- Kloster Rühn
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Das Kloster Rühn ist ein ehemaliges Zisterzienserinnenkloster in der Ortslage Rühn unweit der mecklenburgischen Stadt Bützow im Landkreis Rostock in Mecklenburg-Vorpommern.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Schweriner Bischof Brunward gründete in Rühn bereits im Jahr 1232 das Zisterzienser-Jungfrauenkloster.[1] Der 14. Mai 1233 gilt als eigentlicher Gründungstag: Der Bremer Erzbischof Gerhard II. bestätigte die Einrichtung des Klosters nach der Regel des heiligen Benedikt.[2] Bereits am 29. Mai 1292 fiel das Kloster Brandstiftern zum Opfer und brannte vollständig ab.[1]
Zirka 30–40 Nonnen wohnten, beteten und arbeiteten hier. Insgesamt 18 kleinere Dörfer gehörten zum klösterlichen Besitz, darunter Pustohl, Herrmannshagen und viele andere. Das Kloster hatte auch zeitweilig Besitz in entfernten Orten, wie Reinshagen bei Doberan, Granzin bei Lübz, Krassow bei Wismar und Benitz bei Schwaan. Nur wenige Güter (Rühn, Pustohl, Peetsch und Baumgarten) befanden sich in der Nähe des Klosters. Der Hauptbesitz befand sich zehn Kilometer nordwestlich vom Kloster bei Moisall.
Nach der Reformation wurde das Kloster von Herzog Ulrich seiner Frau Elisabeth von Dänemark geschenkt. Diese wandelte das Kloster in ein evangelisches Jungfrauenkloster um und gründete in Rühn die erste Mädchenschule Mecklenburgs. Zahlreiche Um- und Ausbauten sind auf sie zurückzuführen.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Kloster zerstört. Während der Amtszeit der Äbtissin Herzogin Sophie Agnes von Mecklenburg (1625-1694), die im ehemaligen Klostergarten einen Park mit Lindenallee errichten ließ, wurde es wiederaufgebaut.
Weitere Herzogstöchter übernahmen als Äbtissinnen den Vorsitz in Rühn. Im 17. Jahrhundert wurde aus der Mädchenschule eine Art Volkshochschule. Mit dem Verzicht von Ulrike Sophie auf die Regentschaft endete am 8. März 1756 das klösterliche Leben. Das Kloster wurde Sitz des herzoglichen (Domanial-) Amtes Bützow-Rühn. Von 1849 bis 1927 gelangte es in Privatbesitz, darunter ab 1876 in den des Kammerherrn Friedrich von Voß. Dessen Witwe betrieb in einem Teil der Gebäude von 1905 bis 1915 ein Erholungsheim für junge Mädchen. Ihr Sohn verpachtete die Gebäude des Klosters 1920 an den Hotelier Paul Utesch, der daraus eine Hotel-Pension mit öffentlichem Restaurant machte. 1927 verkaufte die Familie von Voß das Kloster an die Ortskrankenkasse Rostock, die hier ein Sanatorium einzurichten beabsichtigte. Der Pachtvertrag mit Martha Utesch, der Witwe des Hoteliers Utesch, blieb aber bis 1934 in Kraft. Es begannen Umbaumaßnahmen, das Sanatorium konnte jedoch nicht eröffnet werden, da im Kloster der Reichsarbeitsdienst untergebracht wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es erst Waisenhaus und in der Folge Unterbringungsort für Umsiedlerfamilien, bevor es 1950 zum Jugendwerkhof wurde.
Nach der Wende wurde 1991 der Jugendwerkhof aufgelöst und die Gebäude standen fast 15 Jahre leer. Ein Verkauf an einen Interessenten aus den alten Bundesländern im Jahr 1995 änderte nichts daran, da keine Investitionen getätigt wurden. Durch den Verkauf zum Kloster gehörender Flächen entstanden einige private Wohnhäuser auf dem Klostergelände. 2005 wurde die gesamte Anlage an die Öl- und Senfmühle GmbH des Kochs Michael Laumen verkauft. Nach der Insolvenz der Öl- und Senfmühle GmbH im Jahr 2006 kaufte der zwei Jahre zuvor gegründete Klosterverein Rühn e.V. 2008 das Gebäudeensemble und verpachtet seither einige Gebäude und Flächen an verschiedene Pächter.
