- Tschernjachowsk
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Stadt Tschernjachowsk/Insterburg
ЧерняховскFlagge Wappen Föderationskreis Nordwestrussland Oblast Kaliningrad Rajon Tschernjachowsk Gegründet 1336 Frühere Namen Insterburg (bis 1946) Stadt seit 10. Oktober 1583 Fläche 58 km² Bevölkerung 40.464 Einwohner
(Stand: 14. Okt. 2010)[1]Bevölkerungsdichte 698 Einwohner/km² Höhe des Zentrums 30 m Zeitzone UTC+3 Telefonvorwahl (+7) 40141 Postleitzahl 238150–238169 Kfz-Kennzeichen 39, 91 OKATO 27 239 501 Geographische Lage Koordinaten 54° 38′ N, 21° 49′ O54.63333333333321.81666666666730Koordinaten: 54° 38′ 0″ N, 21° 49′ 0″ O Lage in Russland Oblast Kaliningrad Liste der Städte in Russland Tschernjachowsk (russisch Черняховск; bis 1946 Инстербург; deutsch Insterburg, litauisch Įsrutis) ist eine Rajonstadt in der russischen Exklave Kaliningrad mit 41.680 Einwohnern (2006). Tschernjachowsk ist auch Sitz der städtischen Gemeinde Tschernjachowskoje gorodskoje posselenije.
Inhaltsverzeichnis
Geografische Lage
Insterburg verdankte seinen früheren amtlichen Namen dem Fluss Inster (ältester Name Instrut / Instrud: Mehrere linguistische Deutungen, die wahrscheinlichste sei Mündung / Einfluss; vgl. litauisch: istras, intaka), der sich bei der Stadt mit dem Fluss Angerapp (prußisch angurys ape: Aal-Fluss) zum Pregel, dem größten Fluss Ostpreußens vereinigt. Heute liegt die Stadt im Zentrum der russischen Exklave Kaliningrad und ist vom Verwaltungszentrum 88 Kilometer entfernt. Nach Kaliningrad (Königsberg) besteht sowohl eine gute Straßenverbindung, ab Talpaki (Taplacken) vierspurig, als auch eine Eisenbahnlinie. Nach Süden führt eine Fernstraße zum Grenzübergang nach Polen, der sich beim 57 Kilometer entfernten Schelesnodoroschny (Gerdauen) befindet.
Geschichte
Der Deutsche Orden unter seinem Hochmeister Dietrich von Altenburg errichtete um 1336 anstelle der von ihm zerstörten heidnischen Burg Unsatrapis (prußisch unzei: an, auf, über/ trapt, trapuns: treten; litauisch trapte: Floß, Teil eines Holzfloßes; vermutlich eine hölzerne Brücke) eine Festung namens Instierburg, die zum Ausgangspunkt der Feldzüge gegen Litauen wurde. Die Litauer waren es dann, die erstmals die Burg 1376 zerstörten. Die wieder aufgebaute Burg fiel 1457 erneut der Brandschatzung durch Polen zum Opfer. Auch danach baute der Orden die Burg wieder auf, die er zunächst als Komtursitz und ab 1347 als Amtssitz eines Pflegers nutzte.
Der preußische Herzog Albrecht säkularisierte im Zuge der Durchsetzung der Reformation 1525 die Ordensburg und machte sie zu einem weltlichen Hauptamt. Das noch von Wildnis geprägte Umland ließ er von Litauern besiedeln. Dem daraus entstandenen Ort zu Füßen der Burg gewährte er 1541 das Marktrecht. Markgraf Georg Friedrich erhob am 10. Oktober 1583 den Marktflecken Inster zur Stadt. Wenige Jahre später, am 9. Juni 1590, vernichtete ein Brand 140 von den 149 vorhandenen Häusern. Auch im 17. Jahrhundert hatte die Stadt unter den ständigen Durchzügen kriegerischer Truppen von Schweden, Russen und Tataren zu leiden. 1709 raffte die Pest einen Großteil der Bevölkerung hin. Um die Stadt wieder zu beleben, veranlasste Preußenkönig Friedrich Wilhelm I., angeworbene Salzburger und Schweizer Einwanderer anzusiedeln. 1723 wurde in der Burg das preußische Hofgericht untergebracht. Während des Siebenjährigen Krieges war Insterburg von 1758 bis 1762 von den Russen besetzt. 1812 machte Napoleon bei seinem Russlandfeldzug Quartier in der Stadt (Erinnerungstafel an der Herbergswand).
Nachdem Preußen 1815 seine Territorialverwaltung neu geordnet hatte, wurde Insterburg Verwaltungssitz des gleichnamigen Kreises und wurde dem Regierungsbezirk Gumbinnen zugeordnet. Die zwischen 1828 und 1835 erbaute Reichsstraße 1 wurde durch Insterburg geführt, ab 1860 wurde Insterburg Eisenbahnknoten für die Strecken Königsberg–Kaunas und Tilsit–Thorn. Durch die guten Verkehrsanbindungen siedelten sich viele Industriebetriebe wie mehrere Maschinenfabriken und Eisengießereien und eine Flachsspinnerei an. 1885 lebten 20.914 Menschen in der Stadt.
Vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war die Bevölkerung auf 49.000 Einwohner angewachsen. Im Juli 1944 wurde Insterburg durch einen britischen Bombenangriff erheblich zerstört, die Burg brannte fast vollständig ab. Sowjetische Truppen eroberten die Stadt am 22. Januar 1945. Nach der Annexion des nördlichen Teils von Ostpreußen durch die Sowjetunion wurde die nicht geflohene deutsche Bevölkerung ausgewiesen und durch Bewohner aus allen Sowjetrepubliken ersetzt. Die Stadt wurde nach dem sowjetischen General Iwan Tschernjachowski in Tschernjachowsk umbenannt. Der General war Kommandeur der 3. Weißrussischen Front der Roten Armee, die weite Teile Ostpreußens eroberte, und kam am 18. Februar 1945 bei Mehlsack ums Leben.
Seit der Auflösung der Sowjetunion und dem Beitritt der Nachbarländer in die EU liegt Tschernjachowsk in einer russischen Exklave und hat mit großen wirtschaftlichen Problemen und einer hohen Arbeitslosenquote zu kämpfen. 2002 hatte die Stadt wieder über 44.300 Einwohner mit erneut rückläufiger Tendenz.
1996 eröffnete der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Tschernjachowsk einen wiederhergestellten Friedhof aus dem Ersten Weltkrieg. Die Anlage wurde unter anderem durch deutsche und russische Teilnehmer von Jugendlagern unter der Anleitung von Wolfgang Hegemeister restauriert. Lokalinitiativen in Zusammenarbeit mit der Insterburger Landsmannschaft stellten in den letzten Jahren (seit Mitte 1990er) einige Bauten (Bogenbrücke) und Denkmäler (Ulanen) wieder her. Ein Reiterstandbild erinnert seit 2007 an den Feldmarschall Michael Barclay de Tolly, der unweit der Stadt 1818 starb. Der Ordensburg nimmt sich die 1997 ins Leben gerufene private einheimische russische Stiftung Samok Insterburg an.
Einwohnerentwicklung
Jahr Einwohnerzahlen 1875 16.303 * 1885 20.914 * 1890 22.227 * 1910 31.624 * 1925 39.311 * 1933 41.230 * 1939 43.620 * 1959 29.100 ** 1979 35.600 ** 1989 39.622 * 2002 44.323 * 2006 41.680 Anmerkung: * Volkszählung ** Volkszählung (gerundet)
Sehenswürdigkeiten
- Ordensburgruine Das äußerlich noch intakte Gebäude kann nicht genutzt werden. Alle zwei Jahre sollen Ritterfestspiele stattfinden, welche zuletzt im Jahre 2007 abgehalten wurden.
- Schlossteich
- russisch-orthodoxe Michailowski-Kathedrale (ehem. Reformierte Kirche)
- katholische Kirche
- Gestüt Majowka (ehemals Georgenburg)
- Ruine des Bismarckturms nordwestlich der Innenstadt, erbaut 1913
Partnerstadt
Seit 2002 besteht eine Städtepartnerschaft mit der rheinland-pfälzischen Stadt Kirchheimbolanden. Außerdem bestehen Partnerschaften mit folgenden Städten:
- Marijampolė, Litauen
- Brzeg Dolny, Polen
- Grudziądz, Polen
- Węgorzewo, Polen
- Suwałki, Polen
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter des Ortes
- Martin Grünberg (* 1655) – Berliner Architekt
- Eduard Heinrich von Flottwell (* 23. Juli 1786) – deutscher Jurist und Politiker
- Carl Friedrich Wilhelm Jordan (* 8. Februar 1819) – deutscher Schriftsteller und Politiker
- Sigismund von Dallwitz - Reichstagsabgeordneter
- Ernst Wichert (* 11. März 1831) – deutscher Schriftsteller
- Hans Horst Meyer (* 17. März 1853) – deutscher Mediziner
- Paul Schlenther (* 20. August 1854) – deutscher Schriftsteller
- Therese Malten (* 21. Juni 1855) – deutsche Opernsängerin
- Otto Rosencrantz, Regierungspräsident
- Gotthold Haekel (* 8. April 1876) – Jurist, Präsident des Reichsstädtebundes
- Otto Koehler (* 20. Dezember 1889) – deutscher Verhaltensforscher
- Alfred Brust (* 15. Juni 1891) - deutscher Schriftsteller
- Erich Stockmann (Jurist) (1893-1973) - Richter und Landrat
- Hans Orlowski (* 1. März 1894) – deutscher Maler und Holzschneider
- Herbert Wilhelmi (* 1895) - Organist, Musikpädagoge und Komponist
- Hans Otto Erdmann (1896-1944), Widerstandskämpfer
- Alfred Gille (* 15. August 1901) – deutscher Politiker (GB/BHE)
