- Michael Andreas Barclay de Tolly
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Fürst Michail Bogdanowitsch (Michael Andreas) Barclay de Tolly (russisch Михаил Богданович (Михаил Андреас) Барклай-де-Толли; * 16. Dezemberjul./ 27. Dezember 1761greg. in Pomautsch (litauisch Pamūšis), Gemeinde Scheimeln (litauisch Žeimelis), heute zu Rajongemeinde Pakruojis, Litauen; † 13. Mai 1818[1] in Insterburg, Preußen) war ein russischer Generalfeldmarschall und Kriegsminister.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Er entstammte einer deutschen Familie mit schottischen Wurzeln, die im 17. Jahrhundert in Livland ihre neue Heimat gefunden hatte. Barclay de Tolly trat bereits mit 15 Jahren in die russische Armee ein und nahm an den Kämpfen gegen die Türken (1788–1789) und gegen die Schweden und Polen (1790 und 1794) teil. Im Jahre 1798 wurde er Oberst und 1799 in den Rang eines Generalmajors erhoben.
Im Krieg gegen Napoleon (1806) spielte Barclay de Tolly eine entscheidende Rolle in der Schlacht von Pultusk und wurde bei Preußisch-Eylau verwundet, wo ihm seine persönliche Tapferkeit den Rang eines Generalleutnants einbrachte.
Im Jahre 1808 kommandierte er eine russische Armee in Finnland im Kampf gegen die Schweden und eroberte im Jahre 1809 Umeå nach einem wagemutigen Marsch über den gefrorenen Bottnischen Meerbusen. Im Jahre 1810 wurde er zum russischen Kriegsminister ernannt, diesen Posten behielt er bis 1813. Während dieser Zeit trug er durch Verdoppelung des Heeres und den Bau von Festungen wesentlich zur Stärkung der russischen Armee bei.
Im Jahre 1812 erhielt Barclay de Tolly den Oberbefehl über alle russischen Armeen im Kampf gegen Napoleon. Russische Nationalisten übten aber starken Widerstand gegen seine Ernennung zum Oberbefehlshaber aus, und nach der Zerstörung von Smolensk war der Aufschrei so groß, dass er sein Amt niederlegte und unter dem Oberbefehl Kutusows eine weniger bedeutsame Stellung einnahm. Barclay galt als Held der Schlacht von Borodino, im Gefecht wurden 5 Pferde unter ihm getötet, verließ aber bald danach die Armee.
Im Jahre 1813 begab er sich erneut in die Dienste der russischen Armee und nahm in den Befreiungskriegen an den Kämpfen bei Thorn, Großgörschen und Bautzen teil. Nach der Schlacht bei Bautzen wurde er erneut zum Oberbefehlshaber der russischen Truppen ernannt und führte die russische Armee in der Völkerschlacht bei Leipzig (1813). Seine Verbände eroberten Liebertwolkwitz, versuchten am 18. Oktober 1813 erfolglos, das strategisch wichtige Probstheida zu erobern, erstürmten aber am 19. Oktober 1813 das Windmühlen- und Sandtor in Leipzig. Barclay de Tolly war auch Oberbefehlshaber der russischen Armee bei ihrem Vormarsch nach Frankreich und nahm 1814 an der Einnahme von Paris teil.
Nach Ende der Kriegshandlungen wurde er aus dem Grafenstand zum Fürsten ernannt. Er setzte sich in Livland (der Heimat seiner Frau) zur Ruhe. Er starb in der Nähe Insterburgs (Preußen) am 13. Mai 1818. Die Gerüchte, dass es sich um Giftmord handelt, haben sich als unbegründet erwiesen. Er ist in einem heute noch erhaltenen Mausoleum auf dem estnischen Gut Beckhof (estnisch Jõgeveste), Gemeinde Helmet, beigesetzt. Ihm zu Ehren wurde seine Büste in der Walhalla aufgestellt; eine weitere Büste steht auf einem Denkmal des nach ihm benannten Platzes in der estnischen Stadt Tartu. 1913 errichtete die Stadt Riga ein vom Bildhauer Wilhelm Wandschneider geschaffenes Denkmal mit einem fast 5 Meter großen Bronzestandbild Barclay de Tollys. Dies ging bereits 1915 verloren (auf ein Schiff evakuiert und in der Rigaer Bucht versenkt) und wurde 2002 rekonstruiert und auf dem erhaltenen Originalsockel wieder aufgestellt.
Da Barclays Familie Ende des 19. Jahrhunderts auszusterben drohte, wurde der Fürstentitel auf die Familie seiner Schwester übertragen (Alexander Barclay de Tolly-Weymarn).
Von Barclay de Tolly stammte die kriegstaktische Idee, Napoleon bis weit nach Russland vordringen zu lassen und dann mit überfallartigen Angriffen aus dem Hinterhalt zu bekämpfen (verbrannte Erde). Diese Idee entstammte weniger einem intellektuellen Prinzip, als vielmehr reiner Notwendigkeit, da die numerisch unterlegenen russischen Streitkräfte in offener Feldschlacht gegen die Grande Armee der Franzosen nicht hätten bestehen können.
- Anmerkung: größtenteils Übersetzung des Artikels aus der Encyclopedia Britannica (1911).
Literatur
- Friedrich Wilhelm von Weymarn: Barclay de Tolly und der vaterländische Krieg 1812. Franz Kluge Verlag, Reval 1914.
- Michael Josselson, Diana Josselson: The Commander. A Life Of Barclay de Tolly. Oxford University Press, Oxford u. a. 1980, ISBN 0-19-215854-6.
- Rein Helme: Kindralfeldmarssal Barclay de Tolly. Eesti Entsüklopeediakirjastus, Tallinn 2006, ISBN 9985-7020-2-6.
Weblinks
Commons: Michael Andreas Barclay de Tolly – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Genealogisches Handbuch der Oeselschen Ritterschaft 1935
- Genealogisches Handbuch der baltischen Ritterschaft, Teil 2, 3: Estland, Görlitz 1930
- Die Familie Barclay de Tolly, In: Jakob Gottfried Frobeen: Rigasche Biographieen nebst einigen Familien-Nachrichten, Jubiläums-Feiern etc., Riga 1881, Seiten 146–147
- Mausoleum Barclays in Jõgeveste, Estland (russisch)
- Petras Juknevičius: Der berühmte russische Offizier mit Ursprung aus Litauen, Netzseite des Bezirks Panevėžys (litauisch)
- Eintrag in Brockhaus Enzyklopädie, 20. Auflage, Band 2, 1996, Seite 598
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag im Beerdigungsregister der Gemeinde Helmet, Estland (estnisch: Helme kogudus)
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