Medeia

Medeia
Medea (Eugène Delacroix, 1862).

Medea (griech. Μήδεια Medeia) ist eine Frauengestalt der griechischen Mythologie. In den älteren Versionen des Mythos wird Medea zumeist als selbstbewusste und zauberkundige Frau dargestellt. Euripides gestaltete den Mythos um. In seiner Fassung handelt Medea aus Eifersucht und rächt sich durch die Ermordung ihrer gemeinsamen Kinder an ihrem untreuen Ehemann. Der Medeastoff wird seit Euripides immer wieder in der Kunst, Musik und Literatur rezipiert. Bekannt sind vor allem die literarischen Bearbeitungen von Euripides, Seneca, Corneille, Grillparzer und Christa Wolf.


Inhaltsverzeichnis

Der griechische Medeia-Mythos

Kretheus, der Sohn des Windgottes Aiolos und Erbauer von Jolkos am Fuße des Gebirges Pelion in Thessalien, hatte das von ihm gegründete Reich seinem älteren Sohn Aison hinterlassen.

Pelias, der jüngere Sohn, verdrängte aber seinen Bruder und bemächtigte sich des Thrones. Aisons Sohn Iason wurde zu dem Kentauren Chiron geschickt, welcher ihn erzog.

Als Pelias alt war, warnte ihn ein Orakelspruch vor dem „Einschuhigen“. Bald darauf erschien Iason in Iolkos. Sein Oheim Pelias brachte gerade auf dem Marktplatz der Stadt dem Meeresgott Poseidon ein Opfer dar. Alle staunten über die Schönheit und den stattlichen Wuchs des Fremdlings und meinten, Apollon oder Ares sei plötzlich unter sie getreten. Jetzt fielen des Königs Blicke auf den Jüngling und mit Entsetzen bemerkte er, dass er nur einen Schuh trug; den anderen hatte er auf der Wanderung verloren. Als sich Iason zu erkennen gegeben und die Rückgabe seines Thrones verlangt hatte, erklärte sich Pelias bereit, fasste aber den heimtückischen Entschluss, seinen Neffen aus dem Weg zu räumen.

Deshalb forderte er ihn auf, nach Kolchis, einer Landschaft am Schwarzen Meer, zu fahren und das dort befindliche und von einem Drachen bewachte Goldene Vlies des Widders zu holen, auf dessen Rücken einst Phrixos und Helle vor den Nachstellungen ihrer Stiefmutter nach Kolchis geflohen waren. Der Schatten des Phrixos, so sagte Pelias, erscheine ihm seit langem im Traum und verlange die Heimholung des Vlieses und seiner Gebeine. Ohne die List seines Oheims zu durchschauen, machte sich Iason sofort auf den Weg. Auf dem der Sage nach von der Göttin Athene selbst erbauten Schiffe Argo trat er zusammen mit den gefeiertsten Helden Griechenlands die gefährliche Fahrt nach Kolchis an. Seine Begleiter waren die so genannten Argonauten, d.h. Argofahrer, und das ganze Unternehmen ist in der Sage als Argonautenzug bekannt.

In Kolchis herrschte der König Aietes, der Vater der zauberkundigen Medeia. Dieser wollte Iason das Vlies nur unter der Bedingung überlassen, dass er seinen Hüter, den Drachen, töte, mit feuerschnaubenden Stieren ein großes Feld pflüge, die Zähne des Drachen in die Furchen säe und die daraus emporwachsenden Männer bekämpfe. Alle diese Gefahren bestand Iason mit der Hilfe Medeias, die in leidenschaftlicher Liebe zu ihm entbrannt war. Als seine Gattin entfloh sie mit ihm nach Iolkos.

Hier verjüngte sie zunächst Iasons alten Vater, indem sie ihn zerstückelte und mit Zauberkräutern in einem Kessel kochte. Darauf veranlasste sie die Töchter des Pelias, mit ihrem Vater das gleiche zu tun und gab ihnen aber falsche Kräuter, so dass Pelias nicht wieder zum Leben erwachte. Auf diese Weise rächte sie das Unrecht, das er an Iasons Hause begangen hatte. Aus Furcht vor der Rache der Verwandten des Ermordeten flohen Iason und Medeia nach Korinth zum König Kreon.

