- Nitromethan
-
Strukturformel Allgemeines Name Nitromethan Andere Namen Nitrocarbol
Summenformel CH3NO2 CAS-Nummer 75-52-5 PubChem 6375 Kurzbeschreibung farblose Flüssigkeit mit fruchtigem Geruch[1]
Eigenschaften Molare Masse 61,04 g·mol−1 Aggregatzustand flüssig
Dichte 1,14 g·cm−3[1]
Schmelzpunkt Siedepunkt 100,8 °C[1]
Dampfdruck pKs-Wert 10,2[2]
Löslichkeit - 105 g·l−1 bei 20 °C in Wasser[1]
- gut in Ethanol und Diethylether[3]
Dipolmoment 3,1 D[3]
Brechungsindex 1,38056[3]
Sicherheitshinweise GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [4] Achtung
H- und P-Sätze H: 226-302 EUH: keine EUH-Sätze P: 210 [5] EU-Gefahrstoffkennzeichnung aus RL 67/548/EWG, Anh. I [4] Gesundheits-
schädlich(Xn) R- und S-Sätze R: 5-10-22 S: (2)-41 LD50 940 mg·kg−1[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C Nitromethan Kurzbeschreibung Ottokraftstoff für Renn- und Hochleistungsmotoren Eigenschaften Aggregatzustand flüssig Heizwert 11,3 MJ·kg−1[6]
Flammpunkt 36 °C[5]
Zündtemperatur 415 °C[5] Explosionsgrenze 7,1–63 Vol.-%[5] Temperaturklasse T2[5] Explosionsklasse IIA[5] Sicherheitshinweise UN-Nummer 1261[5] Gefahrnummer 33[5] Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Nitromethan, CH3NO2, ist die einfachste organische Nitroverbindung. Die Verbindung ist der einfachsubstituierte Vertreter der Reihe der Nitromethane mit Nitromethan, Dinitromethan, Trinitromethan und Tetranitromethan. Es ist ein Nitroalkan und ein Konstitutionsisomer der Carbamidsäure.
Inhaltsverzeichnis
Darstellung und Gewinnung
Im Labor liefert die Reaktion von Natriumchloracetat mit Natriumnitrit oder von Brommethan mit Silbernitrit Nitromethan. Die technische Gewinnung erfolgt durch die Nitrierung von Methan[7] bzw. durch eine Gasphasennitrierung von Propan, wo es mit etwa 25 % im resultierenden Nitroalkangemisch enthalten ist.[8]
Eigenschaften
Nitromethan ist eine farblose, schwach riechende, leicht entzündliche Flüssigkeit mit einem Schmelzpunkt von −29 °C und Normaldrucksiedepunkt von 100,8 °C. Nitromethan ist in Wasser begrenzt löslich. Das 1H-NMR-Spektrum zeigt nur ein einziges Signal bei 4,28 ppm für die C-H-Funktion.[9] Dies ist eine signifikante Verschiebung gegenüber dem Methan mit 0,23 ppm.[9] Für die Verbindung können zwei tautomere Strukturen formuliert werden. Neben dem Nitrotautomer existiert noch ein Nitronsäuretautomer. Das Gleichgewicht liegt allerdings praktisch auf der Seite des Nitrotautomers. Quantenchemische Berechnungen ergeben eine Differenz der freien Enthalpie von 59,8 kJ·mol-1 zur Nitronsäurestruktur.[10] Die Salzbildung in Gegenwart von Alkalilaugen, wie Natronlauge führt zu den entsprechenden Nitronsäuresalzen.[8]
Die Dämpfe wirken auf das Zentralnervensystem, längere Exposition oder Verschlucken führen zu Leber- und Nierenschäden.
