- Kloster Schiffenberg
-
Das Kloster Schiffenberg ist eine ehemalige Klosteranlage auf dem Gießener Hausberg Schiffenberg (281 Meter). Es befindet sich am südöstlichen Rand des Gießener Stadtwalds nahe dem Stadtteil Petersweiher und dem Pohlheimer Ortsteil Hausen.
Im Sommer werden die Basilika und der Hof für kulturelle Veranstaltungen und Gottesdienste genutzt.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
An der Nordseite des großen Innenhofs, der mit alten Bäumen bestanden ist, erhebt sich eine Pfeilerbasilika mit Querschiff, die von 1130 bis 1150 gebaut wurde. Eine Besonderheit ist der achteckige Vierungsturm. Das südliche Seitenschiff wurde nach der Säkularisation abgerissen, so dass eine Art „Arkadengang“ entstand, durch den man das Hauptschiff auf ganzer Länge von der Seite betreten kann. Die westliche mit Lisenen gegliederte Apsis und zwei begleitende Rundtürme (fast komplett zerstört) wurden im Verlauf des 12. Jahrhunderts angebaut. Der Bau verzichtet fast gänzlich auf Bauschmuck. Von der Ausstattung ist unter anderem ein frühgotischer Taufstein (13. Jahrhundert) aus Basalt im Chorraum erhalten.
1463 entstand das Propsteigebäude an der Westseite des Platzes und 1493 bis 1500 die Komturei an der Südseite. Ein weiteres, zwischen diesen beiden Bauwerken stehendes und erst 1700 errichtetes Gebäude fällt durch seinen aufwendig gestalteten Brunnen auf.
Geschichte
Eine Ausgrabung nördlich der Klosteranlage zeigt frühe Siedlungsspuren auf dem Schiffenberg, die auf die späte Bronzezeit um etwa 1000 v. Chr. datiert werden.
1129 wurde das Gelände von Gräfin Clementia von Gleiberg, der Witwe Konrads I. von Luxemburg, dem Erzbistum Trier gestiftet, mit der Maßgabe, dort ein Kloster zu errichten. Noch im gleichen Jahr weihte Erzbischof Meginher von Vianden die unfertige Anlage. Kurz darauf bezogen Augustiner-Chorherren aus dem Mutterkloster Springiersbach an der Mosel das Kloster. 1239 wurde erstmals ein Chorfrauenstift am Südhang des Schiffenbergs erwähnt, das in Gemeinschaft mit den Augustiner-Chorherren existierte, später aber aufgegeben wurde. 1264 klagten die Chorfrauen vor einem Gießener Schöffengericht, dass die Chorherren ihren Pflichten ihnen gegenüber nicht nachkämen. Der Rechtsstreit zog sich lange hin, die verhängte Aufteilung der Klostergüter zog neue Auseinandersetzungen nach sich. Dazu kamen Misswirtschaft und die eigenen politischen Ziele von Erzbischof Balduin von Trier, aufgrund derer er das Kloster 1323 aufhob und es dem Deutschen Orden anvertraute.
Innerhalb des Deutschen Ordens gehörte das Kloster Schiffenberg zur Ballei Hessen. 1333 wurde es zum Sitz eines Komturs. Aus den folgenden Jahrhunderten sind immer wieder Rechtsstreitigkeiten um die Verwaltung des Klosters und der zugehörigen Besitzungen überliefert. 1543 versuchte Philipp I. von Hessen das Kloster im Rahmen der Reformation zu säkularisieren, was ihm nicht gelang.
Als Napoléon Bonaparte 1809 den Deutschen Orden aufhob und seine Besitzungen verteilte, wurde der Schiffenberg kurhessische Domäne. Ab 1837 war das ehemalige Kloster an eine Familie Lyncker verpachtet. Damit begann es zu einem beliebten Ausflugsziel für die Gießener Bevölkerung und die Studenten zu werden. Im 19. und 20. Jahrhundert war der Schiffenberg eines der wichtigsten Pauklokale der Gießener Studentenschaft. 1885/86 wurden ältere Wirtschaftsgebäude, die sich direkt an die Kirche anschlossen, abgerissen und neue gebaut, die ihrerseits 1972/73 niedergelegt wurden. 1939 kam der Schiffenberg im Rahmen einer Gebietsreform zur Gießener Stadtgemarkung, 1972 wurde er städtischer Besitz. Damit endete der Pachtvertrag mit Familie Lyncker.
Literatur
- Karl Friedrich Euler: Das Haus auf dem Berge. Die Geschichte des Augustinerchorherrenstiftes Schiffenberg (1129 - 1323), Sonderbd. d. Oberhess. Geschichtsvereins, Gießen 1984
- Karl Friedrich Euler: Der Giessener Hausberg : Aufsätze zur Vorgeschichte und Geschichte des Augustinerchorherrenstiftes Schiffenberg. Schmitz Verlag, Gießen 1985, ISBN 3-922272-14-2
- Karlheinz Lang: Universitätsstadt Gießen. Reihe: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. (Hg.: Landesamt für Denkmalpflege Hessen) Vieweg, Braunschweig/Wiesbaden 1993, ISBN 3-528-06246-0.
- Magistrat der Stadt Lahn (Hrsg.): Der Schiffenberg. Die Geschichte eines Berges und seine Kirche. Gießen 1979, zugegriffen am 16. Mai 2007
- Festschrift zum 75-jährigem Jubiläum der Heimatvereinigung Schiffenberg. Gießen 2004
Weblinks
Commons: Schiffenberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur über Kloster Schiffenberg in der Hessischen Bibliographie
- Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Sachgesamtheit Schiffenberg. In: denkXweb, Online-Ausgabe von Kulturdenkmäler in Hessen
50.555078.72274Koordinaten: 50° 33′ 18,3″ N, 8° 43′ 21,9″ OKategorien:- Ehemaliges Kloster in Hessen
- Kloster (12. Jahrhundert)
- Augustiner-Chorherren-Stift
- Kommende des Deutschen Ordens
- Bauwerk in Gießen
- Kulturdenkmal im Landkreis Gießen
Wikimedia Foundation.