Äbtissinnen
- 1654-1694 Sophie Agnes, Prinzessin zu Mecklenburg [-Schwerin], Tochter von Herzog Adolf Friedrich I.
- 1695-1701 Juliane Sibylle, Prinzessin zu Mecklenburg [-Schwerin], Schwester der Vorigen
- 1705-1712 Marie Elisabeth, Prinzessin zu Mecklenburg [-Schwerin], Schwester der Vorigen
- 1719-1728 Marie Sophie, Prinzessin zu Mecklenburg [-Strelitz], Tochter von Herzog Adolf Friedrich III.
- 1728-1756 Ulrike Sophie, Prinzessin zu Mecklenburg [-Schwerin], Tochter von Herzog Christian Ludwig II.
Bausubstanz
Die Rühner Klosteranlage ist in der knapp 800jährigen Geschichte etliche Male umgebaut worden. Allerdings ist die Anlage als Gesamtkomplex sehr gut erhalten. Momentan wird innerhalb der Gebäude Bauforschung betrieben und viele der Umbauten werden wieder rückgängig gemacht. Vor allem der Kreuzgang soll wieder in seiner ursprünglichen Form hergestellt werden.
Die Klosterkirche
Die Klosterkirche ist eine einschiffige Saalkirche. Die Länge der Kirche beträgt zirka 45 Meter bei einer Breite von zehn Metern.
Die backsteingotische Klosterkirche mit spätromanischen Stilelementen ist ein typischer Backsteinbau, der etwa 1250 bis 1270 errichtet wurde. Der heute vorhandene hölzerne Glockenturm entstand erst nach der Reformation.
Die Kirche war anfangs nur über die beiden heute zugemauerten Portale an der Nord- und Südseite zugänglich. Die Nordseite war der Zugang für die Dorfbevölkerung und die Südseite diente als Zugang für die Nonnen. Zwischen 1270 und 1280 wurde das Westportal eingesetzt. Diesem Portal mussten drei kleinere Fenster auf der Westseite weichen.
Den mit Spitzbögen und Kreisblenden verzierten Westgiebel zieren drei gestaffelte Bogenfenster, ähnlich wurde auch die Ostseite hinter dem Altar gestaltet.
Im Westteil der Kirche lag der Laienraum in der Mitte befindet sich das Chorgestühl und im Osten der Altarraum. Für die Nonnen wurde um das Jahr 1300 eine Empore eingebaut. Die Empore wurde später bis zum Westgiebel erweitert.
An der Südseite des Backsteinbaus stehen Reste eines Kreuzganges. Der südwestlich eingebaute hölzerne Turm stammt aus dem 16. Jahrhundert und beherbergt zwei Glocken aus dieser Zeit. Das Kirchenschiff hat die Form einer Halle mit geradem Chorabschluss. Die Frau von Herzog Ulrich gestaltete nach der Reformation den Innenraum der Kirche um.
Auf dem Hauptaltar ist ein Triptychon von 1587 zu sehen. In dessen Mitte ist das Heilige Abendmahl dargestellt und auf den Seitenflügeln Porträts des Herrscherpaares. Die Fürstenempore mit aufwendigen Schnitzereien und Bleiglasfenstern und die Kanzel stammen ebenfalls aus dieser Zeit. Im Altarbereich befindet sich das barocke Prunkepitaph der Äbtissin Sophie Agnes. Im späten 19. Jahrhundert wurde die Kirche nochmals im typisch neugotischen Stil umgebaut. Die Frieseorgel stammt aus dem Jahr 1870 und wurde 1999 restauriert. In der Kirche befinden sich auch zahlreiche Grabsteine aus dem 14.–18. Jahrhundert. Sehenswert ist auch das Wandbild Jesus und die Jünger am See von 1905.
