- Luchino Visconti
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Luchino Visconti (* 2. November 1906 als Conte Don Luchino Visconti di Modrone in Mailand; † 17. März 1976 in Rom) war ein italienischer Theater- und Filmregisseur; er schuf Meisterwerke der Filmgeschichte.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Luchino Visconti war der dritte Sohn (das vierte Kind) des ersten Herzogs von Grazzano Visconti, Giuseppe Visconti di Modrone (1879–1941), aus der Hochadels-Familie der Herzöge von Modrone in Mailand abstammend (einer der reichsten in Norditalien). 1936 ging er nach Paris und begann seine Karriere als Assistent von Jean Renoir. Nach einer kurzen USA-Reise, bei der er auch Hollywood besuchte, kehrte er nach Italien zurück, um 1939 beim Film La Tosca erneut als Renoirs Assistent zu arbeiten. Die Produktion musste kriegsbedingt unterbrochen werden und wurde später durch den deutschen Regisseur Carl Koch beendet. Zusammen mit Roberto Rossellini trat Visconti dem salotto von Vittorio Mussolini bei, dem Sohn von Benito Mussolini und seinerzeit nationaler Kulturzensor, wo er vermutlich auch auf Federico Fellini traf. Mit Gianni Puccini, Antonio Pietrangeli und Giuseppe De Santis schrieb er das Drehbuch zu seinem ersten Film als Regisseur: Besessenheit (1943), ein Werk, das eine neue Stilrichtung, den Neorealismus, begründete, der dem italienischen Nachkriegsfilm wesentliche Impulse gab.
1948 schrieb und inszenierte er Die Erde bebt, nach dem Roman I Malavoglia von Giovanni Verga. Visconti hatte während seiner Pariser Zeit Sympathie für den Kommunismus entwickelt. Er wurde 1944 wegen Widerstandstätigkeiten gegen den Faschismus verhaftet. Nach dem Krieg trat er öffentlich für die KPI ein. Der Konflikt, der sich aus dieser Weltanschauung und seiner Herkunft aus einem bedeutenden Adelsgeschlecht Italiens ergibt, ist in seinen Werken spürbar. Er selbst, finanziell immer unabhängig, traditionell erzogen und umfassend gebildet, betrachtete sich einer vergangenen Welt, der des 19. Jahrhunderts, zugehörig. In dem Film Der Leopard thematisiert er das Vergehen einer alten Gesellschaftsordnung und das Aufgehen „moderner Zeiten“. Der Revolte von 1968 stand er ablehnend gegenüber.
Mit der Abkehr vom Neorealismus gelang Visconti in den 1960er Jahren eine unverwechselbare Bildsprache in seinen Filmen. Bedingt durch die einmalige Mischung aus adeliger Herkunft, politisch kommunistischer Überzeugung und brillanter Gesellschaftsanalyse schuf er neben Der Leopard (1963) mit Die Verdammten (1969), Tod in Venedig (1971) und Ludwig II. (1972) Meisterwerke der Filmgeschichte.
Nach schwerer Krankheit (von einem Schlaganfall genesen) gelang ihm noch die Realisierung von zwei Filmen: In Gewalt und Leidenschaft (1974) analysierte er das von faschistischen Tendenzen geprägte Italien der Gegenwart, und mit seinem letzten Film Die Unschuld (1976) brachte er einen Roman von Gabriele D’Annunzio auf die Leinwand, über das ewige Spiel zwischen Mann und Frau sowie zwischen Gut und Böse.
Visconti war ebenso ein gefeierter Theaterregisseur. In den Jahren 1946–1960 brachte er viele Aufführungen der Rina Morelli-Paolo Stoppa-Kompagnie mit Vittorio Gassman auf die Bühne, und bis in die 1970er Jahre war er für das Sprechttheater tätig. Bedeutend war auch seine Tätigkeit als Opernregisseur, die ihn u. a. an die Mailänder Scala, die Wiener Staatsoper und die Londoner Covent Garden Opera führte, wo er vor allem Opern von Giuseppe Verdi – darunter 1953 eine berühmte Traviata an der Scala (Dirigent Carlo Maria Giulini) oder 1966 der vielgelobte Falstaff (Dirigent Leonard Bernstein) an der Wiener Staatsoper –, aber auch Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Giacomo Puccini oder Richard Strauss in Szene setzte.