Thermodynamische Eigenschaften
Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 4,11350, B = 1229,574 und C = -76,221 im Temperaturbereich von 404,9 bis 476 K[11] bzw. mit A = 4,40542, B = 1446,196 und C = -45,633 im Temperaturbereich von 328,86 bis 409,5 K[12]
Zusammenstellung der wichtigsten thermodynamischen Eigenschaften Eigenschaft Typ Wert [Einheit] Bemerkungen Standardbildungsenthalpie ΔfH0liquid
ΔfH0gas−113 kJ·mol−1[13]
−81 kJ·mol−1 [14]als Flüssigkeit
als GasVerbrennungsenthalpie ΔcH0liquid −709,6 kJ·mol−1[13] als Flüssigkeit Wärmekapazität cp 105,98 J·mol−1·K−1 (25 °C)[15] als Flüssigkeit Kritische Temperatur Tc 588 K[16] Kritischer Druck pc 63,1 bar[16] Kritische Dichte ρc 5,77 mol·l-1[16] Schmelzenthalpie ΔfH0 9,703 kJ·mol−1[15] beim Schmelzpunkt Verdampfungsenthalpie ΔVH0 33,99 kJ·mol−1[17] beim Normaldrucksiedepunkt Die Temperaturabhängigkeit der Verdampfungsenthalpie lässt sich entsprechend der Gleichung ΔVH0=Aexp(−βTr)(1−Tr)β (ΔVH0 in kJ/mol, Tr =(T/Tc) reduzierte Temperatur) mit A = 53,33 kJ/mol, β = 0,2732 und Tc = 588 K im Temperaturbereich zwischen 318 K und 374 K beschreiben.[17]
Explosionskenngrößen
Bei der Handhabung sind Sicherheitsregeln zu beachten, da Nitromethan detonationsfähig ist. Zwar ist die mechanische Empfindlichkeit sehr gering, im unreinen Zustand oder als Mischung mit anderen Stoffen, zum Beispiel Aminen, kann jedoch die Empfindlichkeit erhöht sein. Wichtige Explosionskennzahlen sind:
- Explosionswärme: 1026 kJ·kg−1 (H2O (g)).[18]
- Detonationsgeschwindigkeit: 6210 m·s−1 bei der Dichte von 1,14 g·cm-3[18]
- Normalgasvolumen: 1102 l·kg−1.[18]
- Spezifische Energie: 1245 kJ·kg−1[18]
- Bleiblockausbauchung: 430 ml/10 g [18]
Gemische von Nitromethan mit Methanol sind ebenfalls detonationsfähig. Die Detonationsgeschwindigkeit sinkt mit zunehmenden Methanolanteil linear ab.[19]
Verwendung
Nitromethan wird als Lösungsmittel für die Spektroskopie und Hochleistungsflüssigkeitschromatographie, zur Herstellung von Raketentreibstoffen, Explosivstoffen (PLX, ANNM), Insektiziden und als Zusatz für Ottokraftstoffe verwendet.
In der organischen Chemie ist es ein nützliches Reagenz, da es sich leicht deprotonieren lässt und in dieser Form Reaktionen wie etwa die Nitro-Aldolreaktion, auch Henry-Reaktion genannt, eingeht, durch die sich leicht aliphatische Nitroverbindungen herstellen lassen
Die Verwendung als Rennkraftstoff ist sowohl historisch als auch aktuell die wichtigste Verwendung.
Historische Verwendung
Erste belegte Anwendung als leistungssteigerndes Kraftstoffadditiv für Verbrennungsmotoren findet Nitromethan 1950, als Roger Ward, ein US-amerikanischer Rennfahrer, eine Reihe überraschender Rennsiege erringt. Vic Edelbrock, zuständig für das Motorentuning, hatte in Versuchsreihen mit unterschiedlichen Nitromethananteilen im Benzin, eine erhebliche Leistungssteigerung erzielt. Allerdings benötigten die Motoren noch langwierige Anpassungen, um mit diesem Kraftstoff Renndistanz zu überstehen. [20] [21]
Heutige Verwendung
Beim Modellbau werden für RC-Cars und Flugmodelle meist Glühzündermotoren mit Methanol/Nitromethan-Gemisch eingesetzt. Nitromethan verbessert die Leistung der Modellbaumotoren, wirkt sich aber gleichzeitig auch kühlend aus, wobei die Kühlung des Triebwerks schwächer ist als die Erhitzung durch die Leistungssteigerung.
Im Motorsport wird ein Gemisch aus Methanol mit bis zu 85 % Nitromethan für die Top-Fuel-Dragster-Fahrzeugklasse als Treibstoff verwendet. Es kommen dabei PKW-Ottomotoren zum Einsatz, wobei der Aufwand für die Modifikation vergleichsweise gering ist. Weitergehende Umstellungen der Kennlinie, wie etwa bei reiner Methanol-Feuerung, sind hier nicht erforderlich.
Mit reinem Nitromethan ist etwa die doppelte Leistung eines mit Benzin betriebenen Motors möglich, mit entsprechend höherer thermischer und mechanischer Belastung.[22]Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Datenblatt Nitromethan bei Merck, abgerufen am 19. Januar 2011.
