- Kommunalkredit
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Bei einem Kommunalkredit (oder Kommunaldarlehen) handelt es sich um ein Darlehen an eine Gebietskörperschaft, also an den Bund, die Bundesländer, Landkreise bzw. kreisfreie Städte, Gemeinden, Gemeindeverbände und Eigenbetriebe. Im weiteren Sinne werden hierunter auch die Kredite an Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts gefasst.[1] Die im Pfandbriefgesetz (alte Fassung) enthaltene Legaldefinition fasste zusätzlich noch die von diesen Gebietskörperschaften gewährleisteten Kredite an Dritte unter den Begriff Kommunalkredit.
Inhaltsverzeichnis
Kommunalrechtliche Einordnung
Kommunalkredite sind als subsidiärer Ausnahmetatbestand geregelt (z.B. § 77 Abs. 3 GemO NRW)[2]. Es wird dabei davon ausgegangen, dass Haushalte ausgeglichen sind. Formal sind Haushalte immer ausgeglichen; dies wird oft jedoch erst durch Kommunaldarlehen erreicht. Kredite dienen der Finanzierung von Investitionen oder zur Umschuldung (§ 86 Abs. 1 GemO NRW; auch die folgenden Zitate) und sind im Vermögens-, Kreditzinsen im Verwaltungshaushalt zu zeigen. Zur Kreditaufnahme gehören auch gemeindliche Sondervermögen mit Sonderrechnung (Eigenbetriebe und Krankenhäuser/Pflegeheime, die als Sondervermögen nach § 97 GemO geführt werden). Die Kreditaufnahme bedarf einer besonderen Ermächtigung in der Haushaltssatzung (§ 78 Abs. 1 c GemO). Diese Kreditermächtigung erlischt nicht mit dem Ende des Haushaltsjahres, sondern gilt zumindest bis zum Ende des folgenden Jahres, ggf. bis zum Erlass der Haushaltssatzung für das übernächste Jahr fort (§ 85 Abs. 2 GemO). Die aufgenommen Kreditverpflichtungen sind der Aufsichtsbehörde spätestens 1 Monat vor der rechtsverbindlichen Eingehung der Verpflichtung schriftlich anzuzeigen (§ 86 Abs. 1 und 4 GemO), in manchen Bundesländern besteht sogar Genehmigungspflicht (z.B. § 85 Abs. 2 GemO Brandenburg). Nur im Rahmen der laufenden Verwaltung wird auf Anzeigepflichten verzichtet (§ 86 Abs. 4 GemO). Oberster Grundsatz der kommunalen Kreditwirtschaft muss es sein, dass die Summe aller Zins- und Tilgungsverpflichtungen in der Gegenwart und in der Zukunft die Leistungsfähigkeit der Gemeinde nicht übersteigt. Die Kreditaufnahme hat im Rahmen einer geordneten Haushaltswirtschaft zu erfolgen.
Haushaltsrechtlicher Kreditbegriff
Der haushaltsrechtliche Kreditbegriff ist enger gefasst als der Darlehensbegriff in § 488 Abs. 1 BGB und ist in § 41 Nr. 19 Gemeindehaushaltsverordnung (GemHV) geregelt. Danach handelt es sich um das unter der Verpflichtung der Rückzahlung von Dritten oder von Sondervermögen mit Sonderrechnung aufgenommene Kapital mit Ausnahme der Kassenkredite. Kredite dürfen u.a. nur aufgenommen werden, wenn die zur Deckung der ordentlichen Tilgung von Krediten notwendige Zuführung zum Vermögenshaushalt (§ 21 Abs. 1 Satz 2 GemHV) im Verwaltungshaushalt nicht erwirtschaftet werden kann. Vor der Entscheidung über die Kreditaufnahme sollten regelmäßig mehrere Kreditangebote eingeholt und miteinander auch im Hinblick auf die Haushaltslage der Gemeinde verglichen werden (§ 25 a GemHV). Unter den in § 41 Nr. 27 GemHV definierten Begriff der Umschuldung als Ablösung eines Kredites durch einen anderen Kredit fällt neben dem Wechsel des Kreditgebers und dem Wechsel der Darlehensart (zum Beispiel Tilgungs- in Annuitätendarlehen) auch die Prolongation nach Auslaufen der Zinsbindung.
