Arnulfinger

Arnulfinger

Die Arnulfinger sind die Nachkommen von Bischof Arnulf von Metz. Sie sind, zusammen mit den Pippiniden, eine der dynastischen Linien die zu den Karolingern führten. Arnulf von Metz wurde später heiliggesprochen.

Die Macht der Arnulfinger entstand durch das enge Bündnis zwischen Arnulf und Pippin dem Älteren, den beiden Führern des austrasischen Adels. Pippins Tochter Begga wurde mit Arnulfs Sohn Ansegisel verheiratet. Arnulf und Pippin der Ältere waren die Spitzen der austrasischen Adelsverschwörung gegen Königin Brunichild.

Nach dem missglückten Staatsstreich des (pippinidischen) Hausmeiers Grimoald (661) gingen Macht, Erbe und politische Ziele auf den Sohn Ansegisels und Beggas, Pippin den Mittleren über. Nach seinem Sieg über den neustrischen Hausmeier Ebroin in der Schlacht bei Tertry (687) hatte dieser die Macht im merowingischen Reich inne.

Pippins Söhnen wurden entscheidende Ämter übertragen: Grimoald der Jüngere wurde um 700 Hausmeier Neustriens, Drogo Dux in der Champagne. Karl Martell, Sohn Pippins aus einer Friedelehe gilt als Neugründer der Dynastie, nach ihm nun Karolinger benannt. Die Besitzungen der Arnulfinger lagen um Metz und Verdun, die der Pippiniden in den Ardennen, im Haspengau und in Toxandrien.

Inhaltsverzeichnis

Stammliste

Um 800 wurde den Arnulfingern als Vorfahren der Karolinger und des zu dieser Zeit regierenden Karls des Großen in Metz eine Ahnenliste zugewiesen, die 200 Jahre zurückreichte und mit einem Anspert begann, der Blithilde, eine Tochter König Chlothars I. geheiratet haben soll. Der älteste Sohn des Paares, Arnold, soll der Vater Arnulfs von Metz gewesen sein - so auch noch 1877 bei Grotes Stammtafeln nachzulesen. Die Stammtafel wird heute übereinstimmend als Phantasiegebilde angesehen, dessen Zweck vor allem darin lag, die Verwandtschaft zu den Merowingern und die sich daraus ergebende politische Kontinuität aufzuzeigen. Die Vita des Hl. Arnulf, welche kurz nach dem Tod des Bischofs verfasst wurde, erwähnt lediglich seine Herkunft von einer "ausreichend hochstehenden und edlen fränkischen Familie", die allerdings äußerst begütert sei.

