- Marschall von Bieberstein
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Marschall von Bieberstein ist der Name eines alten meißnischen Adelsgeschlechts, das im 13. Jahrhundert das erbliche Marschall- und Kämmereramt der Markgrafen von Meißen besaß.
Inhaltsverzeichnis
Ursprung
Die Familie wird erstmals im Jahr 1196 mit Norbert von Schladebach und dessen Sohn Konrad urkundlich erwähnt (eine Identität dieses Norbert mit dem 1179 urkundlich genannten Hallenser Salzgrafen Norbert ist wahrscheinlich, kann aber nicht sicher belegt werden). Die Familie bekleidete schon bei den ältesten Herren der Markgrafschaft Meißen das Erbmarschallamt und nahm dieses Marschallamt in den Familiennamen auf. Den Beinamen erhielten sie durch den Besitz der Burg und des Dorfes Bieberstein zwischen Nossen und Freiberg in Sachsen. Erste urkundliche Erwähnung in markgräflich-meißnischen Erbämtern erfuhr das Geschlecht um 1198, als Heinrich Marschall dem Meißenschen Landtage ("Landding") auf dem Collmberg bei Oschatz beiwohnte.
Geschichte
Seit 1228 wird als Sitz der Familie die Burg Gnandstein bei Geithain (Landkreis Leipziger Land) genannt. Weitere Besitzschwerpunkte lagen seit Anfang des 14. Jahrhunderts in Frohburg bei Altenburg, sowie im Raum Döbeln (Gärtitz) und seit urkundlich 1399 in Bieberstein bei Freiberg.
Nikolaus Freiherr Marschall von Bieberstein ehelichte 1584 auf Schloss Nossen Anna Luther, Tochter von Paul Luther und Enkelin des Reformators Martin Luther. Ein Zweig der Familie (v. Marschall und Berbisdorff) wandte sich zu Anfang des 16. Jahrhunderts nach Schlesien.
Einen tiefen Einschnitt in der Entwicklung der Familie markiert die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert sowie der bald darauf folgende Dreißigjährige Krieg. Fünf Familienzweige, darunter die beiden zu Bieberstein gesessenen, sind in dieser Zeit erloschen oder im Bürgertum verschiedener Städte aufgegangen.
Mitte des 17. Jahrhunderts sind infolgedessen nur noch einige wenige männliche Namensträger als Mitglieder des grundbesitzenden sächsischen Adels anzutreffen - die Familie ist fast ausgestorben (erst im 18. Jahrhundert hat die Zahl der Familienmitglieder wieder den Stand vom Ende des 16. Jahrhunderts erreicht). Einige Familienmitglieder hatten gleich nach dem Dreißigjährigen Krieg die meißnisch-kursächsische Stammheimat verlassen und sich im Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt niedergelassen. Seit dem 18. Jahrhundert finden sich Familienmitglieder auch in Niedersachsen, Pommern, (Ost-)Preußen, Württemberg, Baden, Nassau, Russland und Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Texas.
Der letzte Zweig in der alten meißnischen Stammheimat ist nach fast genau 500 Jahren Ansässigkeit in diesem Gebiet 1821 erloschen. Heute blühen noch die badische und die nassauische Linie mit geographischen Schwerpunkten in Deutschland und den Vereinigten Staaten. Der Verbleib von Nachkommen zweier in Russland (Moskau und Orenburg) ansässiger Zweige der Familie nach der Oktoberrevolution 1917 ist ungeklärt.
Namensentwicklung
Indem die Amtsbezeichnung zum Namensbestandteil wurde, gingen aus den von Sladebach (Schladebach bei Leuna) dann die von Gnandstein, die Marschall von Frohburg, die Marschall von Mockritz und schließlich die Marschall von Bieberstein hervor.
Heinrich Marschall zu Bieberstein (Sachsen) bei Freiberg trat am 15. Juni 1399 urkundlich zum ersten Mal mit dem Beinamen von Bieberstein auf, jedoch wurde die heutige Namensform erst im 17. Jahrhundert von der Gesamtfamilie angenommen.
Adelserhebungen und Adelsanerkennungen
- Preußisches Indigenat am 12. Juni 1705 in Cölln an der Spree für Johann August Marschall von Bieberstein, königlich preußischer Oberheroldsmeister, Kämmerer und Hauptmann zu Burg Giebichenstein und Moritzburg (Halle).
- Nassauische Anerkennung des Freiherrnstands im Jahr 1812 für Ernst Franz Ludwig Marschall von Bieberstein (1770–1834), herzoglich nassauischer Staatsminister.
- Preußische Genehmigung zur Fortführung des Freiherrntitels am 5. September 1872 in Berlin für Rudolph Freiherr Marschall von Bieberstein, königlich preußischer Hauptmann im Infanterie-Regiment Nr.118.
- Badische Anerkennung der Berechtigung zur Führung des Freiherrntitels am 29. Juni 1911 in Karlsruhe für die Nachkommen des großherzoglich badischen Staatsministers Karl Wilhelm Marschall von Bieberstein (1764–1817).
(siehe Hauptartikel Bieberstein)
Wappen
Das Wappen zeigt ein rotes Schräggitter auf silbernem Grund. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken befindet sich zwischen zwei silbernen Bueffelhörnern ein aufrecht gestellter roter Stab (Marschallsstab), der oben mit einem Busch von sechs schwarzen Hahnenfedern besteckt ist.
Namensträger
- Adolf Marschall von Bieberstein (1842–1912), Außenminister und Botschafter des deutschen Kaiserreichs
- Christoph Freiherr Marschall von Bieberstein (* 1959), deutscher Journalist
- Ernst Franz Ludwig Marschall von Bieberstein (1770–1834), Nassauischer Staatsminister
- Friedrich August Marschall von Bieberstein (1768–1826), Botaniker und Forschungsreisender
- Johann August Marschall von Bieberstein († 1736), polnischer Kammerherr sowie preußischer Geheimer Rat
- Karl Wilhelm Marschall von Bieberstein (1763–1817), Badischer Innenminister
- Konrad Leberecht Marschall von Bieberstein (1696-1768), preußischer Generalleutnant
- Wilhelm Marschall von Bieberstein (1822–1902), deutsch-amerikanischer Siedler, ab 1848 in Cherry Spring (Gillespie County, Texas)
- Wilhelm Marschall von Bieberstein[1], Teilnehmer an der Chinesisch-Schwedischen Expedition von Sven Hedin 1928 bis 1929.
- Wolfgang Marschall von Bieberstein (1928–2003), deutscher Rechtsprofessor an den Universitäten Frankfurt und Bonn
- Walther Marschall von Bieberstein (* 1930), Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Bangladesch (1979-85) und Myanmar (1985-95)
Literatur
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band VIII, Band 113 der Gesamtreihe, S. 282-284, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1997, ISSN 0435-2408.
- Otto Hupp: Münchener Kalender 1925. Buch und Kunstdruckerei AG, München / Regensburg 1925.
Weblinks
Hinweis
Diese Familie ist nicht verwandt mit dem Adelsgeschlecht Rogalla von Bieberstein bzw. dem in Böhmen, Schlesien und den Lausitzen reich begüterten Adelsgeschlechts von Bieberstein, das ebenfalls einst (vor 1218 bis ca. 1290) die Burg Bieberstein bei Freiberg besaß.
Anmerkungen
- ↑ Nachruf von Sven Hedin: Marschall v. Bieberstein. In: Sven Hedin: Fünfzig Jahre Deutschland. F.U. Brockhaus, Leipzig 1938. Seiten 239–246.
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