Ostflügel
Östlich der Kirche befindet sich der sechzig Meter lange Ostflügel. Das Gebäude war vermutlich früher zweistöckig. Der Flügel enthielt einstmals fast alle Klausurräume, den Kapitelsaal (Versammlungsraum), das Kalefaktorium, die Küche und darüber das Dormitorium. Hier waren auch die Wirtschaftsräume untergebracht. Der Flügel war vermutlich zweigeschossig, was für die damalige Bedeutung des Klosters spricht. Im 19. Jahrhundert gab es im nördlichen Teil des dem Gebäude einen Gartensaal mit überdachter Terrasse zur Parkseite hin. Im Jahr 1954 errichtete der Jugendwerkhof im Erdgeschoss Werkstätten und im Dachgeschoss Schlafräume für die Jugendlichen. In den 1990er Jahren war hier ein Gästehaus mit sechzig Zimmern geplant. Dieser Plan wurde bisher aber nicht realisiert.
Auf der Hofseite des Gebäudes befand sich vermutlich die ehemalige Propstei. Bei Grabungsarbeiten wurden im Jahr 2005 starke Fundamente gefunden, die für diese Annahme sprechen. Der Propst war für die Verwaltung der Klostergüter zuständig. Die Nonnen selbst verrichteten im Gegensatz zu den Mönchen keine Feldarbeit und die Klostergüter wurden von Klosterbediensteten verrichtet.
Südflügel
Der Südflügel enthielt das Refektorium (Speisesaal). Der Südflügel war wahrscheinlich früher über ein Konventsgebäude oder einen Kreuzgang mit der Kirche verbunden. Das ursprüngliche Gebäude entstand nach einem Brand in der Klosteranlage im Jahr 1292. Das Refektorium nahm das gesamte Erdgeschoss des Gebäudes ein. Der hohe zweischiffige Saal hatte eine Grundfläche von 9 mal 12 Meter. Auf der Südseite gab es Spitzbogen, während die Nordseite komplett fensterlos war. Im gesamten Raum wurden keinerlei Malereien gefunden. Nur die Wände waren durch offene Feuerstellen rauchgeschwärzt. Nach Auflösung des Klosters und dem Umbau durch das Amt Bützow im Jahr 1756 blieben nur noch die Außenwände erhalten. Die ehemaligen Gewölbe wurden entfernt, neue rechteckige Fenster wurden ergänzt und eine Balkendecke eingezogen. Das Gebäude erhielt außerdem einen barocken Bogen.
Nach weiteren Umbauten befindet sich im westlichen Teil eine Informationsstelle mit Verkaufsraum, während der hintere Teil des Gebäudes als Klosterschänke genutzt wird.
Heutige Nutzung
In der Klosterkirche und im ehemaligen Dormitorium finden die verschiedensten Konzerte, veranstaltet durch den örtlichen denkmalpflegerisch und kulturell tätigen Klosterverein, und der Kirchengemeinde statt.
Seit Mitte 2008 ist der Klosterverein Rühn e.V. Besitzer des Klosters. Unter dessen Schirmherrschaft wird das Kloster in den nächsten Jahren denkmalgerecht saniert. Die Klosterschänke und die Öl- und Senfproduktion sind seit April 2010 neu verpachtet. Verschiedene traditionelle Kunsthandwerks- und Lebensmittelmanufakturen sollen auf dem Gelände angesiedelt werden, deren Produkte unter der Dachmarke "Kloster Rühn" vertrieben werden. In der Biomanufaktur werden Speiseöle aus Raps sowie Essige hergestellt, der Vertrieb erfolgt über das Kloster Rühn Kontor.
Sonstiges
Die Erzieherin und Lehrerin beim Kammerherrn von Voß, Johanna Klemm, hat sich hier zu ihrem ersten und bekanntesten Roman für junge Mädchen inspirieren lassen:Das kleine Klosterfräulein.