  1. Arnulf von Metz, * um 582[1], 613 bezeugt, † 18. Juli wohl 640 bei Remiremont, 614/629 Bischof von Metz, begraben in der Villa Habendum (Remiremont), später umgebettet nach St. Arnulf in Metz; ∞ NN
    1. Chlodulf, * um 610[2], † 8. Juni um 697[3][4], Bischof von Metz um 660,
      1. Aunulf, † nach 670[5]
    2. Ansegisel, um 662 bezeugt, † erschlagen vor 679; ∞ Begga, † wohl 692, Tochter Pippins des Älteren, 690/691 Stifterin des Klosters Andenne (Pippiniden)
      1. Pippin der Mittlere, † 16. November 714 in Jupille, 680 dux, 688 Hausmeier (principale regimine majorum domus), ∞ I um 670/675 Plektrudis, 691/717 bezeugt, Gründerin von St. Maria im Kapitol in Köln, dort auch begraben, Tochter von (Pfalzgraf) Hugobert (Hugobertiner) und Irmina von Oeren; ∞ II Chalpaida, uxor nobilis et elegans
        1. (I) Drogo, † 708, dux der Champagne, dann dux der Burgunden, begraben in St. Arnulf in Metz; ∞ nach 688 Anstrudis, Tochter des neustrischen Hausmeiers Waratto und der Ansfled, Witwe des neustrischen Hausmeiers Berchar
          1. Arnulf, * vor 700[6], † nach 723, 715 dux
          2. Hugo, † 8. April 730 in Jumièges, 715 sacerdos (Priester), Bischof von Rouen, Paris und Bayeux, Abt von Jumièges und Fontenelle[7]
          3. Pippin, 715 bezeugt
          4. Gottfried, 715 bezeugt
        2. (I) Grimoald der Jüngere, † erschlagen April 714 in St. Lambert in Lüttich, um 700 Hausmeier in Neustrien und Burgund; ∞ Theudesinda, Tochter des Friesenfürsten Radbod
          1. Theudoald, Mutter unbekannt, † wohl 741, 714/715 Hausmeier, 723 als nepos (Enkel, Nachkomme, Verwandter) Karl Martells erwähnt
        3. (II) Karl Martell, † 22. Oktober 741 in der Königspfalz Quierzy, 717 Hausmeier in Austrien, 718 Hausmeier im gesamten Frankenreich, begraben in der Abtei Saint-Denis; ∞ I Chrothrud, † vor 725; ∞ II Swanahild, illustris matrona, † nach 743, begraben in Chelles, Nichte des Herzogs Odilo von Bayern (Agilolfinger) - Nachkommen siehe Stammliste der Karolinger
        4. Childebrand, Mutter unbekannt, † nach 751, Graf in Burgund, setzte die Fredegar-Chronik fort (contiunator Fredegarii) Nachkommen siehe unten

Die Nachkommen Childebrands

Die Darstellung folgt der von Settipani[8]; die Filiationen sind weitgehend nicht nachgewiesen, lediglich plausibilisierte Vermutungen, z.B. anhand des vererbten Besitzes. Dieser Zweig der Familie wird in Frankreich Nibelungen genannt; Grund dafür ist das Auftreten des zugehörigen Vornamens (zur Begründung dafür siehe den Artikel Childebrand), nicht eine verwandtschaftliche Beziehung zu den am Rhein agierenden Nibelungen.

  1. Childebrand (I), Graf in Burgund, Dux in der Provence 737/739, Herr von Marolles-sur-Seine; ∞ NN – Vorfahren siehe oben
    1. Nibelung (I), Graf 751-770/86, Herr von Marolles und Perrecy
      1. Childebrand (II), † vor 818, 796 missus im Autunois, Graf, Herr von Perrecy
      2. Nibelung (II), 788 Graf, 805 bezeugt; ∞ NN, nahe Verwandte des Wilhelm von Gellone, vielleicht dessen Schwester Albana oder Berta (Wilhelmiden)
        1.  ? Childebrand (III), 796-827/836 Graf, 796 missus im Autunois, vielleicht Graf von Morvois, 827 in der Spanischen Mark; ∞ Dunna, vielleicht Schwester des Grafen Eccard (X 844)
          1. Theoderich „le Trésorier“ (* um 810, † 882/883), 878 Graf von Autun mit dem Auftrag, Bernhard von Gothien zu vertreiben, 876/877 Herr von Perrecy; ∞ NN, Tochter von Richard Graf von Amiens (Buviniden)
            1. Richard, erbt Perrecy, das er 885 abgibt
            2. Theoderich, erbt Perrecy, das er 885 abgibt
            3. Tochter, erbt Perrecy, das sie 885 abgibt; ∞ Urso, 885 bezeugt
          2. Eccard (* um 810/815, † zw. Januar 876 und Juni 877), 838 Herr von Perrecy, 858 missus im Senonais, 863 missus in der Markgrafschaft Chalon, 873 missus im Autunois und Mâconnais; ∞ I Albegundis; ∞ II um 863, vor 869, NN, wohl Richildis, † um 882, wohl Tochter von Richard Graf von Amiens (Buviniden)
          3. Bernhard „le Veau“, † 872 von Bernhard Plantevelue ermordet, 868 Graf von Autun und Markgraf
          4. Ada, 876 Nonne und später Äbtissin in Faremoutiers; ∞ NN
            1.  ? Winithar, 876/98 bezeugt, 876 Neffe Eccards
              1. Winithar, 885/98 bezeugt
              2. Theoderich, 885/98 bezeugt
            2.  ? Gerberga, 876 bezeugt, † vor 885, 876 Nichte Eccards
        2.  ? Nibelung (III), Graf, Herr von Baugy
          1. Nibelung, 843/879 bezeugt, 853 missus im Nivernais, Auxerrois und Avallonnais, 864 Graf von Vexin
            1. Theoderich, 876 bezeugt
            2. Adhemar, 876 bezeugt
            3.  ? Tochter; ∞ Graf Adelramn II.
              1. Adelramn III., folgt wohl Nibelung als Graf von Vexin
              2. Theoderich
          2. Theoderich, 876 bezeugt
        3.  ? Theobedert, Graf von Madrie (bei Chartres); ∞ NN
          1. Rodbert (Robert), Graf, Herr von Sesseau im Berry; ∞ Aga, Tochter von Wicfred, Graf von Bourges, und Oda
          2. Ringart/Hringard/Ingeltrud; ∞ 822 Pippin I., König von Aquitanien, † 838 (Karolinger)