- Herbert Ludat (* 17. April 1910) – deutscher Osteuropahistoriker
- Kurt Kuhlmey (* 19. November 1913) – deutscher Ritterkreuzträger im Zweiten Weltkrieg
- Kurt Plenzat (* 17. Juni 1914) – deutscher Militär, Kampfflieger
- Bruno Bachler (* 9. Oktober 1924) - deutscher kommunistischer Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, Häftling im KZ Buchenwald, Parteifunktionär der KPD und Friedensaktivist
- Otto Rohse (* 2. Juli 1925) – deutscher Illustrator, Typograf, Grafiker, Buchgestalter, Briefmarkenkünstler
- Traugott Buhre (* 21. Juni 1929; † Juli 2009) – deutscher Schauspieler
- Fritz Vilmar (* 28. Juli 1929) – Politologe, Soziologe, Globalisierungskritiker
- Harry Boldt (* 23. Februar 1930) – deutscher Olympiasieger im Dressurreiten
- Wolfgang Brix (* 25. Juni 1930) – deutscher Politiker
- Horst Ludwig Riemer (* 3. April 1933) – deutscher Politiker (FDP)
- Ingo Insterburg (* 6. April 1934) – deutscher Komödiant und Musiker
- George Turner (* 1935), deutscher Hochschullehrer und Politiker
- Jürgen Schmude (* 9. Juni 1936) – deutscher Politiker (SPD)
- Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger (* 29. Mai 1939) – deutscher Chemiker, Manager (BASF) und Autor
- Gerhard Grenzing (* 1942) - Orgelbauer
- Jürgen Pooch (* 21. Mai 1943) – deutscher Schauspieler
- Helga Lippelt (* 26. September 1943) - deutsche Schriftstellerin
- Axel Marquardt (* 1943) – deutscher Schriftsteller
Weitere Persönlichkeiten, die mit der Stadt in Verbindung stehen
- Im Jahre 1689 starb in Insterburg die Pfarrwitwe Anna Beilstein, die als Ännchen von Tharau in das deutsche Liedgut einging.
- Der russische General Michael Barclay de Tolly, der in den Befreiungskriegen gekämpft hatte, starb 1818 unweit der Stadt.
- Im Jahre 1896 wurde der Komponist Max Gulbins Kantor in Insterburg
- In der Zeit des Ersten Weltkrieges arbeitete der Architekt Hans Scharoun, u.a. durch die Berliner Philharmonie und das Haus Schminke bekannt, im Insterburger Bauberatungsbüro von Paul Kruchen. Nach dem 1. Weltkrieg eröffnete Scharoun sein erstes eigenes Architekturbüro in Insterburg und verwirklichte einige Vorhaben in der Stadt.
- Im Jahre 1929 starb die Dichterin Frieda Jung in Insterburg und wurde hier auch beigesetzt.
Städtische Gemeinde Tschernjachowsk
Seit der Verwaltungsreform in der Oblast Kaliningrad 2008/2009 ist Tschernjachowsk namensgebender Ort und Verwaltungssitz der städtischen Gemeinde Tschernjachowskoje gorodskoje posselenije mit weiteren 5 Siedlungen.
russischer Name deutscher Name Загородное (Sagorodnoje) Neuendorf Красновка (Krasnowka) Birkenfeld[2] Петрозаводское (Petrosawodskoje) Eichwald[2] Тимофеевка (Timofejewka) Tammowischken
1938–45 TammauШоссейное (Schosseinoje) Szameitkehmen
1936–38 Schameitkehmen
1938–45 WalkenauSiehe auch
Weblinks
Commons: Tschernjachowsk – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWikisource: Justerburg in der Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae (Matthäus Merian) – Quellen und Volltexte- http://www.bismarcktuerme.de/website/ebene4/russl/insterb.html Bismarckturm Insterburg
- http://www.heimatsammlung.de/topo_unter/ostpreussen/ostpreussen_unter_insterburg.htm Alte Ansichtskarten der Stadt
- http://www.geschichte-on-demand.de/insterburg.html
- http://www.chernyahovsk.com/maps.php Stadtpläne seit 1889
- http://insterburgczerniachowsk.blogspot.com/ Die Pfarrgemeinde des Heiligen Brun Bonifatius von Querfurt
Fußnoten
- ↑ Predvaritel'nye itogi Vserossijskoj perepisi naselenija 2010 goda. Rosstat, Statistika Rossii, Moskau 2011, ISBN 978-5-902339-98-4 (Vorläufige Ergebnisse der allrussischen Volkszählung 2010; russisch; Download).
- ↑ a b Wurde umbenannt durch die Verordnung 745/3 des Präsidiums des Obersten Rats der RSFSR "Über die Umbenennung der Orte des Gebiets Kaliningrad" vom 5. Juli 1950
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