Militärringstraße

Militärringstraße
Übersichtskarte der Kölner Befestigungen bis 1914

Die Stadt Köln wurde unter Preußischer Verwaltung mit einem doppelten Festungsring umgeben. Zusammen mit den Resten ihrer mittelalterlichen Stadtmauer und den noch erhaltenen Teilen der römischen Stadtmauer sind in Köln sogar vier Ringe von Befestigungsanlagen zu finden. Dies ist einzigartig.

Inhaltsverzeichnis

Der innere Festungsring

Nachdem die Stadt auf dem Wiener Kongress an Preußen gefallen und am 15. Januar 1814 durch preußische Truppen befreit worden war, bestimmte am 11. März 1815 König Friedrich Wilhelm III., dass die Rheinlinie durch Forts verstärkt werden sollte. Im Jahre 1816 begann man nach Plänen des preußischen Militärarchitekten Ernst Ludwig von Aster mit dem Bau von 11 modernen Forts und 7 Lünetten um die auf der linken Seite des Rheins liegende Stadt (die Forts mit den geraden Nummern, also 2, 4, 6, 8, 10 sowie sämtlichen kleineren Werke und Pulvermagazine). Bautechnisch waren diese Forts im Grundriss symmetrische, hoch herausragende Backsteinbauten mit starken Sockel- und Eckquaderungen. Das rechtsrheinische Deutz, damals noch eine selbständige Stadt, wurde in diesen Ring mit eingebunden (3 Forts und 2 Lünetten). Am 9. September 1825 besuchte König Friedrich Wilhelm III. die Stadt, um die 5 neuen Forts zu taufen und sie höchstpersönlich ihrer Bestimmung zu übergeben. Sie erhalten die Namen "Rheinschanze" (das spätere Fort 1), "Großfürst Nikolaus" (Fort 2), "Erbgroßherzog Paul von Mecklenburg" (Fort 4), "Prinz Friedrich der Niederlande" (Fort 6), "Prinz Heinrich von Preußen" (Fort 8) und "Prinz Wilhelm von Preußen" (Fort 10). In den Jahren 1834 bis 1835 wurde die Riehler Schanze gebaut (das spätere Fort 11). Zwischen 1841 und 1847 wurden die Forts mit den ungeraden Nummern (1, 3, 5, 7, 9, und 11) erbaut. Diese Forts erhielten allerdings keine Namen mehr, sondern wurden lediglich durchnummeriert. Die rechtsrheinischen Forts 12 bis 14 wurden zwischen 1857 und 1863 erbaut, die dicht vor der Stadtumwallung lagen.

Das umfangreiche Bauvorhaben wurde 1863 abgeschlossen. Es war der modernste Festungsring jener Zeit in Europa. Die "Festung Cöln" war im Deutschen Reich die mit 42,5 km Umfang und 182 Einzelwerken wohl größte Festungsanlage. Die Forts bestanden im Wesentlichen aus Ziegelsteinen. Sie wurden mit römischen Ziffern durchnummeriert.

Der äußere Festungsring

Grundriss eines Hauptwerkes

Die Entwicklung von Belagerungsgeschützen mit immer größer werdender Reichweite, die Entwicklung der Kölner Vorstädte, wie Köln-Ehrenfeld, die sich auch in Richtung auf den Festungsring hin entwickelten, erzwang nach dem Krieg von 1870/1871 den Bau eines weiteren Festungsringes mit 16km Durchmesser. Auch diesmal wurden weite Teile der Stadt auf der rechten Seite des Rheines in die Befestigungen eingeschlossen. Der Festungsring bestand aus 12 Hauptwerken und insgesamt 23 Zwischenwerken, die zwischen die Hauptwerke eingeschoben wurden. 1880 wurde dieser Festungsring fertig gestellt, er galt aber bereits seit 1886 als völlig veraltet. Der Grund dafür lag in der Einführung von Brisanzgranaten mit Zeitzünder, die sich bei einem Treffer tief in das Erdreich bohrten und dann erst explodierten. Die Kombination aus Ziegeln und Erde bot gegen eine solche Bedrohung keinerlei Schutz.