Die Sage vom Kloster Rühn
In grauen Vorzeiten hatte eine dortige Nonne ihr Herz dem jungen Ritter von Bülow zugetan, das aber schon vordem, als sich der Vater wegen Ersparnis entschloss, sein adliges Kind für immer in die herbe Abgeschiedenheit des Klosters zu geben.
Der junge Rittersmann aber wollte dieses Schicksal, das ihn so unglücklich machte, nicht erleiden, ungestüm zog es ihn in die Nähe seiner Geliebten. Er verdingte sich darum unerkannt zur Arbeit auf dem Klosterhofe, einen heimlichen Zugang zu ihrem Gemach im Kreuzgang zu erkunden.
Während Sturm und Regen in kalter Herbstnacht unermüdlich am festen Gemäuer des alten Klosters rüttelten, schlich er auf heimlichen Wege ins Schlafgemach seiner Liebsten, groß und heiß war das langersehnte Wiedersehen. Den morgendlichen Abschied aber beobachtete eine alte Ordensschwester, und sie teilte der gestrengen Priorin folgsam ihr Gewahrnis mit, denn Besuch einer Mannesperson war im Kloster streng verboten.
Kurzerhand wurde die Beschuldigte zur Anhörung befohlen. Unter Tränen offenbarte jene freimütig ihr Herzeleid und äußerte den innigsten Wunsch, gütigst in die Weltlichkeit entlassen zu werden. Unbarmherzig aber erinnerte die Priorin an das jüngst abgelegte Gelübde, lebenslang dem Herrn dienen zu wollen. Einer Klosterjungfrau stehe es folglich nicht frei, in den weltlichen Ehestand zu treten. Strengstens wurde daraufhin den Verfehlungen der jungen Nonne nachgegangen, und der Bischof zu Bülow sprach, anderen zu heilsamen Belehrung, sie müsse diesen Frevel mit dem Leben büßen.
Da aber die Verurteilte die Frucht ihrer Liebe unter dem Herzen trug, wurde die Hinrichtung ausgesetzt und schärfste Bewachung angeordnet. Von all dem erfuhr der junge Rittersmann, und er beschloss in seiner tiefen Not, die Unglückliche gewaltsam aus dem Kloster zu holen. Als er im Schutze der Nacht die Klostermauer überstieg, lagen Landsknechte auf der Lauer, und ein zielsicherer Armbrustpfeil durchbohrte sein verzweifeltes Herz. Tot fiel der liebende Rittersmann ins taunasse Gras. Die Nonne durfte noch gebären, das Balg übergab man einer nichtsahnenden, kinderlosen Blöden.
Die zum Tode bestimmte aber ward darauf lebendig in eine Nische der Klosterwand gemauert. Ihre klagende Stimme soll noch heute in mondklaren Nächten auszumachen sein. So ereilte die junge Nonne und den Rittersmann die Strafe der Gerechtigkeit, denn sie hatten schwere Sünde getan.[3]
Bei einer Renovierung des Klosters im Jahr 1899 wurde in einer zugemauerten Nische das Skelett einer jungen Frau gefunden. Der Eigentümer des Klosters Rühn, Kammerherr Friedrich von Voss, nahm an, dass es sich bei diesem Fund um die Überreste der einst lebendig eingemauerten Nonne handelte, und dass somit die Überlieferung auf Wahrheit beruhte. Das Skelett wurde einige Jahre lang von der Familie von Voss aufbewahrt und ist erst gegen Ende des Zweiten Weltkriegs bestattet worden.
Weblinks
Commons: Kloster Rühn – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ a b Georg Christian Friedrich Lisch: Ueber die Stiftung der Klöster zu Bützow und Rühn (Aufsatz 1, Bd. 8), Schwerin 1843, S. 6
- ↑ MUB Nr. 417
- ↑ http://www.dorffest-in-ruehn.de/index.php/content/view/23/39/
53.82398767511.937761305556Koordinaten: 53° 49′ 26,4″ N, 11° 56′ 15,9″ OKategorien:- Ehemaliges Zisterzienserinnenkloster in Mecklenburg-Vorpommern
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