Privates
Visconti war homosexuell, betonte dies aber nie in besonderer Weise. Er scheute sich dabei nicht, sich mit seinen Freunden und Begleitern in der Öffentlichkeit zu zeigen, wie etwa mit dem Regisseur Franco Zeffirelli und dem deutschen Schauspieler Udo Kier. Viscontis letzter, längerer Lebensgefährte war seit 1964 der österreichische Schauspieler Helmut Berger.
Sein Neffe Eriprando Visconti arbeitete ebenfalls als Filmregisseur (u. a. Una spirale di nebbia).
Filmografie (Auswahl)
- 1942: Besessenheit (Ossessione) nach James M. Cains Wenn der Postmann zweimal klingelt
- 1945: Tage des Ruhms (Giorni di Gloria)
- 1948: Die Erde bebt (La Terra trema)
- 1951: Notizen über einen Vorfall in der Chronik (Appunti su un fatto di cronaca)
- 1951: Bellissima
- 1953: Anna Magnani, Episode in dem Film Wir Frauen (Siamo donne)
- 1954: Sehnsucht (Senso)
- 1957: Weiße Nächte (Le notti bianche)
- 1960: Rocco und seine Brüder (Rocco e i suoi fratelli)
- 1961: Der Job (Il lavoro), Episode in dem Film Boccaccio '70 (nach Boccaccios Decamerone)
- 1963: Der Leopard (Il Gattopardo) nach Giuseppe Tomasi di Lampedusa: Der Leopard
- 1965: Sandra (Vaghe stelle dell'Orsa)
- 1967: Der Fremde (Lo Straniero) nach Albert Camus Der Fremde
- 1967: Hexen verbrennt man lebendig (La strega bruciata viva), Episode in dem Film Hexen von heute (Le streghe)
- 1969: Die Verdammten (La caduta degli dei)
- 1970: Auf der Suche nach Tadzio (Alla ricerca di Tadzio), kurzer Dokumentarfilm
- 1971: Tod in Venedig (Morte a Venezia) nach Thomas Manns Novelle Der Tod in Venedig
- 1972: Ludwig II. (Ludwig)
- 1974: Gewalt und Leidenschaft (Gruppo di famiglia in un interno) mit Helmut Berger
- 1976: Die Unschuld (L'Innocente) nach Gabriele D'Annunzio: Die Unschuld
Auszeichnungen
Im Laufe seiner Karriere ist Visconti mit zahlreichen Filmpreisen ausgezeichnet worden. Zu den bedeutendsten Ehrungen gehören:
- Oscar:
- 1970: Nominierung in der Kategorie Bestes Originaldrehbuch (für Die Verdammten)
- Internationale Filmfestspiele von Cannes:
- Festival 1963: Goldene Palme (für Der Leopard)
- Festival 1971: Prix du 25e Anniversaire du Festival International du Film (für Tod in Venedig und sein Lebenswerk)
- Internationale Filmfestspiele von Venedig:
- 1965: Goldener Löwe (für Sandra)
- David di Donatello:
- 1971: In der Kategorie Bester Regisseur (für Tod in Venedig)
- 1973: In der Kategorie Bester Regisseur (für Ludwig II.)
- Nastro d’Argento der italienischen Filmjournalistenvereinigung:
- 1961: In der Kategorie Regie des besten Films (für Rocco und seine Brüder)
- 1970: In der Kategorie Regie des besten Films (für Die Verdammten)
- 1972: In der Kategorie Regie des besten Films (für Tod in Venedig)
- 1975: In der Kategorie Regie des besten Films (für Gewalt und Leidenschaft)
Quelle
- Genealogisches Handbuch des Adels Band 50, Fürstliche Häuser IX S. 466, 1971, C. A. Starke Verlag (Limburg), ISBN 3-7980-0750-0
Weblinks
- Literatur von und über Luchino Visconti im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Luchino Visconti in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Ästhet des Morbiden – Luchino Visconti zum 100. Geburtstag (3sat)
- Umfangreiches Portrait bei Arte
- Luchino Visconti (italienisch)
Filme von Luchino ViscontiBesessenheit | Tage des Ruhms | Die Erde bebt | Appunti su un fatto di cronaca | Bellissima | Sehnsucht | Weiße Nächte | Rocco und seine Brüder | Boccaccio 70 | Der Leopard | Sandra | Der Fremde | Die Verdammten | Alla ricerca di Tadzio | Tod in Venedig | Ludwig II. | Gewalt und Leidenschaft | Die Unschuld
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