zur Gegenwart, S.211; Einstein, Carl: Die Kunst des 20. Jahrhunderts, S.129; Grohmann, Will: Zwischen den beiden Kriegen, S.144; Roh, Franz: Nach-Expressionismus, S.52
  5. Das Kunstwerk, Baden-Baden 1958, S.24
  6. a b c Gespräch Hans Kinkels mit Heckel. In: Das Kunstwerk, 1985
  7. Leipziger Volkszeitung, 16. November 1905
  8. Was ist was? 1906: „Die Brücke“ stellt aus (Abgefragt am 23. September 2008)
  9. Dresdner Neueste Nachrichten, 26. September 1906, S. 2
  10. Saehrendt, Christian: Wer malt der Nation das Aushängeschild?, FAZ, 15. Juni 2005
  11. a b c Pechstein, Max: Erinnerungen. Leopold Reidemeister Hrsg., S.41f.
  12. Kunstchronik 1910/11 S.19f.
  13. Buchheim, Lothar-Günther: Die KG Brücke, 1956, S.172
  14. Schumacher: Stufen des Lebens. Erinnerungen eines Baumeisters, 1935, S.283
  15. Bleyl, Fritz: Erinnerungen, Stuttgart 1961, S.24
  16. Briefe Schmidt-Rottluffs und Heckels an Gustav Vriesen, Gordon, Donald E.: Ernst Ludwig Kirchner, 1968, S. 460

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