- ↑ Francis A. Carey, Richard J. Sundberg: Organische Chemie. VCH, Weinheim 2004, ISBN 3-527-29217-9.
- ↑ a b c Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online. Version 3.5. Thieme, Stuttgart 2009.
- ↑ a b Eintrag zu CAS-Nr. 75-52-5 im European chemical Substances Information System ESIS (ergänzender Eintrag)
- ↑ a b c d e f g h Eintrag zu Nitromethan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 27. Oktober 2008 (JavaScript erforderlich).
- ↑ Richard van Basshuysen: Handbuch Verbrennungsmotor. 5. Auflage. Vieweg+Teubner, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8348-0699-4 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
- ↑ S. Hauptmann, J. Gräfe, H. Remane: Lehrbuch der organischen Chemie, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1980, S. 480
- ↑ a b Brockhaus ABC Chemie, VEB F.A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1971, Bd. 2, S. 951.
- ↑ a b W. Hofmann, L. Stefaniak, T. Urbanski, M. Witanowski: Proton Magnetic Resonance Study of Nitroalkanes in J. Am. Chem. Soc. 86 (1964) 554–558, doi:10.1021/ja01058a005.
- ↑ H. Brand, J.F. Liebman, A. Schulz: Cyano-, Nitro- and Nitrosomethane Derivatives: Structures and Gas-Phase Acidities in Eur. J. Org. Chem. 2008, 4665–4675, doi:10.1002/ejoc.200800583.
- ↑ Berman, H.A.; West, E.D.: Density and Vapor Pressure of Nitromethane 26° to 200 °C in J. Chem. Eng. Data 12 (1967) 197-199.
- ↑ McCullough, J.P.; Scott, D.W.; Pennington, R.E.; Hossenlopp, I.A.; Waddington, G.,: Nitromethane: The Vapor Heat Capacity, Heat of Vaporization, Vapor Pressure and Gas Imperfection; the Chemical Thermodynamic Properties from 0 to 1500 K in J. Am. Chem. Soc. 76 (1954) 4791-4796, doi:10.1021/ja01648a008.
- ↑ a b Lebedeva, N.D.; Ryadenko, V.L.R.: Enthalpies of formation of nitroalkanes in Russ. J. Phys. Chem. (Engl. Transl.), 1973, 47, 1382.
- ↑ Knobel, Y.K.; Miroshnichenko, E.A.; Lebedev, Y.A.: Heats of combustion of nitromethane and dinitromethane: enthalpies of formation of nitromethyl radicals and energies of dissociation of bonds in nitro derivatives of methane in Bull. Acad. Sci. USSR, Div. Chem. Sci., 1971, 425-428.
- ↑ a b Jones, W.M.; Giauque, W.F.: The entropy of nitromethane. Heat capacity of solid and liquid. Vapor pressure, heats of fusion and vaporization in J. Am. Chem. Soc. 69 (1947) 983-987, doi:10.1021/ja01197a001.
- ↑ a b c Griffin, D.N.: The Critical Point of Nitromethane in J. Am. Chem. Soc. 71 (1949) 1423–1426, doi:10.1021/ja01172a079.
- ↑ a b Majer, V.; Svoboda, V., Enthalpies of Vaporization of Organic Compounds: A Critical Review and Data Compilation, Blackwell Scientific Publications, Oxford, 1985, S. 300.
- ↑ a b c d e Köhler, J.; Meyer, R.; Homburg, A.: Explosivstoffe, zehnte, vollständig überarbeitete Auflage,, Wiley-VCH, Weinheim 2008, ISBN 978-3-527-32009-7.
- ↑ Koldunov, S.A.; Ananin, A.V.; Garanin, V.A.; Sosikov, V.A.; Torunov, S.I.: Detonation Parameters of Nitromethane/Methanol Mixtures in Central Eur. J. Energ. Mat. 6 (2009) 7–14.
- ↑ http://www.dragtimes.com/Nitromethane-Drag-Racing-Top-Fuel-Soup-of-Choice.html
- ↑ Jeff Hartmann: High-Performance Automotive Fuels & Fluids, ISBN 10-0760300542.
- ↑ Helmut Hütten: Schnelle Motoren seziert und frisiert. 6. Auflage. Schmidt, Braunschweig 1977, ISBN 3-87708-060-X.
Wikimedia Foundation.