Literatur

  • Rudolf Schieffer: Die Karolinger. Kohlhammer, Stuttgart u.a. 1992. ISBN 3-17-016480-5
  • Eduard Hlawitschka: Die Vorfahren Karls des Großen. In: Wolfgang Braunfels (Hg.): Karl der Große, Lebenswerk und Nachleben, Band I (Hg. von Helmut Beumann): Persönlichkeit und Geschichte, Düsseldorf 1965, S. 51–82
  • Ingrid Heidrich: Titulatur und Urkunden der arnulfingischen Hausmeier. In: Archiv für Diplomatik 11./12. Band, 1965/1966, S. 71–279
  • Karl August Eckhardt: Studia Merovingica. Aalen 1975 (Bibliotheca rerum historicianum 11), S. 118–130
  • Eduard Hlawitschka: Studien zur Genealogie und Geschichte der Merowinger und frühen Karolinger. In: Rheinische Vierteljahrsblätter 43, 1979, S. 1–99
  • Eduard Hlawitschka: Zu den Grundlagen des Aufstiegs der Karolinger. In: Rheinische Vierteljahrsblätter 49, 1985, S. 1–61
  • Pierre Riché: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Stuttgart 1987
  • Eugen Ewig: Die Merowinger und das Frankenreich. Stuttgart 1988, S. 181-185.

Fußnoten

  1. Friedrich Wilhelm Bautz: Arnulf, Bischof von Metz. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Hamm 1975, Sp. 246–247. Dort wird auch das Todesjahr 640 als sicher angegeben
  2. Christian Settipani: Nouvelle histoire généalogique de l'auguste maison de France, Band I.1, La préhistoire des Capétiens 481-987 (1993), S. 149
  3. Ekkart Sauser: Chlodulf, Bischof von Metz. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 22, Nordhausen 2003, ISBN 3-88309-133-2, Sp. 193–194.
  4. Ulrich Nonn: Chlodulf, in: Lexikon des Mittelalters, Band II (2003), Spalte 1862
  5. Eugen Ewig: Die Merowinger und das Frankenreich, S. 183/184]
  6. Christian Settipani: Nouvelle histoire généalogique de l'auguste maison de France, Band I.1, La préhistoire des Capétiens 481-987 (1993), S. 162
  7. Rolf Große: Hugo (27), in: Lexikon des Mittelalters, Band V (2003), S. 168, hier das Todesdatum mit "(?)"
  8. Christian Settipani: Nouvelle histoire généalogique de l'auguste maison de France, Band I.1, La préhistoire des Capétiens 481-987 (1993) S. 341ff

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