Die Hauptwerke erhielten wieder römische Ziffern zur Identifizierung, die Zwischenwerke erhielten die gleiche Ziffer wie ihr zugehöriges Hauptwerk und die Kleinbuchstaben a, b und c zur Unterscheidung. Außerdem wurden die stadtseitigen Fassaden der Anlagen leicht unterschiedlich gestaltet, um den stationierten Soldaten die Identifizierung ihrer Festung zu erleichtern. Die einzelnen Forts wurden auf der linksrheinischen Seite durch die Militärringstraße miteinander verbunden, die auch heute noch eine erhebliche Verkehrsbedeutung für die Stadt besitzt.

Skizze Fort VI mit Decksteiner Weiher

Erweiterungsbauwerke

Als Reaktion auf die Bedrohung durch die Brisanzgranate verwandte man nun Beton, Stahlbeton und stählerne Panzerungen im Festungsbau. Deshalb wurden in den Jahren 1905 bis 1914 vor dem eigentlichen äußeren Festungsring eine Reihe betonierter Unterstände errichtet. Dadurch stieg die Anzahl der Werke des äußeren Festungsringes auf 177 Anlagen. Auch die Werke des inneren Festungsrings waren bis zum Ende des Ersten Weltkrieges noch besetzt.

Besatzung und Bewaffnung

Grundriss eines Zwischenwerkes

Geplant war eine kriegsmäßige Besatzung der Festung Köln mit 50.000 Soldaten und 6.000 Pferden. Die Werke waren mit insgesamt 450 Geschützen vom Kaliber 3,7 cm bis 21,0 cm bestückt. Hinzu kamen 120 stationäre und 280 mobile Scheinwerfer.

Schleifung und Umgestaltung der Festungsringe

Auf Grund der Bestimmungen des Vertrages von Versailles musste Deutschland sämtliche Befestigungsanlagen auf beiden Seiten des Rheines beseitigen. Dem damaligen Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer ist es zu verdanken, dass trotzdem diverse Festungsanlagen erhalten geblieben sind und die Festungsrayons schließlich ab 1924 im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zum Kölner Grüngürtel umgestaltet wurden. Köln wurde damals zur sprichwörtlichen Stadt im Grünen. Die Gräben der Forts wurden meistenteils zugeschüttet, dagegen blieben die Bauwerke der Kehle frei zugänglich.

Das Müngersdorfer Fort in der Nazizeit

Während der nationalsozialistischen Diktatur wurde das Gelände des am Außenring gelegenen und schon zuvor als Garnisons-Gefängnis dienenden Forts V als Sammellager für die in der Stadt lebenden Juden verwendet, um diese anschließend in die Ghettos und Vernichtungslager zu verschleppen.

Genauere Nachforschungen in Köln-Müngersdorf ergaben, dass die Menschen in Baracken auf dem an das Fort angrenzenden Sportplatzgelände sowie im Bereich der heutigen Schrebergärten untergebracht waren, nicht jedoch in der Kehlkaserne selbst. Diese wurde zum Teil von der Wehrmacht als Materiallager genutzt, später diente sie der Müngersdorfer Bevölkerung auch als Luftschutzbunker. Das Fort wurde in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts beseitigt; heute erinnert nur noch eine kleine Gedenktafel mit folgendem Inhalt an die Begebenheit:

Zur Erinnerung an die Toten und als Mahnung für die Lebenden
Im ehemaligen Fort V und dem angrenzenden Bereich befand sich während des 2. Weltkrieges das sogenannte Judenlager Müngersdorf. Hier wurden die aus Ihren Häusern und Wohnungen vertriebenen Juden konzentriert und in die NS-Vernichtungslager abtransportiert.
Rat der Stadt Köln 1981