Kreditsicherheiten
Es entspricht dem Wesen des Kommunalkredits, dass er ohne Bestellung von Sicherheiten gewährt wird. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die Gemeinde mit ihrem gesamten Vermögen und ihren gesamten Erträgen haftet und ein Insolvenzverfahren ausgeschlossen ist (§ 128 Abs. 2 GemO). Insolvenzrechtlich wird ein Insolvenzverfahren nach § 12 Abs. 1 Insolvenzordnung ausdrücklich für unzulässig erklärt. Deshalb wird in § 86 Abs. 5 GemO angeordnet, dass Gemeinden keine Kreditsicherheiten für aufgenommene Kredite bestellen dürfen. Die Gemeinden dürfen auch zugunsten Dritter ohne aufsichtsbehördliche Anzeige- bzw. Genehimgungspflicht keine Sicherheiten bestellen (§ 87 Abs. 1 GemO). Werden dennoch verbotswidrig Sicherheiten bestellt, so sind diese Verträge nichtig (§ 130 Abs. 1 GemO). Allerdings müssen die Gemeinden bei den Verhandlungen über die Bestellung von Sicherheiten auf das Wirksamkeitserfordernis der aufsichtsbehördlichen Genehmigung hinweisen; dazu sind die Kommunen aufgrund des vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses verpflichtet.[3] (siehe Unwirksamkeit) Vom Verbot der Sicherheitenbestellung ausgenommen sind Gewährleistungen im Rahmen der Erfüllung kommunaler Aufgaben, wobei eine vorherige Anzeigepflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde besteht (§ 87 Abs. 2 GemO). Die häufigste Form der Kreditbesicherung sind Bürgschaften/Garantien/sonstige Mithaftungen für Kredite an kommunale Unternehmen (Anstalten/Körperschaften des öffentlichen Rechts, private Rechtsformen im öffentlichen Mehrheitsbesitz). Bei diesen Gewährleistungen sind instrumentenspezifische zusätzliche Anforderungen vorgeschrieben, damit regulatorisch eine Anerkennung des Kredits als „ausdrücklich öffentlich gewährleistet“ möglich ist. Nach § 163 Abs. 1 SolvVO sind u.a. Zentralregierungen und Zentralnotenbanken, Regionalregierungen oder multinationale Entwicklungsbanken und örtliche Gebietskörperschaften berücksichtigungsfähig (sog. personale Anerkennung). Die Kreditinstitute dürfen inhaltlich auch kommunale Ausfallbürgschaften hereinnehmen (§ 164 Abs. 3 SolvVO). Da Ausfallbürgschaften gerade in der Kommunalfinanzierung und bei Förderinstituten eine besondere Bedeutung einnehmen, werden die Ausfallbürgschaften der Bürgschaftsbanken, der Förderinstitute und von Gebietskörperschaften unter diese Ausnahme gefasst. Gleiches gilt auch für sonstige Ausfallbürgschaften in der Kommunalkreditfinanzierung. Ferner sind kommunalrechtlich noch Anzeige- und Notifizierungspflichten zu erfüllen, damit Gewährleistungen zugunsten Dritter rechtswirksam zustande kommen können.
Kommunaldarlehen aus Sicht der Kreditinstitute
Über 96 % der Kommunalkredite werden in Deutschland durch Kreditinstitute gewährt, sodass die Finanzierung über den Kapitalmarkt oder als Bürgerkredit bedeutungslos ist.[4] Deshalb kommt der bank- und bankaufsichtsrechtlichen Einordnung der Kommunalkredite eine entscheidende Bedeutung zu.
Kommunalkredite, auch Kassenkredite, sind Kredite im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 4 KWG (Forderungen an Kunden). Kommunalkredite sind bankrechtlich mit einer so genannten „Null-Gewichtung“ priviliegiert (§ 27 Nr. 1 in Verbindung mit § 26 Nr. 2 SolvV, § 74 Nr. 2 SolvV) und müssen deshalb nicht mit Eigenkapital unterlegt werden („KSA-Risikogewicht von 0 Prozent“).[5] [6] Kommunalkredite unterliegen einem dauerhaften „partial use“, also keiner zeitlichen Befristung dieses „Nullansatzes“.[7] Zudem sind Kreditinstitute bei Kommunalkrediten von allen bankaufsichtsrechtlichen Meldepflichten (Großkredit nach § 13 KWG, Millionenkredit nach § 14 KWG und Organkredit nach § 15 KWG, Offenlegungsvorschriften) befreit (§§ 20, § 21 KWG). Diese Sonderbehandlung hat zur Folge, dass die Kreditzinsen bei Kommunalkrediten auf niedrigsten Margen beruhen, Kommunen mithin in den Genuss absolut günstigster Kredite kommen.