Um sich und seinen Kindern aus der Ehe mit Medeia hier eine bleibende Zufluchtsstätte zu sichern, verstieß Iason Medeia und vermählte sich mit Kreons Tochter Glauke, auch Kreusa genannt. Medeia stellte sich versöhnt und schickte aber der neuen Frau Iasons ein vergiftetes Gewand und ein Diadem. Als Glauke beide anlegte, wurde sie von Feuer verzehrt. Darauf floh Medeia zum König Ägeus. Da ihr dessen Sohn Theseus nach dem Leben trachtete, musste sie nach Asien, wo sie die Stammmutter der Meder wurde. In anderen Versionen wurde sie mit Theseus in flagranti erwischt oder wollte diesen vergiften, worauf Ägeus sie verstieß.

Klara Ziegler als Medea

Der Medeia-Mythos nach Euripides

Die Tragödie „Medea“ des Euripides beginnt erst nach ihrer Flucht nach Korinth. Medea und Jason haben zwei gemeinsame Söhne. Jason ist ihr untreu geworden und hat die Tochter des Königs Kreon geheiratet. Medea fühlt sich in Liebe und Ehre gekränkt und beschließt, sich an Jason zu rächen. Nachdem sie zu Beginn der Handlung sehr emotional reagiert und sich ihrem Schmerz hingibt, entwirft sie anschließend ihren rationalen und detaillierten Racheplan.

Sie schickt der Königstochter als Hochzeitsgeschenk ein vergiftetes Kleid und ein vergiftetes Diadem. Durch diese tödlichen Geschenke sterben die Königstochter und der ihr zu Hilfe eilende Vater. Anschließend tötet Medea ihre Söhne, um Jason noch tiefer zu treffen.

Nach dieser Tat flieht Medea auf einem mit Drachen bespannten Wagen, den ihr der Sonnengott Helios (ihr Großvater) geschickt hat, zu Aigeus, dem König Athens, dessen Asyl sie sich zuvor erbeten hat.

Die Umdeutung Christa Wolfs

Christa Wolf hat die patriarchalische Variante des Euripides in ihrem Roman Medea: Stimmen unter Berufung auf ältere Quellen umgedeutet und übt in ihrer Version des Medea-Mythos Gesellschaftskritik. Medea ermordet in ihrer Fassung weder Bruder noch Kinder. Die Gesellschaft lastet der schönen, selbstbewussten, unabhängigen Frau vielmehr Verbrechen an, um die eigene Schuld, aber auch die eigene Verzweiflung und Ohnmacht (beispielsweise gegenüber Naturkatastrophen und Krankheiten) zu verdrängen. Also wird Medea als Sündenbock gebraucht und für alles angeprangert. In Christa Wolfs Fassung kommen sechs verschiedene Stimmen in elf Kapiteln zu Wort, welche Medeas Geschichte immer aus anderer Sichtweise erzählen und somit dem Leser die gesamte Fächerbreite vorlegen.

Literatur

  • Bock-Lindenbeck, Nicola: Letzte Welten – neue Mythen. Der Mythos in der deutschen Gegenwartsliteratur. Köln-Weimar: Böhlau-Verlag, 1999, ISBN 3-412-03298-0.
  • Michael Grant und John Hazel: Lexikon der antiken Mythen und Gestalten. München: dtv, 2004. ISBN 3-423-32508-9.
  • Hochgeschurz, Marianne: Christa Wolfs Medea. Voraussetzungen zu einem Text. Mythos und Bild. Berlin: Janus Press, 1998, ISBN 3-928942-53-0.
  • Karl Kerényi: Die Mythologie der Griechen - Die Heroen-Geschichten. München: dtv, 1997. ISBN 3-423-30031-0.
  • Inge Stephan: Medea. Multimediale Karriere einer mythologischen Figur. Böhlau, Köln Weimer Wien 2006, ISBN 3-412-36805-9. (Ausführliche Darstellung der Rezeptionsgeschichte).

Literarische Bearbeitungen

Musikalische Bearbeitungen

Filmische Bearbeitungen

In der Malerei

Astronomie

Weblinks


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