Der Festungsring Köln heute

Fort VI (Deckstein) Seitenflügel

Die Militärringstraße, die auf der linken Rheinseite die Forts des äußeren Ringes mit einander verbindet, ist auch heute noch eine der vielen stark genutzten Ringstraßen um Köln. Auf dem größten Teil ihres Verlaufs führt sie durch eine parkähnliche Landschaft. Auf dem Rayon des Inneren Ringes verläuft die Ringstraße Innere Kanalstraße, Universitätsstraße, Weißhausstraße auch heute noch durch viel Grün.
Auch auf der rechten Rheinseite weisen einige Straßennamen auf den Militärring hin: Porzer Ringstraße, Vingster Ring, Herler Ring, Mülheimer Ring, Stammheimer Ring (Köln-Stammheim) Abschnitt (Fort XII mit Zwischenwerk 15), Clevischer Ring usw.
Die Forts selber sind in einem höchst unterschiedlichen Zustand. Manche von ihnen werden von Vereinen genutzt, andere sind schutzlos dem Verfall preisgegeben, wenn sie nicht bereits völlig verschwunden sind. Nur wenige sind restauriert und einer sinnvollen Verwendung zugeführt.

Die erhaltenen Forts des inneren Festungsringes

  • Fort I, mit Gedenkstätte für die Toten des Ersten Weltkrieges (Friedenspark)
  • Fort IV, Fort Paul, im Volksgarten
  • Fort V teilweise restauriert und als Universitätsgebäude für die Geographie genutzt
  • Fort X in Neustadt-Nord

Die 15 (teil)erhaltenen Anlagen des äußeren Festungsringes

  • Zwischenwerk III b, Militärring/Buschweg
  • Fort IV an der Eisenbahnstrecke Köln–Venlo, Freimersdorfer Weg. Ausstellung der Arbeitsgemeinschaft Festung Köln e. V.
  • Zwischenwerk V a , das an der Belvederestraße gelegene Zwischenwerk wurde 1925 in eine so genannte Freiluft- und Gartenschule umgestaltet, die auch heute noch für die Kölner Schulen (bis etwa Klasse 5) betrieben wird. Das dabei freigestellte Festungsbauwerk ist weitgehend unverändert erhalten.
Zwischenwerk V a
Der FC ist ´ne Festung
  • Fort VI, an der Eichenkreuz-Sportanlage nördlich der Gleueler Str.
  • Zwischenwerk VI b, Zugang von der Berrenrather Str. aus, umgebaut zum Vereinsheim des 1. FC Köln
  • Fort VII, Militärring zwischen Oberer Komarweg und Bahntrasse
  • Zwischenwerk VIII b , zwischen Konrad-Adenauer-Straße und Heinrich-Lübke Ufer, mit Kölner Festungsmuseum
  • Zwischenwerk IX a, rechtsrheinisch in der Westhovener Aue
  • Fort IX, Porzer Ringstraße in Höhe der Straße auf dem Wasserfeld
  • Zwischenwerk IX b im Gremberger Wäldchen am Autobahnkreuz
  • Fort X, Merheim, Nohlenweg, genutzt als Vereinsheim
  • Zwischenwerk X c , Merheimer Heide, Nähe Schlagbaumweg, Reste als Reiterheim
  • Zwischenwerk XI a,, Buchheim, Herler Ring, genutzt durch den Mülheimer Turnverein
  • Fort XI, Mülheim, Piccoloministraße , Vereinsheim
  • Zwischenwerk XI b, Mülheim, Cottbuser Straße

Galerie

Es gibt in Köln zaghafte Bemühungen, auch dieses historische Erbe wieder mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen und für eine Erhaltung und sinnvolle Verwendung zu sorgen.

Siehe auch zum Vergleich

Literatur

  • Dr. Henriette Meynen, Die preußische Festung Köln, Köln 2000 (RK-Heft Nr. 452)
  • Robert Schwienbacher, Festung Cöln - Der Äußere Festungsgürtel, Frechen 2002
  • Uwe Zinnow, Arbeitsgemeinschaft Festung Köln e.V.- Die Geschichte des Kölner Festungsgürtels im Bereich Bocklemünd, Hürth 2006

Medien

  • Beumer, Frank: Festung Cöln, DVD, (CRIFA) 2004
  • Rheinhard Zeese: 1900 Jahre befestigtes Köln, CD , LEB - Brühl, 2006

Weblinks/Einzelnachweise

Mehr Fotos auch bei den Einzelnen Stadtteilen unter

50.8988888888896.98257Koordinaten: 50° 53′ 56″ N, 6° 58′ 57″ O


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