Diese gesetzlichen Erleichterungen für Kreditinstitute beim Kommunalkredit beruhen insbesondere auf der Insolvenzunfähigkeit von Bund, Ländern und Kommunen, bei denen ein Insolvenzverfahren unzulässig ist (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Auch das BVerfG hat in ständiger Rechtsprechung bestätigt, dass das „bündische Prinzip“ aus einem „Einstehen füreinander“ besteht.[8] Das BVerfG spricht im Zusammenhang mit dem Bundesstaatsprinzip und dem Finanzausgleich von Hilfeleistung,[9] solidargemeinschaftlicher Mitverantwortung,[10] und bündischem Einstehen füreinander.[11] Es kann mithin davon ausgegangen werden, dass der Finanzausgleich dafür sorgt, dass es zu einer Insolvenzgefahr im kommunalen Sektor erst gar nicht kommen kann. Dieser Regelungspraxis liege nach Rehm das Verständnis zugrunde, dass der Staat – und mit ihm die Kommunen – über eine uneingeschränkte Bonität verfügten und praktisch als Adresse nicht ausfallen könnten.[12] Das „Einstehen füreinander“ geht zwar nicht soweit, dass eine übergeordnete Hierarchieebene eine garantenähnliche Haftung für einzelne kommunale Schulden übernimmt; jedoch besteht ein interföderatives, konstitutiv gesichertes normatives Ausgleichssystem, das die Zahlungsfähigkeit aller Gebietskörperschaften sicherstellt.
Für die Bankenaufsicht wird diese Präferenz nur so lange Bestand haben, „wie die Bonität jeder einzelnen Kommune aufgrund einer vom jeweiligen Bundesland uneingeschränkt akzeptierten Haftungsverpflichtung – auch mit Blick auf die Verpflichtung der Bundesländer zu einem kommunalen Finanzausgleich (…) – als unzweifelhaft angesehen wird.“[13] Wenn hiervon nicht mehr ausgegangen werden kann, sind die einzelnen Kommunen individuell aufgrund ihrer Haushalte/Jahresabschlüsse zu raten. Es gibt Bestrebungen einzelner Kreditinstitute, Länder und Gemeinden individuell aufgrund ihrer Haushalte oder Jahresabschlüsse zu bewerten, sodass es im Einzelfall zu schlechteren Kreditkonditionen kommen kann. Ein individuelles Rating wird derzeit ersichtlich nur durch wenige Kreditinstitute vorgenommen. Der deutsche Städtetag hat seinen Mitgliedern empfohlen, von einem Rating durch Ratingagenturen abzusehen.[14] Ein externes Rating gibt es ersichtlich nur für die Stadt Düsseldorf und den Landkreis Miesbach durch Moody’s bzw. Standard & Poor’s.[15]
Damit ist das Adressrisiko bei Kommunaldarlehen in Deutschland gering. Die Funktionsfähigkeit und Zahlungsfähigkeit der Gebietskörperschaften wird letztlich durch den jährlichen horizontalen und vertikalen Finanzausgleich über den Bund sichergestellt. Damit können Gemeinden und Länder banktechnisch eine wirtschaftliche Kreditnehmereinheit mit dem Bund bilden, sodass Kommunaldarlehen das gleiche Triple-A-Rating wie die Bundesrepublik Deutschland aufweisen.
International üblich ist das Individualrating bis hinab zur Gemeindeebene bereits überall, auch in der Schweiz und in Österreich.
Den weitaus höchsten Marktanteil an Kommunaldarlehen haben die Öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute. Daneben sind auch Pfandbriefbanken und Privatbanken in diesem Marktsegment tätig.
Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten! Einzelnachweise
- ↑ diese gelten zwar aufgrund ihrer Gebühren-/Abgabenhoheit als eigenfinanziert, Kassenkredite werden jedoch kommunalaufsichtsrechtlich toleriert
- ↑ Text Gemeindeordnung NRW
- ↑ BGH NJW 2001, 1065
- ↑ Hannes Rehm, Kommunalfinanzen, 2010, S. 183
- ↑ Hannes Rehm, a.a.O., S. 183
- ↑ J. Walter, Bankenrating für Kommunen, in: Der Gemeindehaushalt 2004 H. I, S. 28
- ↑ Hannes Rehm, a.a.O., S. 184
- ↑ BVerfGE 1, 117 (131); 72, 330 (384 ff.); 86, 148 (213 ff.)
- ↑ BVerfGE 72, 330 (397 f.)
- ↑ BVerfGE 72, 330 (398)
- ↑ BVerfGE 86, 148 (214)
- ↑ Hannes Rehm, a.a.O., S. 178
- ↑ Hannes Rehm, a.a.O., S. 184
- ↑ Deutscher Städtetag, Externes Rating von Kommunen, Beschluss des Präsidiums vom 25. April 2006 und 15. Dezember 2007
- ↑ PriceWaterhouseCoopers, Basel II und kommunales Rating, 2006, S. 25
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